Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit S 5.893,20 bestimmten anteiligen Äußerungskosten (darin S 982,20 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit S 24.680,70 bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 4.113,45 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Kläger hat die halben Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig, die halben Kosten vorläufig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger ist ein registrierter Verein, der sich mit der Prüfung technischer Anlagen, Einrichtungen, Ausrüstungen und Vorrichtungen, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Anlagen- und Gerätesicherheit, befaßt. Sein Tätigkeitsbereich erstreckt sich auf ganz Österreich. Bis 31.12.1992 lautete der Vereinsname des Klägers "Technischer Überwachungs-Verein Wien", seither "Technischer Überwachungs-Verein Österreich". Im geschäftlichen Verkehr tritt der Kläger unter auf.
Zugunsten des Klägers sind die Marken "TÜV" und "Technischer Überwachungs-Verein" unter der Registrierungsnnumer 90885 und Registrierungsnummer 91553 im Markenregister des österreichischen Patentamtes eingetragen. Die Marke "Technischer Überwachungs-Verein" wurde auf Grund eines Verkehrsgeltungsnachweises registriert. Schutzdauerbeginn beider Marken ist der 22.1.1979. Mit Schutzdauerbeginn 11.7.1991 ist zugunsten des Klägers weiters unter der Registrierungsnummer 136421 die Marke "Technischer Überwachungs-Verein Österreich", und zwar ebenfalls auf Grund eines Verkehrsgeltungsnachweises, eingetragen. Sämtliche Marken sind zumindest bis 1999 geschützt. Sie sind für die Klassen 41 (Ausbildung und Prüfung technischen Personals) und 42 (Prüfung technischer Vorrichtungen, Geräte und Anlagen, Betrieb einer technischen Versuchsanstalt) registriert. Der Kläger hat gemeinsam mit der TÜV Rheinland Holding AG ein Tochterunternehmen errichtet, das als "TÜV Consult Österreich-Rheinland Gesellschaft mbH" seinen Sitz in Wien hat und auf den Gebieten der Systemsicherheit, Systemanalyse, der Anlagen-, Geräte- und Produktsicherheit, der Qualitätssicherung und des Umweltschutzes tätig ist.
Die Beklagte ist seit 24.1.1989 im Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck unter FN 37799m (früher HRB 6343) eingetragen. Ihre einzige Gesellschafterin ist die TÜV Bayern Holding Gesellschaft mbH, eine Tochtergesellschaft des TÜV Bayern Sachsen e.V. (vormals TÜV Bayern e. V.). Die Beklagte befaßt sich mit Beratung, Prüfung, Untersuchung, Messung und Begutachtung auf den Gebieten der Umwelttechnik, des Energiewesens, der Qualitätssicherung und der Verkehrs-/Fahrzeugtechnik. Im geschäftlichen Verkehr tritt die Beklagte wie folgt auf:
Auf ihrem Geschäftspapier
In Prospekten
In Inseraten
Für den Technischen Überwachungs-Verein Bayern e.V. ist seit 27.11.1985 beim deutschen Patentamt die (Wortbild-)Marke
für die Klassen 41 und 42 (Dienstleistungen eines Ingenieurs, Physikers, Chemikers, Arztes, Psychologen; Beraten, Ausbilden, Begutachten, Forschen, Prüfen, Überwachen auf dem Gebiet der Technik, insbesondere Sicherheitstechnik für Industrie, Gewerbe, Landwirtschaft, Haushalt und Freizeit, Verkehrswesen, Umweltschutz) eingetragen.
Der Technische Überwachungs-Verein Bayern e.V. (jetzt Technischer Überwachungs-Verein Bayern Sachsen e.V.) ist schon seit mindestens drei Jahrzehnten auch in Österreich tätig; er hat bei mehreren großen österreichischen Unternehmen, wie V*****, J***** Werke, E*****, P*****werke, S***** AG ua, Prüfungen abgenommen. Er hat mit dem TÜV Wien bereits 1965 eine Vereinbarung über die gegenseitige Anerkennung der technischen Überwachungs-Organisationen und im Juli 1985 eine Vereinbarung über die gegenseitige Anerkennung von Prüfungen an Druckunterlagen abgeschlossen.
Die Beklagte hat neben ihrem Sitz in J***** noch Niederlassungen in W***** und B*****. Sie ist österreichweit tätig und plant die Eröffnung einer weiteren Niederlassung im Großraum L*****.
