OGH 5Ob13/88

OGH5Ob13/889.2.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Karoline Z***, Pensionistin, Schillerstraße 12, 4020 Linz, vertreten durch Wolfgang W***, Angestellter des Mieterschutzverbandes Österreichs (Landesleitung Oberösterreich), Museumstraße 5, 4020 Linz, wider die Antragsgegner 1. Anna W***, Vermieterin, Auf der Gugl 38, 4020 Linz, und 2. Else H***, Vermieterin, 8911 Admont 73, beide vertreten durch Dr. Rudolf Schuh, Rechtsanwalt in Linz, wegen Feststellung der Ausstattungskategorie der Wohnung, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 4. November 1987, GZ 19 R 58/87-11, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 17. August 1987, GZ 26 Msch 10/87-6, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die antragstellende Hauptmieterin bewohnt seit dem Oktober 1945 im Haus der Antragsgegnerinnen Schillerstraße 12 in 4020 Linz die Wohnung mit 166,4 m2 Nutzfläche im 2. Stock. Als ihr vom Hausverwalter ab 1. Mai 1982 der Erhaltungsbeitrag unter Zugrundelegung der Ausstattungskategorie B vorgeschrieben wurde, stellte sie bei der Gemeinde den Antrag auf Entscheidung, daß es sich auf Grund des unbenützbaren Zustandes der Wohnung zu Beginn des Mietverhältnisses um einen Bestandgegenstand der Ausstattungskategorie D handelt. Der Hausverwalter legte eine Teilablichtung eines Mietvertrages vor, nach dem das Bestandverhältnis mit dem 1. Juni 1962 begann, und berief sich darauf, daß die Wohnung vier Zimmer, ein Kabinett, Küche, Bad und Klosett umfaßte. Die Gemeinde entschied in der Sache, daß der von der Antragstellerin für die Wohnung geforderte Erhaltungsbeitrag nicht "zu Recht besteht" und nicht zu bezahlen ist, und begründete die Entscheidung damit, daß sich die Wohnung zur Zeit der Wohnungnahme in einem unbenützbaren Zustand befand und wegen dieser Unbrauchbarkeit in die Ausstattungskategorie D einzureihen sei. Der von der Antragstellerin entrichtete Hauptmietzins übersteige aber zwei Drittel des dann für die Wohnung höchstzulässigen Kategoriehauptmietzinses. Diese als Antragsgegner die Eigentümer des Hauses Linz, Schillerstraße 12, ohne deren namentliche Nennung bezeichnende Entscheidung der Gemeinde vom 11. März 1983 wurde rechtskräftig.

Am 11. April 1986 schrieben die Vermieter der Antragstellerin ab 1. Juni 1986 den unter Annahme der Ausstattungskategorie B der Wohnung errechneten Erhaltungsbeitrag zur Zahlung vor. Die Mieterin stellte darauf neuerlich bei der Gemeinde den Antrag auf Entscheidung, daß die Wohnung auf Grund ihres Zustandes zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietverhältnisses in die Ausstattungskategorie D fällt, und berief sich wieder darauf, daß die Wohnung bei der Zuweisung im Oktober 1945 in einem nach Bombenschäden unbenützbaren Zustand war und vom Mieter auf eigene Kosten instandgesetzt worden war.

Die Entscheidung der Gemeinde, die dem Antrag stattgab, trat außer Kraft, als die Vermieter in der Frist die Entscheidung des Gerichtes verlangten.

Das Erstgericht stellte mit Sachbeschluß fest, daß die Wohnung bezogen auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Mietverhältnisses in die Ausstattungskategorie D fällt und ging von dem folgenden Sachverhalt aus:

Die Wohnung wurde mit dem Erfassungs- und Zuweisungsbescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 9. Oktober 1945 der Antragstellerin und ihrem Ehemann zugewiesen. Dieser Bescheid verpflichtete die Hauseigentümerin Else H***, innerhalb einer Woche mit den Eheleuten einen Mietvertrag abzuschließen, weil sonst vom Wohnungsamt ein Mietvertrag festgesetzt würde. In Entsprechung des Auftrages begründete die Hauseigentümerin mit der Antragstellerin und ihrem Ehemann ein Mietverhältnis. Der Bestandgegenstand war bei Wohnungnahme unbenützbar und nicht brauchbar, weil die Wohnung erst durch Instandsetzung der Fenster und Türen, der Wände und Decken, der Strom- und Gasleitungen und durch Aufstellung von Öfen auf Kosten der Mieter, die damals dafür S 4.357,42 aufwendeten, bewohnbar gemacht werden mußte. Im Jahr 1962 wurde die Ehe der Antragstellerin geschieden. Der Mann schied als Mitmieter aus dem Bestandverhältnis aus. Zwischen der Antragstellerin und den Liegenschaftseigentümern wurde zu den selben Bedingungen ein schriftlicher Mietvertrag vom 29./30. August 1962 abgefaßt.

