Spruch:
Der außerordentlichen Revision wird nicht Folge gegeben. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 8.145,45 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.920,-- S an Barauslagen und 565,95 S an USt.) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin hat als Eigentümerin der Liegenschaft EZ 969 KG Unter-Sievering die Wohnungseigentumsanlage Wien 19., Himmelstraße 73 b, errichtet. Auf Grund des Kaufvertrages vom 20.8.1974 erwarb der Beklagte von der Klägerin entsprechende Miteigentumsanteile an dieser Liegenschaft und das Anwartschaftsrecht auf das Wohnungseigentum und das ausschließliche Nutzungsrecht an der Wohnung top.Nr.2 samt Kellerabteil und zwei Garagen in diesem Haus. Mit Übergabsprotokoll vom 14.5.1975 wurde dem Beklagten diese Wohnung übergeben.
Mit der am 12.5.1978 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin vom Beklagten die Bezahlung von 159.713,12 S samt Anhang als restlichen Baukostenanteil einschließlich aufgelaufener Zinsen. Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Da verschiedene - im einzelnen auch dargestellte - von ihm innerhalb der Gewährleistungsfrist mündlich und schriftlich geltend gemachte Mängel, deren Behebung zwischen 205.000 S und 365.000 S erforderte, erhob der Beklagte die Einrede des nicht (gehörig) erfüllten Vertrages. Er habe auch Anspruch auf Preisminderung. Außerdem sei eine Gutschrift für Malerarbeiten nicht berücksichtigt worden und stehe ihm eine Gegenforderung von 455.000 S zu, die er bis zur Höhe der Klagsforderung aufrechnungsweise geltend machte. Er habe nämlich einen Betrag in dieser Höhe an den als Vertreter der Klägerin aufgetretenen Prof.Dr. C für eine besonders gute Bauausführung oder für den Erwerb weiterer Grundstücke bezahlt; dieser Betrag sei jedoch zweckwidrig verwendet worden.
Demgegenüber erwiderte die Klägerin, daß keine Mängel vorhanden seien; überdies habe der Beklagte auf die Geltendmachung allfälliger Mängel verzichtet bzw. diese zu spät gerügt. Die vom Beklagten anläßlich der Übergabe gerügten Mängel seien zur Gänze behoben worden. Im übrigen habe die Klägerin sich wiederholt zur Mängelbehebung bereit erklärt, was jedoch vom Beklagten abgelehnt worden sei. Außerdem seien im Kaufvertrag und Übereinkommen vom 20.8.1974 genaue Zahlungsziele für die einzelnen Teilzahlungen des Beklagten vereinbart worden.
Im ersten Rechtsgang wurde das Klagebegehren vom Erstgericht abgewiesen. Das Gericht zweiter Instanz erachtete die Rechtssache jedoch noch nicht spruchreif und hob das Urteil des Erstgerichtes auf. In rechtlicher Hinsicht führte es folgendes aus:
Das im § 1052 ABGB normierte Leistungsverweigerungsrecht gelte für alle gegenseitigen (synallagmatischen) Verträge, bei denen nicht eine Vorleistung vereinbart oder eine gesetzliche Sondernorm vorgesehen oder etwas anderes vereinbart sei (MGA ABGB 31 § 1052/1 b; SZ 42/162 ua). Insbesondere könne auch der Besteller eines Werkes trotz Annahme der unvollständigen Erfüllung grundsätzlich die ganze Gegenleistung bis zur gehörigen Erfüllung durch den Unternehmer verweigern, und zwar regelmäßig auch dann, wenn es sich bloß um einen geringfügigen Mangel handle (aaO § 1052/1 e, 12 a; § 1167/16 b; siehe insbesondere SZ 48/108; § 1170/2 b, 2 c). Die Zurückbehaltung dürfe nur nicht zur Schikane ausarten (aaO § 1052/9). Wenn allerdings der Besteller die Behebung der Mängel durch den Unternehmer nicht mehr zuläßt, aber auch keine gesetzmäßigen Konsequenzen aus der bisherigen Nichtbehebung der Mängel zieht, könne er die Bezahlung des um einen berechtigten Preisminderungsanspruch