Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Antragstellerin ist Mieterin der im zweiten Stock des den Antragstellerinnen gehörenden Hauses Linz, Schillerstraße 12, gelegenen, 166,40 m2 großen Wohnung.
Die Baubewilligung für den Haupt- und Anbau des Hauses Linz, Schillerstraße 12, wurden am 12.April 1904 und am 18.April 1910 erteilt. Im zweiten Weltkrieg wurde das Haus durch einige Bombentreffer schwer beschädigt. In der Wohnung der Antragstellerin entstanden durch die Detonationen Schäden an den Fenster- und Türflügeln sowie am Verputz; die Fenster- und Türstöcke wurden gelockert. Im Zeitpunkt der Kriegsbeschädigung betrug der zweifache Jahreszinsertrag des Hauses 25.427,52 S, der Kriegsschaden mindestens 84.030,51 S. Die Baubewilligung für die Behebung der Kriegsschäden wurde am 10.April 1946, die Benützungsbewilligung nach der Schadensbehebung am 31.März 1947 erteilt; die Baubewilligung erfolgte unter der Bedingung, daß die Herstellung des Fassadenputzes, der Fensterrahmen und des Gesimses bis zur Besserung des Materialmarktes zurückgestellt wird und sämtliche Spenglerarbeiten nur im Umfang des vorhandenen Altmaterials ausgeführt werden. Für diese vorerst nicht genehmigten Instandsetzungsarbeiten wurden am 21.Juni 1952 Mittel des Wohnhauswiederaufbaufonds in der Höhe von 127.500 S gewährt. Damit wurde die Jugendstilfassade mit Ziergesimsen wieder errichtet; die einzelnen Mietgegenstände waren in diesem Zeitpunkt bereits wiederhergestellt.
Aufgrund der bedeutenden Kriegsschäden war das Haus von der amtlichen Preisregelung ausgenommen.
Mit Erfassungs- und Zuweisungsbescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom Oktober 1945 wurde die ehemalige Wohnung der Partei Dr.S*** im zweiten Stock des Hauses Linz, Schillerstraße 12, der Antragstellerin und ihrem damaligen Ehemann Dr.Kurt Z*** zugewiesen und der Hausbesitzer oder sonstige Verfügungsberechtigte verpflichtet, innerhalb einer Woche nach Freiwerden der Wohnung (die nach dem Bescheidinhalt bereits frei war) ein Rechtsverhältnis (Mietvertrag) abzuschließen. Der Vertrag zwischen den Hauseigentümern und der Antragstellerin sowie deren Gatten wurde kurz nach Zuweisung der Wohnung geschlossen. Als die Ehe der Ehegatten Z*** 1962 geschieden wurde, wurde zwischen den Hauseigentümern und der Antragstellerin ein neuer Mietvertrag abgefaßt, der dieselben Konditionen wie bisher enthielt; es schied nur Dr.Kurt Z*** aus dem Mietverhältnis aus.
Der Mietvertrag vom 29./30.August 1962, laut welchem die Antragstellerin ab dem 1.Juni 1962 einen wertgesicherten vierteljährlichen Hauptmietzins von 1.248 S zu zahlen hat, enthält unter anderem folgenden Passus: "23. Besondere Vereinbarungen: ......
d) Bei allenfalls auf Grund eines Gesetzes oder einer Verordnung durchzuführenden Mietzinserhöhungen ist auf die Tatsache Bedacht zu nehmen, daß der Mietzins im Sinne der Punkte 9 lit a und 23 lit a dieses Vertrages schon höher als der Mietzins gemäß § 2 MG ist. Bei einer derartigen auf einer behördlichen Norm beruhenden Mietzinserhöhung darf der Mieterin aus der Tatsache, daß sie freiwillig bereits einen höheren Mietzins gemäß § 2 MG leistet, insofern kein Nachteil erwachsen, als sie in einem solchen Falle so behandelt werden muß, als ob diese freiwillige Leistung eines höheren Mietzinses nicht erfolgt wäre."
Seit dem Mietvertrag aus dem Jahr 1962 bezahlt die Antragstellerin jeweils den vereinbarten Betrag.