Auf der Grundlage dieser Feststellungen kam das Erstgericht bei der rechtlichen Beurteilung zu dem Ergebnis, daß der Berechnung des Erhaltungsbeitrages der fiktive Kategoriemietzins nach § 16 Abs. 2 MRG zu unterstellen und von der Urkategorie auszugehen sei, die sich nach dem Ausstattungszustand der Wohnung zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages bestimme. Da es an dem brauchbaren Zustand der Wohnung bei deren Vermietung im Jahr 1945 mangelte, komme eine höhere als die Ausstattungskategorie nach § 16 Abs. 2 Z 4 MRG (Kategorie D) nicht in Betracht. Der Zeitpunkt der Errichtung des schriftlichen Mietvertrages im August 1962 sei für die Beurteilung der Urkategorie nicht maßgebend, weil das Mietverhältnis zwischen der Antragstellerin und den Vermietern ohne Änderung der Vertragsbedingungen aufrecht blieb und nur dem Ausscheiden des früheren Ehemannes als Mitmieter nach der Scheidung der Ehe Rechnung getragen wurde. Weder der Rechtsgrund noch der Hauptgegenstand des Vertrages hätten eine Änderung erfahren. Es handle sich nicht um einen Neuerungsvertrag.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Vermieter nicht Folge. Es übernahm die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich, hielt der eine Nichtigkeit wegen rechtskräftig entschiedener Sache behauptenden Mieterin entgegen, daß im ersten Verfahren vor der Gemeinde keine die Ausstattungskategorie der Wohnung bindend feststellende Entscheidung erging sondern die Kategorieeinordnung nur als Vorfrage für die Beurteilung der Unzulässigkeit der Einhebung des Erhaltungsbetrages behandelt wurde, und billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes. Maßgebend für die Einreihung der Wohnung in die Ausstattungskategorie D sei der unbrauchbare Zustand bei Zustandekommen des einheitlichen mit der Antragstellerin schon in Entsprechung des Zuweisungsbescheides 1945 abgeschlossenen Mietvertrages und nicht der auf Kosten der Mieter hergestellte brauchbare Zustand im August 1962, als lediglich als Folge der Ehescheidung der geschiedene Ehemann der Antragstellerin aus dem Bestandverhältnis ausschied. Dadurch habe der erste Vertrag keine so wesentliche Veränderung erfahren, daß anzunehmen sei, der alte Vertrag sei mit Abschluß des neuen Bestandverhältnisses aufgehoben worden. Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs gegen seine bestätigende Sachentscheidung zu, weil es an einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu dem Fall fehle, daß wegen des Ausscheidens eines Mitmieters mit dem im Bestandgegenstand verbleibenden Teil ein Mietvertrag neu abgefaßt wird. Die Vermieter erheben Revisionsrekurs mit dem Antrag auf Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen "in die Feststellung, daß die Wohnung der Ausstattungskategorie B unterliegt" und "in eventu, daß die Zulässigkeit des im Mietvertrag vom 29./30. August 1962 vereinbarten Mietzinses festgestellt werde". Die Mieterin beantragt neuerlich die Aufhebung der Entscheidungen und des gesamten Verfahrens und die Zurückweisung des von ihr gestellten Antrages wegen rechtskräftig entschiedener Sache und nur hilfsweise die Bestätigung der Sachbeschlüsse der Vorinstanzen.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitseinwand der Mieterin ist unbegründet, der Revisionsrekurs der Vermieter nicht berechtigt.

Ob wegen der durch § 37 Abs. 3 Z 15 MRG angedeuteten Annäherung der meritorischen Entscheidung mittels Sachbeschluß an das Urteil im Streitverfahren (Würth-Zingher, MRG2 179 Anm. 51; Würth in Korinek-Krejci, HBzMRG 536) eine Nichtigkeit in Revisionsrekursverfahren nicht mehr wahrgenommen werden kann, wenn der Nichtigkeitsgrund schon vom Rekursgericht geprüft und dessen Vorliegen verneint wurde, wie dies im Revisionsverfahren zufolge der Vorschrift des § 519 ZPO angenommen wird (Fasching, ZPR Rz 1905; Jud. 63 neu = SZ 28/265), muß hier nicht abschließend untersucht werden. Der Einwand der Mieterin, ihrer Rechtsverfolgung stehe die rechtskräftige Entscheidung der Gemeinde (Landeshauptstadt Linz - Präsidialamt) vom 11. März 1983 entgegen, ist nämlich jedenfalls unberechtigt, weil dort im Spruch nicht die Wohnungskategorie sondern nur festgestellt wurde, daß der von den Vermietern geforderte Erhaltungsbeitrag nicht zu Recht eingehoben wird. Die Vorfragenlösung in der Begründung dieser Entscheidung über die angenommene Ausstattungskategorie kann Rechtskraftwirkung nicht entfalten. Dem Feststellungsbegehren der Hauptmieterin steht daher das von ihr behauptete Hindernis nicht im Wege.

