Spruch:
1. Dem (Revisions-)Rekurs gegen Punkt I der Rekursentscheidung (Beschluss) wird nicht Folge gegeben.
2. Dem Revisionsrekurs gegen Punkt II der Rekursentscheidung (Sachbeschluss) wird Folge gegeben.
Der rekursgerichtliche Sachbeschluss wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Begründung
Das Erstgericht ging vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 46a Abs 4 MRG aus und stellte mit Sachbeschluss fest, dass die Antragsgegner als Vermieter eines bestimmten Geschäftslokales durch monatliche Hauptmietzinsvorschreibungen für die Zinsperioden 10/95 bis 12/98 und 6/00 das gesetzlich zulässige Ausmaß des Hauptmietzinses um bestimmte Beträge überschritten haben.
Das Rekursgericht hob in Punkt I seiner Entscheidung (Beschluss) aus Anlass der Rekurse aller Parteien den erstgerichtlichen Sachbeschluss ersatzlos als nichtig auf und wies den Sachantrag (Akt S 51) festzustellen, dass für die Zinsperioden 10/95 bis 12/97 der gesetzlich zulässige Mietzins um bestimmte Beträge überschritten wurde, zurück. In Punkt II seiner Entscheidung (Sachbeschluss) erkannte das Rekursgericht in der Sache selbst dahin, dass der Sachantrag festzustellen, dass die gesetzlichen Möglichkeiten für die Anhebung des Hauptmietzinses nicht gegeben sind, abgewiesen wird; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000 übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Zu Punkt I seiner Entscheidung führte das Rekursgericht Folgendes aus:
Die Antragstellerin habe vor der Schlichtungsstelle die Feststellung beantragt, dass die gesetzlichen Möglichkeiten für die Anhebung des Hauptmietzinses nicht gegeben seien, und in eventu, den angemessenen branchenspezifischen Hauptmietzins mit maximal S 21.900 netto festzustellen. Eine Überprüfung des monatlich vorgeschriebenen Hauptmietzinses auf seine Gesetzmäßigkeit sei vor der Schlichtungsstelle nicht beantragt worden und könne daher auf Grund der im § 39 Abs 1 MRG zwingend angeordneten Vorschaltung der Schlichtungsstelle nicht zum Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens gemacht werden. Die Anrufung der Gemeinde (Schlichtungsstelle) sei eine zwingende Prozessvoraussetzung für das gerichtliche Verfahren und es könne auch ein bei der Schlichtungsstelle bereits gestellter Antrag bei Gericht nicht mehr geändert oder - zB durch Ausdehnung auf weitere Zinsperioden - erweitert werden. Die Entscheidung des Erstgerichts über den erst vor Gericht gestellten Antrag auf Überprüfung des monatlich vorgeschriebenen Hauptmietzinses auf seine Gesetzmäßigkeit für die Zinsperioden 10/95 bis 12/97 und auch noch über die - gar nicht beantragten - Zinsperioden 1 bis 12/98 und 6/00 sei daher, weil über etwas entschieden worden sei, was nicht Gegenstand des Verfahrens vor der Schlichtungsstelle gewesen sei, nichtig.
Diese Nichtigkeit könne zwar vom Rekursgericht nur bei Vorliegen eines zulässigen Rechtsmittels aufgegriffen werden. Da die Antragstellerin selbst den Sachbeschluss - im Gegensatz zu den Antragsgegnern - eindeutig zur Gänze anfechte, liege ein solches, das Rekursgericht zur Wahrnehmung der Nichtigkeit berechtigendes (und verpflichtendes) Rechtsmittel vor. Es sei daher schon aus Anlass des Rekurses der Antragstellerin der angefochtene Sachbeschluss ersatzlos als nichtig aufzuheben und der - erst vor Gericht gestellte - Antrag, gegenüber dem Erstantragsgegner und dem Zweitantragsgegner Überschreitungen des gesetzlich zulässigen Hauptmietzinses für die Zinsperioden 10/95 bis 12/97 festzustellen, zurückzuweisen gewesen. Damit sei aber auf die Rekurse der Antragsgegner nicht mehr einzugehen.
