European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00160.24A.1218.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtenen Entscheidungen werden dahin abgeändert, dass es lautet:
„Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, es zu unterlassen, die Liegenschaft EZ 25 KG * mit Ausnahme des im Dienstbarkeitsvertrag vom 8. Juni 2006 geregelten, planlich dargestellten Wegs mit einem E‑Bike zu befahren, wird abgewiesen.
Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit 1.880,81 EUR (darin 313,47 EUR USt) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit 1.874,22 EUR (darin 200,72 EUR USt und 669,90 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 1.665 EUR (darin 137,80 EUR USt und 838,20 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft (EZ 25) in einem Almgebiet, zu dem auch eine Liegenschaft des Beklagten (EZ 13) gehört. Die – von beiden Streitteilen (bzw ihren Rechtsvorgängern) jeweils für ihre Weidetiere genutzte – Alm ist über eine von den Klägern erst nach dem Jahr 2006 errichtete Forst‑(aufschließungs‑)straße erreichbar, die sowohl über Grundstücke der Kläger als auch solche des Beklagten verläuft.
[2] Auf der gesamten EZ 25 steht dem Eigentümer der EZ 13 (und damit dem Beklagten) aufgrund des Erkenntnisses des Landesagrarsenats vom 9. Dezember 2004 (Ergänzungsregulierungsplan) das „Geh- und Viehtriebsrecht während der Weideperiode“ zu. Näher definiert ist es als das „immerwährende und unentgeltliche Recht“ zum Viehauftrieb für das vom Berechtigten auf dem *gut in Winterfütterung gehaltene Jungvieh und höchstens acht Schafe. Dieses Recht beruht auf dem Weiderecht des *guts Nr 13 *, EZ 13, das an der *alpe EZ 25 laut Haupturkunde der Landeshauptmannschaft Salzburg vom 3. März 1939 besteht. Durch den Ergänzungsregulierungsplan des Landesagrarsenats vom 9. Dezember 2004 wurden die Rechtsverhältnisse der jeweiligen Liegenschaftseigentümer im Bezug auf die konkrete Ausgestaltung dieses Weiderechts geregelt.
[3] Im Dienstbarkeitsvertrag vom 8. Juni 2006 räumten sich die Kläger und die Rechtsvorgänger des Beklagten jeweils „für sich und ihre Rechtsnachfolger im Eigentum“ wechselseitige Geh- und Fahrtrechte auf der – damals geplanten, erst rund zwei Jahre später von den Klägern errichteten – Forst‑(aufschließungs‑)straße ein. Aus diesem Dienstbarkeitsvertrag steht dem Eigentümer der EZ 13 (und damit dem Beklagten) an dieser (ursprünglichen) Forststraße das Geh- und Fahrtrecht für den gesamten Verlauf zu. Dieses gilt „ausschließlich zum Zwecke der alpswirtschaftlichen Nutzung (...) das sind Gänge und Fahrten zur Viehnachschau, zum Zäunen und Viehtransporte“.
[4] Im Verfahren des Erstgerichts zu 2 C 1175/17p (Vorprozess) wurde der Beklagte verpflichtet, es zu unterlassen, auf den näher bezeichneten, von den Klägern nach dem Jahr 2008 in Verlängerung der ursprünglichen Forststraße errichteten (Forst‑)Wegen (samt Verzweigungen durch Schlepp- und Stichwege) mit Kraftfahrzeugen aller Art zu fahren (der Oberste Gerichtshof wies die Revision des Beklagten zu 8 Ob 138/18d zurück).
[5] Die Kläger nutzen diese zusätzlich errichteten (Forst‑)Wege ihrerseits (für forstwirtschaftliche Zwecke) mit schweren Kraftfahrzeugen.
