OGH 4Ob58/03p (RS0118405)

OGH4Ob58/03p17.1.2023

Rechtssatz

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist von einem sehr weiten Streitgegenstandsbegriff (Streitverfahrensgegenstandsbegriff) auszugehen. Es liegt Identität der Streitgegenstände vor, wenn beide Klagen dieselbe "Grundlage" und denselben "Gegenstand" betreffen. Es kann daher keinem Zweifel unterliegen, dass von der Klägerin zuerst in Deutschland und später in Österreich erhobene Unterlassungsklagen mit - bezogen auf das Gebiet Österreichs - gleichem Begehren und daher auch denselben "Gegenstand" betreffend, die sich auf denselben Sachverhalt stützen, denselben Anspruch im Sinn des Art 21 EuGVÜ verfolgen.

Normen

EuGVVO 2012 Art29 Abs1
EuGVVO 2012 Art32 Abs1 lita
EuGVÜ Art21
Verordnung (EG) Nr 44/2001 des Rates 32001R0044 Brüssel I-Verordnung (EuGVVO) Art27

4 Ob 58/03pOGH16.12.2003

Veröff: SZ 2003/168

4 Ob 60/05kOGH26.04.2005

Auch; nur: Nach der Rechtsprechung des EuGH ist von einem sehr weiten Streitgegenstandsbegriff (Streitverfahrensgegenstandsbegriff) auszugehen. (T1)<br/>Beisatz: Der Begriff „Rechtshängigkeit" ist nicht nach dem jeweiligen nationalen Verfahrensrecht, sondern vertragsautonom auszulegen, so schon 6 Ob 295/00a. Es kommt nach der sogenannten „Kernpunkttheorie bzw -these" darauf an, ob beide Rechtsstreite in ihrem Kernpunkt ident sind. Identität des Klagsanspruchs ist dabei immer schon dann gegeben, wenn Gegenstand und Grundlage der Klagen ident sind. (T2)<br/>Veröff: SZ 2005/61

4 Ob 118/06sOGH28.09.2006

Vgl; nur: Identität des Anspruchs ist (nur) anzunehmen, wenn Gegenstand und Grundlage der beiden Verfahren übereinstimmen. (T3)<br/>Beisatz: Bei einem Verletzungsverfahren in Österreich und einem Widerspruch gegen die Markenregistrierung in Deutschland liegt keine die Anwendung von Art 27 EuGVVO rechtfertigende Identität des Anspruchs vor. (T4)

3 Ob 157/06vOGH19.10.2006

Auch; nur T1; Beis ähnlich wie T2; Veröff: SZ 2006/161

6 Ob 122/09yOGH05.08.2009

Auch; Beisatz: Art 27 EuGVVO verlangt unter anderem, dass Klagen „wegen desselben Anspruchs" anhängig gemacht werden. Der EuGH (Rs C-144/86 [Gubisch/Palumbo] Slg 1987, 4861 = EuGHE 1987, 4861; Rs C-406/92 [Tatry/Maciej Rataj] Slg 1994, I-5439 ua; aus jüngerer Zeit Rs C-111/01 [Gantner/Basch] wbl 2003/192) legt diesen Begriff nicht nach dem jeweiligen nationalen Prozessrecht, sondern verordnungsautonom nach dem Zweck der Bestimmung aus und hat dabei die französische Fassung der Bestimmung - und nicht den zitierten deutschen Wortlaut - zugrunde gelegt. Nach der französischen Fassung („demandes ayant le meme objet et la meme cause") ist aber eine Identität des Klagsanspruchs immer schon dann gegeben, wenn Gegenstand und Grundlage der Klagen ident sind. Der EuGH postuliert daher einen weiten Verfahrensgegenstandsbegriff, was regelmäßig als „Kernpunkttheorie" bezeichnet wird. (T5)<br/>Beisatz: Die Grundlage des Anspruchs umfasst den Sachverhalt und die Rechtsvorschriften, auf die die Klage gestützt wird (EuGH Rs C-144/86 [Gubisch/Palumbo]; 3 Ob 203/03d uva). (T6)<br/>Beisatz: Bei der Grundlage des Anspruchs kommt es maßgeblich auch auf die den Rechtsschutzbegehren zugrunde liegenden Rechtsvorschriften an (4 Ob 118/06s). (T7)<br/>Beisatz: Dies entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH, der in der Rs C-39/02 (Maersk/deHaan) klarstellte, dass es selbst bei Annahme des selben Sachverhalts, der den Verfahren zugrunde liegt, auf die rechtlichen Regelungen ankomme, auf die die beiden Klagen gestützt werden (Nr. 38). (T8)<br/>Beisatz: Hier: Im vorliegenden Fall ist die selbe Grundlage der von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche zu verneinen. Stützte sie ihre Ansprüche in Spanien auf die Behauptung, es habe sich beim Abtretungsvertrag um einen Scheinvertrag ohne realen Inhalt gehandelt, der der Figur der vollständigen Vortäuschung eines Rechtsgeschäfts zu subsumieren und daher nichtig sei, macht sie im vorliegenden Verfahren Verkürzung über die Hälfte, Arglist und Sittenwidrigkeit geltend. (T9)

8 Ob 149/10kOGH15.07.2011

Auch; nur T1; nur T3; Beisatz: Hier: Negative Feststellungsklage und später eingebrachte Leistungsklage. (T10)

1 Ob 115/12mOGH01.08.2012

Auch; Beis wie T6; Beis wie T7; Beis wie T8

2 Ob 217/12vOGH20.12.2012

nur T3; Beis wie T6; Auch Beis wie T2 nur: Es kommt darauf an, ob beide Rechtsstreite in ihrem Kernpunkt ident sind. (T11)<br/>Beisatz: Derselbe Gegenstand liegt nicht in der Identität der Klage‑ oder Antragsbegehren, sondern im gemeinsamen Zweck der Klagen oder Anträge. (T12)<br/>Beisatz: Es ist entscheidend, ob es im Kernpunkt beider Rechtsstreitigkeiten um dieselbe Frage geht, sodass nach der Logik nur eine einheitliche Entscheidung für beide Parteien möglich ist. (T13)

6 Ob 240/12fOGH06.06.2013

Vgl; nur T3; Beisatz: Hier: Unterhalt. (T14)

6 Ob 23/18bOGH28.02.2018

Vgl; Beisatz: Der in Art 27 EuGVVO verwendete Begriff der „Klage“ umfasst nicht nur eine Klage im formellen Sinn, sondern generell jedes Anhängigmachen eines Anspruchs (im sachlichen Anwendungsbereich des europäischen Zivilprozessrechts) bei Gericht. Für Art 27 EuGVVO genügt jedes formalisierte Gesuch um definitiven Rechtsschutz für einen materiellen Anspruch. (T15)<br/>

1 Ob 63/20aOGH28.04.2020

Vgl; Beis wie T10; Beisatz: Hier: Rechtshängigkeit nach Art 29 Abs 1 und Art 32 Abs 1 lit a EuGVVO 2012. (T16)<br/>Beisatz: Hier: Negative Feststellungsklage über das Nichtbestehen einer Haftung. (T17)

2 Ob 237/22zOGH17.01.2023

Vgl

Dokumentnummer

JJR_20031216_OGH0002_0040OB00058_03P0000_001

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