OGH 5Ob177/98k

OGH5Ob177/98k13.10.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Union I***** K*****, S*****gasse *****, ***** W*****, vertreten durch Dr. Achim Maurer, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin ***** Versicherungs-AG, ***** vertreten durch Dr. Herbert Poinstingl, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 12 MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 27. Jänner 1998, GZ 41 R 45/98s-16, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 25. November 1997, GZ 3 Msch 45/97h-12, teilweise abgeändert wurde, den

Sachbeschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragstellerin ist Mieterin des Bestandobjektes top Nr 1 in dem der Antragsgegnerin gehörenden Haus S*****gasse ***** in ***** W*****.

Die Antragsgegnerin, ein Versicherungsunternehmen hat mit sich selbst eine "Wohnhaus-Bündelversicherung" für das Haus S*****gasse ***** in ***** W***** abgeschlossen, dies unter teilweiser 50 %iger Mitversicherung durch die ***** Versicherungs-AG. Versichert sind die Risken Feuer, Leitungswasserschaden, Glas, Sturmschaden und Haftpflicht. Die Mehrheit der Mieter hat dem Abschluß der Versicherungen zugestimmt.

In die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 1994 nahm die Antragsgegnerin die Position "Versicherung" in Höhe von S 154.238 auf, welcher der Höhe nach unstrittig angemessene Betrag auch die Prämienanteile des Mitversicherers enthält.

Die Antragstellerin, auf die nach dem Nutzflächenschlüssel 10,93 % der Betriebskosten des Hauses entfallen, begehrte, festzustellen, daß durch die Vorschreibung der Betriebskostenposition "Versicherung" mit S 154.238 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß verletzt worden sei. Die Versicherung könne nicht mit sich selbst kontrahieren, ein Versicherungsvertrag sei nicht zustande gekommen. Nach § 21 Abs 1 Z 4 bis 6 MRG könnten auf Mieter zulässigerweise Versicherungsprämien nur aufgrund bestehender Versicherungsverträge überwälzt werden.

Die Antragsgegnerin bestritt das Begehren der Antragstellerin und behauptete das Bestehen eines Versicherungsvertrags. Nicht sie, sondern die Hausverwaltung ********** habe den Versicherungsvertrag abgeschlossen. Versicherer sei auch nicht nur die Antragsgegnerin, sondern es bestehe eine Mitversicherung der ***** Versicherungs-AG unter 50 %iger Beteiligung. Es sei dem Mietrechtsgesetz nicht zu entnehmen, daß nur die auf eine Rück- oder Weiterversicherung entfallenden Prämienanteile überwälzt werden dürften.

Die Antragstellerin gestand die Tatsache der 50 %igen Beteiligung der ***** Versicherungs-AG zu.

Das Erstgericht wies das gesamte Begehren der Antragstellerin ab. Insoweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung stellte es aktenwidrig fest, daß die Parteien die Aufwendung eines Betrages von S 154.238 für Versicherungsprämien außer Streit gestellt hätten. Weiters gab es das Zugeständnis der Antragstellerin wieder, daß eine 50 %ige Mitversicherung der ***** Versicherungs-AG vorliege.

In rechtlicher Hinsicht erachtete das Erstgericht die Überwälzung der Gesamtprämien auf die Mieter unter dem Titel Betriebskosten für zulässig. Es stellte den Bestand eines Versicherungsvertrages nicht in Frage und meinte, daß die Antragsgegnerin als zum Abschluß von Versicherungsverträgen befugtes Unternehmen nicht nur die Prämien für eigene Leistung, nämlich für das Versicherthalten der Liegenschaft verrechnen dürfe, sondern diese auch nicht zum Selbstkostenpreis zu erbringen habe. Auch die aus einem mit einem Dritten abgeschlossenen Versicherungsvertrag sich ergebenden Prämien seien überwälzbar.

Dem dagegen erhobenen Rekurs der Antragstellerin gab das Rekursgericht teilweise Folge und änderte den angefochtenen Sachbeschluß teilweise dahin ab, daß es aussprach, die Antragsgegnerin habe der Antragstellerin gegenüber durch Vorschreibung der Versicherungsprämien im Umfang von S 154.238 in der Betriebskostenabrechnung des Jahres 1994 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß um S 110.432 überschritten. Hinsichtlich eines Betrages von S 43.806 aus dem Titel Versicherungsprämien wies es das Begehren ab.