Der Kläger beantragt zur Sicherung seines Begehrens, der Beklagten die Benützung der Bezeichnung "TÜV" im geschäftlichen Verkehr, insbesondere auch in Alleinstellung oder unter blickfangartiger Hervorhebung, oder in Verbindung mit der Bezeichnung "Austria" und/oder "Österreich", zu untersagen, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, im geschäftlichen Verkehr die Benützung der Bezeichnung "TÜV" in Alleinstellung oder unter blickfangartiger Hervorhebung, insbesondere auch in Verbindung mit der Bezeichnung "Austria", ab sofort zu unterlassen.
Die Beklagte verstoße mit ihrer Firma "TÜV Bayern Austria/Landesgesellschaft Österreich Gesellschaft mbH" gegen § 9 und gegen § 2 UWG. "TÜV" sei als Abkürzung für "Technischer Überwachungs-Verein" allgemein bekannt und gebräuchlich. Somit stünden einander die Marke "TÜV" und der Name "Technischer Überwachungs-Verein (= TÜV) Österreich" einerseits und "TÜV Bayern Austria Österreich" andererseits gegenüber. Diese Bezeichnungen würden vom angesprochenen Publikum als ein und dieselbe Bezeichnung verstanden. Zwischen "Austria" und "Österreich" bestehe in der Vorstellung des Publikums kein Unterschied. Es sei auch tatsächlich bereits zu Verwechslungen gekommen. Die Beklagte verwende "TÜV" und "TÜV Bayern Austria" als Blickfang und verletze dadurch die Markenrechte des Klägers. Die angesprochenen Verkehrskreise würden zumindest besondere geschäftliche, wirtschaftliche oder organisatorische Beziehungen zwischen den beiden Unternehmen vermuten. Der Firmenbestandteil "Landesgesellschaft Österreich" verstärke die Verwechslungsgefahr, weil der Kläger als der österreichweit tätige technische Überwachungs-Verein bekannt sei. Die Firma der Beklagten lasse auf einen großen Umfang und auf eine große Bedeutung des so bezeichneten Unternehmens für Österreich schließen. Dem werde die Beklagte mit nur drei Niedelassungen nicht gerecht.
Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Die Verwendung einer registrierten Firma könne durch einstweilige Verfügung nicht verboten werden. "TÜV" sei die gebräuchliche Abkürzung für "Technischer Überwachungs-Verein". Beide Bezeichnungen seien absolut schutzunfähig, weil sie Begriffe des allgemeinen Sprachgebrauches seien. Jedenfalls aber seien sie rein beschreibende Angaben und könnten daher nur bei Verkehrsgeltung Schutz erlangen. "TÜV" sei ohne Verkehrsgeltungsnachweis registriert worden. In Deutschland gebe es insgesamt elf technische Überwachungsvereine, deren Tochtergesellschaften ebenfalls größtenteils die Bezeichnung "TÜV" verwendeten. In Österreich habe es, insbesondere im Zeitpunkt der Registrierung der Marken "TÜV" und "Technischer Überwachungs-Verein", eine Vielzahl derartiger Organisationen gegeben, die diese Bezeichnungen verwendet hätten. Der Kläger, der sich bis Ende 1992 "Technischer Überwachungs-Verein Wien" genannt habe, könne diese Bezeichnungen nicht für sich allein in Anspruch nehmen. In Fachkreisen sei bekannt, daß es auch in Deutschland eine Reihe technischer Überwachungs-Vereine gebe. Mit dem Begriff "TÜV" würden in erster Linie die deutschen technischen Überwachungs-Vereine in Verbindung gebracht.
Die Beklagte gehöre zum internationalen Konzern des "TÜV Bayern"; sie leite die Bezeichnung "TÜV" von dessen schon mehr als 100 Jahre bestehenden Namen ab. Demnach führe die Beklagte ihren eigenen Namen; dies könne ihr nicht untersagt werden. Der Name "TÜV Bayern" habe schon in den Jahren zwischen 1960 und 1970 in Österreich Verkehrsbekanntheit erlangt; die daraus abgeleiteten Rechte der Beklagten seien daher prioritätsälter als die des Klägers. Die Beklagte nehme nunmehr in Österreich jene Prüftätigkeiten war, die der TÜV Bayern hier durchgeführt habe.
