OGH 5Ob149/02a

OGH5Ob149/02a25.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Bundeskammer *****, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte und gefährdende Partei B***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Lansky & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren EUR 21.801,85), über den Revisionsrekurs der beklagten und gefährdenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 21. März 2002, GZ 4 R 33/02f-9, mit dem die Einstweilige Verfügung des Handelsgerichtes Wien vom 23. November 2001, GZ 10 Cg 188/01d-4, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben. Die beklagte Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen. Die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die klagende Partei beantragte zur Sicherung ihres gleichzeitig eingeklagten, auf Unterlassung der Verwendung unzulässiger Klauseln gemäß §§ 28 ff KSchG und Urteilsveröffentlichung gerichteten Anspruchs die Erlassung einer einstweiligen Verfügung des Inhalts, dass ihrer Gegnerin ab sofort bis zur rechtskräftigen Erledigung der Klage verboten werden soll, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie den von ihr geschlossenen Verträgen zugrundelegt, und/oder in hiebei verwendeten Vertragsformblättern nachstehende oder sinngleiche Klauseln zu verwenden oder sich auf eine dieser Klauseln zu berufen, soweit sie bereits vereinbart wurde:

"1) Ich ermächtige die B***** Gesellschaft mbH, *****, den pauschalierten Kostenanteil von ATS 7.500,-- für Schätzgutachten und Verfahrenskosten mittels Einziehungsermächtigungsverfahren von meinem o der B***** Gesellschaft mbH bekannt gegebenen Girokonto o von meinem Konto Nr. .... bei der... (Bank).... (BLZ) einmalig abzubuchen.

Von dieser Einziehungsermächtigung wird nur dann Gebrauch gemacht, wenn ich das Kaufanbot rechtsverbindlich annehme oder aus Gründen, die alle in meiner Sphäre liegen, nicht annehme.

2) Das Verkaufsverfahren wird nur eingeleitet, wenn mindestens 25 % der Mieter der von mir bewohnten Wohnanlage einen Antrag auf sonstige nachträgliche Übertragung in das Eigentum gemäß § 15c WGG stellen, .

. .

3) Ich verzichte auf die Berücksichtigung des Vorliegens des aufrechten Miet- oder sonstigen Nutzungsverhältnisses als wertbildenden Umstand."

Die klagende Partei brachte dazu im Wesentlichen vor, sie sei gemäß § 29 KSchG berechtigt, einen Unterlassungsanspruch nach § 28 Abs 1 KSchG geltend zu machen. Die Beklagte sei als Gesellschaft mbH Unternehmerin und trete bei der von ihr ausgeübten Geschäftstätigkeit mit Verbrauchern in ganz Österreich in geschäftlichen Kontakt. Die Beklagte sei ungeachtet ihres mittlerweiligen Verlustes der Gemeinnützigkeit gemäß § 20 Abs 1 Z 3 lit b WGG bei nachträglicher Übertragung des Eigentums an die Mieter zur Anwendung des § 15c WGG und zur Einhaltung des dort vorgesehenen Verfahrens verpflichtet. Die Beklagte habe in einem Rundschreiben vom 25. 6. 2001 tausende Mieter eingeladen, einen Antrag auf Übertragung in das Wohnungseigentum zu stellen.

Dem Einladungsschreiben sei ein als "Erklärung" bezeichnetes Formular angeschlossen gewesen, das die bereits erwähnten enthalten habe. Diese verstießen gegen §§ 15c und 21 WGG und seien überdies sittenwidrig. Die klagende Partei habe die Beklagte gemäß § 28 Abs 2 KSchG abgemahnt; diese habe jedoch keine Bereitschaft gezeigt, die geforderte Unterlassungserklärung abzugeben, weil die von ihr verwendeten Klauseln rechtlich zulässig seien.

Die beklagte Partei beantragte aus folgenden Gründen die Abweisung des Provisiorialbegehrens:

Ihr Rundschreiben vom 25. 6. 2001 stelle kein Einladungsschreiben gemäß § 15c WGG dar, sondern sei ein verbindliches Anbot. Das Verfahren gemäß § 15c sei daher nicht einzuleiten gewesen und § 21 Abs 1 Z 1 WGG mangels Gesetzwidrigkeit nicht anwendbar. Selbst wenn man von einem Einladungsschreiben nach § 15c WGG ausgehen sollte, sei die Vorgangsweise der Beklagten nicht gesetzwidrig. Die Klausel über den pauschalierten Kostenanteil sei nach der Klarstellung im Schreiben vom 15. 10. 2000 nicht mehr unklar iSd § 6 Abs 3 KSchG und auch nicht gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3

ABGB.