Ungeachtet des Zugeständnisses der Antragstellerin über den "Bestand einer 50 %igen Mitversicherung" durch die ***** Versicherungs-AG ging das Rekursgericht davon aus, daß nur hinsichtlich der Leitungswasserschadensversicherung eine 50 %ige Mitversicherung bestehe. Nur in diesem Umfang sei die Antragsgegnerin zur Überwälzung von Versicherungsprämien unter dem Titel Betriebskosten berechtigt. Ein Versicherungsvertrag könne nämlich wie jeder Vertrag nach § 861 ABGB nur zwischen zwei verschiedenen Rechtssubjekten zustandekommen. Die Antragsgegnerin könne gegen sich selbst weder Verbindlichkeiten begründen, noch solche gemäß § 1412 ABGB an sich selbst erfüllen. Damit könne die Antragsgegnerin in rechtlicher Hinsicht aber auch keine "Aufwendungen" getätigt haben, die § 21 Abs 1 MRG als Voraussetzung für die Überwälzbarkeit erachte. Aus der Bestimmung des § 7 Abs 1 MRG ergäbe sich keine andere Betrachtungsweise, sei doch diesfalls der Bestand eines Versicherungsverhältnisses vorausgesetzt.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000 nicht übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Eine gleichartige Rechtsfrage sei bislang in der Judikatur des Höchstgerichtes nicht gelöst worden.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Sachbeschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin, der zulässig aber nicht berechtigt ist.

Die Antragstellerin beantragte, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Zunächst trifft es zu, daß das Erstgericht eine Aufwendung der Versicherungsprämien in der von der Antragsgegnerin behaupteten Höhe als von der Antragstellerin zugestanden zugrundelegte. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Feststellung, auf die sich die Revisionsrekurswerberin berufen könnte, sondern bloß um eine unrichtige Wiedergabe des Akteninhalts. Im übrigen würde sich an der rechtlichen Beurteilung dadurch nichts ändern, wenn die von der Antragsgegnerin beschäftigte Hausverwaltung, die im Versicherungsschein als zahlungspflichtig angeführt ist, tatsächlich Zahlungen in der in der Betriebskostenabrechnung geltend gemachten Höhe an die Antragsgegnerin für Versicherungsprämien erbracht hätte. Es unterliegt keinen Zweifel, daß ein solcher Vorgang buchhalterisch möglich ist und von der Antragsgegnerin ein solcher Eingang verbucht wurde. Schließlich war es auch möglich, einen Versicherungsschein auszustellen, in dem die Antragsgegnerin als Versicherter und als Versicherer zugleich aufscheint. Dadurch ändert sich die Rechtslage, die das Rekursgericht richtig dargestellt hat, nicht zu Gunsten der Antragsgegnerin.

Weiters hat das Rekursgericht, worauf die Revisionswerberin hinweist, das Zugeständnis der Antragstellerin über den Bestand einer 50 %igen Mitversicherung durch die ***** Versicherungs-AG nicht übernommen und seiner Entscheidung nicht zugrunde gelegt, sondern an Stelle dessen die durch den Akteninhalt gedeckte Feststellung gesetzt, daß eine Mitversicherung nur hinsichtlich der Leitungswasserschadensversicherung besteht (vgl Fasching Rz 1915; Kodek in Rechberger Rz 4 zu § 503 ZPO). Ausdrücklich beschränkt wird im Verfahren nach § 37 MRG der Untersuchungsgrundsatz zwar durch die Vorschrift des § 37 Abs 3 Z 12 MRG, wonach die Vorschriften über zugestandene Tatsachen (§§ 266, 267 ZPO) anzuwenden sind, was zur Bindung des Gerichts an übereinstimmendes Parteivorbringen führt (vgl MietSlg 41.400). Keine Bindung an ein Zugeständnis besteht nach ständiger Rechtsprechung dann, wenn die Unrichtigkeit des Geständnisses aufgrund der Aktenlage eindeutig erwiesen ist (vgl Rechberger, Rz 2 zu § 267 ZPO mit Rsphinweisen). In diesem Zusammenhang ist auf die Undeutlichkeit des Zugeständnisses ebenso zu verweisen wie darauf, daß sich die Antragsgegnerin ausdrücklich auf S 6 der Versicherungspolizze bezog, woraus sich der Bestand der Mitversicherung nur für die Leitungswasserversicherung entnehmen läßt.

Im übrigen teilt der erkennende Senat die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß ein Versicherungsunternehmen, das zugleich Liegenschaftseigentümer ist, zufolge der Regelung des § 861 ABGB mit sich selbst nicht wirksam einen Versicherungsvertrag abschließen kann. Dabei geht es nicht um die Problematik des sogenannten Insichgeschäfts, wo ein Vertreter das Geschäft für den Vertretenen mit sich selbst abschließt oder aber für zwei von ihm Vertretene, für die er vertretungsberechtigt ist, abschließt (vgl Koziol-Welser10 I 177). Beim Insichgeschäft, das unter gewissen Voraussetzungen von der Rechtsprechung als wirksam angesehen wird, existieren nämlich stets zwei Rechtssubjekte zwischen denen ein Vertrag durch Willensbetätigung bloß einer Person zustande kommen soll. Anders liegt der Fall hier. Der von der Antragsgegnerin behauptete Versicherungsvertrag soll nämlich zwischen ihr als Liegenschaftseigentümerin und ihr als Versicherungsunternehmen zustande gekommen sein. Dies ist nach allgemeinen aus § 861 ABGB abzuleitenden rechtsgeschäftlichen Grundsätzen unmöglich.

