Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 2.263,51 EUR (darin 377,25 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist Medieninhaberin des periodischen Druckwerks „Ö*****“.
Die Erstbeklagte ist Medieninhaberin des periodischen Druckwerks „K*****“. Die Zweitbeklagte ist die einzige unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten, die deren Geschäfte führt. Unstrittig ist, dass die „K*****“ exklusiver Sponsor-Partner des Österreichischen Schiverbands (ÖSV) im Bereich der Printmedien ist.
Die Ausgabe der „K*****“ vom 9. 1. 2011 enthält unter der Überschrift „Mit der 'K*****' als VIP-Gast nach Kitzbühel!“ einen Artikel, der die Teilnahme am „exklusiven Hahnenkamm-Gewinnspiel“ unter anderem wie folgt bewirbt:
„Wir haben für Sie zum einen 2 x 2 VIP-Karten für den exquisiten Kitz Race Club von H***** W***** im Zielhang der Streif. Diese Tickets gibt es übrigens nicht zu kaufen, sie stehen nur Sponsoren und deren Gästen zur Verfügung! […] In unserem Package finden sich zudem auch noch 2 x 2 Übernachtungen in einem luxuriösen 4-Sterne-Hotel von Kitzbühel und ein exklusives Treffen mit den ÖSV-Stars. Abgerundet wird das Sensationspaket von einem Besuch im 'K*****'-Weltcup-Haus, wo Tag und Nacht Größen aus Politik, Wirtschaft, Sport und Showbusiness ein- und ausgehen.“
Das Gewinnspiel bestand aus Puzzleteilen, die an fünf Tagen in der Zeitung abgedruckt waren und zusammengefügt die Möglichkeit zur Teilnahme eröffneten. Die mit der näheren Ausgestaltung des Gewinnspiels beauftragte Werbeagentur zahlte die Rechnungen zur Organisation des Gewinnspiels und verrechnete sie an die „K*****“ weiter. Veranstalter des Hahnenkammrennens ist der Kitzbüheler Skiclub. Die Tickets für den Besuch dieses Rennens werden an Sponsoren und an Agenturen (wie auch die beauftragte Werbeagentur), verkauft. Das „K*****“-Weltcup-Haus wurde von der beauftragten Werbeagentur veranstaltet und steht in keinem Zusammenhang mit dem ÖSV. Die beauftragte Werbeagentur entwickelte auch die Idee eines „Treffens mit den ÖSV-Stars“, das zwischen Werbeagentur und ÖSV vereinbart wurde und unentgeltlich war; bei den Besprechungen wurde erörtert, dass K*****-Leser die Schiläufer treffen sollen. VIP-Tickets für den „Kitz Race Club“ waren nicht nur für Sponsoren oder die Beklagten, sondern auch für andere Personen erhältlich.
Die Klägerin beantragte, den Beklagten aufzutragen es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, zu periodischen Druckwerken, insbesondere dem periodischen Druckwerk „K*****“, die Teilnahmemöglichkeit an Gewinnspielen, insbesondere am „exklusiven Hahnenkamm-Gewinnspiel“, bei denen nicht unbedeutende Preise, insbesondere ein Sensationspaket bestehend aus VIP-Tickets für den „Kitz Race Club“, Übernachtungen in einem Luxushotel, einem Treffen mit den ÖSV-Stars und einem Besuch im „K*****“-Weltcup-Haus gewonnen werden können, anzukündigen und/oder zu gewähren, sofern der Kauf des Druckwerks für die Teilnahme an diesem Gewinnspiel förderlich ist und/oder erscheint; die Klägerin begehrte weiters die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung. Marktbeherrschenden Unternehmen sei das Ankündigen, Anbieten oder Gewähren von Zugaben gegenüber Verbrauchern bei richtlinienkonformer Auslegung des § 9a Abs 1 Z 1 UWG verboten, weil dieses Verhalten geeignet sei, schwächere Mitbewerber zu behindern oder den Wettbewerb auf dem Markt insgesamt zu schädigen. Die Beklagten beherrschten den Markt für Printmedien und Anzeigen und könnten das Gewinnspiel aufgrund ihrer überragenden Marktmacht durchführen, was sonstigen Marktteilnehmern nicht möglich sei. Deshalb sei das beworbene Gewinnspiel „sonst unlauter“ im Sinne der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (OGH) zum Zugabenverbot.
Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Jeder Mitbewerber hätte das beanstandete Gewinnspiel ausloben können. Die Erstbeklagte habe die Gewinne selbst kaufen müssen, insbesondere die Übernachtungen und die VIP-Tickets für den „Kitz Race Club“. Allein aus ihrer Marktführerschaft könne eine Unlauterkeit des Gewinnspiels nicht abgeleitet werden. Ein branchenexklusiver Sponsoringvertrag an sich sei nicht unlauter; gleiches gelte auch für geschäftliche Vorteile gegenüber Mitbewerbern, die ein Berechtigter aus einem solchen Vertrag ziehe. Der Klägerin stehe es offen, sich selbst um einen ähnlichen Vertrag zu bemühen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Ein Unternehmen handle unlauter, wenn es als Marktbeherrscher eine Zugabe anbiete und der von ihm beherrschte Markt für die Hauptware mit dem für die Zugabe relevanten Markt so eng verbunden sei, dass Kunden, die Bedarfsträger des einen Markts seien, notwendigerweise potentielle Kunden auf dem anderen Markt sein könnten, und der Preis für die Hauptware nach Abzug des Werts der unentgeltlichen Zugabe unter dem Einstandspreis liege. Diese Bedingung sei im Anlassfall mangels zwingender Verbindung der betroffenen Märkte nicht erfüllt. Zwar kämen Zeitungsleser auch als Skisportfans in Betracht, doch sei dies keineswegs notwendig. Damit sei die kostenlos abgegebene Nebenware nicht in die Beurteilung einzubeziehen, ob ein Verstoß gegen das Missbrauchsverbot des § 5 Abs 1 Z 5 KartG vorliege.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil in der Hauptsache; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die Beklagten besäßen keine Monopolstellung hinsichtlich des ausgelobten Gewinnpakets; auch der Klägerin wäre es möglich gewesen, ein vergleichbares Paket zusammenzustellen, weil sowohl die VIP-Tickets als auch die Hotelübernachtungen auf dem freien Markt (bzw über Agenturen) zu erwerben seien. Vor dem Hintergrund des Missbrauchsverbots des § 5 Abs 1 Z 5 KartG teile das Berufungsgericht die Auffassung des Erstgerichts; die Koppelung des Warenbezugs mit einem Gewinnspiel als solche verstoße nicht gegen das Lauterkeitsrecht. Als Zeitungsleser kämen durchaus auch Skisportfans in Betracht, doch sei dieser Zusammenhang keineswegs notwendig oder zwingend. Damit sei der zu gewinnende Preis in die Beurteilung, ob die Beklagten gegen § 5 Abs 1 Z 5 KartG verstießen, nicht einzubeziehen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zur Fortentwicklung der Rechtsprechung zur Unlauterkeit von Zugaben zulässig; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.
1. Gemäß § 9a UWG an sich nicht verbotene unentgeltliche Zugaben durch einen marktbeherrschenden Unternehmer sind vor dem Hintergrund des Missbrauchsverbots nach § 5 Abs 1 Z 5 KartG dann rechtswidrig, wenn a) der vom Unternehmer beherrschte Markt für die Hauptware mit dem für die Zugabe relevanten Markt so eng verbunden ist, dass Kunden, die Bedarfsträger des einen Markts sind, notwendigerweise potenzielle Kunden auf dem anderen Markt sein können, und b) der Preis für die Hauptware nach Abzug des Werts der unentgeltlichen Zugabe unter dem Einstandspreis liegt (4 Ob 23/08y = SZ 2008/44; RIS-Justiz RS0123264).
2. Die Vorinstanzen haben diese Rechtsprechung undifferenziert auf das gesamte Gewinnspiel der Beklagten angewendet, ohne nach den einzelnen Bestandteilen des Gewinn-Packages zu unterscheiden.