Punkt II seiner Entscheidung begründete das Rekursgericht im Wesentlichen folgendermaßen:
Die Antragstellerin wende sich inhaltlich gegen die Rechtsansicht des Erstgerichts, eine Anhebung des Hauptmietzinses nach § 46a Abs 4 MRG sei zulässig und beantrage - auch - eine Abänderung auf die Feststellung, dass keine gesetzliche Möglichkeit für die Anhebung des Hauptmietzinses bestehe. Damit werde erkennbar auch die unterlassene Entscheidung des Erstgerichts über den von der Antragstellerin bei der Schlichtungsstelle gestellten Hauptantrag bekämpft. Vom Rekursgericht sei daher in der Sache selbst zu erkennen (§ 496 Abs 3 ZPO).
Ein Antrag auf Überprüfung des Hauptmietzinses nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG sei gegen alle Vermieter zu richten. Bei einer Mehrheit von Miteigentümern seien in der Regel sämtliche Miteigentümer Vermieter und stellten im Verfahren eine notwendige Streitgenossenschaft dar. Werde der Antrag an die Schlichtungsstelle bloß gegen einen Teil der Miteigentümer gerichtet, so könne er nicht erst im Verfahren vor Gericht auf die anderen Miteigentümer ausgedehnt werden. Einer solchen Änderung stehe nämlich § 39 Abs 1 MRG entgegen. Wie die Antragstellerin selbst vorgebracht habe, seien (bis 1999) der Erstantragsgegner und der Zweitantragsgegner bloß Miteigentümer der Liegenschaft gewesen. Nach dem von der Antragstellerin ihrem Antrag an die Schlichtungsstelle angeschlossenen Grundbuchsauszug gebe es noch vier weitere Minderheitseigentümer, deren Wohnungseigentum bereits 1953 - also vor Abschluss des Mietvertrages (1959) einverleibt worden sei. Damit seien jedenfalls sämtliche im Grundbuch eingetragenen Miteigentümer Vermieter und nicht bloß Erstantragsgegner und Zweitantragsgegner als Mehrheitseigentümer oder die Drittantragsgegnerin als deren Einzelrechtsnachfolgerin im Miteigentum.
Das Hauptbegehren der Antragstellerin sei schon mangels Inanspruchnahme sämtlicher Miteigentümer nicht berechtigt und abzuweisen. Dagegen, dass das Erstgericht nicht über ihren Eventualantrag entschieden habe, wende sich die Antragstellerin - anders als gegen die unterlassene Entscheidung über den Hauptantrag - nicht, sodass dies vom Rekursgericht nicht mehr aufgegriffen werden könne.
Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den Zurückweisungsbeschluss und den Sachbeschluss des Rekursgerichts dahin abzuändern, dass festgestellt werde, es bestehe keine gesetzliche Möglichkeit zur Anhebung des Hauptmietzinses; in eventu den Sachbeschluss des Erstgerichts wiederherzustellen; in eventu den angemessenen Mietzins mit S 34.411,04 statt der begehrten S 67.000 festzustellen; in eventu die Rechtssache nach Aufhebung vorinstanzlicher Entscheidungen an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen.
Die Akten langten am 7. 6. 2002 beim Obersten Gerichtshof ein. Die Antragsgegner beantragen in ihren ihnen am 25. 6. 2002 freigestellten Revisionsrekursbeantwortungen, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
1. Zum (Revisions-)Rekurs gegen Punkt I der Rekursentscheidung:
Das Rechtsmittel ist analog § 519 Abs 1 Z 1 ZPO jedenfalls zulässig; es ist aber nicht berechtigt.
