OGH 5Ob125/94

OGH5Ob125/9425.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Grundbuchssache betreffend die Richtigstellung des Grundbuches im Zuge des zu Zl IIIb 2-ZH-192/348 beim Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz anhängigen Zusammenlegungsverfahrens infolge Revisionsrekurses der von der Grundstückszusammenlegung betroffenen Buchberechtigten 1.) Max K*****, 2.) Max und Georg W*****, 3.) Georg T*****, und 4.) Josef H*****, alle vertreten durch Dr. Erich Proksch und Dr. Richard Proksch, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 9. April 1993, GZ R 3b 143/92-4, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Zell am Ziller vom 9. September 1991, GZ TZ 1315/1991-2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Beschluß vom 9.9.1991 ordnete das Erstgericht auf Grund der ihm vom Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz übermittelten Unterlagen (Zusammenlegungsplan vom 28.7.1988, Zl IIIb2-ZH-193/348, mit Haupturkunde, Besitzstandsausweis, Abfindungsbzw Änderungsausweis, planlichen Darstellungen und weiteren Behelfen) die Verbücherung des Zusammenlegungsplanes S*****im Grundbuch der Katastralgemeinden S*****, St*****, U*****, R*****, K*****, H*****, D***** und F***** an (siehe dazu im Detail die Seiten 1 bis 124 des erstgerichtlichen Beschlusses). Es folgte damit der Anregung der Agrarbehörde, die Grundbuchsordnung schon vor Rechtskraft des Zusammenlegungsplanes herzustellen.

Das (ua) von den nunmehrigen Revisionsrekurswerbern angerufene Gericht zweiter Instanz bestätigte diesen Verbücherungsbeschluß. Aus den Gründen dieser Entscheidung ist lediglich hervorzuheben, daß das Rekursgericht in der Anfechtung des Zusammenlegungsplanes beim Obersten Agrarsenat und beim Verwaltungsgerichtshof keinen Anlaß fand, die Verbücherung der vorläufigen Ergebnisse des Zusammenlegungsverfahrens aufzuschieben. Es sei auch nicht Sache des Grundbuchsgerichtes, die in § 84 Abs 3 TFLG angeführten Voraussetzungen einer Richtigstellung des Grundbuches im Falle der vorläufigen Übernahme zu überprüfen, weil es allein im pflichtgemäßen Ermessen der Agrarbehörde stehe, ob sie eine solche Richtigstellung veranlaßt. Einer Zustellung des Schreibens der Agrarbehörde, mit dem die Richtigstellung des Grundbuches eingeleitet wird, an die davon betroffenen Buchberechtigten bedürfe es nicht, weil es sich dabei um keinen Antrag handle; die Richtigstellung des Grundbuches sei vielmehr aufgrund der von der Agrarbehörde zur Verfügung gestellten Unterlagen von Amts wegen anzuordnen.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 50.000,-- übersteigt, der ordentliche Revisionsrekurs mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG jedoch nicht zulässig sei.

Im nunmehr vorliegenden Revisionsrekurs machen die Rechtsmittelwerber im wesentlichen geltend, daß die Richtigstellung des Grundbuches nach § 84 Abs 3 TFLG - was vom Obersten Gerichtshof mangels einschlägiger Judikatur noch ausdrücklich auszusprechen wäre - nur aufgrund eines rechtskräftigen, den betroffenen Grundeigentümern zugestellten Bescheides über die Anordnung der vorläufigen Übernahme veranlaßt werden könne. Einen derartigen Bescheid hätten sie aber nie erhalten. Die "Veranlassung der Grundbuchsberichtigung" durch die Agrarbehörde sei überdies als Antrag zu werten, der den betroffenen Buchberechtigten zur Kenntnis hätte gebracht werden müssen. Da Eigentumsveränderungen auf Grund öffentlicher Urkunden nur nach Maßgabe des § 33 Abs 1 lit d GBG zulässig seien, hätte das Grundbuchsgericht ohne inhaltliche Überprüfung des Eintragungsbegehrens, insbesondere ohne Überprüfung der Rechtskraft der vorgelegten Beschlüsse und ohne Überprüfung der ordnungsgemäßen Zustellung die fraglichen Grundbuchseintragungen nicht durchführen dürfen. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den angefochtenen Beschluß aufzuheben bzw dergestalt abzuändern, daß die Anträge des Amtes der Tiroler Landesregierung abgewiesen und daher die begehrten Eintragungen nicht bewilligt werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, im Ergebnis jedoch nicht berechtigt.

Wie die Rechtsmittelwerber zutreffend ausführen, setzt die Verbücherung eines Zusammenlegungsplanes - wie sich im hier zu beurteilenden Fall aus §§ 25 Abs 1, 84 Abs 1 TFLG 1978 ergibt - dessen Rechtskraft voraus (vgl E 50 zu § 33 GBG, MGA 4). Eine vorläufige Verbücherung der Ergebnisse eines Zusammenlegungsverfahrens ist im Geltungsbereich des TFLG 1978 nur zur grundbücherlichen Erfassung jener Eigentumsänderungen vorgesehen, die auf Grund einer in Bescheidform angeordneten vorläufigen Übernahme eingetreten sind (§ 84 Abs 3 TFLG). Liegen die Voraussetzungen für die Verbücherung der (vorläufigen oder endgültigen) Ergebnisse eines Zusammenlegungsverfahrens vor, genügt allerdingt eine Anregung der zuständigen Agrarbehörde; die Richtigstellung des Grundbuches hat dann von Amts wegen zu erfolgen (§ 84 Abs 2 TFLG).

