Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben; das angefochtene Urteil, das hinsichtlich des Zuspruchs eines Bruttobetrags von 1.120 S sA und der Abweisung eines Mehrbegehrens von 7.143,60 S sA unbekämpft blieb, wird im Übrigen, das ist hinsichtlich des Zuspruchs eines weiteren Teilbetrags von 7.289,40 S sA sowie im Kostenausspruch aufgehoben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und Fällung einer neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.
Text
Begründung
Gegenstand des Revisionsverfahrens sind nur noch Provisionsforderungen des Klägers gegen die beklagte Partei, seine ehemalige Arbeitgeberin, im Betrag von 7.289,40 S sA aus den Aufträgen Nr 280, 306, 257 und 267.
Die beklagte Partei hat - soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist - die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, die Ansprüche seien auf der Grundlage einer im Arbeitsvertrag vereinbarten Präklusionsfrist verfallen. Im Übrigen bestünden die Ansprüche deshalb nicht zu Recht, weil der Kläger in diesen Fällen vertragswidrig die Geräte den Kunden nicht vorgeführt habe, so dass sich nach einer im Arbeitsvertrag getroffenen Vereinbarung sein Provisionsanspruch um 2 % verringert habe. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren hinsichtlich eines Teilbetrags von 1.120 S sA statt und wies das Mehrbegehren von 14.433 S sA ab. Es traf folgende noch wesentliche Feststellungen:
Der Kläger war vom 17. April bis 31. Oktober 1979 im Unternehmen der beklagten Partei als Außendienstmitarbeiter für das Gebiet Salzburg angestellt. Er erhielt ein Fixum von 10.000 S brutto im Monat, Tagesdiäten und eine Provision, deren Höhe nach den von ihm gewährten Rabatten gestaffelt war. Der Provisionsanspruch war für jeden mit einem Kunden der beklagten Partei zustandegekommenen Auftrag aus dem zugeteilten Arbeitsgebiet gegeben; die Provision war bei Zahlungseingang fällig. Der Kläger war verpflichtet, jede verkaufte Maschine und jedes verkaufte Gerät umgehend nach der Lieferung dem Kunden vorzuführen und dessen Personal einzuschulen sowie die notwendigen Informationen zum Anschluss der Maschinen und Geräte zu erteilen. Er musste sich diese „Demonstration" von den Kunden bestätigen lassen und diesen „Demonstrationsschein" umgehend der beklagten Partei vorlegen. Sollte diese Vorlage nicht innerhalb von 14 Tagen erfolgen, verminderte sich der Provisionsanspruch um 2 %. Die Parteien vereinbarten im Arbeitsvertrag außerdem, dass offene Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis bei sonstigem Verfall innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit bei der beklagten Partei schriftlich geltend gemacht werden müssen.
Der Kläger war vom 25. Juni bis 3. Juli 1979 sowie vom 1. Oktober bis 20. Oktober 1979 im Krankenstand. Er hat in den eingangs erwähnten vier Geschäftsfällen, hinsichtlich deren der Kläger aufgrund seines Gebietsschutzes provisionsberechtigt war, keine „Demonstration" durchgeführt. Im Falle des Auftragsscheines Nr 280 wurde die „Demonstration" von jenem Vertreter vorgenommen, der den Auftrag brachte. In den Fällen der Aufträge Nr 257 und 306 führte der Kläger die „Demonstration" nicht durch, weil er im Krankenstand war. Der Auftrag Nr 267 wurde vom Geschäftsführer der beklagten Partei gebracht; er betraf eine komplette Kücheneinrichtung. In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die - nicht näher begründete - Auffassung, die Vereinbarung einer Fallfrist könne in einem Arbeitsvertrag nicht wirksam vorgenommen werden, wie hier, eine solche Vereinbarung weder durch den Kollektivvertrag noch durch ein Gesetz gedeckt sei. Da der Kläger in den vier Fällen eine „Demonstration" nicht vorgenommen habe, stehe ihm ein Anspruch auf Provision nur in einem um 2 % verminderten Ausmaß zu. Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung, die hinsichtlich der Abweisung eines Teilbetrags von 3.116 S sA unbekämpft geblieben war, dahin ab, dass es dem Kläger einen weiteren Teilbetrag von 7.289,40 S sohin insgesamt 8.409,40 S sA, zusprach und das gesamte Mehrbegehren von 7.143,60 S sA abwies. Es führte das Verfahren gemäß dem § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG neu durch und traf die gleichen Feststellungen wie das Erstgericht. Abweichend von diesem vertrat es jedoch die Rechtsauffassung, die im Arbeitsvertrag für den Fall der Unterlassung einer „Demonstration" vereinbarte Verminderung des Provisionsanspruchs um 2 % sei eine Konventionalstrafe. Deren Wirksamwerden setze jedoch einen Verzug des Arbeitnehmers hinsichtlich der „Demonstration" voraus. In den Fällen, in denen der Kläger nicht selbst den Auftrag gebracht habe, müsse er, um seine Verpflichtung erfüllen zu können, dazu aufgefordert werden, weil ihm ja der Auftrag sonst nicht bekannt werde. Da eine solche Verständigung von der beklagten Partei nicht einmal behauptet worden sei, bestehe der Provisionsanspruch des Klägers in unverkürzter Höhe. Zur Frage des Verfalles hat das Berufungsgericht nicht Stellung genommen.