Die Klausel, wonach das Verkaufsverfahren nur eingeleitet werde, wenn mindestens 25 % der Mieter einer Wohnanlage einen Antrag stellen, verletze keineswegs § 21 WGG. Aufgrund der Verkaufsbedingungen stehe nämlich fest, dass die Beklagte nur verkaufe, wenn mindestens 25 % der Mieter das Kaufanbot rechtsverbindlich annehmen. Da eine Preisfestsetzung bei einem Mieterinteresse von weniger als 25 % der Mieter einer Wohnanlage nicht zum Verkauf führe, würden dem Mieter durch die Einleitung eines Preisfestsetzungsverfahrens nur Kosten, aber keinerlei Vorteile erwachsen.

Die Klausel über den Verzicht auf Berücksichtigung des Vorliegens des aufrechten Mietverhältnisses als wertbestimmenden Faktor verstoße ebenfalls nicht gegen §§ 15c und 21 WGG, da der Mieter zu keinem Zeitpunkt ein durchsetzbares Recht habe, die Wohnung zu erwerben; der Beklagten stehe es frei zu entscheiden, ob sie überhaupt oder nur unter Bedingungen verkauft.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Es ging dabei von folgendem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt aus:

Unternehmensgegenstand der Beklagten, deren Alleingesellschafterin die Republik Österreich ist, ist primär die Errichtung und Verwaltung von Wohnbauten und die Vermietung der Wohnungen an Privatpersonen zu Wohnzwecken. Sie hat im Juni in einem Rundschreiben ca 16.500 Mieter "gemäß § 15c WGG unter den nachfolgenden Bedingungen und Setzung einer Frist von 6 Monaten zur Antragstellung auf sonstige nachträgliche Übertragung ihrer Wohnung ins Wohnungseigentum" eingeladen:

1. Mindestquote: Mindestens 25 % der Mieter des von Ihnen bewohnten Hauses stellen einen entsprechenden Antrag auf nachträgliche Übertragung Ihrer Wohnung ins Wohnungseigentum mittels beiliegendem Antragsformular.

2. Die Kosten für die Vertragserrichtung, der grundbücherlichen Durchführung und alle sonstigen Nebenkosten müssen von Ihnen getragen werden.

3. Sie ermächtigen uns im Falle der Einleitung des Verkaufsverfahrens einmalig einen anteiligen pauschalierten Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von öS 7.500,-- als Kostenbeitrag für die erforderlichen Schätzgutachten etc von Ihrem Konto abzubuchen.

Von diesem Einziehungsauftrag werden wir nur dann Gebrauch machen, wenn Sie das Kaufanbot rechtsverbindlich annehmen, oder aus Gründen, die alleine in Ihrer Sphäre liegen, nicht annehmen. Insbesondere werden wir vom Abbuchungsauftrag keinen Gebrauch machen, wenn Sie Ihre Wohnung nicht kaufen, da der Kaufpreis den in der Beilage beispielhaft dargestellten Richtpreis um mehr als 25 % übersteigt. Weiters erklärte die Beklagte in dem Einladungsschreiben, sich über die Regelungen des WGG hinaus zum Verkauf der Wohnung zu verpflichten, wenn diverse, in dem Schreiben weiters genannte Bedingungen erfüllt sind. Als solche Bedingung nannte die Beklagte unter anderem den Umstand, dass bei der Verkehrswertermittlung das Vorliegen eines aufrechten Mietverhältnisses als wertbildender Umstand nicht berücksichtigt wird.

