OGH 4Ob93/90

OGH4Ob93/9026.6.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei (nunmehr richtig:) DIE G*** W***-Zeitschriftengesellschaft mbH, Wien 16., Odoakergasse 34-36, vertreten durch Dr. Michael Graff, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei R***-E*** Zeitschriftenverlagsgesellschaft mbH, Wien 5., Krongasse 6, vertreten durch Dr. Heinz Giger und Dr. Stephan Ruggenthaler, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert S 550.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 19.März 1990, GZ 4 R 25/90-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 24.November 1989, GZ 18 Cg 46/89-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden teilweise, und zwar dahin abgeändert, daß die Entscheidung insgesamt - unter Einschluß des in Rechtskraft erwachsenen Ausspruches des Ersturteils - wie folgt zu lauten hat:

"1. Die beklagte Partei ist schuldig, es als Medieninhaberin der Zeitschrift "B***" ab sofort bei Exekution zu unterlassen,

a) die Zeitschrift "B***" verkaufen zu lassen, wenn darin oder damit ein Krügel Bier gratis angeboten, angekündigt oder über einen Gutschein gewährt wird, und/oder

b) im Zusammenhang mit dem Erscheinen einer Ausgabe der Zeitschrift "B***" in der begleitenden Werbung, insbesondere in Inseraten im "Kurier" in der "Neuen Kronen-Zeitung", in der "Wochenpresse" und im "Profil", ein Krügel Bier als gratis anzukündigen, wenn dabei, insbesondere durch die Abbildung einer neu erscheinenden Ausgabe der Zeitschrift "B***", der Eindruck erweckt wird, daß die Erlangung dieses Krügels Gratis-Bier durch den Kauf der Zeitschrift "B***" ermöglicht oder erleichtert wird.

2. Der klagenden Partei wird die Ermächtigung erteilt, dieses Urteil binnen sechs Monaten nach Rechtskraft auf Kosten der beklagten Partei wie folgt veröffentlichen zu lassen, wobei die Veröffentlichung einschließlich der Umrahmung das jeweils angeführte Mindestausmaß zu erreichen hat:

a) zweimal in der "Neuen Kronen-Zeitung" im Mindestausmaß von 12,5 x 7,5 cm;

b) einmal in der "Wochenpresse" im Mindestausmaß von 25 x 9 cm und

c) einmal im "Profil" im Mindestausmaß von 25 x 9,5 cm. Das Mehrbegehren, die Beklagte auch schuldig zu erkennen, in der in Punkt 1. lit b näher bezeichneten begleitenden Werbung das Anbieten und Gewähren eines Krügels Gratis-Bier zu unterlassen, wird abgewiesen.

3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 113.216,40 bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen (darin S 14.669,40 Umsatzsteuer und S 25.200,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist Medieninhaberin der Zeitschrift "B***". An das Titelblatt der Nummer 6/89 dieser Zeitschrift war ein "Gutschein für ein Krügerl G***" angeheftet; an seinem unteren Rand stand:

"Mehr über die große B***-Bieraktion lesen Sie auf Seite 6". Auf der Rückseite des Gutscheins hieß es oberhalb einer Liste von

Lokalen: "In den hier angeführten Ottakringer-Lokalen können Sie ihren B***-Gutschein gegen ein Krügerl zapffrisches Ottakringer G*** eintauschen."

Auf Seite 6 der Zeitschrift war ua zu lesen:

"Die große B***-Aktion für einen heißen Sommer. Mit dem Gutschein von der Titelseite bekommen Sie ein Krügerl O***-G*** - gratis."