verringerten Werklohnes nicht mit der Begründung verweigern, das Wwerk sei noch nicht vollständig (aaO § 1170/2 c; SZ 40/9). Ein solches Leistungsverweigerungsrecht setze selbstverständlich voraus, daß es sich um behebbare Mängel handle, deretwegen die Entgeltzahlung verweigert werde, weil bei unbehebbaren Mängeln - von einem Wandlungsanspruch bei wesentlichen Mängeln abgesehen - nur ein Preisminderungsanspruch in Betracht käme, bei welchem der Zweck des Leistungsverweigerungsrechts durch Zurückbehaltung der gesamten Gegenleistung Druck zur Verbesserung auf den Unternehmer auszuüben, logischerweise nicht vorhanden sei. Außerdem setze das Leistungsverweigerungsrecht voraus, daß die Mängel im Sinne des § 933 ABGB rechtzeitig, bei unbeweglichen Sachen, also innerhalb von 3 Jahren ab "Ablieferung der Sache" geltend gemacht worden seien, wobei für die einredeweise Geltendmachung im Sinne des Abs 2 dieser Gesetzesstelle genüge, daß der Mangel innerhalb dieser Frist dem Übergeber angezeigt worden sei. Schließlich sei im Auge zu behalten, daß das Leistungsverweigerungsrecht zwar nicht auf Zug-um-Zug-Verpflichtungen beschränkt sei, sondern a maiori auch für Nachleistungsverpflichtungen, nicht aber bei Vorleistungsverpflichtungen gelte (vgl. Wahle in Klang 2 IV/2, 72,73), wovon nur die hier nicht in Betracht kommende, da nicht einmal geltend gemachte, "Unsicherheitseinrede" des § 1052 Satz 2 ABGB (siehe auch die vom Obersten Gerichtshof analog behandelten Fälle in SZ 26/99; EvBl 1963 Nr.46, die hier gleichfalls nicht in Betracht kämen), eine Ausnahme mache. Was das letztere betreffe, so habe die Klägerin eine solche Vorleistungspflicht des Beklagten wenigstens implicite durch Hinweis auf den Kaufvertrag behauptet, in dessen Punkt Zweitens c 2 bezüglich der Fälligkeit der Baukosten festgelegt sei, daß diese zu 30 % bei Bekanntgabe der Rohbaufertigstellung, zu 30 % bei Bekanntgabe der Herstellung der Leichtwände, der Rohinstallation und des Fassadenputzes, zu weiteren 30 % bei Bekanntgabe der Fertigstellung des Bauwerks und Lastenfreistellung und zu den restlichen 10 % bei Erhalt des Übergabeavisos fällig seien, doch mache hier der Beklagte nach Ansicht des Berufungsgerichtes zu Recht geltend, daß eine Vorleistungspflicht - soweit sie das Leistungsverweigerungsrecht wegen Nichterfüllung bzw. nicht gehöriger Erfüllung ausschalten würde - gegen die Vorschrift des § 24 WEG 1975 verstoßen würde, der gemäß § 29 Abs 2 leg.cit. - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - auch auf Rechtsgeschäfte anzuwenden sei, die Wohnungseigentümer, Wohnungseigentumswerber und Wohnungseigentumsorganisatoren untereinander oder mit Dritten vor Inkrafttreten des WEG 1975 (laut dessen § 28 mit 1.9.1975) abgeschlossen hätten. § 24 Abs 1 WEG 1975 enthalte zwar in seiner Aufzählung der rechtsunwirksamen und verbotenen Vereinbarungen unter Z 1 bis 5 nicht die Aufhebung oder Beschränkung des Leistungsverweigerungsrechtes, doch sei diese Aufzählung, wie die Worte "wie besonders" zeigten, eine bloß beispielsweise; die einleitenden Worte des Abs 1 stellten eine Generalklausel dar, durch welche auch Vereinbarungen und Vorbehalte umfaßt würden, die in der Aufzählung der Z 1 bis 5 nicht enthalten seien. In diesem Fall müsse also besonders geprüft werden, ob die Vereinbarungen und Vorbehalte geeignet seien, "die dem Wohnungseigentumswerber oder Wohnungseigentümer zustehenden Nutzungs- und Verfügungsrechte aufzuheben oder zu beschränken" (Faistenberger-Barta-Call, Kommentar zum WEG 1975 § 24 N 10 und 11). Das müsse aber für eine Vereinbarung