Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung
Der Revisionsrekurswerber und Dr. R***** sind zu je 99/4268‑Anteilen Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB *****; mit diesen Anteilen ist jeweils Wohnungseigentum an der Wohnung W 6 untrennbar verbunden.
Mit vollstreckbarer einstweiliger Verfügung vom 16. 12. 2013 zu AZ 1 C 55/13k verbot das Bezirksgericht D***** über Antrag der Antragstellerin gemäß § 382 Abs 1 Z 8 lit c 2. Fall EO dem Antragsgegner (nunmehriger Revisionsrekurswerber und Ehegatte der Antragstellerin) ua, seine 99/4268‑Anteile an der Liegenschaft zu veräußern, zu verpfänden, sonst zu belasten bzw eine sonstige Verfügung hinsichtlich dieser Anteile zu treffen. Das Bezirksgericht D***** sprach in Punkt 3. seiner Entscheidung aus, dass die einstweilige Verfügung bis zur rechtskräftigen Beendigung des zu AZ 1 C 55/13k des Bezirksgerichts D***** eingeleiteten Ehescheidungsverfahrens bzw bis zur rechtskräftigen Beendigung eines fristgerecht anhängig gemachten Aufteilungsverfahrens gelte. Ferner ordnete es die Anmerkung des Belastungs‑ und Veräußerungsverbots hinsichtlich der genannten Liegenschaftsanteile an, wobei es das Bezirksgericht Wiener Neustadt als zuständiges Grundbuchsgericht um den Vollzug ersuchte.
Das Erstgericht als Grundbuchsgericht ordnete mit Beschluss vom 23. 12. 2013 den Vollzug der grundbücherlichen Anmerkung an.
Einem gegen diese Vollzugsanordnung erhobenen Rekurs des Revisionsrekurswerbers gab das Rekursgericht nicht Folge. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Frage der Bindung des Grundbuchsgerichts an den Bewilligungsbeschluss im Hinblick auf § 55a EO ebenso fehle wie zur Frage der Unzulässigkeit einer, wenn auch nur vorläufigen, einseitigen „Belastung“ des halben Mindestanteils bei bestehender Eigentümerpartnerschaft.
Das Rekursgericht vertrat zusammengefasst die Auffassung, dass bereits das Bewilligungsgericht gemäß § 55a EO den Grundbuchsstand zu erheben habe. Eine neuerliche Prüfung des Grundbuchsstands durch das Vollzugsgericht bedeute eine Überprüfung der Entscheidung des Bewilligungsgerichts, die unzulässig sei. Nur wenn nicht jener Grundbuchsstand vorliege, von dem das Bewilligungsgericht ausgegangen sei, habe das Vollzugsgericht den Vollzug abzulehnen. Davon abgesehen, bestehe eine Bindung an den Bewilligungsbeschluss. Das Vollzugsgericht dürfe daher die Zulässigkeit einer Anmerkung des Belastungs‑ und Veräußerungsverbots bloß am halben Mindestanteil nicht mehr überprüfen.
Im Übrigen stehe der Anmerkung auch kein materiell‑rechtliches Hindernis entgegen, weil die vom Bezirksgericht D***** erlassene einstweilige Verfügung keine endgültige unterschiedliche Belastung bewirke. Vielmehr werde mit ihr lediglich ein erst entstehender Anspruch vorläufig gesichert und eine einseitige Veränderung der Vermögenslage bis zur Durchführung des Aufteilungsverfahrens verhindert. Diese vorläufige Maßnahme stehe dem Umstand, dass die Anteile letztlich nur einheitlich beschränkt, belastet oder der Zwangsvollstreckung unterworfen werden dürften, nicht entgegen.
Gegen die Rekursentscheidung wendet sich der Revisionsrekurs des Ehegatten der Antragstellerin und Antragsgegners im Verfahren zur Erlassung der einstweiligen Verfügung mit dem Antrag, die Vollzugsanordnung „sowie die angefochtene Rekursentscheidung“ aufzuheben und dem Erstgericht die Löschung der Anmerkung aufzutragen.
