Spruch:
Die außerordentlichen Revisionsrekurse der klagenden Partei und der beklagten Partei werden gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
I. Zum Revisionsrekurs der Beklagten
A2a) Bescheinigt ist, daß 1996 in Optikerfachgeschäften für eine neue Brille im Durchschnitt S 3.350.- ausgegeben worden sind, in Geschäften, die einer "Kette" zugehören (wie unter anderem auch jene der Beklagten) hingegen nur S 2.214.-. Daraus läßt sich jedoch noch nicht der zwingende Schluß ziehen, daß ein Brillenkauf bei den Augenoptikern "gewöhnlich erheblich teurer als bei der Beklagten" ist, haben doch die Vorinstanzen weiters als bescheinigt angenommen, daß in Optikerfachgeschäften Brillen auch zu einem unter S 2.000.- bzw. S 1.500.- liegenden Kaufpreis erworben werden können.
A2b) Abgesehen davon, daß bei der Fassung des Unterlassungsgebotes immer auf die Umstände des einzelnen Falles abzustellen ist, steht auch das vom Rekursgericht erlassene Unterlassungsgebot durchaus im Einklang mit den Grundsätzen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Danach kann - um dem Verpflichteten Umgehungen des Exekutionstitels nicht allzu sehr zu erleichtern - bei Schaffung eines Unterlassungstitels die tatsächlich verübte Handlung bei ihrer Beschreibung (unter Erfassung des Kerns der Verletzungshandlung) allgemeiner gefaßt und ihr so ein breiterer Rahmen gegeben werden, damit unter den Schutzumfang des Unterlassungsanspruches nicht nur völlig gleichartige Handlungen, sondern auch alle anderen fallen, die diesen Kern unberührt lassen (ÖBl 1991, 105 - Hundertwasser-Pickerln II; ÖBl 1991, 108 - Sport-Sonnenbrille; 4 Ob 58/98b ua). Das Verbot, die Ankündigung zu unterlassen, daß die Augenoptiker ihre Brillen mit übermäßigen Handels- spannen verkaufen, wenn der wirtschaftliche Ertrag tatsächlich weitaus geringer ist, ist im Lichte dieser Grundsätze auch ausreichend bestimmt.
A2c) Die Frage, wie die angesprochenen Verkehrskreise eine Werbeaussage verstehen und ob sie demnach zur Irreführung geeignet ist, hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung und ist daher nicht erheblich im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (JBl 1986, 192; MR 1995, 233 - Inseraten-Preisliste; 4 Ob 222/97v; 4 Ob 336/97; 4 Ob 33/98a). Die Rechtsmeinung des Rekursgerichtes, die auf Seite 7 des Prospektes in schlagwortartig hervorgehobener Form wiedergegebenen Kundenaussagen würden dahin verstanden, daß von anderen Optikern ein horrender Preis verlangt werde, stellt im Hinblick auf die Unklarheitenregel keine krasse Fehlbeurteilung dar, die im Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden muß, zumal die Beklagte "Horrorpreise" von Mitbewerbern nicht bescheinigt hat.
A3) Im Zusammenhang gelesen liegt in den untersagten Äußerungen eine sittenwidrige schlagwortartige Pauschalherabsetzung von Mitbewerbern, die auch nicht mit dem Grundrecht der freien Meinungsäußerung zu rechtfertigen ist (ÖBl 1990, 18 - Mafiaprint; ÖBl 1991, 64 - Blättelein). Die Selbstbezeichnung der Beklagten als "Anwalt der Kunden" geht von einem nicht existierenden Interessengleichklang zwischen Beklagter und Kunden aus und versucht damit darüber hinwegzutäuschen, daß ein funktionaler Gegensatz auf dem relevanten Markt zwischen der Beklagten als Anbieterin von Produkten und ihren Kunden als deren Nachfragern besteht, der zwangsläufig auch entgegengesetzte Interessen zur Folge hat.
II. Zum Revisionsrekurs der Klägerin
B1a) Hat die Beklagte in ihrer Äußerung ON 2 in einer detaillierten Aufstellung nachvollziehbar aufgelistet, wie sie rechnerisch den beworbenen Betrag von S 204.777.- als Summe von insgesamt 52 Preisvergleichen ermittelt hat, und hat das Rekursgericht als letzte Tatsacheninstanz diese Aufstellung seiner Entscheidung zugrundegelegt, ist dieser damit bescheinigte Sachverhalt für den Obersten Gerichtshof bindend. Wie die angesprochenen Verkehrskreise aber den Preisvergleich verstehen, ist keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (vgl. die oben zu A2c zitierte Rsp).
B1b) Auch hier gilt das oben zu A2c Gesagte.
B1c) Allein der Umstand, daß die Beklagte im September 1997 mit Preisvergleichen geworben hat, die sie seit Juli 1992 laufend angestellt hat, macht ihre Ankündigung noch nicht wettbewerbswidrig, ist doch in einer Gesamtschau ihres Prospektes der Beobachtungszeitraum seit Juli 1992 deutlich abzulesen; auch erfolgt keine Gegenüberstellung aktueller Preise der Beklagten mit überholten Preisen von Mitbewerbern. Ein Verstoß gegen die von der Rechtsprechung zur zulässigen vergleichenden Preiswerbung aufgestellten Grundsätze fehlender Irreführungs- und Verunsicherungseignung (ÖBl 1996, 188 - Preiß'n Kracher II mwN) liegt damit nicht vor.