gelten, mit welcher durch Vereinbarung einer Vorleistungspflicht das Recht des Wohnungseigentümers bzw. Wohnungseigentumswerbers, die Einrede des nicht (gehörig) erfüllten Vertrages zu erheben, beschnitten bzw. gänzlich aufgehoben werden solle, weil dieses Recht dazu dienen solle, einen Gewährleistungsanspruch auf Verbesserung durch Rückbehaltung der Leistung durchzusetzen, also ihm sein volles Nutzungs- und Verfügungsrecht zu verschaffen. Dazu komme, daß Z 4 leg.cit. ausdrücklich auch Vereinbarungen über Beschränkung der nach § 932 ABGB bestehenden Rechte unter die Rechtsunwirksamkeitssanktion des § 24 WEG stelle, also Beschränkungen von Gewährleistungsansprüchen. Gerade die Sicherstellung solcher Ansprüche in Form von Verbesserungsansprüchen solle aber die Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrages bezwecken. Auf eine Vorleistungspflicht des Beklagten werde sich also die Klägerin nicht berufen können, sodaß dem Beklagten die Gewährleistungseinrede prinzipiell offen stehe.
Im fortgesetzten Verfahren brachte die Klägerin - vom Beklagten bestritten - noch ergänzend vor, daß die schlechten Meßergebnisse hinsichtlich der ua gerügten Schalldämmung (in bestimmt angeführten Teilen der Wohnung) darauf zurückzuführen seien, daß sowohl in der Wohnung des Beklagten als auch in der darüberliegenden Wohnung Dris. C als Sonderanfertigung statt der vorgesehenen PVC-Bodenbeläge von den beiden Wohnungseigentümern Steinplatten verlegt worden seien, die in der Wohnung des Beklagten keinerlei Schallisolierung aufwiesen. Die Sandwich-Decken hätten keinen Einfluß auf eine allfällige Schallbelästigung. Eine allfällige Schallbelästigung sei im übrigen unbehebbar und die vom Sachverständigen ermittelten Meßwerte nicht mehr relevant, weil sie vor Durchführung von Behebungsarbeiten erhoben worden seien. Durch die in der Zwischenzeit durchgeführten Sanierungsarbeiten bestehe für den Beklagten keine relevante Schallbelästigung mehr. Im zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht das Klagebegehren neuerlich ab. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen noch folgende Feststellungen:
Bei Übernahme der Wohnung rügte der Beklagte verschiedene in die Augen fallende Mängel, deren Behebung ihm zugesagt wurde. Am 22.4.1977 brachte die Klägerin beim Handelsgericht Wien zu 28 Cg 488/77 eine Klage gegen die D AG ein, nach deren Inhalt diese AG unter anderem bei der Erbauung des Hauses Himmelstraße 73 b die schalldämmenden Estriche herzustellen hatte. Die Herstellung des Estrichs sei mangelhaft, weil er zum Teil uneben sei, sodaß auf diesem Unterboden der Holzfußboden nicht hätte verlegt werden dürfen; darüber hinaus seien Schallbrücken zwischen dem Estrich und den Konstruktionsteilen des Hauses vorhanden, die beseitigt werden müßten; überdies sei es erforderlich, alle vom Estrich umschlossenen Rohrleitungen freizustemmen und eine entsprechende Schallisolierung anzubringen. Mit ihrem Klagebegehren fordert die klagende Partei von der D AG, sämtliche Estriche in allen Räumen des Hauses ausgenommen Stiegenhaus und Schwimmhalle sowie Kellergänge vollkommen plan und eben herzustellen, die bestehenden Schallbrücken zu unterbrechen und alle Umschließungen der Rohrleitungen zu öffnen, die Rohrleitungen freizustemmen und die entsprechende Schallisolierung herzustellen. In diesem Verfahren wurden bereits eine Mehrzahl von Sachverständigengutachten eingeholt; unter anderem ergibt sich aus einem schalltechnischen Gutachten, daß hinsichtlich des Trittschallschutzes zwischen dem Wintergarten der Wohnung Nr.4 und dem darunterliegenden