Dem Einladungsschreiben war ein Formular (Vertragsformblatt), bezeichnet als "Erklärung", für die Antragstellung auf Übertragung in das Wohnungseigentum durch den Mieter angeschlossen, das unter anderem nachstehende Klauseln enthält:

1. Ich ermächtige die B***** Gesellschaft mbH, *****, den

pauschalierten Kostenanteil von ATS 7.500,-- für Schätzgutachten und

Verfahrenskosten mittels Einziehungsermächtigungsverfahren von meinem

o der B***** Gesellschaft mbH

bekannt gegebenen Girokonto

o von meinem Konto Nr. ............ bei der

............. (Bank) ................ (BLZ) einmalig abzubuchen. Von

dieser Einziehungsermächtigung wird nur dann Gebrauch gemacht, wenn ich das Kaufanbot rechtsverbindlich annehme oder aus Gründen, die alleine in meiner Sphäre liegen, nicht annehme.

2. Das Verkaufsverfahren wird nur eingeleitet, wenn mindestens 25 % der Mieter der von mir bewohnten Wohnanlage einen Antrag auf sonstige nachträgliche Übertragung in das Eigentum gemäß § 15c WGG stellen.

3. Ich verzichte auf die Berücksichtigung des Vorliegens des aufrechten Miet- und sonstigen Nutzungsverhältnisses als wertbildender Umstand.

Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 20. 8. 2001 auf, die Verwendung dieser Klauseln zu unterlassen und eine Unterlassungserklärung abzugeben. Es gab daraufhin mehrere Gespräche zwischen den Parteien, wobei die Beklagte zuletzt mit Fax vom 28. 8. 2001 anbot, die erste Klausel dahin abzuändern, dass der Kostenersatz nur von jenen Mietern eingehoben wird, die nach dem Preisfestsetzungsverfahren vom Vertrag zurücktreten, und bezüglich der dritten Klausel zusicherte, auch dann ein Preisfestsetzungsverfahren durchführen zu lassen, wenn die Mieter nicht auf das Vorliegen des aufrechten Mietverhältnisses als wertbildender Umstand verzichten. Die Beklagte bot auch an, die geänderten Klauseln durch eine Unterlassungserklärung und Konventionalstrafe abzusichern. Die Klägerin lehnte jedoch die Vorschläge der Beklagten als nicht ausreichend ab.

Rechtlich führte das Erstgericht im Wesentlichen aus, dass Vereinbarungen der Beklagten mit einem Mieter insoweit rechtsunwirksam seien, als sie zum Nachteil des Vertragspartners der Bauvereinigung von den Bestimmungen der §§ 13 bis 15, 15b bis 20 und 22 abweichen. Damit sei klargestellt, dass die Beklagte im vorliegenden Fall jedenfalls nach dem im § 15c geregelten Verfahren vorgehen müsse und nicht zum Nachteil der Mieter davon abweichen dürfe. Das inkriminierte Schreiben stelle ein Einladungsschreiben nach § 15c WGG dar. Es sei jedoch rechtswidrig im Sinn des § 21 WGG, wenn es Bedingungen für den Verkauf vorsehe, die für den Mieter im Vergleich zur gesetzlichen Vorgangsweise insgesamt nachteilig seien, so vorteilhaft eine rechtsgeschäftlich eingegangene Verkaufsverpflichtung seitens der Bauvereinigung auch (für den Mieter) sein möge. Vor Einleitung des Preisfestsetzungsverfahrens dürften für die Mieter keine nachteiligen Bedingungen zum Kauf gestellt werden.

Die von der Beklagten verwendete Klausel über den Pauschalkostenersatz sei für die Mieter (selbst in der geänderten Fassung) deshalb nachteilig, weil die Verfahrenskosten erst nach Beendigung des Preisfestsetzungsverfahrens durch das Gericht festgesetzt werden und nicht einmal sicher sei, dass überhaupt Kosten anfallen.

Die Klausel über die Antragstellung von mindestens 25 % der Mieter sei deshalb für diese von Nachteil, weil diese manche Mieter von einer Antragstellung abschrecken könne.