Am 19.Jänner 1982 wurden die Mittel des Wohnhauswiederaufbaufonds vorzeitig begünstigt zurückgezahlt. Am 26.April 1985 begehrte die Antragstellerin von der Schlichtungsstelle die Entscheidung, daß die Antragsgegnerinnen ihr gegenüber durch die Vorschreibung eines monatlichen Hauptmietzinses von 416 S (wertgesichert) das gesetzlich zulässige Zinsausmaß um monatlich 349 S (wertgesichert) überschritten hätten. Da für die Behebung der Kriegsschäden Mittel des Wohnhauswiederaufbaufonds verwendet worden seien, sei eine freie Mietzinsvereinbarung unzulässig gewesen. Der Jahresmietzins der Wohnung betrage rund 800 Friedenskronen, der monatliche gesetzliche Hauptmietzins daher rund 67 S.
Die Antragsgegnerinnen beantragten die Abweisung des Antrages und wendeten ein, daß die Kriegsschäden an der Wohnung der Antragstellerin nicht aus Mitteln des Wohnhauswiederaufbaufonds, sondern aus Eigenmitteln der Hauseigentümer behoben worden seien. Im übrigen habe die Antragstellerin durch Weiterzahlung des ihr in der vereinbarten Höhe vorgeschriebenen Hauptmietzinses nach Rückzahlung der Fondsmittel die Mietzinshöhe zweifelsfrei anerkannt. Das Erstgericht wies den Antrag - nachdem die Entscheidung der Schlichtungsstelle infolge rechtzeitiger Anrufung des Gerichtes durch die Antragsgegnerinnen außer Kraft getreten war - aus nachstehenden rechtlichen Erwägungen ab.
Die Mietzinsbildung richte sich nach der im Zeitpunkt der Entscheidung über das Ansuchen um Fondshilfe - hier 21. Juni 1952 - geltenden Fassung des WWG. Nach dem WWG BGBl. 1948/130 idF der WWG-Novelle 1950 BGBl. 1951/26 unterlägen nur die konkret mit Fondshilfe wiederhergestellten Mietobjekte den Absätzen 6 bis 15 des § 15 WWG über die Zinsregelung; nach der genannten Novelle schade im Unterschied zu späteren Fassungen des § 15 WWG die Finanzierung der der gemeinsamen Benützung der Mieter dienenden Gebäudeteile mit Fondsgeldern nicht. Schon deshalb seien die Zinsbeschränkungen des WWG auf die Wohnung der Antragstellerin - welche mit Eigenmitteln der Hauseigentümer instandgesetzt worden sei - unanwendbar. Das habe die Abweisung des Antrages der Antragstellerin zur Folge; die Fassadeninstandsetzung aus Fondsmitteln habe auf die Mietzinsbildung der Wohnung der Antragstellerin keinen Einfluß. Im vorliegenden Fall sei die Wohnung überdies bereits vor Inkrafttreten des WWG von den Hauseigentümern zum Wohnen benützbar gemacht worden, sodaß mangels Normierung einer rückwirkenden Anwendbarkeit des WWG die von der Antragstellerin gewünschte Entscheidung nie ergehen könne. Im Hinblick auf die weiteren Einwendungen der Antragsgegnerinnen sei allerdings darauf hinzuweisen, daß - auch wenn das seinerzeit für die Fassadenreparatur in Anspruch genommene Wohnhauswiederaufbaudarlehen vorzeitig nach dem Rückzahlungsbegünstigungsgesetz getilt worden sei - nicht automatisch ab dem Tag der Rückzahlung für bereits vorher abgeschlossene Mietverträge ein freier Mietzins gelte; dies müßte zwischen den Vertragsparteien ausdrücklich vereinbart werden. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge und erklärte den Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Es führte im wesentlichen aus:
Das seit 1.Jänner 1982 geltende MRG bestimme in seinem § 43 Abs 2, daß dann, wenn eine vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes geschlossene Vereinbarung über die Höhe des Mietzinses nach den bisher in Geltung gestandenen Vorschriften rechtsunwirksam sei, darauf die bisher in Geltung gestandenen Vorschriften weiter anzuwenden seien. Wie das Erstgericht richtig erkannt habe, sei nach wie vor § 15 WWG idF BGBl. 1951/26 anzuwenden, wonach nur die mit Fondshilfe wiederhergestellten Mietobjekte den Bestimmungen über die Mietzinsbildung nach diesem Gesetz unterliegen (MietSlg 36.666). Die späteren Fassungen des WWG, die eine Anwendung dieser Zinsbestimmungen auch dann vorsehen, wenn nur allgemeine Teile des Hauses mit Fondsmitteln wiederhergestellt werden, seien nicht anwendbar, weil es auf den Zeitpunkt des Bewilligungsbescheides ankomme. Daß die Zinsbestimmungen des Mietengesetzes nicht anwendbar wären, weil etwa das Haus als solches nicht dem Mietengesetz unterläge, sei von den Antragsgegerinnen, die dafür beweispflichtig wären