[6] Die Kläger begehrten nun, den Beklagten zu verpflichten, das Befahren „der Liegenschaft EZ 25 (...) mit Ausnahme des im Dienstbarkeitsvertrag vom 6. Juni 2006 geregelten, planlich dargestellten Wegs mit einem E-Bike“ zu unterlassen. Das Viehtriebsrecht des Beklagten umfasse zwar das Recht, einen Karren zum Abtransport von Vieh zu ziehen, dies gehöre aber zu seinem Gehrecht, während das Befahren mit dem Fahrrad eine „unzulässige Ausdehnung der Dienstbarkeit“ sei. Der Beklagte vertrete die Auffassung, er dürfe „das gesamte Almgebiet“ mit einem E‑Bike auch außerhalb jener Bereiche befahren, auf denen ein Fahrrecht besteht; ein Fahrrecht auf der gesamten Alpe stehe ihm aber nicht zu.
[7] Der Beklagte wendete zusammengefasst ein, er habe sich „im Sinn einer fortschrittlichen Ausgestaltung der Servitut“ ein E‑Bike angeschafft, um die restliche Strecke nach dem Servitutsweg (der ursprünglichen Forststraße) auf den von den Klägern zusätzlich errichteten Wegen „ausschließlich zur Ausübung der vom Weiderecht umfassten Viehnachschau“ mit dem Fahrrad zurücklegen zu können. Dadurch werde die Liegenschaft der Kläger nicht übermäßig belastet, zumal die Kläger selbst für ihre – auf zuvor nicht erschlossene Waldbereiche erweiterten – forstlichen Zwecke auch die (teilweise über Grundstücke des Beklagten verlaufende) ursprüngliche Forststraße mit schweren Fahrzeugen nutzen würden. Der Beklagte fahre bei seinen Fahrten zur Viehnachschau mit seinem Fahrrad nicht „willkürlich querfeldein irgendwo auf der Alm herum“, sondern er bleibe auf den von den Klägern errichteten Forstwegen, um dann jeweils abseits dieser Wege zu Fuß weiter zu gehen.
[8] Das Erstgericht gab – ausgehend von dem im Rahmen der mündlichen Streitverhandlung „einvernehmlich festgestellten“ Sachverhalt, wobei die Parteien ausdrücklich auf weitere Beweisaufnahmen verzichteten, – dem Unterlassungsbegehren statt.
[9] Der Beklagte sei nach der rechtskräftigen Entscheidung im Vorprozess nicht berechtigt, das neue Wegenetz der Kläger mit Kraftfahrzeugen zu nutzen. Das E‑Bike sei kein solches Fahrzeug, weshalb das nun geltend gemachte Begehren von diesem Unterlassungsgebot nicht umfasst sei. Dem Beklagten stehe aber auf den nicht vom Dienstbarkeitsvertrag umfassten Wegen nur ein Gehrecht zu. Zum Viehtriebsrecht gehöre zwar das Gehen, nicht aber Fahrradfahren; dieses sei auch nicht als eine „technische Weiterentwicklung des Gehens“ anzusehen. Auch wenn es unbillig erscheine, dem Beklagten das – nur im Rahmen der Ausübung des Weiderechts erfolgende – Fahren mit einem E‑Bike auf einer Straße, die von den Klägern selbst mit schweren Kraftfahrzeugen benutzt werde, zu untersagen, dürfe die Servitut nicht ausgedehnt werden.
[10] Das Berufungsgericht gab der Berufung dagegen nicht Folge.
[11] Der Beklagte habe an der gesamten Liegenschaft EZ 25 ein Weiderecht. Aus diesem lasse sich aber nicht – wie er meine – nach dem Salzburger Einforstungsrechtegesetz das Recht ableiten, die Wege der Kläger zu nutzen und diese auch mit dem Fahrrad zu befahren. Das Befahren außerhalb der im Dienstbarkeitsvertrag bezeichneten Forststraße sei zur zweckmäßigen Ausübung des Weiderechts „nicht erforderlich“. Das Befahren der neuen Wege sei eine „unzulässige Ausweitung“ des Nutzungsrechts, weil der Beklagte das Weiderecht „auch ohne Verwendung des E-Bikes auf den neu errichteten Forststraßen samt Schleppwegen und den unbefestigten Teilen der EZ 25 ausüben“ könne.