Die Klausel über den Verzicht auf Berücksichtigung eines aufrechten Mietverhältnisses als wertbildenden Umstand sei schließlich schon deshalb für den Mieter von Nachteil, weil es ihm sein im Gesetz vorgesehenes Wahlrecht entziehe.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

Zunächst sei die Frage zu prüfen, ob das Schreiben der Beklagten vom 25. 6. 2001 "Einladung zum Wohnungskauf, Antrag gemäß § 15c WGG" unter die Bestimmungen des § 15c WGG fällt. Der Meinung der Beklagten, dass sie mit diesem Schreiben den Mietern ein verbindliches Anbot gestellt habe und dieses daher nicht als Einladung der Mieter zur Antragstellung auf nachträgliche Einräumung des Wohnungseigentums im Sinne des § 15c Abs 1 WGG anzusehen sei, könne nicht gefolgt werden. Nach § 21 Abs 1 seien Vereinbarungen ua dann rechtsunwirksam, wenn sie zum Nachteil des Vertragspartners der Bauvereinigung von den Bestimmungen der §§ 13 bis 20 und 22 (also auch § 15c) abweichen. § 15c WGG sehe ein bestimmtes Verfahren vor, wenn die Bauvereinigung nach insgesamt 10-jähriger Überlassung in Miete die nachträgliche Einräumung des Wohnungseigentums beabsichtigt. Von diesem Verfahren dürfe die Bauvereinigung aufgrund der Bestimmung des § 21 Abs 1 WGG zum Nachteil des Mieters nicht abweichen. Dies bedeute aber, dass dem Mieter keine über das Gesetz hinausgehende (nachteilige) Bedingungen auferlegt werden dürfen. Könnte die Bauvereinigung durch Änderung der Bezeichnung des Einladungsschreibens oder auch durch eine zusätzliche Selbstbindung in Form eines verbindlichen Anbots die Bestimmungen des § 15c WGG für diese Vorgangsweise unwirksam machen, stünde der Umgehung der vom Gesetzgeber ausdrücklich für zwingend erklärten Bestimmung des § 15c WGG Tür und Tor offen. Die Meinung der Beklagten, dass es ihr jederzeit freistehe, von einem Verkauf Abstand zu nehmen, und die Mieter daher durch allfällige Bedingungen im Anbotschreiben nicht belastet würden, weil ein Verkauf (eine Einräumung von Wohnungseigentum) von der Bauvereinigung möglicherweise ohnehin nicht durchgeführt werde, überzeuge nicht. Stellt der Mieter nämlich nach einer wie immer bezeichneten Einladung einen Antrag auf Einräumung von Wohnungseigentum innerhalb einer Frist von 6 Monaten, habe die Bauvereinigung das Verfahren nach § 15c Abs 2 WGG über die gerichtliche Festsetzung des Preises für die nachträgliche Übertragung des Wohnungseigentums einzuleiten, ohne dass sie das von weiteren für den Mieter nachteiligen Bedingungen abhängig machen könne. Der abweichenden Ansicht von Call in seinem Privatgutachten vom 21. 9. 2001 sei daher nicht zu folgen.

In einem zweiten Schritt sei daher zu prüfen, ob die inkriminierten Klauseln den Mietern zum Nachteil gereichen.

Die Klausel, wonach mindestens 25 % der Mieter des Hauses einen entsprechenden Antrag auf nachträgliche Übertragung ins Wohnungseigentum stellen müssen, damit die Beklagte den Antrag auf Einleitung des gerichtlichen Festsetzungsverfahren stelle, würde den Rechtsanspruch des einzelnen Mieters auf Einleitung des Preisfestsetzungsverfahrens durch die Bauvereinigung, nachdem er einen entsprechenden Antrag gestellt hat, beseitigen. Es wäre damit in die Willkür der Bauvereinigung gestellt, ob sie ein Preisfestsetzungsverfahren einleitet, zumal sie dann auch die Möglichkeit hätte, durch eine entsprechende Hinaufsetzung der Mindestquote ihrer gesetzlichen Verpflichtungen praktisch immer zu entgehen. Ein Nachteil für den Mieter liege daher auf der Hand. Die Klausel über die Ermächtigung der Beklagten, einen pauschalierten Verfahrenskostenbeitrag von S 7.500,-- unter bestimmten Voraussetzungen von den Mietern einzuziehen, benachteilige diese schon deshalb, weil nicht sicher sei, ob Kosten in dieser Höhe, ja sogar ob überhaupt Kosten anfallen.