Da der gegenständliche Zusammenlegungsplan im Zeitpunkt der erstgerichtlichen Beschlußfassung noch nicht in Rechtskraft erwachsen war, wurde der vorliegende Revisionsrekurs in Wahrnehmung der dem Grundbuchsgericht durch § 84 Abs 2 und 3 TFLG auferlegten Amtspflichten zum Anlaß für Zwischenerhebungen genommen, ob die vom Erstgericht hergestellte Grundbuchsordnung nicht ohnehin den Rechtsverhältnissen entspricht, wie sie sich durch eine in der Haupturkunde erwähnte (allerdings nicht vorliegende) Anordnung der vorläufigen Übergabe ergeben haben könnten (siehe dazu die Entscheidung des OGH vom 22.2.1994, 5 Ob 26/94). Die Ergebnisse dieser Zwischenerhebungen erübrigen jedoch eine solche Überprüfung; der Revisionsrekurs erweist sich als unberechtigt, weil der Zusammenlegungsplan mittlerweile rechtskräftig geworden ist und dessen Verbücherung jedenfalls der nach § 84 Abs 4 TFLG amtswegig herzustellenden Grundbuchsordnung entspricht.

Es liegt nunmehr eine Bestätigung des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz darüber vor, daß der zu IIIb2-ZH-193/348 ergangene Zusammenlegungsplan vom 28.7.1988 mit dem Erkenntnis das Obersten Agrarsenates vom 7.7.1993, Zl 710.882-OAS/93, rechtskräftig und vollstreckbar geworden ist. Eine solche Rechtskraftbestätigung entzieht sich einer Überprüfung durch das Grundbuchsgericht und macht daher auch die von den Rechtsmittelwerbern verlangten Erhebungen über angebliche Zustellmängel (die explizit im übrigen nur hinsichtlich der nicht weiter maßgeblichen vorläufigen Übernahme geltend gemacht wurden) hinfällig (vgl 5 Ob 26/94). Zu untersuchen bleibt nur, ob die nachträgliche Beseitigung des dem erstgerichtlichen Beschluß anhaftenden Verbücherungshindernisses trotz des sonst im Grundbuchsverfahren geltenden strikten Neuerungsverbotes (§ 122 Abs 2 GBG) im Rechtsmittelverfahren berücksichtigt werden kann.

Es wurde bereits erwähnt, daß sich das Verfahren zur Verbücherung der Ergebnisse agrarischer Operationen durch die Amtspflicht aller beteiligten Behörden - auch des Grundbuchsgerichtes - zur Herstellung des letztlich richtigen (d. h. dem rechtskräftigen Zusammenlegungsplan entsprechenden) Grundbuchsstandes auszeichnet (§ 84 Abs 2 und 4 TFLG; vgl auch 5 Ob 26/94). Der in diesem Zusammenhang gewählte terminus "Richtigstellung" deutet darauf hin, daß es sich dabei nicht um konstitutive, sondern um deklarative Eintragungen handelt. Tatsächlich geht das Eigentum an den Abfindungsgrundstücken nicht erst mit der Verbücherung, sondern bereits mit Rechtskraft des Zusammenlegungsplanes über (§ 25 Abs 1 TFLG). Durch die amtswegige Anmerkung der Einleitung des Zusammenlegungsverfahrens im Grundbuch, die bewirkt, daß jedermann die Ergebnisse des Verfahrens gegen sich gelten lassen muß (§ 81 Abs 1 und 2 TFLG), und das grundsätzliche Verbot von bücherlichen Eintragungen während des Verfahrens (§ 79 TFLG) ist überdies sichergestellt, daß die Herstellung der dem rechtskräftigen Zusammenlegungsplan entsprechenden Grundbuchsordnung auch dann zu keiner Verschiebung der Rangverhältnisse oder zur Preisgabe des grundbücherlichen Vertrauensschutzes führen kann, wenn sie - unter Berücksichtigung zusätzlicher Verfahrensergebnisse - erst im Rechtsmittelverfahren erfolgt.

Diese Besonderheiten erlauben es, eine Änderung der Entscheidungsgrundlagen auch noch im Rechtsmittelverfahren wahrzunehmen. Mit dem Eintritt der Rechtskraft des vom Erstgericht verbücherten Zusammenlegungsplanes ist somit der den vorinstanzlichen Beschlüssen anhaftende Verstoß gegen § 84 Abs 1 TFLG iVm § 33 Abs 1 lit d und § 94 Abs 1 Z 4 GBG behoben und dem vorliegenden Revisionsrekurs der Boden entzogen. Der Umstand, daß nach den Behauptungen der Revisionsrekurswerber noch Beschwerden beim Verwaltungsgerichtshof gegen den Zusammenlegungsplan anhängig sind, ändert daran nichts, weil die Rechtskraft von Bescheiden mit der Unanfechtbarkeit durch ordentliche Rechtsmittel eintritt (vgl 5 Ob 1076/94).

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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