3. Soweit als Gewinn VIP-Tickets, Übernachtungen in einem Luxushotel und ein Besuch im „Weltcup-Haus“ angekündigt wurden, handelt es sich allerdings um Preise, die nach den Feststellungen nicht ausschließlich den Beklagten zur Verfügung stehen. Für sie ist die zuvor referierte Rechtsprechung tatsächlich einschlägig: Mangels notwendigen Zusammenhangs zwischen dem von den Beklagten beherrschten Markt der Printmedien/Anzeigen und den Märkten für Übernachtungen, Teilnahme als Zuschauer an Wintersportveranstaltungen bzw Zugang zu Rahmenveranstaltungen von Wintersportereignissen unterliegen die Beklagten keinen strengeren kartellrechtlichen Bestimmungen auf den Märkten der ausgelobten Gewinne als die übrigen dortigen Marktteilnehmer. Ihr Gewinnspiel ist daher insoweit nicht aus kartellrechtlichen Gründen unzulässig.
4. Die Klägerin hat aber schon in erster Instanz und auch in der Berufung unmissverständlich darauf hingewiesen, dass die Beklagten Monopolisten in Ansehung der Auslobung eines Treffens des Gewinners mit den ÖSV-Stars sind. Die Beklagten sind unstrittig im Bereich Printmedien einziger Sponsorpartner des ÖSV, weshalb kein anderes Printmedium in einem Gewinnspiel einen derartigen Preis ausloben kann. Damit ist das Argument der Klägerin zutreffend, sie sei nicht in der Lage, ein dem von den Beklagten ausgelobten Gewinn vergleichbares Gewinnpaket zusammenzustellen. Auch das Berufungsgericht ist auf diese zentrale Rechtsfrage mit keinem Wort eingegangen.
5.1. Koppelungsangebote (hier: Gewinnspiel als Zugabe zur Tageszeitung) unterliegen nur dann als Geschäftspraktik dem Maßstab des UWG, wenn sie im Einzelfall eine wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Durchschnittsverbrauchers herbeiführen können (§ 1 Abs 1 Z 2 UWG). Die Koppelung von Gewinnspielen an Umsatzgeschäfte kann zwar so erfolgreich sein, dass Mitbewerber dadurch ernstliche Umsatzeinbußen erleiden; solange eine solche Maßnahme aber nicht unlauter auf die Verbraucher einwirkt, ist sie lauterkeitsrechtlich unbedenklich (vgl Köhler, Die Kopplung von Gewinnspielen an Umsatzgeschäfte: Wende in der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung, GRUR 2011, 478, 485).
5.2. Das Ankündigen, Anbieten oder Gewähren von Zugaben gegenüber Verbrauchern ist aufgrund richtlinienkonformer Auslegung von § 9a Abs 1 Z 1 UWG (unter lauterkeitsrechtlichen Gesichtspunkten) nur dann unzulässig, wenn es im Einzelfall irreführend, aggressiv oder sonst unlauter ist. Die Koppelung des Warenbezugs mit einem Gewinnspiel verstößt als solche nicht gegen das Lauterkeitsrecht (4 Ob 208/10g; RIS-Justiz RS0126589).
5.3. Eine solche Beeinflussung des Verbrauchers im aufgezeigten Sinn setzt eine besondere Anlockwirkung des ausgelobten Preises voraus, die rationale Überlegungen völlig in den Hintergrund verdrängt. Dass ein persönliches Treffen mit erfolgreichen inländischen Skirennläufern diese Voraussetzung erfüllt, ist nicht zu erkennen; auch hat die Klägerin zum verbraucherschützenden Aspekt des beanstandeten Gewinnspiels nichts vorgetragen.