Die Klausel über den Verzicht auf Berücksichtigung des Vorliegens des aufrechten Miet- oder sonstigen Nutzungsverhältnisses als wertbildenden Umstand stehe schließlich im Widerspruch zu § 15b Abs 3 WGG, der dem Mieter die Berechtigung einräumt, auf die Berücksichtigung des Vorliegens eines aufrechten Mietverhältnisses zu verzichten, ihm also ein Wahlrecht einräumt. Es bedürfe keiner weiteren Erörterung, dass die Beseitigung dieses Wahlrechtes einen Nachteil für den Mieter darstellt. Die abweichende Meinung von Puhr/Schuster (Prokurist bzw Geschäftsführer der beklagten Partei) in Schwimann ABGB III, Rz 28 zu § 15c WGG werde nicht näher begründet. Da sei der Unterlassungsanspruch der klagenden Partei gemäß § 28 KSchG gegeben und die einstweilige Verfügung zu Recht erlassen worden.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000,-- übersteigt und der Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, dass der OGH noch nicht zur Frage Stellung genommen habe, wann ein Einladungsschreiben im Sinn des § 15c WGG vorliegt bzw welche Klauseln in einem Einladungsschreiben die Mieter benachteiligen. Gegen den rekursgerichtlichen Beschluss hat die Beklagte und Gegnerin der gefährdeten Partei Revisionsrekurs mit dem Antrag erhoben, ihn so abzuändern, dass der Antrag der klagenden und gefährdeten Partei auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abgewiesen wird. Die klagende und gefährdete Partei hat hingegen in einer Revisionsrekursbeantwortung die Bestätigung des rekursgerichtlichen Beschlusses beantragt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass der erkennende Senat die rechtliche Beurteilung des Streitfalls durch das Rekursgericht als zutreffend erachtet. Es ist daher nur mit ergänzenden Bemerkungen auf die Gegenargumente der Rechtsmittelwerberin einzugehen (§ 78 EO iVm § 510 Abs 3 Satz 2und § 528a ZPO).

Klarzustellen ist weiters, dass für die Beurteilung der Gesetz- oder Sittenwidrigkeit der inkriminierten Klauseln die Vorschriften des WGG (insbesondere die §§ 7 Abs 3 Z 6a, 15b und 15c) idF der WRN 2000, BGBl I 36/2000, und des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl I 142/2000, maßgeblich sind. Der Unterlassungs- und Sicherungsanspruch der Klägerin bezieht sich nämlich auf ein Rundschreiben der Beklagten vom 25. 6. 2001. Die Änderungen des WGG durch die WRN 2002, BGBl 162/2001, sind auf diesen Sachverhalt noch nicht anwendbar oder erfassen ihn inhaltlich nicht (§ 39 Abs 21b und Abs 21c, Art IV Abs 1i WGG idF der WRN 2); dazwischen liegende Novellierungen des WGG hatten andere Themen zum Gegenstand.

Einleitend hervorzuheben ist schließlich noch, dass auch die Beklagte nicht in Abrede stellt, einzelne der inkriminierten Klauseln könnten mit den zwingenden gesetzlichen Vorgaben zur Einladung ihrer Mieter zum Erwerb von Mit- und Wohnungseigentum iSd §§ 7 Abs 3 Z 6a, 15c Abs 1 WGG kollidieren, doch habe sie ohnehin nicht eine solche Einladung ausgesprochen, sondern - was wiederum die Klägerin nicht mehr substantiiert bestreitet - ihren Mietern ein verbindliches Angebot zum Kauf "ihrer" Wohnungen gelegt. Insoweit kann auf die Argumente von Call verwiesen werden, die sich die Beklagte offenbar zueigen gemacht hat (Mit den Budgetbegleitgesetzen 2001 und 2002 im Zusammenhang stehende Fragen des Wohnungsgemeinnützigkeitsrechts, WoBl 2001, 341 ff); soweit dieser Autor die generelle - auch Einladungen iSd § 15c Abs 1 WGG erfassende - Unbedenklichkeit einzelner Klauseln befürwortet (im konkreten Zusammenhang vor allem die Bekanntgabe einer Mindestverkaufsquote durch die GBV als Bedingung für den Verkauf der Wohnungen), wird darauf noch einzugehen sein.

Gegen die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, die inkriminierten Klauseln verstießen gegen den in § 15b Abs 3 bis 7 iVm § 15c Abs 3 WGG zugunsten der Mieter zwingend festgelegten Inhalt (§ 21 Abs 1 Z 1 WGG) eines Verkaufsanbots einer gemeinnützigen Bauvereinigung (GBV) führt die Rechtsmittelwerberin vor allem ins Treffen, dass es gar keinen Rechtsanspruch der angeschriebenen Mieter auf den Erwerb der von ihnen genutzten Wohnungen gebe (sie also keinem Verkaufszwang unterliege), weshalb es ihr auch freistehe, die Bedingungen eines freiwilligen Verkaufsanbots festzulegen. Sie befindet sich damit im Einklang mit den Argumenten von Call (aaO; Blg I); ihnen ist jedoch nicht zu folgen.

