Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung
Die Antragstellerin als Hauptmieterin des „Wohnateliers“ Top 10 in ***** W***** begehrt mit ihrem verfahrenseinleitenden Antrag an die zuständige Schlichtungsstelle gegenüber der Antragsgegnerin als Vermieterin die Überprüfung der ihr vorgeschriebenen Umsatzsteuer vom Mietzins ab 1. 10. 2008.
Strittig ist zwischen den Parteien ausschließlich, ob die Antragsgegnerin 20 % ‑ wie vorgeschrieben ‑ oder 10 % ‑ wie von der Antragstellerin behauptet ‑ Umsatzsteuer vom Mietzins verrechnen kann. Die Antragstellerin steht dazu auf dem Standpunkt, das Objekt werde von ihr seit 1. 1. 2008 (nach Beendigung ihrer bis dahin ausgeübten gewerblichen Tätigkeit) ausschließlich für Wohnzwecke verwendet.
Das Erstgericht stellte ‑ nachdem die Antragstellerin gegen die zurückweisende Entscheidung der Schlichtungsstelle rechtzeitig das Gericht angerufen hatte ‑ fest, dass über den Antrag im streitigen Verfahren zu entscheiden sei. Es stellte der Antragstellerin frei, binnen 14 Tagen ab Rechtskraft des Beschlusses den Antrag durch Einbringung einer nach den Vorschriften des § 226 ZPO entsprechenden Klage zu verbessern.
Das Erstgericht verwies darauf, dass im Katalog des § 37 Abs 1 MRG Streitigkeiten über die Verrechnung der Umsatzsteuer nicht angeführt seien. Diese sei zwar nach § 15 Abs 2 MRG zulässiger Bestandteil des verrechneten Gesamtmietzinses, nicht aber Teil des Hauptmietzinses. Anders als der Hauptmietzins könne die Höhe der Umsatzsteuer daher nicht im außerstreitigen Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG überprüft werden.
Das Rekursgericht gab dem dagegen von der Antragstellerin erhobenen Rekurs Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluss dahin ab, dass es aussprach, dass über den von der Antragstellerin gestellten Überprüfungsantrag im außerstreitigen Verfahren nach dem MRG zu entscheiden sei.
Es bewertete den Wert seines Entscheidungsgegenstands mit 10.000 EUR nicht übersteigend und erklärte den Revisionsrekurs mit der Begründung für zulässig, dass explizite Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu der verfahrensentscheidenden Frage nicht bestehe.
Rechtlich ging das Rekursgericht davon aus, dass bereits in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 5 Ob 372/97k implizit die Zulässigkeit des außerstreitigen Wohnrechtsverfahrens für einen vergleichbaren Antrag bejaht worden sei. Dieser Auffassung sei zu folgen. Zwar lege der Wortlaut des § 37 Abs 1 MRG nahe, dass Streitigkeiten über die verrechnete Umsatzsteuer nicht im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden seien. Es sei jedoch zu bedenken, dass gemäß § 15 MRG die auf den Mietzins entfallende Umsatzsteuer vom Vermieter als prozentueller Zuschlag zum Mietzins verlangt werden könne. Es handle sich daher der Sache nach um einen Bestandteil des Mietzinses, weshalb es sachlich nicht gerechtfertigt sei, für die Überprüfung des Mietzinses einerseits und die Umsatzsteuer andererseits unterschiedliche Verfahrensarten vorzusehen.
Die Antragsgegnerin strebt mit ihrem dagegen erhobenen Revisionsrekurs die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses an; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Die Antragstellerin beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen; hilfsweise, ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.
Im Revisionsrekurs verweist die Antragsgegnerin erneut darauf, dass Streitigkeiten über die Höhe der vom Mietzins zu entrichtenden Umsatzsteuer nicht in das Außerstreitverfahren verwiesen seien.
Dazu wurde erwogen:
1. Richtig ist, dass auch im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren der Grundsatz gilt, dass Rechtssachen, die nicht ausdrücklich oder wenigstens unzweifelhaft schlüssig in das Außerstreitverfahren verwiesen sind, auf den streitigen Rechtsweg gehören (RIS‑Justiz RS0005948; Würth/Zingher/Kovanyi , Miet‑ und Wohnrecht²² § 37 MRG Rz 3).