Die Firma der Beklagten sei der des Klägers nicht verwechselbar ähnlich. Prägender Firmenbestandteil sei "Bayern"; damit werde die Zugehörigkeit der Beklagten zur Unternehmensgruppe "TÜV Bayern" klargestellt. Bei derartigen Vereinsbezeichnungen sei die Angabe der geographischen Herkunft das übliche Abgrenzungsmerkmal. Bei einem Verein nehme das Publikum von vornherein keine wirtschaftlichen Verflechtungen an, womit eine Verwechslungsgefahr (auch im weiteren Sinne) entfalle. In Österreich gebe es nicht nur einen "TÜV". Der Kläger habe ein Tochterunternehmen, das als "TÜV Consult" und "TÜV Consult Österreich-Rheinland GesellschaftmbH" auftrete. Der Firmenbestandteil "Austria" in der Bezeichnung der Beklagten sei gerechtfertigt, weil die Beklagte österreichweit tätig sei. Damit werde deutlich gemacht, daß es sich bei der Beklagten um die österreichische Niederlassung der Unternehmensgruppe "TÜV Bayern" handle. Werde die einstweilige Verfügung erlassen, so sei sie vom Erlag einer Sicherheit von mindestens S 1,500.000 abhängig zu machen, weil durch die einstweilige Verfügung erheblich in die Interessen und in die Organisation der Beklagten eingegriffen würde.
Das Erstgericht untersagte der Beklagten, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung "TÜV" in Alleinstellung oder unter blickfangartiger Hervorhebung zu benützen. Es machte den Vollzug der einstweiligen Verfügung vom Erlag einer Sicherheit von S 50.000 abhängig. Das Mehrbegehren wies das Erstgericht ab.
Die Beklagte habe nicht bescheinigt, daß das Markenrecht der Klägerin nicht zu Recht bestehe. Es sei daher zu prüfen, ob die Handelsnamen der Streitteile einander verwechselbar ähnlich seien. Der Benützer eines Namens habe alles Notwendige und ihm Zumutbare vorzukehren, um die Gefahr von Verwechslungen mit einer prioritätsälteren Bezeichnung nach Möglichkeit auszuschalten. In der Firma der Beklagten sei durch die Zusätze zu "TÜV" ausreichend klargestellt, daß die Streitteile nicht ident seien. Verwende die Beklagte ihren vollen Firmenwortlaut oder zumindest die Bezeichnung "TÜV Bayern Austria", so bestehe keine Verwechslungsgefahr. "Austria" begründe keine Verwechslungsgefahr mit "Österreich". Etwas anderes gelte jedoch für die Verwendung der Abkürzung "TÜV" allein oder in Verbindung mit der graphischen Darstellung, wenn "TÜV" in wesentlich größerer Schrift und fett gedruckt sei. In diesem Fall werde "TÜV" sofort mit der Klägerin in Verbindung gebracht, ohne daß die wesentlich kleiner gedruckten anderen Firmenbestandteile beachtet würden. Die graphische Darstellung sei kein ausreichendes Unterscheidungsmerkmal, weil sie nicht in den bayrischen Landesfarben blau-weiß gehalten und die bayrische Fahne in Österreich keineswegs dem Großteil der Bevölkerung bekannt sei. Die Verwendung der Bezeichnung "TÜV" in Verbindung mit "Austria" begründe keine Verwechslungsgefahr. Sie sei auch nicht zur Irreführung geeignet, weil die Beklagte österreichweit tätig sei.
Das Rekursgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es den Sicherungsantrag zur Gänze abwies. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei.
