OGH 5Ob1083/92

OGH5Ob1083/9227.10.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragsteller 1.) Erika R*****, Firmengesellschafterin, ***** 2.) Dr.Peter R*****, Rechtsanwalt, ***** 3.) Frieda R*****, Gebäudeverwalterin, ***** die Erst- und Drittantragstellerin vertreten durch den Zweitantragsteller, wider die Antragsgegnerin Silvia M*****, Angestellte, ***** vertreten durch Dr.Wolfgang Dirnbacher, Angestellter, Lehargasse 13/11, 1060 Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 6 MRG infolge außerordentlichen Rekurses der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 5.August 1992, GZ 48 R 565/92-9, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Rekurs der Antragsgegnerin wird gemäß § 37 Abs 3 Z 16 bis 18 MRG iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Antragsgegnerin, Mieterin einer Wohnung in einem Haus mit reich gegliederter historischer Fassade, brachte ohne Zustimmung der Eigentümer an der Außenfassade eine Parabolspiegelantenne mit einem Durchmesser von zirka 150 cm an. Sie wurde von den Vorinstanzen zur Entfernung dieses Parabolspiegels verurteilt, weil die Voraussetzungen des § 9 Abs 1 Z 6 MRG für eine diesbezügliche Duldungspflicht der Vermieter nicht gegeben seien. Wie sich aus den im Akt erliegenden Fotos ergebe, stelle die Anbringung des Parabolspiegels - für jeden objektiven Betrachter erkennbar - eine erhebliche Störung des Gesamtbildes der Außenfassade dar.

Die Antragsgegnerin begründet die Zulässigkeit des Revisionsrekurses damit, daß

a) eine Rechtsprechung dazu fehle, ob - was sie bejahe - auch bei Auslegung des § 9 Abs 1 Z 6 MRG eine Interessenabwägung zu erfolgen habe, und

b) ihr durch Artikel 10 MRK verfassungsrechtlich geschütztes Recht auf Informationsfreiheit, wozu auch das Recht auf Empfang von Nachrichtensendungen gehöre, bei Richtigkeit des Standpunktes der Vorinstanzen beeinträchtigt werde.

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Im Gegensatz zur Bestimmung des § 8 Abs 2 Z 2 MRG - worauf sich die Antragsgegnerin in ihrer Argumentation beruft - sieht § 9 Abs 1 Z 6 MRG keine Interessenabwägung vor. Der Vermieter kann die Zustimmung bei Erfüllung der anderen Voraussetzungen des § 9 MRG zur Anbringung von Einrichtungen für den Hörfunk- und Fernsehempfang nur dann nicht verweigern, wenn mit der beabsichtigten Maßnahme keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses verbunden ist. Ist eine solche Beeinträchtigung damit verbunden, dann kann die Einwilligung des Vermieters durch den Mieter nicht erzwungen werden. Dieser klare und eindeutige Gesetzeswortlaut schließt das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage aus, auch wenn noch keine einschlägige Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ergangen ist (vgl WoBl 1991, 211/125).

Mit dem verfassungsgesetzlich geschützten Recht der Antragstellerin auf Informationsfreiheit (Art 10 MRK) hat diese Entscheidung schon deswegen nichts tun, weil dieses Recht nicht bedeutet, daß andere Rechtssubjekte (hier: die Vermieter) ohne Rücksicht auf die bestehenden privatrechtlichen Beziehungen (Mietverhältnis) der Antragstellerin den Empfang von Hörfunk- und Fernsehprogrammen gerade auf die von ihr gewünschte Weise ermöglichen müssen. Der Gesetzgeber trägt den berechtigten Anliegen von Mietern in diesem Bereich ohnedies dadurch Rechnung, daß er die Anbringung der nach dem Stand der Technik notwendig Antennen und sonstigen Einrichtungen für den Hörfunk- und Fernsehempfang, sofern der Anschluß an eine bestehende Einrichtung nicht möglich oder zumutbar ist (§ 9 Abs 2 Z 5 MRG), jedenfalls als eine der Übung des Verkehrs und einem wichtigen Interesse des Hauptmieters dienende Veränderung (§ 9 Abs 1 Z 2 MRG) ansieht. Die Antragsgegnerin ist daher darauf verwiesen, die Anbringung der Parabolantenne auf eine die äußere Erscheinung des Hauses nicht beeinträchtigende Weise zu begehren; einem solchen Begehren könnten sich die Antragsteller nicht erfolgreich widersetzen.

Schließlich ist zu den Rechtsmittelausführungen der Antragsgegnerin noch zu bemerken, daß bei Beurteilung, ob mit der Veränderung eine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses verbunden ist, wegen der gebrauchten unbestimmten Gesetzesbegriffe dem Rechtsanwender ein gewisser Beurteilungsspielraum geboten ist. Solange dieser bei der Beurteilung im Einzelfall nicht verlassen wird, liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor (vgl WoBl 1991, 125/78; WoBl 1991, 212/130; jüngst 5 Ob 1021/92). Betrachtet man die im Akt erliegenden Lichtbilder betreffend Parabolantenne und Hausfassade, so gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, daß sich die Entscheidungen der Vorinstanzen nicht innerhalb dieses Beurteilungsspielraumes bewegten.

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