Richtig ist, dass die Beklagte (nach der im gegenständlichen Fall maßgeblichen Sach- und Rechtslage: die Voraussetzungen des § 15b Abs 1 WGG in den verschiedenen Fassungen können nicht erfüllt sein; zu § 15d WGG idF der WRN 2000 siehe Würth/Zingher, Wohnrecht 2000, Anm 1 zu § 15b WGG) nicht gezwungen werden kann, ihre Wohnungen den Mietern zu verkaufen, und zwar auch dann nicht, wenn diese zu einer entsprechenden Antragstellung eingeladen wurden oder von sich aus einen solchen Antrag stellen und die gerichtliche Preisfestsetzung erzwingen. Einem mittelbaren Druck zum Verkauf der Wohnungen an die Mieter sind gemeinnützige Bauvereinigung allerdings insofern ausgesetzt, als sie gemäß § 7 Abs 3 Z 6a WGG (in der hier maßgeblichen Fassung) die Wohnungen an Dritte nur nach vorheriger Einladung der Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten zu einer Antragstellung gemäß § 15c WGG verkaufen dürfen. Der Gesetzgeber hat dies als Teil eines Plans für den "vorrangigen" Verkauf von Wohnhäusern gemeinnütziger Bauvereinigungen an die jeweiligen Mieter deklariert (AB in 369 BlgNR 21. GP zu Art 87 des Budgetbegleitgesetzes 2001), was zumindest als Auslegungsmaxime zu beachten ist (so auch Call aaO, 349).

Für Einladungen zur Antragstellung der Mieter nach § 15c WGG gilt, dass die Vorschriften des § 15b Abs 3 bis 7 WGG zu beachten sind (Abs 3 leg cit). Dass es sich dabei um Vorschriften handelt, die eine GBV nicht zum Nachteil ihrer Vertragspartner abändern kann, ergibt sich eindeutig aus § 21 Abs 1 Z 1 WGG. Aus diesem einseitig zwingenden Charakter der dort angeführten §§ 13 bis 15, 15b bis 20 und 22 WGG folgt aber auch, dass eine gemeinnützige Bauvereinigung auch im Fall eines Verkaufs nicht von den zwingenden Vorgaben des § 15b Abs 3 bis 7 WGG abgehen darf. Dass eine GBV keinem Verkaufszwang ausgesetzt ist, bedeutet also, dass sie in der Entscheidung frei ist, ob sie das Kaufanbot eines Mieters annimmt oder ob sie ihren Mietern selbst ein verbindliches Verkaufsanbot stellt; tut sie dies aber, hat sich ihre Vertragserklärung an die zwingenden Vorgaben des § 15b Abs 3 bis 7 WGG zu halten (vgl zu den Aspekten der Preisgestaltung WoBl 1999/56 mit Anm Call; WoBl 2000/180). Es ist hat daher nicht nur eine Einladung iSd § 15c Abs 1 WGG, sondern auch ein verbindliches Verkaufsanbot der GBV diesen zwingenden Normen zu entsprechen. Die Klägerin bemerkt dazu in ihrer Revisionsrekursbeantwortung zutreffend, dass ja auch der Vermieter einer dem MRG unterliegenden Wohnung in seiner Entscheidung frei ist, ob er vermietet; tut er dies aber, hat er die zwingenden Normen des MRG zu beachten. Den fehlenden Verkaufszwang verwendet die Beklagte auch als Argument, um die ihrer Meinung nach für eine Verbandsklage gemäß §§ 28 ff KSchG erforderliche konkrete Nachteiligkeit der inkriminierten Klauseln für die angesprochenen Verbraucher - die Mieter der zum Verkauf angebotenen Wohnungen - in Frage zu stellen. Die Beseitigung der Klauseln könne - spiegelbildlich betrachtet - niemals ein Vorteil für die kaufwilligen Mieter sein, weil es dann eben gar nicht zum Verkauf der Wohnungen kommen werde. In weiterer Folge versucht die Beklagte hinsichtlich jeder einzelnen Klausel nachzuweisen, dass sie die Rechtsstellung der angesprochenen Mieter nicht zu beeinträchtigen vermag.

