Normen
Außerstreitgesetz §16
Außerstreitgesetz §19
Außerstreitgesetz §16
Außerstreitgesetz §19
Spruch:
Auch im außerstreitigen Verfahren bildet ein Verstoß gegen den Grundsatz der verglichenen Sache keine Nichtigkeit.
Androhung von Maßnahmen gemäß § 19 AußStrG. ist nicht anfechtbar.
Entscheidung vom 31. Mai 1967, 5 Ob 109/67.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Die zwischen den Eltern der drei Minderjährigen geschlossene Ehe wurde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil vom 16. Oktober 1964 aus dem alleinigen Verschulden der Ehefrau geschieden.
Hinsichtlich des Besuchsrechtes schlossen die Eltern der Minderjährigen am 10. Februar 1965 einen Vergleich. Danach erhält die Mutter der Minderjährigen, beginnend mit 3. März 1965, ein Besuchsrecht hinsichtlich der drei Kinder an zwei aufeinanderfolgenden Samstagen und Sonntagen und drei Wochentagen im Monat. Die Festsetzung des jeweiligen Tages und der Stunde wird rechtzeitig telefonisch oder schriftlich vereinbart.
Mit Beschluß vom 14. Februar 1967 setzte das Erstgericht auf Grund des Vergleiches vom 10. Februar 1965 das Besuchsrecht der ehelichen Mutter der Minderjährigen wie folgt fest:
1. vom 1. Oktober bis 30. April eines jeden Jahres am ersten und dritten Samstag eines jeden Monats von 13 Uhr bis 18 Uhr und am ersten und Sonntag von 9 Uhr bis 17 Uhr;
2. vom 1. Mai bis 30. September eines jeden Jahres am ersten und dritten Samstag eines jeden Monats von 13 Uhr bis auf den darauffolgenden Sonntag, 17 Uhr, durchgehend.
Dem ehelichen Vater wurde aufgetragen, die Kinder zur angegebenen Besuchszeit vor seiner Wohnung abholbereit zu halten, sie der Kindesmutter bei Vermeidung jedweder Zwischenfälle zu übergeben und am Ende der Besuchszeit wieder zu übernehmen. Soweit Besuchszeiten hinsichtlich eines Kindes infolge seiner Erkrankung entfallen, sind sie am nächsten zweiten oder vierten Samstag bzw. Sonntag nachzuholen. Dem Kindesvater wurde für den Fall der nicht genauesten Einhaltung der Regelung eine Geldstrafe von 500 S, im Wiederholungsfall eine Arreststrafe von drei bis vierzehn Tagen gemäß § 19 AußStrG. angedroht und ausgesprochen, daß der Beschluß sofort in Vollzug gesetzt werde.
Das Erstgericht ging davon aus, daß nach dem Vergleich vom 10. Februar 1965 die Festsetzung des Tages und der Stunde bei der Ausübung des Besuchsrechtes den Parteien überlassen worden sei. Da eine Einigung der Eltern der Minderjährigen darüber aber nicht zu erzielen sei, seien die Besuchszeiten vom Gericht festzusetzen und dabei darauf Bedacht zu nehmen gewesen, daß die Kindesmutter sich bereit erklärt habe, vorläufig vom Besuch während der Woche Abstand zu nehmen.
Das Rekursgericht wies den Rekurs des Kindesvaters gegen die Androhung von Zwangsmaßnahmen nach § 19 AußStrG. zurück. Im übrigen wurde dem Rekurs keine Folge gegeben. Das Gericht zweiter Instanz vertrat die Auffassung, daß die Androhung von Zwangsmaßnahmen keine der Rechtskraft fähige und die Rechtssphäre der Beteiligten beeinträchtigende Entscheidung darstelle und daher einer Anfechtung nicht zugänglich sei. Mangels einer Übereinstimmung der Eltern über die Ausübung des Besuchsrechtes sei eine Regelung im Rahmen des Vergleiches vom 10. Februar 1965 zu treffen.