[12] Die Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob der zur Ausübung des Weiderechts Berechtigte einem Unterlassungsbegehren betreffend die unentgeltliche Nutzung von Forststraßen mit einem E-Bike die Bestimmung des § 6 Salzburger Einforstungsrechtegesetz entgegen halten könne.
Rechtliche Beurteilung
[13] Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig. Sie ist auch berechtigt.
[14] Voranzustellen ist, dass die Vorinstanzen zutreffend von der Zulässigkeit des Rechtswegs für das von den Klägern geltend gemachte Unterlassungsbegehren ausgegangen sind und dass die Parteien dies ebenfalls zu Recht nicht bezweifeln. Mit der Eigentumsfreiheitsklage – und darunter lässt sich auch das hier zu beurteilende Begehren subsumieren – wird nach ständiger Rechtsprechung nämlich stets ein privatrechtlicher Anspruch erhoben, dessen Beurteilung auch dann im ordentlichen Rechtsweg zu erfolgen hat, falls sich der Beklagte auf ein Recht beruft, für dessen Begründung, Inhalt und Umfang öffentlich-rechtliche Vorschriften maßgebend und hierüber Verwaltungsbehörden zur Entscheidung berufen sind (RS0012079).
[15] 1.1 Der Beklagte hat als Eigentümer der EZ 13 aufgrund des Erkenntnisses des Landesagrarsenats vom 9. Dezember 2004, Zl. *, auf der gesamten EZ 25 „das Geh- und Viehtriebsrecht während der Weideperiode“. Dieses Erkenntnis nimmt Bezug auf das „dem *gut Nr. 13“ und damit den Eigentümern der EZ 13 zustehende Weiderecht (laut Haupturkunde der Landeshauptmannschaft Salzburg vom 3. März 1939). Dass dem Beklagten als Liegenschaftseigentümer der EZ 13 ein solches alpswirtschaftliches Nutzungsrecht (Weiderecht) an der gesamten im Eigentum der Kläger stehenden Liegenschaft EZ 25 zusteht, haben die Kläger im Verfahren auch nie in Zweifel gezogen.
[16] 1.2 Von diesem Weiderecht an der gesamten Liegenschaft EZ 25 zu unterscheiden ist die vertraglich vereinbarte, zivilrechtliche Servitut, die die (Rechtsvorgänger der) Streitteile am 8. Juni 2006 regelten: Darin wurde zugunsten der Liegenschaft EZ 13 (und damit dem Beklagten) die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens auf dem zur Alm führenden Weg (der ursprünglichen Forststraße) eingeräumt. Dieses – erst rund zwei Jahre nach der Rechtskraft des Ergänzungsregulierungsplans – zivilrechtlich vereinbarte Geh- und Fahrrecht betrifft daher nur die daran anschließend (wie in der Vereinbarung in Aussicht genommen) von den Klägern errichtete, über Grundstücke beider Streitteile verlaufende Forst‑(erschließungs‑)straße. Sie betrifft aber nicht die dann weitere Jahre später (nach 2008) von den Klägern für ihre forstwirtschaftlichen Zwecke auf ihrer Liegenschaft EZ 25 zusätzlich errichteten Forststraßen und deren Verzweigungen, gegen deren Nutzung die Kläger (wie schon im Vorprozess nun) im vorliegenden Fall ihr Unterlassungsbegehren richteten.
[17] 1.3 Festzuhalten ist, dass die von den Klägern zunächst aufgestellte (und nun in ihrer Revisionsbeantwortung wiederholte) Behauptung, der Beklagte befahre „die gesamte Liegenschaft“ mit seinem E‑Bike, nicht mehr Gegenstand des Verfahrens ist: Nachdem der Beklagte erwidert hatte, dass sich seine – von den Klägern beanstandete – Nutzung ausschließlich auf ein Befahren der Forstwege zur Viehnachschau beschränke, haben die Kläger dazu keine Gegenbehauptung mehr erhoben und auf Beweisaufnahmen (auch zu diesem Thema) ausdrücklich verzichtet. Damit fehlt es aber dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch insoweit von vornherein an der materiell‑rechtlichen Voraussetzung der Begehungsgefahr (vgl RS0037456; RS0037660). Soweit das Unterlassungsbegehren sich daher auf die Bereiche der EZ 25 außerhalb des von den Klägern darauf zusätzlich errichteten Wegenetzes bezieht, ist es schon deswegen unberechtigt, weil der Beklagte das beanstandete Verhalten (bisher) nicht gesetzt (und auch kein Recht dazu behauptet) hat.