Der Sachantrag (Akt S 51), über den das Erstgericht entschieden hat, war nicht Gegenstand des Schlichtungsstellen-Verfahrens, was die Nichtigkeit des erstgerichtlichen Sachbeschlusses nach sich zieht (RIS-Justiz RS0070401). Eine bloße Präzisierung des vor der Schichtungsstelle gestellten Antrages liegt nicht vor. Über diesen hat das Erstgericht gar nicht abgesprochen, sondern erst das Rekursgericht im Sinne des § 496 Abs 1 Z 1, Abs 3 ZPO. Im Übrigen wird auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichts verwiesen.
Dem Rechtsmittel der Antragstellerin war daher insoweit ein Erfolg zu versagen.
2. Zum (außerordentlichen) Revisionsrekurs gegen Punkt II der Rekursentscheidung:
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Rechtslage einer Klarstellung bedarf; er ist im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages auch berechtigt.
Die Antragstellerin hat nicht von einem Wohnungseigentümer gemietet (weshalb ihre diesbezüglichen Rechtsmittelausführungen ins Leere gehen), sondern vom schlichten Mehrheitseigentümer (dessen Rechtsnachfolger die Antragsgegner sind). War diesem das Bestandobjekt durch Benützungsregelung zur ausschließlichen Nutzung überlassen, wie die Rechtsmittelwerberin geltend macht, so war er auch zum (1959 erfolgten) Abschluss eines Bestandvertrages (als Verwaltungsbevollmächtigter) berechtigt; dies ändert aber nichts daran, dass alle Miteigentümer als Bestandgeber anzusehen sind (RIS-Justiz RS0042537, RS0107643), d.h. hier auch die seit 1953 im Grundbuch eingetragenen Minderheitseigentümer (Wohnungseigentümer) bzw deren Rechtsnachfolger. Ein Antrag gemäß § 37 Abs 1 Z 8 MRG kann aber nur gegen alle Miteigentümer des Hauses als Vermieter gestellt werden (RIS-Justiz RS0083777 T4).
Zwar wurde schon ausgesprochen, dass die Ausdehnung des Antrages auf
weitere Miteigentümer im gerichtlichen Verfahren unzulässig ist, wenn
der Antrag an die Schlichtungsstelle bloß gegen einen Teil der
Miteigentümer gerichtet wurde (5 Ob 49/95 = MietSlg 48.428 = WoBl
1996/55; 5 Ob 137/97a = MietSlg 49.420 = WoBl 1998/9; vgl aber auch 5
Ob 14/86 = MietSlg 38.538; 5 Ob 1055/95 = MietSlg 47.281; 5 Ob
2119/96w = MietSlg 48.400). Dies gilt aber jedenfalls dann nicht,
wenn der Antrag vor der Schlichtungsstelle gegen die Person gerichtet ist, die im Mietvertrag als Hauseigentümer und Vermieter aufscheint (bzw gegen deren Rechtsnachfolger). Der Antrag ist dann dahin zu verstehen, dass er nur namentlich gegen den Mehrheitseigentümer (bzw dessen Rechtsnachfolger), inhaltlich aber gegen die “Vermieterseite" (“Hausinhabung", die tatsächlichen Vermieter) gerichtet ist, was die amtswegige Beiziehung der Minderheitseigentümer auch erst im
gerichtlichen Verfahren ermöglicht und erfordert (vgl 5 Ob 1055/95 =
MietSlg 47.281; 5 Ob 296/99m = MietSlg 52.443).
Es ist daher im vorliegenden Fall nicht - unter Vernichtung des bisherigen Verfahrensaufwandes seit 1996 - mit (Bestätigung der) Abweisung des Sachantrages vorzugehen, sondern mit Aufhebung des rekursgerichtlichen Sachbeschlusses und Rückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht. Dieses wird im fortgesetzten Verfahren unter Einbeziehung aller Miteigentümer und Verwertung des bisherigen Verfahrensaufwandes über die vor der Schlichtungsstelle gestellten Anträge (Haupt- bzw Eventualantrag) abzusprechen haben.
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