Spruch:
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.
Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Rechtsmittelverfahrens.
Text
Begründung
Die Kläger sind Eigentümer des Hauses G*****. Der Beklagte hat auf Grund ihres erteilten Auftrages vom Jahr 1988 in diesem Haus Maler- und Anstreicherarbeiten durchgeführt. Die Kläger haben ihm von November 1988 bis Jänner 1990 insgesamt S 549.673,14 gezahlt.
Am 21.12.1989 legte der Beklagte den Klägern "laut Kostenvorschlag vom 17.10.1988" Rechnung über seine Maler- und Anstreicherarbeiten "in den Wohnräumen EG" dieses Hauses in der Höhe von S 129.647,66 (Beilage C) und "laut Kostenvoranschlag vom 23.2.1988" über die Renovierungsarbeiten nach § 18 MRG an diesem Wohnhaus in Höhe von S 269.021,14 (Beilage D), insgesamt also über S 398.668,80.
Mit der Behauptung, daß sie bei der Überweisung der Schlußrechnungsbeträge ihre vorangegangenen Zahlungen auf Grund von Teilrechnungen übersehen hätten und überdies im Einvernehmen mit dem Beklagten die Rechnungsbeträge um ihre Pönaleforderung von S 27.000 verringert worden seien, begehren die Kläger vom Beklagten letztlich (ON 24) S 178.005 sA.
Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die von den Klägern geleisteten Zahlungen entsprächen den vereinbarten Preisen und erbrachten Leistungen. Von einem Irrtum der Kläger könne keine Rede sein.
Der Erstrichter gab dem Klagebegehren - unter Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens - statt. Er stellte im wesentlichen fest:
Zwischen den Streitteilen wurde niemals eine Abrechnung "in Regie" vereinbart; vielmehr bildeten die Kostenvoranschläge des Beklagten die Grundlage für die Abrechnung des Auftrages.
Die vom Beklagten in Untergeschoß ausgemalten Räume sind von der G***** GmbH gemietet und an die Kläger untervermietet. Die im Ober- und Dachgeschoß gelegenen Räume sind anderweitig vermietet.
Für die Gesamtsanierung des Hauses der Kläger wurde beim Schlichtungsamt des Magistrates G***** ein Verfahren nach § 18 MRG eingeleitet. Die Leistungen des Beklagten wurden in diesem Verfahren nur soweit berücksichtigt, als sie durch die gesetzlichen Vorschriften gedeckt sind; dabei handelte es sich um die Arbeiten an den Fassaden und das Ausmalen des Stiegenhauses.
Der Beklagte, der zunächst am 23.2.1988 einen Kostenvoranschlag (Beilage 1) an die Firma "E*****" gelegt hatte, richtete in der Folge dieses Angebot unmittelbar an die Kläger (Beilage M ohne Datum).
Im Schreiben vom 11.7.1989 vereinbarten die Streitteile, daß bei Überschreitung der Fertigstellungsfrist 5.8.1989 eine Konventionalstrafe von S 3.000 pro Tag gegengerechnet werde. In der Aufstellung vom 18.Jänner 1990 wurden für den Verzug zwischen 18. August und 8.September 1989 15 Arbeitstage errechnet; hieraus ergäbe sich ein Gesamtpönale in der Höhe von S 45.000.
Da die Arbeiten im Inneren des Gebäudes fertiggestellt waren und der Beklagte nur mit der Fassade im Verzug war, rechneten die Kläger nur die Hälfte der zuvor ausgewiesenen Konventionalstrafe - nämlich S 27.000 - an.
Zu der Pönalevereinbarung kam es deshalb, weil der Erstkläger dem Beklagten mehrmals eine Verzugsstrafe bei Überschreitung der vereinbarten Fertigstellungsfristen angedroht hatte.
Die Spenglerarbeiten führte die Firma S***** durch; der Beklagte verlegte die Bleche schlecht, die Fensterbänke und die Verblechung waren nicht in Ordnung, da sie Hohlräume hatten. Es wurde daher die Entfernung und Neuverlegung der Fensterbleche vereinbart. Nach Ausbau der Bleche durch die Firma S***** füllte der Beklagte die darunter bestehenden Hohlstellen aus.
Der Beklagte legte für diese Spachtelungen eine Regierechnung, welche die Kläger nicht anerkannten und zahlten. Die Kläger ließen eine Aufstellung des Beklagten (Beilage K) durch den Architekten P***** überprüfen. Danach kam es zu einem Gespräch mit dem Beklagten.
Der Beklagte zweifelte zunächst die Korrekturen des Architekten P***** an, hat sie aber letztlich nicht beanstandet, so daß der Kläger daraus schloß, er habe sie akzeptiert.