[18] 2.1 Entgegen der Rechtsansicht der Kläger sowie der Vorinstanzen stellt sich bei der Beurteilung des weiteren, die Nutzung der zusätzlich errichteten Forststraßen betreffenden Unterlassungsbegehrens nicht die Frage einer ihrem Umfang nach auf ihre Zulässigkeit zu überprüfenden Ausdehnung einer zivilrechtlich begründeten Servitut, denn eine solche haben die Kläger dem Beklagten an diesen Wegen zu keinem Zeitpunkt eingeräumt. Zu klären ist, ob das Unterlassungsbegehren deswegen nicht berechtigt ist, weil der Beklagte sich für die von den Klägern beanstandete Nutzung dieses Wegenetzes mit seinem E-Bike auf einen anderen Rechtsgrund stützen kann.
[19] 2.2 Der Beklagte hat dem Unterlassungsbegehren der Kläger bereits in seiner Klagebeantwortung ein Recht zur Nutzung dieser Forststraßen nach dem Salzburger Einforstungsrechtegesetz, LGBl 1986/74 idF LGBl 1991/80, (folgend: SERG) entgegengehalten. Dieses ist daher – wie das Berufungsgericht in seiner Zulassungsbegründung zutreffend erkannte – näher zu prüfen.
[20] 2.3.1 Einforstungsrechte sind von den zivilrechtlichen Dienstbarkeiten zu unterscheidende Nutzungsrechte eigener Art (Carli/Deimling/Lienbacher, Salzburger Einforstungsrechtegesetz, Anm zu § 1, 28). Sie werden als öffentlich-rechtliche, dingliche, unwiderrufliche Nutzungsrechte an fremden Grundstücken bezeichnet, die durch eine sowohl öffentlich-rechtliche als auch privatrechtliche Elemente aufweisende doppelte Rechtsnatur charakterisiert sind (vgl RS0128636; Bachler/Haunold in Norer, Handbuch des Agrarrechts2 580). Einforstungsrechte sind zeitlich unbegrenzt, mit einer bestimmten Liegenschaft verbunden und bestehen unabhängig von ihrer grundbücherlichen Eintragung (Bachler/Haunold in Norer, Handbuch des Agrarrechts2 582 mit Hinweis auf Entscheidungen des VwGH). Der Rechtstitel ist ausschließlich die Regulierungsurkunde oder ein agrarbehördlich genehmigtes Rechtsgeschäft (Carli/Deimling/Lienbacher, Salzburger Einforstungsrechtegesetz, Anm zu § 1, 28). Die in den Regulierungsurkunden enthaltenen Festlegungen für das Ausmaß bzw den Umfang des Nutzungsrechts sind maßgebend, weil sie die Rechtsgrundlage für das Nutzungsrecht selbst bilden (Carli/Deimling/Lienbacher, Salzburger Einforstungsrechtegesetz mit Kommentar, § 1 E 18; E 19, je mwN).
[21] 2.3.2 Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH sind Einforstungsrechte infolge ihres öffentlich-rechtlichen Charakters einer Abänderung durch Parteienvereinbarung nur insoweit zugänglich, als dies die die Einforstungsrechte regelnden Rechtsvorschriften vorsehen (Nachweise bei Bachler/Haunold in Norer, Handbuch des Agrarrechts2 581 f; Carli/Deimling/Lienbacher, Salzburger Einforstungsrechtegesetz, § 1 E 36; so auch bereits 5 Ob 161/12f).