Diesen Ausführungen ist grundsätzlich entgegen zu halten, dass der Unterlassungsanspruch nach § 28 KSchG schon dann besteht, wenn die dort beschriebenen Bedingungen (Vertragsbestimmungen: Krejci in Rummel2, Rz 10 zu §§ 28 - 30 KSchG) gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen. Kollidieren sie mit einer zwingenden Gesetzesbestimmung, ist daher die Nachteiligkeit für die angesprochenen Verbraucher gar nicht zu untersuchen, umgekehrt aber auch nicht, ob ihnen der Wegfall der beanstandeten Klausel überhaupt einen Vorteil verschaffen könnte, weil feststeht, dass der andere Teil gar nicht bereit ist, zu gesetzeskonformen Bedingungen zu kontrahieren.

Damit erweist sich zunächst einmal jene Vertragsklausel als gesetzwidrig, mit der die angesprochenen Mieter auf ihr Recht verzichten (sollen), das bestehende Miet- oder sonstige Nutzungsverhältnis als wertbildenden Umstand für den Kaufpreis der jeweiligen Wohnung zu berücksichtigen. Dass es sich dabei um eine zwingende Preisbildungsvorschrift handelt, auf deren Anwendung der Mieter verzichten kann, aber nicht muss, ist nämlich nach der Gesetzeslage eindeutig. Das Wahlrecht darf dem angesprochenen Kaufinteressenten nicht von vornherein genommen werden (vgl WoBl 2000/180).

Ähnlich verhält es sich mit der Übernahme pauschalierter Kosten, die

sich die Beklagte ausbedungen hat. Zu Recht hat das Rekursgericht in

diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass gar nicht feststeht, ob überhaupt Kosten in der Höhe des anzubietenden Betrags von S 7.500,-- anfallen. Inwieweit die kaufwillligen Mieter die Pflicht zum Ersatz von Kosten eines Preisfestsetzungsverfahrens trifft, wird gemäß § 22 Abs 4 WGG iVm § 37 Abs 3 Z 19 MRG erst vom Gericht - letztlich nach Billigkeit - zu entscheiden sein. Die Rechtsansicht der Beklagten, die Mieter hätten dann, wenn es trotz Durchführung eines Preisfestsetzungsverfahrens nicht zum Verkauf der Wohnungen kommt, weil die GBV ihr Kaufangebot nicht zu akzeptieren bereit ist, die gesamten Kosten des Preisfestsetzungsverfahrens zu tragen, weil es nicht zum Erfolg führte und - rückschauend - nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war, ignoriert nicht nur die dem Gericht durch § 37 Abs 3 Z 19 MRG aufgetragene Anwendung billigen Ermessens, sondern auch das im Kostenersatzrecht der ZPO geltende Erfolgsprinzip, das sich am Ausgang des konkreten Verfahrens und nicht an den damit verbundenen außerprozessualen Konsequenzen orientiert. Das Rechtsschutzziel eines Verfahrens nach § 22 Abs 1 Z 2a WGG ist schon mit der Preisfestsetzung erreicht. Stehen aber die Kosten gar nicht fest, die ein kaufwilliger Mieter im Fall des Eigentumserwerbs zu ersetzen hat, dann ist eine ausbedungene fixe Kostenbeteiligung nichts anderes als ein Teil des geforderten Entgelts, das den durch § 15b Abs 3, 4, 5 und 6 WGG zwingend vorgegebenen Rahmen sprengt. Ein Nebeneffekt des solcherart ausbedungenen Kostenersatzes ist eine von der GBV zumindest in Kauf genommene Dämpfung der Nachfrage von Seiten der Mieter, die sich nicht mit dem bereits angesprochenen gesetzgeberischen Ziel eines vorrangigen Verkaufs der Wohnungen an die jeweiligen Mieter vereinbaren lässt. Dass aus budgetären Gründen der Verkauf von Wohnungen gemeinnütziger Bauvereinigungen (gezielt jener, an denen der Bund beteiligt ist) gefördert werden soll, ist andererseits durch die mit dem Budgetbegleitgesetz 2001 eingeleitete Rechtsentwicklung eindeutig belegbar. Das einem kaufwilligen Mieter vorweg abverlangte Versprechen einer fixen Kostenbeteiligung steht daher eindeutig im Widerspruch mit dem gesetzgeberischen Konzept des nachträglichen Erwerbs von Wohnungseigentum durch die Mieter gemeinnütziger Bauvereinigungen.