Eßzimmer der Wohnung Nr.2 des Beklagten die Anforderungen nicht erfüllt sind. Dasselbe gilt für den Vorraum der Wohnung des Beklagten, auch die Decke zwischen der Küche der Wohnung Nr.4 und dem Arbeitszimmer der Wohnung Nr.2 erfüllt die Anforderungen an den Trittschallschutz nicht, mit dem vorgesehenen schwimmenden Estrich wäre ein wesentlich höherer Trittschallschutz zu erzielen. Auch die Decke zwischen den Schlafzimmern der Wohnungen Nr.4 und Nr.2 entspricht zwar den Mindestanforderungen, die Trittschalldämmung ist aber im Hinblick auf die ruhige Lage des Hauses zu gering. Schallbrücken sind im Bereich von vorspringenden Mörtelbändern in top.Nr.1 des Hauses, top.Nr.3 und top.Nr.4 vorhanden, außerdem gibt es Schallbrücken im Bereich ungedämmter Rohrleitungen (top.Nr.4). Die Ursache dieser schlechten Schalldämmung ist darauf zurückzuführen, daß bei der Errichtung des Hauses in verschiedenen Räumen, besonders aber in Vorraum, Küche, Bad, WC und Wintergarten der über der Wohnung des Beklagten liegenden Wohnung Nr.4 keine schwimmenden Estriche verlegt wurden, obwohl diese laut Baubeschreibung vorgesehen und dem Beklagten auch zugesagt wurden. Die schlechte Schalldämmung wird durch die Art des Bodenbelages in der Wohnung Nr.4 nicht beeinflußt, auch nicht durch die Sandwichdecken in der Wohnung des Beklagten. Diese schlechte Schallisolierung ist dem Beklagten nicht schon bei der Übergabe der Wohnung am 14.5.1975 zur Kenntnis gelangt, wohl aber ist ihm bald nach dem Bezug der darüberliegenden Wohnung aufgefallen, daß die Schallbelästigung von dieser Wohnung aus besonders auffallend war. Spätestens im Herbst 1975 wendete er sich an den Bewohner der Wohnung Nr.4 Dr. Franz C sen., den Vater des Geschäftsführers der klagenden Partei. Dr. C sen. war dem Beklagten gegenüber bei allen Verhandlungen, Besprechungen und Vereinbarungen betreffend die Eigentumswohnung als von der Klägerin Bevollmächtigter aufgetreten, er hatte dem Beklagten gegenüber vor Vertragsabschluß die besondere Qualität des herzustellenden Bauwerkes vor allem hinsichtlich des Schallschutzes herausgestellt und unter Berufung auf diese besondere Qualität eine nicht im Vertrag aufscheinende Zahlung von 455.000 S verlangt und erhalten. Dem Geschäftsführer der Klägerin war bekannt, daß alle Verhandlungen und Besprechungen mit dem Beklagten namens der Klägerin Dr. C sen. führte. Auf Grund der ihm gegebenen Zusagen rügte der Beklagte spätestens im Herbst 1975 dem Dr. C sen. gegenüber die unzumutbare Schallbelästigung, dieser erwiderte, auch er fühle sich diesbezüglich belästigt. Als weiter nichts geschah, wendete sich der Beklagte mit Schreiben vom 12.4.1976 an die klagende Partei, rügte neuerlich die Schallbelästigungen und verlangte Abhilfe. Erst im August 1978 verständigte ihn die Klägerin von Messungen, die die Einhaltung der Normen ergeben hätten. Bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung wurden im Hause keinerlei Maßnahmen getroffen, die die Schallbelästigungen in der Wohnung des Beklagten vermindert hätten; im Zimmer unter der Küche des Dr. C sen. hört der Beklagte die Bewohner der oberen Wohnung gehen, Küchenarbeiten sind deutlich zu hören. Ebenso groß ist die Belästigung im Eßzimmer; diese Wahrnehmungen finden ihre Bestätigung in den laut Gutachten ON 45 gemessenen Werten. Arbeiten, die eine Verbesserung des Schallschutzes gebracht hätten, wurden vom Beklagten niemals abgelehnt. Die Behebung dieser Mängel ist möglich, sie wird von der Klägerin im Verfahren vor dem Handelsgericht Wien vom ausführenden Unternehmen klagsweise gefordert.
Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes ging das Erstgericht von der ihm im Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes zur Frage des Rechtes des Beklagten zur Leistungsverweigerung überbundenen Rechtsansicht aus. Da im Bereich der Schalldämmung behebbare und vom Beklagten auch rechtzeitig gerügte Mängel vorhanden seien, sei die Klagsforderung noch immer nicht fällig. Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und ließ die Revision nicht zu.
Das Berufungsgericht erachtete die in der Berufung der Klägerin erhobene Beweis- und Verfahrensrüge als nicht berechtigt, übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen und führte zur Rechtsrüge der Berufung aus:
Insoweit der Berufungswerber davon ausgehe, daß das Erstgericht die Frage der Behebbarkeit der geltend gemachten Mängel nicht geprüft habe, sei die Berufung nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt. Die Höhe des Behebungsaufwandes habe vom Erstgericht nicht festgestellt werden müssen; er sei jedenfalls im Hinblick auf Art und Umfang der festgestellten Mängel so hoch, daß von geringfügigen Mängeln nicht gesprochen und deshalb dem Leistungsverweigerungsrecht des Beklagten der Schikaneeinwand nicht entgegengesetzt werden könne. Daß der Verbesserungsaufwand so hoch wäre, daß die Verbesserung nicht mehr als wirtschaftlich zumutbar angesehen werden könnte, hätte die Klägerin zu beweisen gehabt, was jedoch nicht geschehen sei. Aus welchen Gründen sich die Klägerin auf eine Vorleistungspflicht des Beklagten nicht berufen könne, sei bereits im Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes ausführlich dargelegt worden, sodaß es genüge, darauf zu verweisen. Insoweit die Berufungswerberin eine andere Rechtsansicht vertrete, übersehe sie, daß das Berufungsgericht an seine einmal diesbezüglich geäußerte Rechtsansicht gebunden sei, sodaß sich eine weitere Diskussion dazu erübrige. Zusammenfassend ergebe sich, daß dem Beklagten wegen der vorhandenen behebbaren und rechtzeitig - und zwar gegenüber Dr. C mit Wirkung für die Klägerin - gerügten Mängel ein Leistungsverweigerungsrecht zustehe.
Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die inhaltlich auf die Revisionsgründe des § 503 Abs 1 Z 2 und 4 sowie Abs 2 ZPO gestützte außerordentliche Revision der Klägerin mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragte, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil die Frage, ob sich der Wohnungseigentumsorganisator im Falle der mangelhaften Erstellung des Werkes auf eine mit dem Wohnungseigentumswerber hinsichtlich der Bezahlung des Werklohnes vereinbarte Vorleistungspflicht berufen darf, eine Rechtsfrage des materiellen Rechts von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO darstellt, von deren Lösung die gegenständliche Entscheidung abhängt (vgl.Fasching, Lehrbuch, Rz 1890); sie ist aber nicht berechtigt.
Insoweit sich der Revisionswerber sowohl in seiner Zulassungsbeschwerde als auch in den weiteren Revisionsausführungen wegen der Berücksichtigung des Inhalts des Aktes eines anderen Gerichtes sowie der Unterlassung der Vernehmung eines Zeugen durch das Erstgericht beschwert erachtet, behauptet er das Vorliegen von Verfahrensmängeln des erstinstanzlichen Verfahrens. Da das Berufungsgericht diese Mängel als nicht gegeben erachtete, können sie im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden; damit wird auch keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO aufgezeigt. Aber auch mit der weiteren in der Zulassungsbeschwerde vorgetragenen Rüge, der Beklagte hätte in der Klagebeantwortung nicht kumulativ die Einrede des nicht erfüllten Vertrages erheben und den Anspruch auf Preisminderung geltend machen, sondern nur einen der "beiden Rechtsbehelfe" erheben dürfen, zeigt der Kläger keine von den Vorinstanzen (im Ergebnis) unrichtig beurteilte Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO auf, weil der Beklagte in seinem Recht, den Klagsanspruch unter allen rechtlichen Möglichkeiten zu bekämpfen, nicht beschränkt ist. Zum Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 (in Verbindung mit Abs 2) ZPO führt der Revisionswerber aus, § 24 WEG 1975 nehme auf § 1052 ABGB mit keinem Wort Bezug. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Analogie führe aber dazu, daß tatsächlich eine neue Gesetzesbestimmung geschaffen werde, was nicht Aufgabe des Gerichtes sei. Der Ausnahmecharakter der erwähnten Gesetzesbestimmung verhindere eine extensive Interpretation. Dem kann nicht gefolgt werden.