[22] 2.3.3 Auch Weiderechte auf fremdem Grund und Boden sind gemäß § 1 Abs 1 Z 2 SERG Nutzungsrechte (Einforstungsrechte) im Sinn dieses Gesetzes. Voraussetzung dafür ist, dass es sich – wie auch im vorliegenden Fall – um zeitlich unbefristete, unwiderrufliche Rechte handelt (Carli/Deimling/Lienbacher, Salzburger Einforstungsrechtegesetz, § 1 E 9 mwN).
[23] 3.1 Der erste Satz des § 6 SERG lautet: „Das Holz-, das Weide- und das Streubezugsrecht schließt das Recht ein, die Forststraßen und sonstigen Bringungsanlagen des Verpflichteten, ausgenommen forstliche Materialseilbahnen, zur Ausübung der im § 1 dieses Gesetzes bezeichneten Rechte unentgeltlich zu benutzen.“ Das Weiderecht im Sinn des § 6 SERG erster Satz umfasst daher das Recht des Weideberechtigten auf fremdem Grund, die (dort vorhandenen) Forststraßen und sonstigen Bringungsanlagen des mit dem (Weide-)Nutzungsrecht (als einem öffentlich-rechtlichen Einforstungsrecht) belasteten Liegenschaftseigentümers unentgeltlich zu benutzen. Das Recht zur unentgeltlichen Mitbenützung wurde im SERG erst durch die LGBl-Novelle 1991/80 eingefügt; zuvor hatten die meisten Verpflichteten für die Mitbenützung ihrer Forststraßen ein Entgelt verlangt (Carli/Deimling/Lienbacher, Salzburger Einforstungsrechtegesetz, Anm zu § 6, 63 f).
[24] 3.2 Das Nutzungsrecht an den auf der Liegenschaft des Verpflichteten vorhandenen Forststraßen ist als Nebenrecht ausgestaltet und setzt nach dem Wortlaut der Bestimmung des § 6 SERG voraus, dass ein Einforstungsrecht im Sinn des § 1 Abs 1 Z 1 bis 3 SERG (Holz-, Weide- oder Streubezugsrecht) an der belasteten Liegenschaft besteht. Seinem Inhalt nach ist dieses (Neben‑)Nutzungsrecht nur dadurch beschränkt, dass es der Ausübung eines solchen Rechts dient. Eine Einschränkung des Rechts zur Nutzung solcher Wege zur Ausübung des Einforstungsrechts auf eine bestimmte Nutzungsart ist dem Gesetz demgegenüber nicht zu entnehmen. Hier geht es um die vom Beklagten ausschließlich zur Viehnachschau ausgeübte Nutzung der Forststraßen mit seinem E-Bike. Die Viehnachschau ist unzweifelhaft Teil der Ausübung des Weiderechts, das gemäß § 6 SERG auch das Recht zur unentgeltlichen Nutzung der vorhandenen Forststraßen und Bringungsanlagen des Verpflichteten auf dessen damit belasteter Liegenschaft erfasst. Für eine Einschränkung dahin, dass der Beklagte dabei nur gehen oder einen Schiebkarren gebrauchen dürfte, bietet die Bestimmung des § 6 SERG keine Grundlage.
[25] 3.3 Auch aus dem Ergänzungsregulierungsplan vom 9. Dezember 2004 ergibt sich keine solche Beschränkung: Zum Zeitpunkt von dessen Erlassung waren die hier in Rede stehenden Forstwege samt Verzweigungen weder errichtet noch geplant. Soweit darin von einem Geh- und Viehtriebsrecht auf der mit dem Weiderecht belasteten Liegenschaft die Rede ist, konnten sich diese Rechte nur auf das damals noch unerschlossene Gelände beziehen. Eine inhaltliche Einschränkung des dem Beklagten als Weideberechtigten nach § 6 SERG zustehenden Nutzungsrechts zur Ausübung seines Weiderechts an den erst später errichteten Wegen kann daraus nicht abgeleitet werden.