Der Sachverhalt sei ausschließlich nach österreichischem Recht zu beurteilen, weil der Kläger Schutz für das Gebiet der Republik Österreich beanspruche und sich die Handlungen der Beklagten auf den österreichischen Markt auswirkten. Die Markenrechte des Klägers seien prioritätsälter als die der Beklagten. Der Kläger könne daher grundsätzlich die Unterlassung eines zur Verwechslung geeigneten Gebrauches seines Zeichens verlangen. Nach den Feststellungen sei "TÜV" nicht auf Grund eines Verkehrsgeltungsnachweises registriert worden. "TÜV" sei ein frei erfundenes, keiner Sprache angehörendes Phantasiewort im engeren Sinne und daher schutzfähig. In der Entscheidung 4 Ob 157/93 (= ecolex 1994, 183) habe der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß von einem ausländischen Unternehmen, soweit dieses auf Grund seiner Firma mit einem im Inland prioritätsälteren Unternehmen verwechselt werden könnte, zu verlangen sei, "alles Erforderliche und Zumutbare zu tun, um die durch Gleichheit der Firma hervorgerufene Verwechslungsgefahr möglichst einzudämmen; dieses werde zumindest auf seine Herkunft aus einem anderen Staat hinweisen müssen". Dies habe die Beklagte getan, so daß bei Verwendung des vollen Firmenwortlautes keine Verwechslungsgefahr bestehe. Durch den Firmenbestandteil "Bayern" werde ausreichend auf die Auslandsbezogenheit der Beklagten hingewiesen. Nach § 9 UWG sei nicht nur der volle Firmenwortlaut, sondern auch ein Firmenbestandteil geschützt, wenn er geeignet sei, auf ein bestimmtes Unternehmen hinzuweisen. Die Klägerin führe in ihrem Firmenwortlaut nicht die Abkürzung "TÜV" nicht; für sie sei jedoch die Marke "TÜV" registriert und als Phantasiewort mit ausreichender Unterscheidungskraft auch gegenüber Dritten geschützt. Die Beklagte bezeichne sich jedoch als "TÜV BAYERN AUSTRIA, Unternehmensgruppe TÜV Bayern TÜV" (samt Bildteil ihrer Marke). In keinem einzigen Fall habe die Beklagte die Bezeichnung "TÜV" samt graphischer Darstellung allein verwendet, sie habe immer zumindest "TÜV Bayern Austria", meistens auch noch "Unternehmensgruppe TÜV Bayern" hinzugefügt. Damit habe die Beklagte im Sinne der Entscheidung 4 Ob 157/93 alles Erforderliche und Zumutbare getan, um die Verwechslungsgefahr möglichst einzudämmen.
Mit dem Firmenbestandteil "Austria" werde auch nicht gegen § 2 UWG verstoßen: Der Technische Überwachungs-Verein Bayern e.V. (nunmehr TÜV Bayern Sachsen e.V.) sei seit rund drei Jahrzehnten auch in Österreich tätig; er habe mit der Klägerin bereits 1965 und 1975 gegenseitige Anerkennungsabkommen geschlossen; die Beklagte sei österreichweit tätig. Mit dem Firmenbestandteil "Austria" werde daher keine den Tatsachen widersprechende Angabe gemacht.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs des Klägers ist teilweise berechtigt.
Der Kläger bekämpft die Auffassung des Rekursgerichtes, die Beklagte habe "TÜV" niemals in Alleinstellung oder unter blickfangartiger Hervorhebung verwendet. Alleinstellung und blickfangartige Hervorhebung setzten nicht voraus, daß die Ankündigung nur die auf diese Art gebrauchten Zeichen oder Texte enthalten dürfe; von Alleinstellung und blickfangartiger Hervorhebung werde immer dann gesprochen, wenn ein bestimmter Teil der Ankündigung so auffallend gestaltet sei, daß er den Gesamteindruck der Ankündigung präge. Das sei hier der Fall: Das von der Beklagten im Geschäftsverkehr blickfangartig und in Alleinstellung gebrauchte Zeichen "TÜV" sei zu Verwechslungen mit der Marke des Klägers "TÜV" geeignet. Nach der Entscheidung 4 Ob 157/93 reiche die Beifügung eines auf die ausländische Herkunft oder den Sitz des technischen Überwachungs-Vereines hinweisenden Zusatzes nicht aus, um die Gefahr von Verwechslungen hintanzuhalten. Die Beklagte habe weder auf ihre ausländische Herkunft noch auf ihren Sitz hingewiesen. Damit würde auch nur die Verwechslungsgefahr im engeren Sinne, nicht aber die Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne beseitigt.
