European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0040OB00071.22B.0422.000
Spruch:
Aus Anlass der außerordentlichen Revision wird die Parteibezeichnung der klagenden Partei wie im Kopf der Entscheidung ersichtlich berichtigt.
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Nach der am 28. 8. 2021 zu * und * im Firmenbuch eingetragenen Verschmelzung wurde die übernehmende R* AG gemäß § 225a Abs 3 AktG Gesamtrechtsnachfolgerin der übertragenden L*Aktiengesellschaft. Die Bezeichnung der Klägerin ist daher gemäß § 235 Abs 5 ZPO von Amts wegen zu berichtigen.
[2] Das klagende Kreditinstitut (bzw deren Rechtsvorgängerin, im Folgenden nur: Klägerin) gewährte dem beklagten Verbraucher am 2. 1. 2006 einen Abstattungskreditvertrag in Schweizer Franken über einen Kreditbetrag im Gegenwert von 318.753 EUR.
[3] Die Vorinstanzen gaben der Klage statt, mit der die Klägerin den aus dem Kreditvertrag aushaftenden und aus dem Kopf ersichtlichen Betrag begehrt.
Rechtliche Beurteilung
[4] In seiner dagegen erhobenen außerordentlichen Revision macht der Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage geltend.
[5] 1. Der Beklagte stützt die Zulässigkeit des Rechtsmittels auf den Umstand, dass zur Frage einer vom Kreditinstitut bei einem Fremdwährungskredit angeführten Gesamtbelastung eines Kreditvertrags keine Rechtsprechung vorliege. Im Kreditvertrag sei eine „Gesamtbelastung laut BWG“ von 441.908,44 EUR angeführt worden. Dieser Betrag sei Vertragsgegenstand gewesen und beschränke die (gesamte) Zahlungspflicht des Beklagten aus dem Kreditvertrag mit dem genannten Betrag. Die Klägerin habe diese Gesamtsumme beinahe erhalten, sodass die Klage überwiegend abzuweisen gewesen wäre.
[6] 2.1. Die Frage, ob zwischen den Streitteilen ein Höchstbetrag vereinbart wurde, der die gesamte Rückzahlungsverpflichtung des Beklagten im Sinne der Ausführungen im Rechtsmittel betragsmäßig beschränkt, hängt von der Auslegung des konkreten Kreditvertrags ab.
[7] 2.2. Dabei ist ausgehend vom Wortlaut die Absicht der Parteien unter Berücksichtigung der redlichen Verkehrsübung sowie des Verhaltens und der Erklärungen der Parteien heranzuziehen (RS0044358 [T38]). Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt aber nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RS0042776 [T1, T3, T6, T10, T11, T31], RS0044358 [T31, T33, T40] ua).
[8] 2.3. Die Streitteile vereinbarten als Kreditgegenstand einen einmal ausnützbaren Schweizer Franken-Kredit im Gegenwert von 318.753 EUR mit variablen Zinsen und Nebengebühren mit Rückzahlungsverpflichtung bis Ende 2020. Der Beklagte nahm zur Kenntnis, dass es erforderlich sein könnte, „mehr Kapital aufzubringen, als der Kreditbetrag derzeit in Euro-Währung ausmacht“. Er wurde über das Wechselkurs- und das Zinsrisiko aufgeklärt und auch darüber, dass der Wechselkurs für den Zeitpunkt der Tilgung nicht vorhersehbar sei. Ihm wurde erklärt, dass der Tilgungsträger nicht das halten könne, was er verspreche. Die Streitteile vereinbarten auch, dass die Klägerin zur Umwandlung des Kredits in EUR berechtigt ist, wenn der aushaftende Saldo durch Erhöhung des Wechselkurses von mehr als 15 % des Gegenwerts der ursprünglichen Kreditsumme übersteigt.
[9] 2.4. Die von den Vorinstanzen vertretene Rechtsansicht, dass bei dem Fremdwährungskreditvertrag im Anlassfall die geschuldeten Zahlungen des Beklagten nicht mit der im Vertrag angeführten Gesamtbelastung im Sinne der (mit dem DaKRÄG aufgehobenen, aber aufgrund § 103m BWG hier noch weiter anzuwendenden) Bestimmung des § 33 BWG idF BGBl I 2000/33 betragsmäßig beschränkt sind, ist unter Berücksichtigung des gesamten Vertragsinhalts und der im Zuge der Kreditaufnahme vorgenommenen Hinweise jedenfalls vertretbar.
[10] 3. Die Entscheidung weicht auch nicht von der bisherigen Rechtsprechung ab. Daraus lässt sich nicht ableiten, dass durch die (anzuführende bzw angeführte) Gesamtbelastung die Rückzahlungspflicht des Verbrauchers betragsmäßig beschränkt werden soll. Die Berechnung einer Gesamtbelastung nach § 33 BWG, in der nicht vorhersehbare Wechselkursschwankungen berücksichtigt sind, ist nach der Entscheidung 1 Ob 163/15z bei einem Fremdwährungskredit gar nicht möglich. Der bloße Verstoß gegen die Pflicht, die Gesamtbelastung im Kreditvertrag anzugeben, zieht nach dieser Entscheidung keine Nichtigkeit, auch nicht in Form einer (Teil‑)Nichtigkeit nach § 879 Abs 1 ABGB nach sich, sondern (allenfalls) irrtums‑ und schadenersatzrechtliche Konsequenzen, die bei einem Fremdwährungskredit aber zu verneinen sind, weil eine unterlassene Anführung nicht kausal sein kann. In der Entscheidung 6 Ob 51/21z wurde festgehalten, dass von der angeführten Gesamtbelastung nicht auf den Vertragsgegenstand (Kreditsumme eines Fremdwährungskredits) geschlossen werden kann. Zu 9 Ob 57/20b führte der Oberste Gerichtshof (allgemein und abseits des Fremdwährungskredits) aus, dass die Anführung der Gesamtbelastung der Information des Verbrauchers gilt. Auch unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung, aus der sich nicht ergibt, dass mit der bloßen Anführung einer Gesamtbelastung kein Höchstbetrag zwischen den Parteien vereinbart wurde, wirft die angefochtene Entscheidung keine erhebliche Rechtsfrage auf.
[11] 4. Der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass der Beklagte sich nicht auf Irrtum berufen könne, weil das Währungs- und Zinsrisiko nicht in der angeführten Gesamtbelastung abgebildet hätte werden können (1 Ob 163/15z), tritt das Rechtsmittel nicht entgegen.
[12] 5. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Beklagten daher zurückzuweisen.
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