Etwas anders verhält es sich mit der Festlegung einer Mindestkäuferquote, die erreicht sein muss, um die Beklagte an ihr Verkaufsanbot zu binden. Es geht hier nicht um die Preisgestaltung, für die § 15b Abs 3 ff WGG eine klare und ausschließliche Regelung enthält. Eine Gesamtschau der einschlägigen Vorschriften (vor allem § 7 Abs 3 Z 6a, § 15b und § 15c WGG) bestätigt jedoch auch in diesem Punkt die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, dass die betreffende Klausel gesetzwidrig ist. Die im gegenständlichen Fall anzuwendende Fassung des WGG enthält anders als die durch die WRN 2002 geschaffene Rechtslage keine Bestimmung, die es der GBV erlaubt, (unter bestimmten Voraussetzungen) ihr Verkaufsangebot an das Erreichen einer Mindestkäuferquote zu binden (vgl § 15c lit b Z 1 WGG idF BGBl I 162/2001). Der Gesetzgeber hat damit eine vom ihm selbst zugestandene Lücke geschlossen. Eine Ausfüllung der vormaligen Gesetzeslücke durch die im Anlassfall gar nicht anwendbare Bestimmung des § 15c lit b Z 1 WGG idF BGBl I 162/2001 im Wege der Gesetzesanalogie scheidet aus. Eine Zusammenschau der alten (hier anzuwendenden) Bestimmungen führt aber zum Ergebnis, dass der Gesetzgeber den Erwerb von Wohnungseigentum durch die Mieter einer verkaufswilligen GBV vorrangig behandelt haben wollte (§ 7 Abs 3 Z 6a WGG), dass er (unter hier nicht weiter zu erörternden Voraussetzungen) jedem einzelnen Mieter unabhängig von Kaufabsichten der anderen die Möglichkeit einräumte, das Preisfestsetzungsverfahren als ersten Schritt des Eigentumserwerbs in Gang zu setzen (§ 15b Abs 1 und Abs 2 WGG) und dass er - offenbar bemüht um eine möglichst genaue Festlegung der Vertragsbedingungen - keine Mindestkäuferquote für das Ingangbringen oder Abschneiden dieses Prozesses vorsah. Daraus wird die Zielvorstellung des (historischen) Gesetzgebers erkennbar, dem Eigentumserwerb der Mieter keine Hindernisse in den Weg zu legen und auch keinen negativen Einfluss auf die Entscheidung der Mieter für den Eigentumserwerb zuzulassen. § 15c Abs 1 WGG in der hier maßgeblichen Fassung ist also so zu interpretieren, dass eine Einladung der GBV - und folglich auch ein verbindliches Angebot - nur die durch § 15b Abs 3 bis 7 WGG vorgegebenen Vertragsbedingungen nennen und erläutern soll. Dem widerspricht die konditionelle Verknüpfung der Verkaufsbereitschaft mit dem Erreichen einer nur schwer erreichbaren Mindestkäuferquote, weil sie die Willensbildung der Mieter beeinflussen und der Entscheidung für den Eigentumserwerb hinderlich sein kann. Auf eine zu erreichende Mindestkäuferquote von 25 % der Mieter einer Wohnanlage trifft dies zu. Wie schon das Rekursgericht zutreffend ausführte, würde jede andere Auslegung den Schutz der Mieter aushöhlen, den ihnen der Gesetzgeber durch die Vorschrift zugedacht hat, dass vorerst sie zum Ankauf "ihrer" Wohnung einzuladen sind, ehe an einen Dritten verkauft werden darf (§ 7 Abs 3 Z 6a WGG).

Aus diese Gründen war - zumal alle sonstigen Voraussetzungen des verfahrensgegenständlichen Provisorialanspruchs nicht mehr strittig sind - wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 393 EO bzw §§ 78, 402 EO iVm §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.

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