2. Es trifft auch zu, dass § 37 Abs 1 MRG ausdrücklich nur Streitigkeiten über die Angemessenheit des vereinbarten oder begehrten Hauptmietzinses (§ 37 Abs 1 Z 8 MRG) bzw Streitigkeiten über die Betriebskosten und laufenden öffentlichen Abgaben, Auslagen für die Verwaltung, Aufwendungen für die Hausbetreuung und besondere Aufwendungen nach §§ 21 bis 24 MRG (§ 37 Abs 1 Z 12 MRG) in das Außerstreitverfahren verweist.
3. Allerdings anerkennt die Rechtsprechung ‑ namentlich im Bereich des (außerstreitigen) Wohnrechts etwa aufgrund der Natur des betreffenden Anspruchs ‑ die Möglichkeit unzweifelhaft schlüssiger Verweisungen auf den außerstreitigen Rechtsweg (RIS‑Justiz RS0123353; RS0005781; 5 Ob 267/09i wobl 2010/105).
4. Ein solcher Fall liegt, wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, auch hier vor:
4.1 § 15 MRG behandelt ‑ unter dem Titel „Mietzins für Hauptmiete“ ‑ in seinem Absatz 2 die Umsatzsteuer. Danach ist der Vermieter berechtigt, vom Mieter jene Umsatzsteuer zu begehren, die vom Mietzins zu entrichten ist. Der Mietzins ‑ der nach der Definition in § 15 Abs 1 MRG aus dem Hauptmietzins, dem auf den Mietgegenstand entfallenden Anteil an den Betriebskosten und den von der Liegenschaft zu entrichtenden laufenden öffentlichen Abgaben sowie dem auf den Mietgegenstand entfallenden Anteil für besondere Aufwendungen, allenfalls aus dem angemessenen Entgelt für mitvermietete Einrichtungsgegenstände oder sonstige Leistungen besteht ‑ ist somit Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer.
4.2 Ein Verweisungsbedarf in das wohnrechtliche Außerstreitverfahren folgt schon aus der sachlichen Nähe der Umsatzsteuer zu jenen Mietzinsbestandteilen, die für ihre Berechnung Bemessungsgrundlage sind.
4.3 Auch in der Entscheidung 5 Ob 372/97k war eine Überprüfung der vom Antragsteller dieses Verfahrens beanstandeten Vorschreibung von 20 % Umsatzsteuer Verfahrensgegenstand. Die Sachentscheidung erging im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren, ohne dass nach dem Verfahrensgang eine den Obersten Gerichtshof bindende Entscheidung über die (Un‑)Zulässigkeit des wohnrechtlichen Außerstreitverfahrens ergangen wäre.
Das Rekursgericht hat daraus zutreffend gefolgert, dass der Oberste Gerichtshof in diesem Fall implizit die Zulässigkeit des wohnrechtlichen Außerstreitverfahrens für einen entsprechenden Sachantrag bejaht hat.
4.4 Die mangelnde Nennung des § 15 Abs 2 MRG im Verweisungskatalog des § 37 Abs 1 MRG beruht auf einem offenkundigen Redaktionsversehen, hat doch der Gesetzgeber erkennbar alle Feststellungsanträge, soweit die Überprüfung der gesetzlichen Zulässigkeit von Mietzinsbestandteilen - wozu auch die Umsatzsteuer zählt ‑ Verfahrensgegenstand ist, in das wohnrechtliche Außerstreitverfahren verweisen wollen.
5. Dem Revisionsrekurs ist somit ein Erfolg zu versagen.
Da die Antragsgegnerin in erster Instanz den Einwand der Unzulässigkeit des außerstreitigen Wohnrechtsverfahrens nicht erhob, liegt kein Zwischenstreit vor. Es entspricht daher der Billigkeit iSd § 37 Abs 3 Z 17 MRG, die Kosten des Revisionsrekursverfahrens der Endentscheidung vorzubehalten.
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