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Im Revisionsrekurs macht der Revisionsrekurswerber geltend, dass das Bestehen einer Eigentümerpartnerschaft aus dem Grundbuch ersichtlich und daher vom Grundbuchsgericht zu beachten sei. Nach § 13 Abs 2 WEG dürften die Mindestanteile der Eigentümerpartner nicht verschieden belastet sein. Ein nur den halben Mindestanteil des Revisionsrekurswerbers erfassendes Belastungs‑ und Veräußerungsverbot verstoße somit gegen die zwingende gesetzliche Bestimmung des § 13 WEG und berühre im Übrigen unmittelbar die Rechtssphäre des anderen Eigentümerpartners.
Dazu wurde erwogen:
1. § 94 Abs 2 GBG ordnet an, dass sich das Grundbuchsgericht bei grundbücherlichen Eintragungen, die nicht vom Grundbuchsgericht, sondern von einem anderen Gericht bewilligt werden, darauf zu beschränken hat, über die Zulässigkeit der Eintragung mit Rücksicht auf den Grundbuchsstand zu entscheiden. Hinsichtlich der übrigen Erfordernisse steht die Entscheidung dem bewilligenden Gericht zu.
2. Die Vollzugsanordnung ist anfechtbar, wenn die Eintragungsbewilligung von einem anderen Gericht als dem Grundbuchsgericht erteilt wurde. Es handelt sich dann um eine eigene gerichtliche Entscheidung, die mangels eines im Gesetz normierten Anfechtungsausschlusses gemäß § 122 GBG im Rechtsmittelweg überprüft werden kann und der formellen Rechtskraft fähig ist. Der Nachprüfung unterliegt ausschließlich die Zulässigkeit der Eintragung mit Rücksicht auf den Grundbuchsstand. Alle Argumente, die gegen die Richtigkeit der bewilligenden (oder ablehnenden) grundbücherlichen Entscheidung sprechen, sind im Rekurs gegen die Bewilligung (oder Ablehnung) vorzubringen. Im Rekurs gegen die Vollzugsentscheidung sind sie nach der ausdrücklichen Anordnung des § 94 Abs 2 letzter Satz GBG unangebracht (5 Ob 201/05b NZ 2006/647 [zust Hoyer] ‑ GBSlg; 5 Ob 209/05d).
3. Mit § 55a EO wurde durch die EO‑Nov 2000 BGBl I 2000/59 die Verpflichtung des Gerichts eingeführt, den Grundbuchsstand von Amts wegen zu ermitteln, wenn dessen Kenntnis für die Entscheidung von Bedeutung ist. Diese Verpflichtung gilt in jedem Exekutionsverfahren und somit auch für das vor dem Bezirksgericht D***** geführte Verfahren auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung des Aufteilungsanspruchs der Antragstellerin. Die Anordnung, den Grundbuchsstand zu erheben, weil dessen Kenntnis für die Entscheidung selbst von Bedeutung ist, beinhaltet, dass die dabei gewonnenen Erkenntnisse der Entscheidung zugrunde zu legen sind (3 Ob 175/10x; 3 Ob 5/14b).
4. Der Regelung des § 94 Abs 2 GBG liegt erkennbar das Konzept zugrunde, dass das vom Bewilligungsgericht verschiedene Grundbuchsgericht nicht die Entscheidung des Bewilligungsgerichts überprüfen, sondern nur eine ergänzende Prüfung jener Voraussetzungen vornehmen soll, die vom Bewilligungsgericht noch nicht geprüft werden konnten, also etwa aufgrund zwischenzeitiger Änderungen des Grundbuchsstands. Der Anwendungsbereich des § 94 Abs 2 GBG wurde somit durch § 55a EO wesentlich eingeschränkt (vgl Angst, EO² § 88 Rz 10; 3 Ob 5/14b).