Die im § 24 Abs 1 WEG angeführten Fälle sind nicht erschöpfend aufgezählt. Nach § 24 Abs 1 Z 4 WEG 1975 sind Vereinbarungen oder Vorbehalte, die geeignet sind, die dem Wohnungseigentumsbewerber oder Wohnungseigentümer zustehenden Nutzungs- oder Verfügungsrechte aufzuheben oder zu beschränken, wie besonders Vereinbarungen über Beschränkungen der nach den §§ 918 bis 923, 932 und 934 ABGB zustehenden Rechte, unwirksam. Diese Bestimmung dient mit Hilfe der Generalklausel - wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat - einem wirkungsvollen Schutz der rechtlichen Gesamtposition des Wohnungseigentumsbewerbers oder Wohnungseigentümers und richtet sich daher auch gegen eine Schwächung seiner schuldrechtlichen Lage im Titelgeschäft (SZ 54/164 = MietSlg.33.493/23; Würth in Rummel, ABGB, Rdz 7 zu § 24 WEG). Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, daß durch die vereinbarte gänzliche Fälligstellung der Werklohnforderung noch vor der tatsächlichen Übergabe der Eigentumswohnung dem Wohnungseigentumsbewerber die Möglichkeit genommen wird, das ihm wegen vorhandener Mängel des Werkes sonst zustehende Recht der Leistungsverweigerung auszuüben, weil das im § 1052 ABGB normierte, für alle synallagmatischen Verträge geltende Leistungsverweigerungsrecht ua dann nicht gilt, wenn eine Vorleistungspflicht des Bestellers vereinbart wurde (vgl.SZ 42/162; EvBl 1974/161; NZ 1980,6 uva). Dem Berufungsgericht ist zuzustimmen, daß mit der von ihm erwähnten Vertragsbestimmung über die Verpflichtung des Beklagten, den gesamten Werklohn vor der tatsächlichen Übergabe der Wohnung zu bezahlen, die rechtliche Durchsetzbarkeit seiner Ansprüche auf ein mangelfreies Werk beschränkt wird. Die von der Klägerin als Wohnungseigentumsorganisator mit dem Beklagten als Wohnungseigentumsbewerber getroffene Zahlungsvereinbarung stellt sich somit als vertraglicher Ausschluß des Leistungsverweigerungsrechtes des Wohnungseigentumsbewerbers dar, weshalb in der Annahme des Berufungsgerichtes, § 24 Abs 1 WEG richte sich auch gegen diese Schwächung der schuldrechtlichen Stellung des Beklagten, kein Rechtsirrtum erblickt werden kann. § 24 Abs 1 WEG bewirkt als eine dem Schutz des Wohnungseigentumsbewerbers dienende Regelung relative Nichtigkeit der dagegen verstoßenden Vereinbarung (vgl.Meinhart, Wohnungseigentumsgesetz 1975,197; Würth, aaO Rdz 3 zu § 24 WEG; MietSlg.32.518/36), und zwar unabhängig von den in der Revision dargestellten Motiven, die die Klägerin zur Aufnahme der das Leistungsverweigerungsrecht des Beklagten ausschließenden Bestimmung in den Wohnungseigentumsvertrag bewogen haben mag. Daß der hier zum Tragen kommende Gewährleistungsanspruch des Beklagten nicht zur Gänze ausgeschlossen ist, ist rechtlich unerheblich, weil für den Eintritt der Nichtigkeit bereits die Eignung der Vereinbarung oder des Vorbehaltes genügt, die dem Wohnungseigentumsbewerber oder Wohnungseigentümer zustehenden Nutzungs- und Verfügungsrechte zu beschränken.
Die Revision erweist sich damit als unberechtigt.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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