In zeitlichem Zusammenhang mit dem Erscheinen dieser Nummer der Zeitschrift "B***" hatte die Beklagte in mehreren Tages- und Wochenzeitungen - und zwar im "Kurier" vom 24.5.1989 auf Seite 3, im "Kurier" vom 26.5.1989 auf Seite 12, in der "Neuen Kronen-Zeitung" vom 24.5.1989 auf Seite 10, in der "Neuen Kronen-Zeitung" vom 29.5.1989 auf Seite 6, in der "Wochenpresse" vom 26.5.1989 auf Seite 6 und im "Profil" vom 29.5.1989 auf Seite 10 - Inserate im Ausmaß von 10 x 7 bis 25 x 9,5 cm eingeschaltet, in denen blickfangartig mit den großgedruckten Worten: "Gratis: Ein Krügel für jeden!" auf die Aktion hingewiesen worden war. Weiter hieß es dort: "Die beste Zeitungsaktion des Sommers: B*** schenkt Ihnen ein Krügel O*** G*** ..."; daneben war die Titelseite der Nr 6/89 der Zeitschrift "B***" abgebildet, und es wurde auf einige in dieser Ausgabe veröffentlichte Berichte hingewiesen. Mit Beschluß vom 8.5.1989, 18 Cg 15/89-8, hatte das Erstgericht auf Antrag der - auch im vorliegenden Verfahren als Klägerin einschreitenden - Medieninhaberin der Wochenzeitschrift "DIE G*** W***" der Beklagten mit einstweiliger Verfügung verboten, als Medieninhaberin von Zeitschriften, insbesondere der Zeitschrift "R***-E***", im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes anzukündigen oder anzubieten, daß im Zusammenhang mit dem Kauf einer Zeitschrift, insbesondere gegen Vorweisung eines Heftes dieser Zeitschrift, Gratisgaben, insbesondere Gratiseis, gewährt würden. Das Oberlandesgericht Wien bestätigte diese einstweilige Verfügung mit Beschluß vom 4.9.1989, 4 R 150/89-22. Auf Grund dieser einstweiligen Verfügung bewilligte das Erstgericht mit Beschluß vom 29.5.1989 der Klägerin als betreibender Partei wider die Beklagte als verpflichtete Partei die Exekution gemäß § 355 EO, nachdem die Klägerin in ihrem Exekutionsantrag behauptet hatte, die Beklagte habe der einstweiligen Verfügung dadurch zuwidergehandelt, daß sie am 24.5.1989

österreichweit - insbesondere in einer näher bezeichneten Tabak-Trafik in Wien - die Nummer 6/89 der Zeitschrift "B***" habe verkaufen lassen, "mit der im Zusammenhang mit dem Kauf dieser Zeitschrift vermittels eines Gutscheins ein Krügel Bier gratis gewährt" werde. Auf Rekurs der Beklagten wies das Oberlandesgericht Wien mit Beschluß vom 25.8.1989, 4 R 151/89, diesen Exekutionsantrag mangels Schlüssigkeit ab, weil die Klägerin nicht behauptet habe, daß die Beklagte das Gewähren von Gratisbier angeboten oder angekündigt habe; die von der Klägerin gewählte Formulierung lasse auch den Schluß zu, daß jemand anderer als die Beklagte dies getan habe.

Mit der Behauptung, daß die Beklagte den Eindruck erweckt habe, der Kauf ihrer Zeitschrift sei erforderlich, um das "Gratis-Bier" zu erlangen, so daß sie gegen das Zugabengesetz "und andere Vorschriften gegen unlauteren Wettbewerb" verstoßen habe, begehrt die Klägerin, die Beklagte schuldig zu erkennen, es als Medieninhaberin der Zeitschrift "B***" ab sofort zu unterlassen,

a) die Zeitschrift "B***" verkaufen zu lassen, wenn darin oder damit ein Krügel Bier gratis angeboten, angekündigt oder über einen Gutschein gewährt wird, und/oder

b) im Zusammenhang mit dem Erscheinen einer Ausgabe der Zeitschrift "B***" in der begleitenden Werbung, insbesondere in Inseraten im "Kurier", in der "Neuen Kronen-Zeitung", in der "Wochenpresse" und im "Profil", ein Krügel Bier als gratis anzukündigen, anzubieten oder zu gewähren, wenn dabei, insbesondere durch die Abbildung einer neu erscheinenden Ausgabe der Zeitschrift "B***", der Eindruck erweckt wird, daß die Erlangung dieses Krügels Gratis-Bier durch den Kauf der Zeitschrift "B***" ermöglicht oder erleichtert wird.