(MietSlg 31.276 ua), ohnehin nicht behauptet worden. Es komme aber der Einwendung der Antragsgegnerinnen, die Antragstellerin habe durch Zahlung des geforderten Mietzinses diesen "anerkannt", Berechtigung zu. Nach § 16 Abs 2 MG in der 1962 geltenden Fassung sei eine freie Mietzinsbildung für die gegenständliche Wohnung unter den in dieser Gesetzesstelle genannten Voraussetzungen zulässig gewesen, weil diese Wohnung aus mehr als einem Wohnraum samt Küche bestehe (§ 16 Abs 3 MG). § 16 Abs 2 Z 2 MG ermögliche eine freie Mietzinsvereinbarung, wenn das Mietverhältnis mindestens ein halbes Jahr bestanden habe. Diese Bestimmung sei beinahe wortgleich mit § 16 Abs 1 Z 7 MRG. Bei dem Mietvertrag aus dem Jahre 1962 handle es sich keineswegs um eine Novation, wodurch ein neues Vertragsverhältnis entstanden wäre. Durch das Ausscheiden des zweiten Hauptmieters sei das Vertragsverhältnis der Antragstellerin zu den Vermieterinnen nicht verändert worden. Zur Zeit des Mietvertrages vom August 1962 sei daher die Antragstellerin bereits mehr als 16 Jahre Mieterin der gegenständlichen Wohnung gewesen, sodaß die zeitliche Voraussetzung für die freie Mietzinsvereinbarung jedenfalls gegeben gewesen sei. Wie sich aus dem schriftlichen Mietvertrag ergebe, habe sie auch die Unzulässigkeit des vereinbarten Mietzinses erkannt, was sich daraus ergebe, daß sie nach dem Wortlaut dieses Vertrages freiwillig einen höheren als den gemäß § 2 MG gültigen Mietzins gezahlt habe (vgl. RdW 1987, 290). Die Kenntnis der Unwirksamkeit (und damit wohl der Rückforderbarkeit) des erhöhten Mietzinses zu verlangen, wie dies Popper-Teufelhart (Handbuch des Immobilienrechts, Kommentar zu § 16 Abs 1 Z 7 MRG - allerdings nicht für ausdrückliche Vereinbarungen -) fordern, gehe wohl zu weit, weil es auf die Kenntnis der Rechtsfolgen nicht ankommen könne. Es müsse daher ausreichen, daß der Mieter in Kenntnis der Gesetzwidrigkeit des vereinbarten Mietzinses sich auf diesen einlasse. Da somit der geltende Mietzins ohnedies zwischen den Parteien rechtswirksam vereinbart worden sei, könne dahingestellt bleiben, was es zu bedeuten habe, daß die Antragstellerin durch nahezu 20 Jahre bis zum Inkrafttreten des MRG den geforderten Mietzins laufend bezahlt habe. Auf die Frage, wer die Wiederherstellung der von der Antragstellerin gemieteten Wohnung tatsächlich finanziert habe, komme es nicht an. Gemäß § 37 Abs 3 Z 18 MRG sei der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof zuzulassen gewesen, weil es - soweit ersichtlich - in der Rechtsprechung nicht eindeutig geklärt sei, welche subjektiven Voraussetzungen beim Mieter gemäß § 16 Abs 2 Z 2 MG bzw. § 16 Abs 1 Z 7 MRG vorliegen müssen.
Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne des vor der Schlichtungsstelle gestellten Antrages abzuändern.
Die Antragsgegnerinnen beantragen in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zwar gemäß § 37 Abs 3 Z 18 MRG zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
Die übereinstimmende Ansicht der Vorinstanzen, daß § 15 WWG idF der WWG-Novelle 1950 BGBl. 1951/26 bei der Beurteilung der Berechtigung des vorliegenden Antrages außer Betracht zu bleiben hat, weil diese Bestimmung nur die mit Fondshilfe wiederhergestellten Mietobjekte erfaßt, welche Voraussetzung auf die verfahrensgegenständliche Wohnung nicht zutrifft, wird von der Antragstellerin mit Recht nicht mehr in Zweifel gezogen (vgl. Würth in Rummel, Rz 1 und 4 zu § 16 MRG Anh [WWG] mwN).