[26] 4.1 Für alle Servituten, auch für Legalservituten und – infolge ihrer zivil- und öffentlich-rechtlichen Doppelnatur – auch für Einforstungsrechte, gilt der Grundsatz der möglichst schonenden (einschränkenden) Übung (8 Ob 138/18d mwN). Die Einschränkungsanordnung des § 484 ABGB stellt klar, dass bei mehreren Möglichkeiten der Zweckerreichung immer jene gewählt werden muss, die den Eigentümer am wenigsten belastet. Die Belastung ist so gering zu halten, wie es der Zweck der Servitutsbestellung gerade noch erlaubt (Memmer in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.05 § 484 Rz 3 mwN).
[27] 4.2 Nach ständiger zivilrechtlicher Rechtsprechung richtet sich das konkrete Ausmaß einer Dienstbarkeit, der Umfang der dem Inhaber zustehenden Befugnisse, nach dem Inhalt des Titels, bei dessen Auslegung insbesondere der Zweck der Dienstbarkeit zu beachten ist (RS0011720). In Ermangelung eines solchen Titels ist bei einer Legalservitut auf den gesetzlich determinierten Zweck abzustellen.
[28] 4.3 Nach § 6 SERG ist das Recht zur unentgeltlichen Nutzung der Forststraßen auf der mit dem Weiderecht belasteten Liegenschaft der Kläger lediglich dadurch beschränkt, dass die Nutzung zur Ausübung dieses Einforstungsrechts erfolgt. Da feststeht, dass die Kläger selbst das von ihnen für forstwirtschaftliche Zwecke auf der belasteten Liegenschaft zusätzlich errichtete Wegenetz mit schweren Kraftfahrzeugen benutzen, kann bei einem Befahren dieser Wege mit einem Fahrrad (auch mit einem solchen mit Elektromotor) im Rahmen der Viehnachschau keine Rede davon sein, dass diese Art der Nutzung dem Grundsatz der möglichst schonenden (einschränkenden) Übung widersprechen würde. Darauf berufen sich die Kläger auch nicht. Ihre erstmals in der Revisionsbeantwortung aufgestellte Behauptung, durch das Befahren der Forststraßen mit dem E‑Bike werde „einerseits das Wild aufgeschreckt, sodass es vermehrt zu Abstürzen kommt, und andererseits auch die Jagdausübung an sich beeinträchtigt“, verstößt gegen das Neuerungsverbot und ist in Anbetracht ihrer eigenen Nutzung auch wenig plausibel. Eine – vom Berufungsgericht seiner Beurteilung zugrunde gelegte – Feststellung darüber, dass für den Beklagten bei der Ausübung seines Weiderechts ein Befahren des Wegenetzes der Kläger mit dem E-Bike „nicht erforderlich“ wäre, hat das Erstgericht (im Unterschied zum erwähnten Vorprozess, in dem sich das Unterlassungsbegehren gegen die Nutzung dieser Wege mit Kraftfahrzeugen richtete) nicht getroffen. Sie wäre aus den dargelegten Gründen auch irrelevant (Punkt 3.2).
[29] 5. Die Kläger wenden in ihrer Revisionsbeantwortung ein, der Beklagte erhalte für seinen Behirtungsaufwand (der sich nach dem Inhalt des Ergänzungsregulierungsplans teilweise auch auf das Vieh der Kläger bezieht) ein Entgelt und durch die Erlaubnis, mit dem E-Bike zu fahren, werde sein Aufwand „deutlich reduziert“. Dieses – in die öffentlich-rechtliche Regelungskompetenz fallende – Thema ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens über das Unterlassungsbegehren.
[30] 6. Das dem Unterlassungsbegehren entgegengehaltene Nutzungsrecht des Beklagten resultiert daher aus seinem mit dem Eigentum an der EZ 13 verknüpften öffentlich-rechtlichen Weiderecht in Verbindung mit der Bestimmung des § 6 SERG erster Satz. Für eine „Überschreitung“ dieses mit dem Weiderecht verbundenen gesetzlichen Rechts der unentgeltlichen Nutzung der vorhandenen Forstwege durch das beanstandete Befahren mit dem E-Bike hat das Verfahren keine Anhaltspunkte ergeben. Das Klagebegehren ist daher abzuweisen.
[31] 7. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Für die Berufung waren gemäß § 23 Abs 9 RATG nur 180 % Einheitssatz zuzusprechen.
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