6.1. Neben der individuellen Beeinflussung des Verbraucherverhaltens durch eine Zugabe tritt allerdings ein weiterer Schutzzweck hinzu. Kopplungsangebote können nämlich nicht nur den Absatz der Hauptware beeinflussen, sondern auch den Wettbewerb auf dem Markt insgesamt beeinträchtigen. Angesprochen ist damit allerdings ein über das Lauterkeitsrecht hinausweisender Schutzzweck, der in der generellen Offenhaltung der Auswahlmöglichkeiten der Verbraucher durch Wettbewerb liegt. Kopplungsangebote können dabei vor allem den Wettbewerb auf dem Markt des gekoppelten Produkts einschränken. Dieser Schutzzweck liegt den kartellrechtlichen Vorschriften zugrunde und bleibt von der RL-UGP unberührt (F. Schuhmacher, Kopplungsangebote und Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, GPR 2010, 151, 152; W. Schuhmacher, Das Ende der österreichischen per-se-Verbote von 'Geschäftspraktiken' gegenüber Verbrauchern, wbl 2010, 612, 614; ders, UWG-Verstöße des Marktmissbrauchs, FS Koppensteiner 503).
6.2. Dieser kartellrechtliche Aspekt der Behinderung schwächerer Mitbewerber durch marktmächtige Unternehmen ist Gegenstand der Argumentation der Klägerin. Ein Koppelungsverbot aus diesem Grund bleibt allerdings von der RL-UGP unberührt und ist nicht von den Maßstäben einer aggressiven, irreführenden oder auf sonstige Weise unlauteren Verhaltensweise abhängig, weil ihm ein eigenständiger, anders gelagerter Schutzzweck zugrunde liegt (F. Schuhmacher aaO 153, vgl auch Koppensteiner, Zugaben zu periodischen Druckschriften de lege ferenda, ÖBl 2001, 3, 6, der es für besser hält, Zugaben nur unter dem Gesichtspunkt eines Missbrauchs von Marktmacht durch marktbeherrschende Unternehmen zu regeln).
6.3. Kartellrechtlich ist daher anzusetzen bei der Frage, ob es einem marktmächtigen Unternehmen erlaubt ist, als Zugabe ein Gewinnspiel auszuloben, bei dem (als Teil eines Gesamtpakets) auch ein Preis ausgespielt wird, der deshalb nicht substituierbar ist, weil es sich um eine persönliche Begegnung mit einer bestimmten Person (oder hier: mehreren Personen) handelt, deren Einwilligung in die Begegnung nur der Auslobende herbeiführen kann.
6.4. Ein derartiger Preis ist schon seiner Natur nach nicht substituierbar, weil nur dessen Anbieter Zugriff darauf hat und es sich somit um ein reines natürliches Monopol handelt: Es ist Teil des Persönlichkeitsrechts von jedermann, grundsätzlich seine Gesprächspartner autonom bestimmen zu können, und niemand ist verpflichtet, potentiellen Gewinnspielveranstaltern gleiche Zugangsmöglichkeiten zu sich zu gewähren.
6.5. Im Anlassfall beruht die besondere Zugangsmöglichkeit der Beklagten zu den Skisportlern auf einem branchenexklusiven Sponsorvertrag mit dem ÖSV. Dass dieser Sponsorvertrag (kartellrechtlich) unzulässig sei, hat die Klägerin nicht einmal behauptet. Solches ist auch nicht zu erkennen: Es steht ja jedem Unternehmen der Branche frei, sich unter gleichen Bedingungen um einen solchen Vertrag zu bemühen. Dass dann nur ein einziges Branchenunternehmen (dem dieser Vertrag am meisten wert ist) zum Vertragspartner werden kann, liegt in der Natur einer Branchenexklusivitätsvereinbarung. Zutreffend verweisen die Beklagten in diesem Zusammenhang auf § 35 PatG, der exklusive Lizenzen an Patenten zulässt.
6.6. Unter diesen Umständen folgt das rechtliche Schicksal der beanstandeten Zugabe jenem des Sponsoringvertrags: Billigt die Rechtsordnung den Sponsoringvertrag, kann es dem Sponsor nicht verboten sein, als Gegenleistung für die Zahlung des Sponsorentgelts die sich aus diesem Vertrag ergebenden wirtschaftlichen Vorteile zu nutzen. Zu diesen Vorteilen zählt auch das Ausnutzen der Werbewirkung der gesponserten Sportler im Rahmen eines Gewinnspiels durch Auslobung einer Begegnung mit ihnen. Der Revision kann deshalb kein Erfolg beschieden sein.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.
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