Der Kläger stützt seinen Anspruch auf die zu seinen Gunsten registrierte Marke "TÜV". In der Entscheidung 4 Ob 157/93 ecolex 1994, 183 hat der Oberste Gerichtshof - im Sinne der den Gerichten selbständig, d.h. ohne Bindung an die Entscheidung des Patentamtes (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 56; SZ 52/192; ÖBl 1991, 32 uva), zustehenden Prüfung - die Vorfrage, ob das Markenrecht der Klägerin an der Marke "TÜV" nach den Bestimmungen des Markenschutzgesetzes besteht, bejaht. Im vorliegenden Verfahren hat die Beklagte eingewandt, daß "TÜV" und "Technischer Überwachungs-Verein" als allgemein gebräuchliche Bezeichnungen absolut schutzunfähig seien. Daß ein Zeichen im Sinne des § 4 Abs 1 Z 3 MSchG "im Verkehr allgemein gebräuchlich" ist, bedeutet nicht, daß jedermann oder jedenfalls der überwiegende Teil des Publikums das Zeichen kennen müßte; nach der zum Freihaltebedürfnis an Wörtern einer Fachsprache sowie an fremdsprachigen Ausdrücken entwickelten Rechtsprechung bedeutet vielmehr der Begriff "im Verkehr allgemein gebräuchlich" nur, daß das Wort in den beteiligten Verkehrskreisen als Gattungsbegriff zur Bezeichnung von Waren oder Dienstleistungen allgemein verwendet wird (ÖBl 1991, 32). Wenn es sich daher - wie hier - um eine hochspezialisierte Dienstleistung handelt, an der nur ein bestimmter Abnehmerkreis interessiert ist, dann kommt es eben nur auf die Auffassung dieses fachlich gebildeten Kreises von Personen an, mag die Bezeichnung auch sonst für eine Phantasiebezeichnung gehalten werden. Die allgemeine Lebenserfahrung eines Richters oder sein Fachwissen reichen demnach nicht aus, um die Frage zu beantworten, ob "TÜV" allgemein gebräuchlich ist (vgl ÖBl 1991, 32). Da es sich somit um keine Rechtsfrage handelt, hätte die Beklagte ihre Behauptung bescheinigen müssen. Die Beklagte hat Bescheinigungsmittel vorgelegt, die vor allem Stand und Entwicklung der technischen Überwachungsvereine in Deutschland betreffen. Daß aber "TÜV" in Deutschland allgemein gebräuchlich ist (s Brockhaus Enzyklopädie, Band 21, 680; Meyers Neues Lexikon, Band 9, 411), bedeutet noch nicht, daß dies auch für Österreich zuträfe. Damit die Voraussetzungen des § 4 Abs 1 Z 3 MSchG vorliegen, muß die Entwicklung zum "Freizeichen" abgeschlossen sein (vgl § 33 b MSchG). Da die Beklagte demnach ihre Behauptung nicht ausreichend bescheinigt hat, ist im Provisorialverfahren von der Schutzfähigkeit der Marke "TÜV" auszugehen.
Der Kläger kann daher den Schutz seiner registrierten Marke für sich in Anspruch nehmen. Ihm steht gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch zu, wenn die Beklagte "TÜV" in einer Weise verwendet, die geeignet ist, Verwechslungen mit der registrierten Marke des Klägers hervorzurufen (§ 9 Abs 3 UWG). Der Sicherungsantrag des Klägers richtet sich nur gegen eine Verwendung der Marke "TÜV", die blickfangartig, in Alleinstellung oder in Verbindung mit "Austria" erfolgt, weil das weitergehende Unterlassungsbegehren des Hauptverfahrens mit dem Sicherungscharakter des Provisorialverfahrens unvereinbar und daher dem Hauptverfahren vorbehalten ist (stRspr insbes ÖBl 1974, 35).
Von einem Blickfang wird gesprochen, wenn in einer Gesamtankündigung einzelne Angaben im Vergleich zu den sonstigen Angaben besonders herausgestellt sind (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht17 § 3 dUWG Rz 38); sie dürfen für sich allein genommen nicht zur Irreführung oder - bei einem nach § 9 UWG zu beurteilenden Gebrauch zweier Zeichen - nicht zur Verwechslung geeignet sein. Die Beklagte hebt "TÜV" sowohl in ihren Prospekten als auch in Inseraten und im Kopf ihres Briefpapiers durch Fettdruck und etwa doppelt so große Buchstaben hervor, wodurch "TÜV" als Blickfang wirkt und auch in Alleinstellung gebraucht wird. Entgegen den Ausführungen des Rekursgerichtes hat das Erstgericht in Übereinstimmung mit den vorgelegten Bescheinigungsmitteln einen solchen Gebrauch auch festgestellt.