Gegen den dem Zuspruch eines Betrags von 7.289,40 S sA betreffenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die Revision der beklagten Partei mit einem auf die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils abzielenden Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Die beklagte Partei bekämpft zunächst mit Recht die vom Berufungsgericht nicht erörterte Auffassung des Erstgerichts, eine von den Parteien eines Individualarbeitsvertrags getroffenen Vereinbarung über den Verfall einzelvertraglicher Ansprüche sei, wenn sie sich nicht auf eine gesetzliche oder kollektivvertragliche Norm zu stützen vermöge, unwirksam.
Eine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit einer solchen Vereinbarung besteht nicht. Bei der Beantwortung dieser streitentscheidenden Frage ist davon auszugehen, dass die Vereinbarung einer kürzeren als der gesetzlichen Verjährungsfrist, wie sich aus dem § 1502 ABGB, der nur den vorausgehenden Verzicht und die Verlängerung der Verjährungsfrist ausdrücklich ausschließt, ergibt, grundsätzlich zulässig ist (SZ 51/97; Klang in Klang2 VI, 670). Eine gleichlautende oder nur ähnliche Vorschrift für Präklusivfristen fehlt jedoch. Der Grundsatz der Vertragsfreiheit führt aber zu dem Ergebnis, dass auf diese Frist verzichtet und ihre Verlängerung von den Parteien vereinbart werden kann (Arb 9381; Klang aaO, 567). Derselbe Grundsatz rechtfertigt aber auch die Zulässigkeit der einzelvertraglichen Vereinbarung einer Präklusivfrist für Ansprüche aus einem Arbeitsvertrag, zumal es den Parteien grundsätzlich frei stünde, auch eine kürzere als die gesetzliche Verjährungsfrist, wie oben ausgeführt, zu vereinbaren (in diesem Sinn auch 4 Ob 6/78). Voraussetzung für die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung im Einzelfall ist es, dass sie nicht sittenwidrig im Sinne des § 879 Abs 1 ABGB ist. (Ob und inwieweit sich Verfallsklauseln auf Ansprüche beziehen können, die auf zwingenden Normen beruhen und daher nicht einzelvertragsdispositiv sind, braucht hier nicht untersucht zu werden, weil die klagsgegenständlichen Provisionsansprüche, hinsichtlich deren Verfall eingewendet wurde, aus dem Einzelarbeitsvertrag abgeleitet werden und nicht zwingender Natur sind.) Verfallsklauseln sind nur dann sittenwidrig, wenn sie die Geltendmachung von Ansprüchen ohne sachlichen Grund übermäßig erschweren (Arb 8515, 6200, 6062). Abgesehen davon, dass eine Sittenwidrigkeit der gegenständlichen Vertragsbestimmung vom Kläger nicht eingewendet wurde, könnte sie auch nicht angenommen werden, weil die vereinbarte dreimonatige Fallfrist die Geltendmachung der Provisionsansprüche nicht ohne sachlichen Grund übermäßig erschwert. Fallfristen von dieser Dauer sind vielmehr in Kollektivverträgen durchaus üblich; sie haben gerade bei Provisionsansprüchen, deren Ermittlung mit zunehmenden Zeitablauf zu Beweisschwierigkeiten führt, einen sachlichen Grund. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die von den Parteien in deren Arbeitsvertrag vereinbarten Fallfrist entgegen der vom Berufungsgericht stillschweigend gebilligten Auffassung des Erstgerichts zulässig und daher wirksam ist. Ob diese dreimonatige, von der Fälligkeit der betreffenden Ansprüche an (das ist der Zeitpunkt des Eingangs der Zahlung des Kunden unter Berücksichtigung des Zeitpunkts der Kenntniserlangung durch den Kläger) zu berechnenden Fallfrist hinsichtlich der gegenständlichen Ansprüche schon verstrichen war, wurde vom Berufungsgericht nicht festgestellt, so dass die Frage des Verfalls noch nicht abschließend beurteilt werden kann. Das Berufungsurteil muss daher im angefochtenen Umfang aufgehoben und die Rechtssache insoweit zur Verfahrensergänzung und Fällung einer neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen werden.
Sollte sich im fortgesetzten Verfahren der Verfall der Provisionsansprüche herausstellen, wäre das Klagebegehren abzuweisen. Im anderen Fall wäre die der Vereinbarung eines um 2 % verminderten Provisionsansprüchs für den Fall des Unterbleibens einer „Demonstration" zugrunde liegende Parteienabsicht (siehe dazu das Vorbringen der beklagten Partei AS 11) zu klären.
Die Kostenentscheidung ist im § 52 ZPO begründet.
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