European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0050NC00013.23S.0724.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Antrag des Einschreiters, gemäß § 31 JN anstelle des Bezirksgerichts Donaustadtein außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Wien gelegenes Bezirksgericht zur Entscheidung dieser Grundbuchsache zu bestimmen, wirdzurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Über Antrag einer oder beider Parteien kann nach § 31 Abs 1 JN aus Gründen der Zweckmäßigkeit die Delegation an ein anderes Gericht gleicher Gattung verfügt werden. Die Frage der Zweckmäßigkeit ist dabei nach den Gesichtspunkten der Verfahrensbeschleunigung, Kostenverringerung und Erleichterung des Gerichtszugangs für die Beteiligten zu beantworten (RIS‑Justiz RS0046333). Ein solcher Delegierungsantrag kann daher nicht auf Ablehnungsgründe (RS0073042) oder auf das Vorliegen ungünstiger oder unrichtiger Entscheidungen gestützt werden (RS0114309). Die Delegierung dient insbesondere nicht dazu, bisher erfolglose Ablehnungsanträge einer neuerlichen Überprüfung zu unterziehen (RS0046333). Nur wenn sämtliche Richter eines Gerichts nach rechtskräftiger Entscheidung über ihre Befangenheit an der Ausübung ihrer Gerichtsbarkeit gehindert sind, sieht § 30 JN – von Amts wegen – zwingend eine Delegation vor (RS0073042 [T5]).
[2] Abgesehen davon, dass der Einschreiter zur Begründung seines Antrags auf „eine Reihe von gesetzwidrigen Entscheidungen [...], die offensichtlich auf Politeinflüsse eines ÖVP-nahen Netzwerks zurückgehen“ verweist und dazu im einzelnen Entscheidungen anführt, die seines Erachtens „grob rechtswidrig“ seien bzw auf „massiv einseitiger Verfahrensführung im OLG-Sprengel“ beruhen sollen, und damit keine Gründe geltend macht, die eine Delegation nach § 31 JN gestatten würden, erweist sich sein Antrag als unzulässig:
[3] 2. Anerkannt ist, dass eine Delegation aus Gründen der Zweckmäßigkeit (§ 31 JN) auf Antrag einer Partei auch im außerstreitigen Verfahren vorgenommen werden kann (Schneider in Fasching/Konecny³ § 31 JN Rz 3). Das AußStrG kommt zwar auch in Grundbuchsachen zur Anwendung, allerdings nur soweit die Grundsätze dieses Verfahrens und seine Besonderheiten dem nicht entgegenstehen (Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht² § 75 GBG Rz 33).
[4] 2.1. In Verfahren über Eintragungsbegehren darf das Grundbuchgericht ein Ansuchen unter anderem nur dann genehmigen, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint (§ 94 Abs 1 Z 3 GBG). Ein Grundbuchsgesuch kann somit nur dann bewilligt werden, wenn der Urkundeninhalt in formaler Beziehung unbedenklich erscheint und auch zur materiell-rechtlichen Frage keine Zweifel aufkommen lässt (RS0060878). Diesen Prinzipien des Verfahrensrechts entsprechend ist die Prüfungsmöglichkeit und -befugnis des Grundbuchsrichters eingeschränkt. Die Prüfung des Grundbuchsgerichts beschränkt sich auf die rechtserzeugenden Tatsachen wie Grundbuchsstand, Gesuch und Beilagen (5 Ob 195/04v).
[5] 2.2. Aus der Ausgestaltung des Verfahrens über ein Eintragungsbegehren als reines Akten- und Urkundenverfahren (dazu Kodek aaO § 94 GBG Rz 2) ergibt sich daher, dass der Grundbuchsrichter bei seiner Entscheidung grundsätzlich nur die vorgelegten Urkunden, das Grundbuch und die sonstigen Grundbuchsbehelfe heranzuziehen hat (RS0040040 [T1]). Für die Durchführung eines Beweisverfahrens, um die wesentlichen Eintragungsgrundlagen zu schaffen, fehlt im Grundbuchsverfahren als einem reinen Urkundenverfahren demgegenüber jede gesetzliche Grundlage (5 Ob 109/22y; RS0040040 [T14]). Damit kommen Aspekte der Zweckmäßigkeit, wie sie von § 31 JN für eine Delegierung an ein anderes Gericht gleicher Gattung, gefordert sind, von vornherein nicht zum Tragen.
[6] 2.3. Daraus folgt: Die Vorschriften über das Verfahren in Außerstreitsachen sind im Grundbuchsverfahren nur heranzuziehen, wenn das Grundbuchsgesetz nichts anderes bestimmt (§ 75 Abs 2 GBG). Die Besonderheiten des Grundbuchsverfahrens lassen, jedenfalls wenn es um die Bewilligung eines Eintragungsbegehrens geht, keinen Raum für eine Delegation aus Zweckmäßigkeitsgründen an ein anderes Gericht. Die Vorschriften des Grundbuchsrechts (§§ 93 ff GBG) über die Erledigung solcher Gesuche stehen damit einer Anwendung der Bestimmung des § 31 JN entgegen. Eine darauf gerichtete Antragstellung entbehrt in einem solchen Fall einer gesetzlichen Grundlage.
[7] 3. Dem Ausgangsverfahren liegt ein Eintragungsgesuch der Antragstellerin zugrunde. Den Begehren des Einschreiters, dieses Verfahren an ein außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Wien gelegenes Bezirksgericht zu delegieren, fehlt mangels Anwendbarkeit der Bestimmung des § 31 JN in einem solchen Fall die gesetzliche Grundlage. Sein Antrag ist daher zurückzuweisen.
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