Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien haben die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Kläger stützten ihre Klage im Wesentlichen darauf, dass die Beklagte ihre sich aus den § 1299 ABGB sowie §§ 13 ff WAG 1997 ableitbaren Aufklärungs-, Informations-, Nachforschungs- und Wohlverhaltenspflichten im Zusammenhang mit der Anlageberatung der Kläger beim Ankauf von Aktien einer Immobiliengesellschaft gröblich verletzt habe. Sie begehren 11.001,64 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. Dezember 2009, dies Zug um Zug gegen Übernahme der erworbenen und noch gehaltenen Aktien. Der Klagebetrag setzt sich zusammen aus dem Ankaufspreis von 10.000 EUR sowie aus 1.001,64 EUR als entgangenem Zinsgewinn einer „alternativen“ Veranlagung von 4 % pa. Hilfsweise erheben die Kläger ein Feststellungsbegehren.
Das Erstgericht wies die Klage mangels sachlicher Zuständigkeit zurück, da der Streitwert 10.000 EUR übersteige.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Zinsen seien dann eine Nebenforderung, wenn und soweit sie von einer gleichzeitig eingeklagten Hauptforderung abgeleitet würden, ohne dass dabei der Rechtsgrund der geltend gemachten Zinsenforderung entscheidend sei. Hier bildeten die Zinsen aber einen eigenen Schadenersatzanspruch, der unabhängig von der begehrten Rückabwicklung des Vertrags im Wege der Naturalrestitution bestehe. Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht als zulässig, weil zur Frage der Beurteilung von als positiver Schaden geltend gemachten Zinsentgängen als eigene Hauptforderung keine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege und der Lösung dieser Frage im Hinblick auf die Vielzahl der Verfahren über den konkreten Fall hinaus Bedeutung zukomme.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluss erhobene Revisionsrekurs der Kläger ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
1. Vorweg ist festzuhalten, dass der Zulässigkeit des Revisionsrekurses nicht entgegensteht, dass die Kläger in ihrem Rekurs hilfsweise auch einen Überweisungsantrag nach § 230a ZPO gestellt haben. Von der seinerzeitigen Rechtsansicht, dass der Revisionsrekurs unzulässig sei, wenn gleichzeitig ein Rekurs und ein Überweisungsantrag nach § 230a ZPO gestellt würden, ist der Oberste Gerichtshof mittlerweile abgegangen (RIS-Justiz RS0099922 [T2]). Dieses Ergebnis entspricht auch dem Grundsatz, dass die Gerichte an die von der klagenden Partei bestimmte Reihenfolge der Erledigung von Rekurs und Überweisungsantrag gebunden sind (RIS-Justiz RS0039108). Mit einem Eventualantrag nach § 230a ZPO wird der Überweisungsantrag nämlich nicht nur davon abhängig gemacht, dass der Rekurs selbst erfolglos bleibt, sondern auch davon, dass ein allfälliger Revisionsrekurs erfolglos bleibt (RIS-Justiz RS0039108 [T3]).
2. Übersteigt der „Streitgegenstand“ an „Geld oder Geldeswert“ die Summe von 10.000 EUR, ist die Zuständigkeit des Handelsgerichts und nicht des Bezirksgerichts für Handelssachen begründet (§ 52 JN).
§ 54 JN bestimmt in seinem Abs 1, dass für die Berechnung des für die Zuständigkeit maßgebenden Werts des Streitgegenstands der Zeitpunkt der Anbringung der Klage entscheidend ist. Der Abs 2 dieser Bestimmung ordnet Folgendes an:
„Zuwachs, Früchte, Zinsen, Schäden und Kosten, die als Nebenforderung geltend gemacht werden, bleiben bei der Wertberechnung unberücksichtigt.“
Werden diese Forderungen „selbständig“ geltend gemacht, gilt diese Regelung nicht (Mayr in Rechberger ZPO3 § 54 JN Rz 3; Gitschthaler in Fasching 2 I § 54 JN Rz 28 mwN). Im Ergebnis wird darauf abgestellt, ob diese „Nebenansprüche“ abhängig, also „akzessorisch“ zur geltend gemachten Hauptsache sind (Gitschthaler aaO; 2 Ob 31/95; RIS-Justiz RS0042813).
Im vorliegenden Fall machen die Kläger einen Schadenersatzanspruch wegen rechtswidrigen Verhaltens der Beklagten bei der Anlageberatung geltend. Sie begehren als Teil dieses Schadenersatzanspruchs auch den Zinsgewinn der von ihnen eigentlich angestrebten alternativen Veranlagung, und zwar für den Zeitraum vom Beginn der Veranlagung bis zur Geltendmachung des Anspruchs. Die Kläger leiten also das Zinsenbegehren nicht daraus ab, dass sie den Betrag aus der Rückabwicklung des Aktienaufkaufs bereits früher zurückerhalten hätten müssen und ihnen daher für die verspätete Rückzahlung Zinsen zustünden (vgl auch RIS-Justiz RS0046466, 2 Ob 31/95; 3 Ob 611/85), sondern daraus, dass Teil des positiven Schadens auch die Erträgnisse aus der angestrebten Veranlagung sind (vgl dazu 3 Ob 289/05d sowie RIS-Justiz RS0046495).
Damit machen sie aber einen selbständigen Anspruch geltend, der nicht als „akzessorisches Nebenprodukt“ eines Hauptanspruchs beurteilt werden kann.
Der angefochtene Beschluss erweist sich daher als frei von Rechtsirrtum, sodass dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen war.
3. Für die Erledigung des im Revisionsrekurs neuerlich gestellten Überweisungsantrags ist das Erstgericht zuständig (Mayr in Fasching ZPO2 § 230a Rz 11).
4. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 41 und 50 ZPO.
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