5. Ob die Nichtbeachtung eines bereits bei der Entscheidung des Bewilligungsgerichts vorliegenden Hindernisses aus dem Grundbuchsstand vom Vollzugsgericht im Hinblick auf § 55a EO überhaupt noch wahrgenommen werden kann (so 3 Ob 5/14b), oder ob eine Prüfung durch das Vollzugsgericht nur mehr für die Zeit zwischen dem vom Bewilligungsgericht und dem vom Grundbuchsgericht zu berücksichtigenden Grundbuchsstand in Betracht kommt (so Angst, EO² § 88 Rz 10), muss hier nicht geklärt werden:
5.1 Der Anmerkung eines richterlichen Belastungs‑ und Veräußerungsverbots bloß an den Liegenschaftsanteilen des nunmehrigen Revisions-rekurswerbers steht kein Hindernis aus dem Grundbuchsstand entgegen. Ob nämlich bei Bestehen einer Eigentümerpartnerschaft bloß an einem halben Mindestanteil ein richterliches Belastungs‑ und Veräußerungsverbot angemerkt werden kann, berührt keine Frage des Grundbuchsrechts, sondern ausschließlich eine Frage des materiellen (Wohnungseigentums‑)Rechts.
5.2 Die Entscheidung 3 Ob 5/14b lehnte den Vollzug einer bewilligten Exekution zur Sicherstellung durch Vormerkung des Zwangspfandrechts trotz eines vorrangig einverleibten vertraglichen Belastungs‑ und Veräußerungsverbots für die Tochter des Verpflichteten ab, weil das vertraglich vereinbarte und im Lastenblatt intabulierte Belastungs‑ und Veräußerungsverbot ein vom Grundbuchsgericht amtswegig zu beachtendes Verfügungshindernis für den Eigentümer darstellt (Spielbüchler in Rummel³ § 364c ABGB Rz 10 mwN; Rassi, Grundbuchsrecht² Rz 323) und daher den Vollzug einer vom Titelgericht bewilligten Vormerkung eines Pfandrechts hindert (RIS‑Justiz RS0110893).
5.3 Demgegenüber steht aus grundbuchs-rechtlicher Sicht der Anmerkung des hier zu beurteilenden richterlichen Belastungs‑ und Veräußerungsverbots auf dem halben Mindestanteil des Revisionsrekurswerbers, das ihn bloß an entgegenstehenden Verfügungen hindert, aber gerade keine Situation schafft, die entgegen § 13 Abs 3 WEG zu einem unterschiedlichen rechtlichen Schicksal der Mindestanteile der Eigentümerpartner führt, kein Vollzugshindernis im Sinne einer Unausführbarkeit infolge des Grundbuchsstands (vgl dazu 5 Ob 201/05b; 5 Ob 157/09p) entgegen.
5.4 Auch die im Revisionsrekurs thematisierte Frage des Eingriffs der grundbücherlichen Anmerkung in die Rechte des Eigentümerpartners des Revisionsrekurswerbers rechtfertigt eine Ablehnung des Vollzugs nicht:
Abgesehen davon, dass ein solcher Eingriff in die Rechte des Eigentümerpartners nur in Ansehung des angemerkten Belastungsverbots eintreten könnte, weil der Eigentümerpartner des Revisionsrekurswerbers im Hinblick auf § 13 Abs 3 letzter Satz WEG mit Zustimmung des Revisionsrekurswerbers ohnedies veräußern kann, ist die Frage eines allfälligen Eingriffs in die Rechtsstellung des Eigentümerpartners ebenfalls ausschließlich nach materiellem Recht zu beurteilen, stellt aber kein Hindernis aus dem Grundbuchsstand iSd § 94 Abs 2 GBG dar. Selbst wenn ein derartiger Eingriff vorläge, könnte dieser daher nur mit Rechtsmittel gegen die die Anmerkung bewilligende Entscheidung, somit die einstweilige Verfügung des Bezirksgerichts D*****, nicht aber mit Rechtsmittel gegen den Vollzug geltend gemacht werden.
6. Daraus folgt zusammengefasst, dass das Rekursgericht zutreffend davon ausgegangen ist, dass eine allfällige materiell‑rechtliche Unrichtigkeit der Erlassung eines gerichtlichen Belastungs‑ und Veräußerungsverbots betreffend einen halben Mindestanteil bei bestehender Eigentümerpartnerschaft nicht mit Rechtsmittel gegen die Vollzugsanordnung, sondern nur mit Rechtsmittel gegen den Bewilligungsbeschluss geltend gemacht werden kann (so auch 5 Ob 119/14g).
Auf die weitere, vom Rekursgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, ob das WEG die Erlassung eines entsprechenden Belastungs‑ und Veräußerungsverbots materiell‑rechtlich überhaupt hindern könnte, muss (und darf) hier daher nicht eingegangen werden.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)