Auch der Wortlaut des § 1288 ABGB macht deutlich, daß einer nicht die Gefahr eines Schadens, der ihn treffen könnte, auf sich nehmen kann.

Dabei hilft der Antragsgegnerin auch der Hinweis auf Hausbesorgerarbeiten nichts, die der Hauseigentümer den Mietern in Rechnung stellen darf, wenn er sie selbst durchführt. Dafür existiert nämlich in § 23 Abs 2 MRG eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung. Eine analoge Anwendung dieser Bestimmung auf die Betriebskosten des § 21 Abs 1 Z 4 bis 6 MRG ist angesichts der unterschiedlichen Gegebenheiten nicht möglich. Während die Hausbesorgerarbeiten vom Hauseigentümer oder einer dritten Person tatsächlich geleistet werden können, besteht mangels Zustandekommens eines Versicherungsvertrags kein Versicherungsschutz und insoweit auch keine Berechtigung für die Vorschreibung von Prämien. Solche können, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, auch nicht durch Leistung des Versicherers an sich selbst aufgewendet im Sinn des § 21 Abs 1 erster Satz MRG werden. Eine Verbindlichkeit der Antragsgegnerin an sich selbst kann weder entstehen noch durch Zahlung erfüllt werden.

Daß ein Vermieter selbst nach versicherungstechnischen Grundsätzen Rücklagen für Schadensfälle bildet und im Schadensfall unter Berücksichtigung in der Hauptmietzinsreserve aufwendet, ist ihm unbenommen. Eine Überwälzung solcher Aufwendungen auf die Mieter ist jedoch nur im Rahmen der §§ 18 f MRG möglich.

Die Überwälzung von fiktiven "Versicherungsprämien" für nicht bestehende Versicherungsverträge als Bewirtschaftungskosten eines Hauses auf die Mieter dieses Hauses scheitert an der taxativen Aufzählung der Mietzinsbestandteile des § 15 MRG. Auch aus der Bestimmung des § 7 MRG kann nichts anderes abgeleitet werden, ist doch auch dort das Bestehen eines Versicherungsvertrages Voraussetzung.

Für den Standpunkt der Antragsgegnerin ist aber auch dadurch nichts zu gewinnen, daß sie darauf verweist, daß auch eine Gebietskörperschaft als Liegenschaftseigentümerin die von ihren zur Abgabenbemessung vorgesehenen Organen (im Rahmen der Hoheitsverwaltung) vorgeschriebenen Abwassergebühren wie jeder andere Liegenschaftseigentümer auch, den Mietern gegenüber als Betriebskosten geltend machen kann (vgl WoBl 1992/136). In diesem Fall wurde als entscheidend angesehen, daß die Vorschreibung der Abwassergebühren im Rahmen der Hoheitsverwaltung an die Stadt als Liegenschaftseigentümerin (im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung) wie an alle anderen Rechtssubjekte zu erfolgen hatte.

Daß die Antragsgegnerin die Versicherungsprämien ihrer Hausverwaltung vorschreibt, die als Inkassoadresse im Versicherungsschein angegeben ist, vermag keine andere rechtliche Beurteilung zu bewirken. Der Hausverwalter, der sogar zum Abschluß einer Versicherung (im Namen des Hauseigentümers) ermächtigt ist, weil ein solches Geschäft zu seinem gewöhnlichen Tätigkeitsbereich gehört (JBl 1957, 477), wird diesfalls nicht als Vertragspartei tätig.

Daß der Abschluß eines Versicherungsvertrages das Vorhandensein von mindestens zwei verschiedenen Rechtpersonen voraussetzt, muß der Antragsgegnerin im übrigen schon seit dem Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen als Versicherungsaufsichtsbehörde vom 22. 10. 1964, Z 111.375-19/64, bekannt sein.

Weil die Antragstellerin die von der Antragsgegnerin für eine Mitversicherung aufgewendeten Kosten ausdrücklich als zulässige Betriebskosten zugestanden hat, muß auf die Fragen des rechtlichen Bestands einer Weiter- oder Rückversicherung im Fall des Nichtbestehens eines Versicherungsvertrags nicht eingegangen werden.

Die auf den fingierten Versicherungsvertrag der Antragsgegnerin mit sich selbst entfallenden Prämienteile können jedenfalls als Betriebskosten nicht auf die Mieter überwälzt werden.

Aus diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Barauslagen wurden nicht verzeichnet, weshalb eine Kostenentscheidung zu entfallen hatte.

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