European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0040OB00058.17H.0530.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Der Antrag der beklagten Partei, dem Gerichtshof der Europäischen Union näher detaillierte Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen, wird zurückgewiesen.
Begründung:
Die Vorinstanzen verboten der Beklagten, Massageausbildungen nach dem Medizinischer Masseur‑ und Heilmasseurgesetz (MMHmG), ohne die dafür erforderlichen behördlichen Genehmigungen, insbesondere Ausbildungen zum medizinischen/gewerblichen Masseur ohne die Zustimmung des zuständigen Landeshauptmannes, anzubieten und/oder zu bewerben und/oder durchzuführen. Die von der Beklagten vertretene Auffassung, für die verkürzte Ausbildung zum medizinischen Masseur bedürfe es keiner Bewilligung des Landeshauptmannes, sei im Hinblick auf den klaren Gesetzeswortlaut unvertretbar.
Da das Verhalten der Beklagten geeignet gewesen sei, in einem größeren Personenkreis eine berichtigungsbedürftige, vorteilhafte Meinung für sie zu erzeugen, weil aus dem Inserat ableitbar gewesen sei, dass sie an allen ihren Standorten jegliche Masseurausbildung anbiete und durchführen dürfe, sei auch die Urteilsveröffentlichung sowohl im Rahmen des Internetauftritts der Beklagten als auch in jenem Medium anzuordnen gewesen, in dem die Beklagte inseriert habe.
Die Beklagte vermag in ihrer außerordentlichen Revision, mit der sie die Abweisung des Unterlassungs‑ und Urteilsveröffentlichungsbegehrens anstrebt, keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.
Rechtliche Beurteilung
1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in dem denselben Lauterkeitsverstoß betreffenden Sicherungsverfahren ausgesprochen, dass die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass es auch für die verkürzte Ausbildung zum medizinischen Masseur gemäß § 26 MMHmG einer Bewilligung des Landeshauptmannes im Sinn des § 73 MMHmG bedarf, nicht zu beanstanden ist und es im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut keiner Sachentscheidung des Obersten Gerichtshofs bedarf. Dass die gegenteilige Rechtsmeinung der Beklagten nicht mit guten Gründen vertretbar im Sinn der Rechtsprechung zum Lauterkeitsverstoß infolge Rechtsbruch ist, wurde darüber hinaus als keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung erkannt (4 Ob 57/16k mwN).
2. Zwar sprach der erkennende Senat bereits aus, dass die RL 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt nach ihrem Art 2 Abs 1 für Dienstleistungen, „die von einem in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleistungserbringer angeboten werden“, gilt, sodass ein grenzüberschreitendes Element nicht erforderlich ist und der Umstand, dass der vorliegende Fall keine Auslandsberührung aufweist, die Anwendbarkeit der Richtlinie nicht ausschließt (4 Ob 31/14h mwN zur Rsp des EuGH). Die von der Beklagten ins Treffen geführten Bestimmungen der Dienstleistungsrichtlinie stehen aber einer Bewilligungspflicht der von der Beklagten beworbenen Tätigkeit nach dem MMHmG (auch in der Auslegung der Vorinstanzen sowie des erkennenden Senats im Provisorialverfahren) nicht entgegen, weshalb die von der Beklagten behauptete Unionsrechtswidrigkeit der von ihr verletzten innerstaatlichen Anordnungen nicht zu erkennen ist:
Sowohl das von der Beklagten angesprochene Verbot, doppelte Anforderungen und Kontrollen zu verlangen (Art 10 Abs 3), als auch die Erstreckung einer Genehmigung auf das gesamte Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats (Art 10 Abs 4) sind nach der ausdrücklichen Bestimmung des Art 10 Abs 7 nicht dahin zu verstehen, dass die Verteilung der lokalen oder regionalen Zuständigkeiten der mitgliedstaatlichen Behörden, die solche Genehmigungen erteilen, in Frage gestellt werden soll. Dem entspricht auch der Erwägungsgrund 60, der klarstellt, dass die Dienstleistungsrichtlinie, insbesondere ihre Bestimmungen zu den Genehmigungsregelungen und zum territorialen Geltungsbereich einer Genehmigung, nicht die Aufteilung der regionalen oder lokalen Zuständigkeiten in den Mitgliedstaaten, einschließlich der regionalen und lokalen Selbstverwaltung und der Verwendung von Amtssprachen, berührt.
Auch der in Art 6 der Dienstleistungsrichtlinie geregelte einheitliche Ansprechpartner lässt die Zuständigkeitsverteilungen zwischen den zuständigen Behörden in den nationalen Systemen unberührt. Die Schaffung einheitlicher Ansprechpartner sollte die Zuständigkeitsverteilung zwischen den zuständigen Behörden in den nationalen Systemen unberührt lassen (Erwägungsgrund 48; vgl auch Liebwald , Verwaltungsvereinfachung unter der Dienstleistungsrichtlinie, ZfV 2008, 751 [755]).
Im Hinblick auf die eindeutige Fassung der zuvor erwähnten Bestimmungen der Dienstleistungsrichtlinie bedurfte es auch keiner Befassung des EuGH im Sinn des von der Beklagten angeregten und beantragten Vorabentscheidungsersuchens (eine Antragslegitimation besteht in diesem Zusammenhang nicht, RIS‑Justiz RS0058452).
3. Die begehrte Berichtigung der Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung hängt davon ab, ob an der Aufklärung des Publikums im zugesprochenen Ausmaß ein schutzwürdiges Interesse besteht; diese Frage hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu prüfen (RIS‑Justiz RS0079737). Der Frage, ob und in welchem Umfang eine Veröffentlichung des Urteils nach den Umständen des Falls zur Aufklärung des Publikums geboten ist, kommt allerdings keine erhebliche Bedeutung zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit und Rechtsentwicklung zu (RIS‑Justiz RS0042967 [T8]; RS0079768 [T11]).
Es liegt keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung vor, wenn das Berufungsgericht dem Zeitungsinserat (auch im Zusammenhang mit dem Inhalt der dort angeführten Website) einen durch die Urteilsveröffentlichung im konkreten Ausmaß zu korrigierenden Gesamteindruck beimisst. Auch das Ausmaß der konkreten Urteilsveröffentlichung im Internet überschreitet den dem Berufungsgericht zuzubilligenden Ermessensspielraum nicht.
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