In dem gegen den Beschluß des Rekursgerichtes vom Kindesvater eingebrachten Revisionsrekurs wird der Antrag gestellt, den angefochtenen Beschluß sowie den erstgerichtlichen Beschluß als nichtig aufzuheben oder den angefochtenen Beschluß im Sinne der Abweisung der Anträge der Kindesmutter abzuändern.
Der Oberste Gerichtshof gab diesem Revisionsrekurs, soweit er sich gegen den Ausspruch über die Zurückweisung seines Rekurses bezüglich der Androhung von Zwangsmaßnahmen richtete, nicht Folge. Im übrigen wurde der Revisionsrekurs zurückgewiesen.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Nichtig soll die bezüglich des Besuchsrechtes der Kindesmutter getroffene Regelung sein, weil der Vergleich vom 10. Februar 1965 ein Besuchsrecht nur an zwei aufeinanderfolgenden Samstagen und Sonntagen sowie an drei Wochentagen im Monat gewährte, während der Beschluß vom 14. Februar 1967 ein solches über Nacht einräume. Es liege daher ein Verstoß gegen die Rechtskraft vor, weil der Vergleich vom 10. Februar 1965 kein Besuchsrecht über Nacht einräume.
Dazu ist zu sagen, daß der Einwand der Rechtskraft auf das durch eine gerichtliche Entscheidung abgeschlossene Verfahren beschränkt ist. Das durch einen gerichtlichen Vergleich beendete Verfahren gewährt bei einer neuerlichen Geltendmachung eines Anspruches nicht eine prozeßhindernde, sondern nur die materiellrechtliche Einwendung der verglichenen Sache, die zur Abweisung des geltend gemachten Anspruches führen kann (vgl. hiezu EvBl. 1952 Nr. 377, SZ. XXII 52 u. a.). Ein Verstoß gegen die res transacta stellt also keinen Nichtigkeitsgrund, sondern allenfalls eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache dar.
Dem Erstgericht ist aber auch keine offenbare Gesetzwidrigkeit unterlaufen, wenn es eine von dem am 10. Februar 1965 zwischen den Eltern der Minderjährigen geschlossenen Vergleich abweichende Regelung insoferne traf, als der Mutter das Recht eingeräumt wurde, die Kinder auch über Nacht bei sich aufzunehmen. Gegen die Durchführung und Vollstreckbarkeit des Vergleiches vom 10. Februar 1965 bestanden Bedenken. Wenn die Vorinstanzen eine der Sicherung des Besuchsrechtes nach der angeführten Gesetzesstelle dem Gericht des § 142 ABGB. getroffen haben, so liegt, da die Regelung des Besuchsrechtes nach der angeführten Gesetzesstelle dem Gericht überlassen wurde, eine Ermessensentscheidung vor, die eine offenbare Gesetzwidrigkeit nicht zu begrunden vermag.
Nicht nach § 16 AußStrG., sondern nach § 14 AußStrG. zu beurteilen ist das Rechtsmittel des Kindesvaters, soweit es die Zurückweisung seines Rekurses gegen den erstgerichtlichen Beschluß bekämpft. Es ist aber in diesem Umfang nicht gerechtfertigt.
Die gerichtliche Androhung von Strafen für den Fall der Nichtbefolgung einer vom außerstreitigen Richter an eine Partei ergangenen Verfügung stellt sich, wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat (SZ. XXV 108, 7 Ob 254/64), lediglich als eine Belehrung und Warnung der Partei vor den im Gesetz (§ 19 AußStrG.) normierten Ungehorsamsfolgen, nicht aber als eine der Anfechtung und Überprüfung zugänglich Verfügung des Gerichtes im Sinne des § 9 AußStrG. dar. Das vom Vater der Minderjährigen gegen die Androhung von Maßnahmen im Sinne des § 19 AußStrG. eingebrachte Rechtsmittel wurde vom Rekursgericht mit Recht zurückgewiesen, sodaß dem Rechtsmittel des Kindesvaters in diesem Belang der Erfolg zu versagen war.
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