Spruch:
Der Übertragung der Zuständigkeit der Pflegschaftssache der mj Olga Z*****, geboren 31. März 1983, vom Bezirksgericht Voitsberg an das Bezirksgericht Oberwart wird die Genehmigung versagt.
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Am 17. 7. 1998 erfolgte gemäß § 215 Abs 1 zweiter Satz ABGB wegen Gefahr im Verzug die Abholung der mj Olga Z***** durch den Jugendwohlfahrtsträger Land Steiermark, dieses vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg von der Heilpädagogischen Station des Landes Steiermark, Graz-Wetzelsdorf und im Rahmen der vollen Erziehung gemäß § 35 Steirisches JugendwohlfahrtsG ihre Fremdunterbringung. Diese wurde mit rechtskräftigem Beschluß des Bezirksgerichtes Voitsberg vom 19. 8. 1998, GZ 1 P 225/96x-43, pflegschaftsbehördlich genehmigt und angeordnet, daß die Herausgabe des Kindes bis zum rechtskräftigen Abschluß des Gerichtsverfahrens weder an die Kindesmutter noch an eine andere Person ohne Zustimmung des Jugendwohlfahrtsträgers erfolgen könne. Die Minderjährige wurde in die Wohngemeinschaft P***** nach ***** im Sprengel des Bezirksgerichtes Oberwart überstellt.
Mit Beschluß vom 19. 8. 1998 entzog das Bezirksgericht Voitsberg gemäß § 144 ABGB der Mutter Liselotte S*****-Z***** die gesamte Obsorge und übertrug sie dem Jugendwohlfahrtsträger Land Steiermark, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg.
Gegen diesen Beschluß erhob die Mutter der Minderjährigen Liselotte S*****-Z***** Rekurs an das Landesgericht für ZRS Graz. Dieses hob mit Entscheidung vom 23. 9. 1998 zu GZ 1 R 337/98f-40 den Beschluß über den Entzug der Obsorge und die Übertragung an den Jugendwohlfahrtsträger auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.
Mit Beschluß vom 15. 10. 1998 übertrug das Bezirksgericht Voitsberg die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache der mj Olga Z***** an das Bezirksgericht Oberwart mit der Begründung, daß das Kind sich jetzt ständig in der Wohngemeinschaft P***** in K***** im Sprengel des Bezirksgerichtes Oberwart aufhalte. Es sei daher zweckmäßiger, wenn dieses Bezirksgericht die Pflegschaftssache führe.
Das Bezirksgericht Oberwart lehnte am 2. 12. 1998 die Übernahme der Pflegschaftssache unter Hinweis auf den Aufhebungsbeschluß des Landesgerichtes Graz ab. Daraufhin legte das Bezirksgericht Voitsberg die Akten zur Genehmigung der Übertragung der Pflegschaftssache dem Obersten Gerichtshof gemäß § 111 Abs 2 JN vor.
Derzeit liegen jedoch die Voraussetzungen für eine Übertragung der Zuständigkeit gemäß § 111 JN nicht vor. Offene Anträge hindern zwar grundsätzlich eine Übertragung der Zuständigkeit nicht, doch kann im Einzelfall eine Entscheidung durch das (schon) bisher zuständige Gericht zweckmäßiger sein, insbesondere wenn sich dieses bereits eingehend mit dem offenen Antrag befaßt und dazu Vernehmungen durchgeführt hat, weil die unmittelbar gewonnenen Eindrücke verwertet werden sollen (EFSlg 63.954; 66.887 f; 69.770; Mayr in Rechberger Rz 4 zu § 111 JN). Diese Voraussetzungen liegen auch hier vor, zumal das bisher zuständige Pflegschaftsgericht die Gefährdung des Kindeswohls wesentlich auf das ihm bekannte Verhalten der Obsorgeberechtigten gegenüber dem Jugendwohlfahrtsträger gründete. Nach der aufhebenden Entscheidung des Landesgerichtes Graz bedürfen diese Umstände noch einer Verbreiterung der Sachverhaltsgrundlagen, um abschließend die Notwendigkeit des Obsorgeentzugs beurteilen zu lassen. Es ist daher angezeigt, daß das bisher zuständige Pflegschaftsgericht, das seit ca 2 1/2 Jahren mit der Sachlage vertraut ist, diese Verfahrensergänzung vornimmt und ausgestattet mit den bisherigen Sachverhaltskenntnissen eine neuerliche Entscheidung trifft. Daß dabei nach dem Auftrag des Rekursgerichtes auch die Minderjährige, die nunmehr außerhalb des Sprengels des Bezirksgerichtes Voitsberg lebt, zu hören sein wird, ändert daran nichts. Im wohlverstandenen Interesse der Pflegebefohlenen ist eine Entscheidung der Obsorgefrage daher durch das Bezirksgericht Voitsberg vorzunehmen, weshalb einer Übertragung der Zuständigkeit derzeit die Genehmigung zu verweigern war.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)