Ferner beantragt die Klägerin, ihr die Ermächtigung zu erteilen, dieses Urteil binnen sechs Monaten nach Rechtskraft auf Kosten der Beklagten wie folgt veröffentlichen zu lassen, wobei die Veröffentlichung einschließlich der Umrahmung das jeweils angeführte Mindestausmaß zu erreichen habe:

a) zweimal in der "Neuen Kronen-Zeitung" im Mindestausmaß von 12,5 x 7,5 cm;

  1. b) einmal in der "Wochenpresse" im Mindestausmaß von 25 x 9 cm;
  2. c) einmal im "Profil" im Mindestausmaß von 25 x 9,5 cm. Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Da die Klägerin wegen der beanstandeten Aktion schon auf Grund der im Verfahren 18 Cg 15/89 des Erstgerichtes erlassenen vollstreckbaren einstweiligen Verfügung Exekution führen könne, fehle es ihr an dem für die Klageführung erforderlichen Rechtsschutzinteresse. Im übrigen gehe das Urteilsveröffentlichungsbegehren zu weit, würde doch eine Veröffentlichung in der Zeitschrift "B***" ausreichen. Der Erstrichter erkannte die Beklagte schuldig, es als Medieninhaberin der Zeitschrift "B***" ab sofort zu unterlassen, diese Zeitschrift verkaufen zu lassen, wenn darin oder damit ein Krügel Bier gratis angeboten, angekündigt oder über einen Gutschein gewährt wird; das Mehrbegehren - also das Unterlassungsbegehren zu Punkt 1 lit b und das Veröffentlichungsbegehren - wies er ab. Mit der beanstandeten Werbemaßnahme habe die Beklagte gegen das Zugabengesetz verstoßen. Das Unterlassungsbegehren zu Punkt 1 b könne aber, soweit es sich auf das Ankündigen und das Anbieten beziehe, schon auf Grund der einstweiligen Verfügung vom 8.5.1989, 18 Cg 15/89-8, im Exekutionsweg durchgesetzt werden; der Antrag, der Beklagten in diesem Zusammenhang auch das Gewähren von Gratisgaben zu untersagen, sei jedoch nicht berechtigt, weil in der begleitenden Werbung die Zugabe nur angekündigt und angeboten, nicht aber gewährt worden sei. Punkt 1 a des Klagebegehrens gehe hingegen über das Unterlassungsgebot der einstweiligen Verfügung hinaus, weil es auch eine dort nicht aufscheinende Verpflichtung der Beklagten enthalte, den Verkauf der die Ankündigung enthaltenden Zeitschrift durch Dritte zu verhindern; hiebei handle es sich um einen Beseitigungsanspruch im Sinne der § 15 UWG, § 5 ZugG. Diesem Urteilsantrag sei demnach stattzugeben. Da es sich bei dem Beseitigungsanspruch nicht um einen "eigentlichen" Unterlassungsanspruch handle, könne nicht auf Urteilsveröffentlichung (§ 25 Abs 3 UWG; § 5 ZugG) erkannt werden. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Der Oberste Gerichtshof habe trotz verschiedener in der Lehre erhobener Einwendungen an seiner Ansicht festgehalten, daß dann, wenn der Kläger schon einen Exekutionstitel zur Durchsetzung der angestrebten Unterlassung hat, einer neuerlichen Klage die Einrede des mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses entgegenstehe und die Klage aus diesem Grund abzuweisen sei; entscheidend sei nur, ob auf Grund des Exekutionstitels - auch wenn dieser (nur) eine einstweilige Verfügung ist - bei Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz Exekution geführt werden kann. Das von der Klägerin geltend gemachte Interesse an einer Urteilsveröffentlichung könne ein Rechtsschutzbedürfnis für das Unterlassungsbegehren nicht begründen;