Durch die Verwendung von "TÜV" in Alleinstellung und als Blickfang entsteht der nicht den Tatsachen entsprechende Eindruck, daß zwischen der Beklagten und dem Kläger als Markeninhaber zumindest organisatorische, wirtschaftliche oder sonstige Zusammenhänge bestünden. Es ist daher Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne gegeben.
Die Verwechslungsgefahr wird aber nicht auch dadurch hervorgerufen, daß die Beklagte den Zusatz "Austria" verwendet. Nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen gebraucht die Beklagte "TÜV" nicht in Verbindung mit "Austria" allein, sondern immer als Teil der Bezeichnung "TÜV Bayern Austria". Mit dem Firmenbestandteil "TÜV Bayern" weist die Beklagte darauf hin, daß sie die Tochtergesellschaft eines bayrischen Unternehmens ist, welches "TÜV" in seinem Firmenwortlaut führt; dieses Unternehmen leitet "TÜV" wiederum von seiner Muttergesellschaft, dem TÜV Bayern Sachsen e.V. (vormals TÜV Bayern e.V.) ab. Die Beklagte hat, vom Kläger insoweit nicht bestritten, vorgebracht, zur Wahrnehmung (auch) jener Aufgaben errichtet worden zu sein, die der TÜV Bayern e.V. seit mehreren Jahrzehnten in Österreich ausgeführt hat. Mit dem Zeichen "TÜV" bringt die Beklagte demnach zum Ausdruck, daß sie die Tätigkeiten ihrer (Groß)Muttergesellschaft fortsetzt; in einem solchen Fall kann sich die inländische Tochtergesellschaft auf die Priorität stützen, die die Muttergesellschaft durch den Gebrauch ihres Handelsnamens in Österreich erreicht hat (ÖBl 1993, 245 = ZfVR 1993/77). Grund dafür ist, daß sich in Wahrheit nur die Rechtsform ändert, in der das ausländische Unternehmen in Österreich tätig wird.
Daraus folgt, daß bei Beurteilung der Frage, ob die Tochtergesellschaft die Firma ihrer Muttergesellschaft (ganz oder teilweise) führen darf, wenn dadurch die Gefahr von Verwechslungen mit einer prioritätsälteren Firma eines inländischen Unternehmens begründet wird, jene Grundsätze anzuwenden sind, die bestimmen, inwieweit ein ausländisches Unternehmen berechtigt ist, unter seiner Firma in Österreich tätig zu werden: Einem ausländischen Unternehmen kann nicht zugemutet werden, wegen der Gefahr der Verwechslung mit einem - im Inland prioritätsälteren - Unternehmen seine Firma zu ändern. Es muß aber alles Erforderliche und Zumutbare tun, um die durch die Gleichheit der Firma hervorgerufene Verwechslungsgefahr möglichst einzudämmen; es wird zumindest auf seine Herkunft aus einem anderen Staat hinweisen müssen (ecolex 1994, 183 mwN).
Das tut die Beklagte, indem sie sich als "TÜV Bayern Austria" bezeichnet. Durch den Zusatz "Bayern" wird klargestellt, daß es sich nicht um den österreichischen, sondern um den bayrischen technischen Überwachungs-Verein handelt. Diese Klarstellung wird durch den Zusatz "Austria" nicht aufgehoben, weil es naheliegt, die inländische Niederlassung (Tochtergesellschaft) eines ausländischen Unternehmens mit dem Zusatz "Austria" zu bezeichnen. Daß die Beklagte als österreichweit tätiges Unternehmen mit dem Firmenbestandteil "Austria" nicht gegen § 2 UWG verstößt, haben die Vorinstanzen zutreffend dargelegt (§ 510 Abs 3 ZPO).
Dem Revisionsrekurs ist daher teilweise Folge zu geben.
Die Entscheidung über die Kosten des Klägers beruht auf § 393 Abs 1 ZPO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 43, 50, 52 Abs 1 ZPO. Der Kläger ist mit einem Teil seines Unterlassungsbegehrens durchgedrungen, mit einem Teil ist er unterlegen. Obsiegen und Unterliegen sind, mangels anderer Anhaltspunkte, mit je der Hälfte des Streitwertes zu bewerten.
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