B3a) Werbung mit Preisgegenüberstellung ist nicht allein deshalb wettbewerbswidrig, weil die Geschäfte, in denen die Vergleichspreise verlangt wurden, nicht namentlich genannt sind; sofern nicht eine besondere Vorschrift besteht, ist der Werbende nämlich nicht verpflichtet, die Richtigkeit seiner Behauptung dem Kunden gegenüber nachzuweisen (ÖBl 1996, 178 - Eau de Toilette mwN). Daß bei den Preisvergleichen auf den Seiten 12/13 im Prospekt der Beklagten die Mitbewerber namentlich nicht deutlich erkennbar sind, ist demnach ohne Belang.
B3d) Nach den Feststellungen des Rekursgerichtes hat die Klägerin nicht bescheinigt, daß die beworbenen Brillen der Beklagten qualitativ schlechter sind als die jeweiligen Vergleichsbrillen (B. ON 11 S. 27); die betreffenden Preisvergleiche sind damit nicht wettbewerbswidrig. Der von der Rekurswerberin als Beleg einer umgekehrten Beweislast zitierten Entscheidung ÖBl 1996, 245 - Eau de Toilette II liegt ein insoweit anderer Sachverhalt zugrunde, als dort der Wahrheitsbeweis im Falle einer kreditschädigenden herabsetzenden Äußerung iS des § 7 UWG der Beklagten auferlegt worden ist.
B3h) Im Verschweigen einer Tatsache liegt nur dann eine irreführende Angabe, wenn für den Werbenden eine Aufklärungspflicht besteht. Eine solche Pflicht kann sich aus der besonderen Bedeutung ergeben, die der verschwiegenen Tatsache nach der Auffassung des Verkehrs zukommt. Eine Aufklärungspflicht besteht insbesondere dann, wenn durch das Verschweigen wesentlicher Umstände ein falscher Gesamteindruck hervorgerufen wird (stRsp ua ÖBl 1997, 172 - D-Schulen mwN; 4 Ob 66/98d).
Wird der Preis für vom Beklagten vertriebene Brillen samt Gläsern den Preisen gleichartiger, von Mitbewerbern vertriebenen Produkten gegenübergestellt und mit dem günstigeren Preis geworben, so wird in der Regel kein falscher Gesamteindruck hervorgerufen. Mit einer solchen Gegenüberstellung wird nämlich nicht der Eindruck erweckt, daß der Beklagten auch in anderen Beurteilungskategorien (wie etwa Umfang des Waren- und Dienstleistungsangebots, Geschäftsausstattung uä) ein Vorsprung vor den Konkurrenten zukomme. Daß die Mitglieder der Klägerin bzw. die Beklagte aber im Rahmen unterschiedlicher Vertriebsformen tätig wären, was besondere Aufklärungsverpflichtungen zur Folge hätte (vgl. ÖBl 1996, 178 - Eau de Toilette und ÖBl 1997, 66 - Sparpreise, wo ein Preisvergleich zwischen Einzelhandelsgeschäften und einem Versandhandel angestellt worden ist), wurde nicht behauptet. Soweit preisrelevante Unterschiede in der Struktur zwischen einem Fachoptiker und den Filialen der Beklagten bestehen, sind diese dem Publikum bekannt
B5) Gibt es - wie die Rekurswerberin ausführt - in der Augenoptikerbranche bzw. unter Brillenträgern keine gültigen Zuordnungskriterien und/oder Qualitätsmaßstäbe, denen die Begriffe "Kategorie A, B oder C" zugeordnet werden können, ist nicht erkennbar, worüber die angesprochenen Verkehrskreise durch die Werbung für das Komplettbrillensystem der Beklagten getäuscht werden könnten (zur Aufklärungspflicht vgl. die oben zu B3h zitierte Rsp). Daß die (beispielsweise) abgebildeten Brillenfassungen nicht unter die entsprechenden Kategorien der Beklagten fielen, oder daß die Zuordnung einzelner Brillen in die genannten Kategorien von der Willkür der Verkäufer der Beklagten abhinge, wurde nicht behauptet.
Das Medizinproduktegesetz ist im gegebenen Zusammenhang ohne Bedeutung, da selbst bei Anwendbarkeit seiner Bestimmungen auf Korrektionsbrillen (die Entscheidung AnwBl 1997, 660 hat nur Fertiglesebrillen zum Gegenstand) ein Verstoß der Beklagten gegen die darin enthaltenen Vorschriften über Medizinproduktewerbung nicht vorläge. Unter "Bezeichnung des Medizinproduktes" iS des § 107 Abs 1 Z 2 MPG (welche Kennzeichnungsbestimmung die Rekurswerberin offenbar als verletzt erachtet) ist erkennbar nur der individuelle Name eines Medizinproduktes zu verstehen, unter dem dieses im Handel erhältlich ist; eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf Brillenfassungen oder Komplettbrillen als Massenwaren verbietet sich schon deshalb, da angesichts der unüberschaubaren Anzahl unterschiedlicher Brillenfassungen auf dem Markt auch deren Bezeichnung mit einer Fülle von Phantasienamen für die angesprochenen Verbraucher mit keiner zusätzlichen Individualisierung oder sachlichen Information verbunden wäre.
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