    der Anspruch auf Urteilsveröffentlichung sei vielmehr ein vom Anspruch auf Unterlassung abhängiger Nebenanspruch. Ob bei Fehlen eines Rechtsschutzbedürfnisses am Unterlassungsbegehren eine Feststellungsklage, verbunden mit einem Begehren auf Urteilsveröffentlichung, berechtigt wäre, könne ebenso auf sich beruhen wie die Frage, ob der Kläger nach § 15 UWG die Abgabe und die Veröffentlichung einer entsprechenden Erklärung des Beklagten verlangen kann, seien doch solche Urteilsanträge nicht gestellt worden. Die einstweilige Verfügung zu 18 Cg 15/89 des Erstgerichtes, zu deren Auslegung die Begründung heranzuziehen sei, umfasse entgegen der Meinung der Klägerin sehr wohl auch den nunmehr zu Punkt 1 b geltend gemachten Unterlassungsanspruch; der Klägerin mangle es daher an einem Rechtsschutzinteresse. Da nur dem Beseitigungsbegehren (Punkt 1 a) stattgegeben worden sei, komme eine Urteilsveröffentlichung nach § 25 Abs 3 UWG nicht in Frage. Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Klage zur Gänze stattgegeben werde.

    Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist teilweise berechtigt.

Zunächst ist darauf zu verweisen, daß am 30.3.1990 - also erst nach der Fällung des angefochtenen Urteils - das Unternehmen der früher als Klägerin eingeschrittenen "DIE G*** W***-Zeitschriftengesellschaft mbH & Co KG" gemäß § 142 HGB von ihrer bisherigen Komplementärin - der "DIE G*** W***-Zeitschriftengesellschaft mbH - übernommen worden ist. Da dies zu einer Gesamtrechtsnachfolge der Übernehmerin in Aktiva und Passiva der Kommanditgesellschaft im Wege der Anwachsung geführt hat (Koppensteiner in Straube, HGB, Rz 10 zu § 142; SZ 44/171 ua), war die Bezeichnung der Klägerin gemäß § 235 Abs 5 ZPO auf den Namen der Rechtsnachfolgerin zu berichtigen (SZ 25/35; SZ 38/175; SZ 52/50 uva).

Der Klägerin ist darin zuzustimmen, daß ihr zweites Unterlassungsbegehren (Punkt 1 b des Urteilsantrages) von den Vorinstanzen zu Unrecht wegen Vorhandenseins eines Exekutionstitels in Gestalt einer einstweiligen Verfügung abgewiesen worden ist:

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes steht dann, wenn der Kläger bereits einen Exekutionstitel zur Durchsetzung der angestrebten Unterlassung hat, einer neuerlichen Klageführung die (materiellrechtliche) Einrede des mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses entgegen, welche zur Abweisung des Klagebegehrens führt (ÖBl 1979, 81 mwN; ÖBl 1981, 25 = JBl 1981, 41 mit Anmerkung von Böhm; RdW 1986, 44 ua). Im Fall der Entscheidung JBl 1981, 41 war das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers an einem Urteil deshalb verneint worden, weil er gegen denselben Beklagten ein (im wesentlichen) gleichlautendes rechtskräftiges Urteil erwirkt hatte; in allen übrigen Fällen wurden Sicherungsbegehren unter Hinweis auf gleichlautende einstweilige Verfügungen abgewiesen. Die Frage, ob eine einstweilige Verfügung dem daraus berechtigten Kläger das Rechtsschutzbedürfnis an einem inhaltsgleichen Urteil entzieht, hatte der Oberste Gerichtshof - soweit überblickbar - noch nicht zu behandeln. Dazu war folgendes zu erwägen:

Anders als ein Urteil, ist eine einstweilige Verfügung grundsätzlich - soweit einem dagegen erhobenen Rekurs nicht aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde (§ 78 EO; § 524 Abs 2 ZPO) - schon vor ihrer Rechtskraft vollstreckbar, also ein Exekutionstitel (§ 1 Z 1 EO). Sie kann aber infolge Rekurses aufgehoben oder dahin abgeändert werden, daß der Sicherungsantrag abgewiesen wird; auch zufolge eines Widerspruches (§ 397 EO) kann sie abgeändert oder aufgehoben werden (§ 398 Abs 2 EO). Davon abgesehen, kann die einstweilige Verfügung in bestimmten Fällen auf Antrag oder von Amts wegen - insbesondere wenn der zu sichernde Anpspruch rechtskräftig aberkannt oder sein Erlöschen rechtskräftig festgestellt wurde (§ 399 Abs 1 Z 4 EO) - aufgehoben werden (§ 391 Abs 2, letzter Satz, § 399 Abs 1 EO). Die einstweilige Verfügung kann somit einem rechtskräftigen und vollstreckbaren Urteil, welches ja nur in ganz außergewöhnlichen Fällen (§§ 529 ff ZPO) beseitigt werden kann, nicht gleichgehalten werden; ihr Vorhandensein kann dem Kläger nicht das Rechtsschutzinteresse an der Erwirkung eines Urteils nehmen (so auch zur vergleichbaren Rechtslage in der Bundsrepublik Deutschland: Baumbach-Hefermehl, Wettwerbsrecht15, 417 Rz 429; EinlUWG; GRUR 1967, 611; GRUR 1973, 208). Bei anderer Auffassung müßte ja nach der Erlassung einer einstweiligen Verfügung sogar das Klagebegehren im Hauptverfahren - auf entsprechende Einwendung des Beklagten - mangels Rechtsschutzbedürfnisses abgewiesen werden.

In dem - für die Beurteilung eines materiellrechtlichen Einwandes maßgeblichen (§ 406 ZPO) - Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz war zwar die einstweilige Verfügung vom 8.5.1989, 18 Cg 15/89-8, nicht nur vollstreckbar, sondern auch rechtskräftig; auf einen Exekutionstitel in Form eines rechtskräftigen Urteils konnte sich die Beklagte jedoch nicht berufen. Mit Recht weist daher die Klägerin darauf hin, daß es ihr bei dieser Sachlage nicht zumutbar war, ihr Klagebegehren zurückzunehmen oder auf Kosten einzuschränken.

Ist der von der Beklagten erhobene Einwand des mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses schon aus diesem Grund unbegründet, dann braucht nicht mehr untersucht zu werden, ob der Rechtsprechung, wonach bei Vorhandensein eines Exekutionstitels das Rechtsschutzbedürfnis an einem weiteren Titel zu verneinen ist, im Hinblick auf § 54 Abs 4 AO, § 60 Abs 2 und § 156 a

Abs 3 KO - jeweils idF des mit 1.1.1983 in Kraft getretenen IRÄG, BGBl 1982/379 - der Boden entzogen ist (vgl Konecny, "Übergreifende Ansprüche in Wettbewerbsverfahren", RdW 1986, 36 f; Fasching, LB Rz 742); auch die Frage, ob das Interesse an der Urteilsveröffentlichung allein ein - sonst nicht

vorhandenes - Interesse an einem Unterlassungsurteil begründet (vgl MR 1990, 73), kann aus diesem Grund auf sich beruhen. Das - rechtskräftige - Unterlassungsgebot laut Punkt 1 a des Urteilsantrages umfaßt die beanstandete Zugabenwerbung, soweit sie in der Zeitschrift "B***" ("darin") und/oder mit einem daran angehefteten Gutschein ("damit") betrieben wurde; hingegen wird die in Punkt 1 b des Urteilsantrages genannte "begleitende Werbung" davon nicht - oder zumindest nicht eindeutig - erfaßt. In dieser "begleitenden Werbung" hat die Beklagte dadurch, daß sie - durch die Abbildung einer Ausgabe der neu erscheinenden Zeitschrift - den Eindruck erweckt hat, die Erlangung des Gratis-Biers werde durch den Kauf der Zeitschrift ermöglicht oder doch erleichtert, zum Ausdruck gebracht, daß diese Gratisgabe mit der Zeitschrift gewährt werde, also - wegen der Abhängigkeit der Nebenleistung vom Abschluß eines Hauptgeschäftes - eine Zugabe sei (ÖBl 1979, 66; ÖBl 1989, 112 uva). Damit hat sie aber eine Zugabe nur angekündigt, nicht aber - wie schon der Erstrichter zutreffend ausgeführt hat - gewährt und ebensowenig auch angeboten. "Anbieten" im Sinne des § 1 ZugG ist nämlich - im Gegensatz zum "Ankündigen" - das Inaussichtstellen der Zugabe gegenüber individuell bestimmten Personen (SZ 48/49; Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 127; Baumbach-Hefermehl aaO 1916 Rz 29 und 30 zu § 1 dZugVO). Die Abweisung des zweiten Unterlassungsbegehrens war daher, soweit sie das Anbieten und das Gewähren einer Zugabe betrifft, zu bestätigen.