Die Vorinstanzen habe diesem Feststellungsantrag auch ohne Rechtsirrtum stattgegeben, weil davon auszugehen ist, daß das seit 1945 bestehende Hauptmietverhältnis der Liegenschaftseigentümer mit der Antragstellerin durch die lediglich das Ausscheiden des geschiedenen Ehemannes als Mitmieter festhaltende Urkundenerrichtung im August 1962 inhaltlich nicht so verändert wurde, daß der für die Beurteilung des Ausstattungszustandes der Wohnung nach § 16 Abs. 3 MRG maßgebende Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages vom vertragsmäßig bedungenen Zustand der Wohnung bei Bezug im Jahr 1945 auf das Jahr 1962 verschoben und die auf Kosten der Hauptmieter hergestellte Brauchbarmachung der kriegsbeschädigten Wohnung zur Änderung der ursprünglichen Ausstattungskategorie führen würde.

Nach den im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof maßgebenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen wurde der schriftliche Mietvertrag vom August 1962 zu denselben Konditionen = Bedingungen wie bisher abgefaßt, es schied nur nach der Scheidung der Ehe der Ehemann als Mitmieter aus. Damit unterscheidet sich der Fall von dem in MietSlg. 36.336 entschiedenen wesentlich, denn dort war neben erheblichen Zugeständnissen wie der Gestattung geschäftlicher Verwertung des Bestandobjektes und der Überlassung an Dritte die für das Entstehen eines neuen Vertragsverhältnisses maßgebende Abschließung des Mietvertrages auch mit dem Ehemann der bis dahin allein als Mieterin in vertraglicher Bindung gestandenen Ehefrau als den Zeitpunkt des Ausstattungszustandes der Wohnung bestimmend angesehen worden. Scheidet aber der geschiedene Ehemann als Mitmieter aus und bleibt die geschiedene Ehefrau wenn auch mit Errichtung einer neuen Vertragsurkunde im bisherigen Mietverhältnis gebunden, so ist die Rechtslage nicht anders, als wäre das Ausscheiden des Mitmieters nicht im dreiseitigen Einverständnis sondern mit Entscheidung des Außerstreitrichters nach dem damals geltenden § 5 Abs. 1 der 6. DVzEheG erfolgt. Für eine Mietwohnung konnte danach der Richter bestimmen, daß ein von beiden Ehegatten eingegangenes Mietverhältnis von einem Ehegatten allein fortgesetzt wird oder daß ein Ehegatte an Stelle des anderen in ein von diesem eingegangenes Mietverhältnis eintritt. Es ist nicht zu bezweifeln, daß in einem solchen Fall nach § 16 Abs. 3 MRG der Ausstattungszustand der Wohnung im Zeitpunkt des ursprünglichen Vertragsabschlusses und nicht der Fortsetzung des Mietverhältnisses durch einen Ehegatten allein oder des Eintrittes in das vom anderen Ehegatten eingegangene Mietverhältnis die Kategorieeinordnung bestimmt. Tritt ein Mieter in einen bestehenden Mietvertrag ein, ist der Ausstattungszustand der Wohnung im Zeitpunkt des Abschlusses des - nun weitergeltenden - Mietvertrages mit dem Rechtsvorgänger kategoriebestimmend (MietSlg. 37.333). Dies muß umso mehr gelten, wenn ein Mitmieter nach in allseitigem Einverständnis erfolgtem Ausscheiden des weiteren Mitmieters das Bestandverhältnis allein fortsetzt. Die Beurkundung dieses Vorganges durch einen neuen Mietvertrag ändert daran nichts. Zutreffend haben die Vorinstanzen erkannt, daß es sich dabei nicht um einen Neuerungsvertrag mit der Wirkung handelt, daß der 1945 geschlossene Mietvertrag aufgehoben und von der Antragstellerin die Wohnung im Jahr 1962 neu gemietet wurde.

Daß die Wohnung wegen ihres nicht brauchbaren Zustandes bei der Übergabe an die Mieter im Jahr 1945 in die Ausstattungskategorie D einzustufen ist, wenn demnach der Mietvertragsabschluß im Jahr 1945 maßgebend ist, ziehen die Vermieter nicht mehr in Zweifel.

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