Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Antragsteller sind Mieter im Haus ***** in*****, die Antragsgegnerin ist Eigentümerin dieser Liegenschaft.
Mit ihrem verfahrenseinleitenden Antrag bekämpfen die Antragsteller die ihnen unter dem Titel Betriebskosten vorgeschriebenen Versicherungsprämien der Jahre 1997 und 1998 dem Grunde und der Höhe nach unter Berufung auf die höchstgerichtliche Entscheidung 5 Ob 177/98k, wonach ein Versicherungsunternehmen, das zugleich Liegenschaftseigentümer ist, zufolge der Regelung des § 861 ABGB nicht mit sich selbst wirksam einen Versicherungsvertrag abschließen kann. In eventu wird vorgebracht, die ihnen verrechneten Betriebskostenpositionen seien im Vergleich zu Anboten anderer Versicherer unangemessen hoch.
Die Antragsgegnerin wendete ein, nicht sie selbst sei Partnerin des Versicherungsvertrags auf Seite des Versicherungsnehmers, sondern die G*****GesmbH, die einen Versicherungsvertrag für fremde Rechnung im Sinn des § 74 VersVG wirksam abgeschlossen habe.
Das Erstgericht folgte der Rechtsansicht der Antragsteller und stellte fest, dass die Antragsgegnerin in den Jahren 1997 und 1998 den Antragstellern zu Unrecht Betriebskosten in Höhe von S 103.583 und S 104.388 für Versicherungsprämien vorgeschrieben habe.
Dazu stellte das Erstgericht als entscheidungserheblich fest:
Am 16. 5. 1994 wurde zwischen der G***** GesmbH und der Antragsgegnerin eine Vereinbarung abgeschlossen, wonach erstere mit der Verwaltung des gesamten Liegenschaftsbesitzes der Antragsgegnerin beauftragt wurde und sie mit Stichtag 1. 1. 1995 als Versicherungsnehmerin das gesamte Versicherungserfordernis durch Abschluss neuer Verträge (Versicherung für fremde Rechnung gemäß § 74f VersVG) abdecken wird, wobei die Versicherungsverträge bei der Antragsgegnerin als Versicherer in Deckung gegeben werden. Die Antragsgegnerin ermächtigt darin auch die Verwalterin zur Abgabe und Empfangnahme sämtlicher, im Zug der Vertragsgestaltung erforderlichen vertragsrelevanten Erklärungen. Sie verpflichtete sich auch, sämtliche der Verwalterin aus dem Abschluss der Versicherungsverträge erwachsenden Kosten (Bruttoprämien inklusive Versicherungssteuer) zu tragen und diese der Verwalterin auf Aufforderung in der Weise zu ersetzen, dass dieser keine zusätzlichen Belastungen aus dieser Tätigkeit entstünden. In der Folge schloss die Verwalterin am 11. 6. 1997 für den Zeitraum 18. 12. 1996 bis 1. 1. 2007 eine Bündelversicherung betreffend die gegenständliche Liegenschaft ab.
In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, dass § 21 Abs 1 Z 4 bis 6 MRG dem Vermieter lediglich gestatte, die von ihm aufgewendeten Kosten für eine angemessene Versicherung des Hauses als Betriebskosten geltend zu machen. Darunter könnten jedoch nicht Leistungen an einen Dritten subsumiert werden, die aufgrund einer Vereinbarung, die kein Versicherungsvertrag sei, erbracht würden.
Einem dagegen von der Antragsgegnerin erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge, hob den erstinstanzlichen Sachbeschluss auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück.
Im vorliegenden Fall bestünden gegen die Wirksamkeit eines Versicherungsvertrages nicht jene rechtlichen Bedenken, die der Entscheidung WoBl 2000/100 zugrunde gelegen seien, weil nicht eine Versicherung mit sich selbst einen Vertrag abgeschlossen habe. Für die Antragsteller entstünde aus der gewählten Konstruktion keinerlei Nachteil, weil im Ergebnis die Versicherungsleistung der Antragsgegnerin erbracht werde.
Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes beschränke § 21 Abs 1 Z 4 MRG die Möglichkeit einer Überwälzbarkeit der angemessenen Kosten einer Versicherung nicht auf "Versicherungsprämien" an sich, sondern lasse es zu, "aufgewendete Kosten" für eine Versicherung als Betriebskosten zu überwälzen.
Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht sich aber noch mit dem Einwand der Antragsteller auseinanderzusetzen haben, dass die ihnen vorgeschriebenen Versicherungsprämien unangemessen hoch gewesen seien.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil zur Frage der Überwälzbarkeit des Aufwands aus einem Versicherungsvertrag für fremde Rechnung auf die Mieter eines Hauses als Betriebskosten im Sinn des § 21 Abs 1 Z 4 MRG keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der 1.-6. Antragsteller wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des Beschlusses des Gerichtes zweiter Instanz im Sinne einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses.