Der Klägerin ist auch darin beizustimmen, daß der - in Rechtskraft erwachsene - stattgebende Ausspruch des Erstrichters (Punkt 1. a des Urteilsantrages) nicht als Beseitigungs-, sondern als Unterlassungsgebot zu werten ist, wird doch damit der Beklagten ein bestimmtes Verhalten - nämlich die Zeitschrift "B***" unter näher bestimmten weiteren Voraussetzungen verkaufen zu lassen - verboten, nicht aber eine bestimmte Maßnahme zur Beseitigung eines gesetzwidrigen Zustandes (§ 15 UWG) geboten; gerade darin unterscheidet sich jedoch der stattgebende Spruch von den im Ersturteil zitierten Fällen von Beseitigungsgeboten (ÖBl 1976, 24 und ÖBl 1985, 8). Liegt aber kein Begehren nach § 15 UWG vor, dann stellt sich die Frage, ob auch die Veröffentlichung eines Beseitigungsgebotes verlangt werden kann, gar nicht. Die Vorinstanzen haben somit zu Unrecht das Begehren auf Veröffentlichung des stattgebenden Unterlassungsgebotes (§ 25 Abs 3 UWG; § 5 ZugG) abgewiesen. Da die beanstandete Werbung mit einer unentgeltlichen Zugabe durch mehrere Zeitungsinserate einem beträchtlichen Personenkreis bekannt geworden ist, besteht ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Aufklärung der Öffentlichkeit über die wahre Sachlage, also darüber, daß sich die Beklagte mit ihrer Aktion über das Gesetz hinweggesetzt hat (vgl SZ 51/76; ÖBl 1975, 67 uva). Das Urteil ist in der Regel in jener Form und Aufmachung zu publizieren, in der auch das beanstandete Inserat veröffentlicht worden ist (ÖBl 1984, 135 ua). Die Klägerin kann daher verlangen, daß das stattgebende Urteil in der "Neuen Kronen-Zeitung", in der "Wochenpresse" und im "Profil" jeweils in der Größe veröffentlicht wird, in der seinerzeit das Inserat für die Nr 6/89 der Zeitschrift "B***" erschienen war. Daß - wie die Beklagte meint - eine Urteilsveröffentlichung nur in ihrer eigenen Zeitschrift erforderlich wäre, weil sie die Zugabenaktion an ihre Käufer gerichtet habe, trifft im Hinblick auf die groß angelegte Werbeaktion der Beklagten nicht zu. Der Revision war daher dahin Folge zu geben, daß auch dem Unterlassungsbegehren laut Punkt 1 b des Urteilsantrages, soweit es sich auf das Ankündigen der Zugabe bezieht, sowie dem Veröffentlichungsbegehren stattgegeben wird; im übrigen war ihr der Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Verfahrens erster Instanz gründet sich auf § 43 Abs 2 ZPO, jener über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auf dieselbe Gesetzesstelle in Verbindung mit § 50 ZPO. Da die Klägerin nur mit einem ganz geringfügigen, nicht ins Gewicht fallenden Teil ihres Begehrens unterlegen ist, waren der Beklagten sämtliche Verfahrenskosten aufzuerlegen.

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