Es ist dem Rekursgericht auch darin beizupflichten, daß es für die Entscheidung über den vorliegenden Anrag darauf, ob die Kriegsschäden an der gegenständlichen Wohnung aus Mitteln der Eheleute Z*** oder aus Mitteln der Hauseigentümer behoben worden sind und ob demnach für die gegenständliche Wohnung die Zinsbestimmungen des MG gegolten haben oder nicht, nicht ankommt, weil der Antrag selbst im Falle der Anwendbarkeit der Zinsbestimmungen des MG mit Rücksicht auf das Zustandekommen einer Hauptmietzinsvereinbarung im Sinne des § 16 Abs 2 Z 2 in Verbindung mit Abs 3 MG in der 1962 geltenden Fassung abzuweisen wäre. (§ 15 WWG, der eine "freie" Mietzinsvereinbarung unzulässig machen würde [siehe Würth aa0 Rz 2], ist hier, wie bereits dargelegt, nicht anzuwenden.)
Was nun das Zustandekommen einer Hauptmietzinsvereinbarung nach § 16 Abs 2 Z 2 in Verbindung mit Abs 3 MG in der 1962 geltenden Fassung betrifft, so ist - wie in einer anderen, die Parteien sowie die Wohnung des gegenständlichen Verfahrens betreffenden Mietrechtssache zu 5 Ob 13/88 ausführlich dargetan wurde - davon auszugehen, daß die Antragstellerin seit 1962 das Hauptmietverhältnis, das 1945 zwischen ihr und ihrem Gatten einerseits und den damaligen Hauseigentümern andererseits begründet worden ist, allein fortsetzt (woran die Beurkundung dieses Vorganges durch einen neuen schriftlichen Mietvertrag nichts ändert) und demnach nicht 1962 zwischen der Antragstellerin und den damaligen Hauseigentümern ein neues Hauptmietverhältnis entstanden ist. Es lagen daher 1962 die (objektiven) Voraussetzungen der Zulässigkeit einer freien Hauptmietzinsvereinbarung nach § 16 Abs 2 Z 2 in Verbindung mit Abs 3 MG in der damals geltenden Fassung vor. Was die "subjektiven" Voraussetzungen einer solchen Vereinbarung anglangt, so fordern Lehre und Rechtsprechung, wenn das schlüssige Zustandekommen der Vereinbarung (nach Wegfall der Umstände, welche die vorausgegangene Zinsvereinbarung unzulässig gemacht haben, also beispielsweise nach Überschreiten einer halbjährigen Mietvertragsdauer, nach Rückzahlung eines Wohnhauswiederaufbaufondsdarlehens) in Frage steht, nicht etwa nur die vorbehaltlose Weiterzahlung des vorgeschriebenen höheren (bisher das gesetzliche Ausmaß überschreitenden) Mietzinsens durch einige Zeit, sondern auch das Vorliegen besonderer Umstände, die im Vermieter die redliche Überzeugung hervorgerufen haben, daß der Mieter den im vorgeschriebenen Mietzins in dem Bewußtsein leistet, den geforderten Betrag nach der gesetzlichen Lage nicht zahlen zu müssen, ihn aber auf Grund seines mit dem Vermieter übereinstimmenden Veränderungswillens dennoch zahlen zu wollen (MietSlg 38.333 = JBl. 1987, 252; vgl. ferner Würth in Rummel, ABGB, Rz 14 zu § 16 MRG sowie in ImmZ 1977, 313; 5 Ob 28/87 RdW 1987, 290). Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin durch Unterfertigung des Mietvertrages vom 29./30.August 1962 und durch die seither erfolgte Zahlung des darin vereinbarten und ihr in dieser Höhe vorgeschriebenen Hauptmietzinses bei den jeweiligen Hauseigentümern die vorerwähnte Überzeugung hervorgerufen, brachte sie doch - vom Empfängerhorizont der Hauseigentümer her beurteilt - eindeutig zum Ausdruck, freiwillig einen höheren als den im § 2 MG festgesetzten, nämlich den vereinbarten Mietzins leisten zu wollen. Daran wird durch die weitere Vereinbarung nichts geändert, daß der Antragstellerin aus der Tatsache der freiwilligen Zahlung eines höheren als des gesetzlichen Mietzinses kein Nachteil erwachsen darf, wenn es auf Grund eines Gesetzes oder einer Verordnung zu einer Mietzinserhöhung kommt.
Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
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