Die Antragsgegnerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig, er ist jedoch nicht berechtigt.
Der erkennende Senat hat bereits ausgesprochen, dass "fiktive Versicherungsprämien", also solche, die dadurch entstehen, dass ein Versicherungsunternehmen als Vermieter mit sich selbst einen Versicherungsvertrag abschließt, im Rahmen der Betriebskostenverrechnung nicht auf die Mieter überwälzt werden darf, weil zufolge der Regelung des § 861 ABGB in einem solchen Fall überhaupt kein Versicherungsvertrag zustande kommt (vgl WoBl 2000/100 mit Anm Hausmann).
Unstreitig ist, dass der Versicherungsvertrag zu den mehrseitigen Rechtsgeschäften zählt. Er ist verpflichtender (obligatorischer) Vertrag, also schuldrechtlicher Vertrag im engeren Sinn, weil sowohl Leistungen des Versicherers als auch des Versicherungsnehmers begründet werden (vgl Honsell, Berliner Kommentar zum deutschen und österreichischen VVG, Rz 26 zu § 1 VVG). Ein Versicherungsvertrag wird als vollkommen zweiseitiger, aber unvollkommen gegenseitiger Vertrag, der zur Gruppe der Risikoverträge zählt, angesehen, bei denen Leistung und Gegenleistung zwar aufeinander bezogen sind, aber nicht sicher ist, ob die Gegenleistung innerhalb der Laufzeit des Vertrags zu erbringen ist (vgl aaO Rz 35 zu § 1 VVG).
Während im zitierten Fall überhaupt kein Versicherungsvertrag vorlag, aus dem Prämienansprüche entstehen hätten können, liegt der vorliegenden Fall anders.
§ 74 VVG regelt, dass die Versicherung von demjenigen, welcher den Vertrag mit dem Versicherer abschließt, im eigenen Namen für einen anderen, mit oder ohne Benennung der Person des Versicherten, genommen werden kann (Versicherung für fremde Rechnung). Wird die Versicherung für einen anderen genommen, so ist, auch wenn der andere benannt wird, im Zweifel anzunehmen, dass der Vertragschließende nicht als Vertreter, sondern im eigenen Namen für fremde Rechnung handelt.
Bei einer Versicherung für fremde Rechnung handelt es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter. Das Innenverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherten ist versicherungsrechtlich ohne Belang, Vertragspartei des Versicherers ist jedenfalls der Versicherungsnehmer (SZ 59/220; Heiss/Lorenz Versicherungsvertragsgesetz**2 Rz 1 f zu § 74 VVG).
Die Vermutungsregelung des § 74 Abs 2 VVG spricht nicht für den Abschluss als Stellvertreter, sondern für die Versicherung im eigenen Namen und für fremde Rechnung (VersR 1975, 747; 1995, 1339).
Im vorliegenden Fall einer Sachwertversicherung nach § 74 VVG ist grundsätzlich das Eigentümerinteresse als versichert anzusehen, möglicherweise auch das Sachinteresse Dritter, hier der Mieter, weil im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits die Benützung der versicherten Sache durch sie vorgesehen ist, zu keiner Risikoerhöhung führt und auch zu keiner Prämienerhöhung (vgl Heiss/Lorenz VVG**2 Rz 11 f zu § 74 VVG mwN).
Bedenken der Antragsteller, dass hier ein Dritter, nämlich der Verwalter, Versicherungsnehmer ist, wird durch § 76 VVG begegnet. Der Versicherte aus einer Versicherung für fremde Rechnung kann nämlich die Rechte aus dem Versicherungsvertrag geltend machen, wenn er im Besitz des Versicherungsscheins ist. Überdies hat der Versicherungsnehmer die Leistung des Versicherers in diesem Fall dem Versicherten gemäß § 1017 ABGB herauszugeben (vgl Grubmann, Das Versicherungsvertragsgesetz4 E 9 zu § 75 VVG; E 1 zu § 76 VVG).
Befürchtungen der Mieter in Hinblick auf die Wiederherstellungspflicht gemäß § 7 MRG wurden nicht dahin präzisiert, dass die Versicherungsleistung nicht ausreiche. In Anbetracht der Bestimmung des § 21 Abs 1 Z 4 MRG, die die Überwälzung der vom Vermieter aufgewendeten Kosten für die angemessene Versicherung des Hauses als Betriebskostenposition auf die Mieter zulässt, welches Ergebnis auch hier erzielt wird, besteht kein Grund von einer verpönten "Umgehung" zu sprechen. An der Wiederherstellungspflicht des Vermieters ändert sich durch die gewählte Vertragskonstruktion nichts.
Im Übrigen teilt der erkennende Senat das vom Rekursgericht gewonnene Verständnis des Begriffs "der vom Vermieter aufgewendeten Kosten".
Dem Rekurs war daher der Erfolg zu versagen.
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