Auf Grund des Gespräches über die Aufstellung Beilage K mit den darin enthaltenen Korrekturen legte der Beklagte die beiden Rechnungen Beilagen C und D, in welche die Korrekturen des Architekten P***** übernommen worden waren. In diesen Rechnungen waren auch Zuschläge enthalten, die der Erstkläger dem Beklagten aus Kulanz zugestanden hatte.
Bei der Überweisung des offenen Rechnungsbetrages zogen die Kläger das Pönale von S 27.000 ab.
Die Überzahlung erfolgte auf Grund einer Fehlinformation durch die Sekretärin des Klägers; die inzwischen geleisteten Akontozahlungen wurden nicht berücksichtigt.
Eine Vereinbarung wonach der Beklagte niedrigere Preise anbiete und verrechne, die Differenz auf die tatsächlichen Preise aber "schwarz" gezahlt werden sollte, wurde von den Streitteilen nicht getroffen.
Rechtlich meinte der Erstrichter, daß mangels einer "Schwarzgeldvereinbarung" zwischen den Streitteilen vom Kostenvoranschlag Beilage K und den Rechnungen des Beklagten Beilagen C und D ausgegangen werden müsse. Der Abzug des Pönales von S 27.000 sei gerechtfertigt. Die Kläger hätten daher tatsächlich zuviel gezahlt.
Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Auf die Beweisrüge des Beklagten brauche aus rechtlichen Gründen nicht eingegangen zu werden. Die Kläger stützten ihren Anspruch auf § 1431 ABGB. Sie hätten daher zu beweisen, daß sie sich bei der Leistung in einem Irrtum befanden. Es fänden sich aber keine Anhaltspunkte dafür, daß die Zahlungen der Kläger auf Grund der "Leistungsausweise" des Beklagten (Beilagen 7 bis 10) irrtümlich erfolgt wären. Die Kläger versuchten nur zu beweisen, daß ihre Zahlungen auf die "Schlußrechnungen" (Beilagen C und D) am 22.1.1990 irrtümlich erfolgt seien. Es stehe aber keineswegs fest, daß eben jene Leistungen, deren Zahlung mit der Schlußrechnung begehrt wurde, schon in den Leistungsausweisen enthalten gewesen und daher mit den "Akontierungen" abgegolten worden wären. Für eine solche Annahme böten die von den Klägern weder bekämpften noch als unvollständig gerügten Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes keine ausreichende Grundlage. Damit sei aber den Klägern der Nachweis, daß sie irrtümlich und ohne Rechtsgrund gezahlt hätten und sie dadurch mangels entsprechender Gegenleistungen verkürzt worden seien, nicht gelungen. Die Feststellung, "auf Grund einer Fehlinformation seitens der Sekretärin des Klägers" sei eine Überzahlung erfolgt bzw seien die geleisteten Akontozahlungen nicht berücksichtigt worden - gegen deren Richtigkeit im übrigen Bedenken bestünden - können die Voraussetzungen des § 1431 ABGB nicht darzutun. Die Berufung sei daher berechtigt, ohne daß auf die Frage der angeblichen "Schwarzgeldvereinbarung" und einer vollständigen Klärung der vom Beklagten tatsächlich erbrachten und der in Rechnung gestellten Leistungen eingegangen zu werden brauche.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Kläger ist zulässig, weil im Interesse der Rechtssicherheit eine wesentliche verfahrensrechtliche Fehlbeurteilung des Gerichtes zweiter Instanz wahrzunehmen ist; sie ist auch berechtigt.
Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, daß die Kläger ihren Anspruch auf die Behauptung gründen, sie hätten irrtümlich die Schlußrechnungsbeträge zur Gänze gezahlt, obwohl in den Schlußrechnungen Beilagen C und D (auch) solche Positionen enthalten waren, die in den von ihnen schon vorher berichtigten Leistungsausweisen aufgeschienen waren. Daß diese Behauptung auf Grund der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen widerlegt wäre, trifft entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes keineswegs zu. Vielmehr hat das Erstgericht - offenbar deshalb, weil die Höhe der von den Klägern insgesamt geleisteten Zahlungen außer Streit gestellt worden war (S 31) - weder die konkreten einzelnen Zahlungen der Kläger noch den Inhalt der vom Beklagten gelegten Leistungsausweise, noch den Zusammenhang zwischen diesen und den Zahlungen festgestellt; es hat freilich bei der rechtlichen Beurteilung - ohne es ausdrücklich zu sagen - angenommen, daß die Kläger mit der Begleichung der Schlußrechnungsbeträge (unter Abzug des Pönales von S 27.000) die in den Leistungsausweisen (Beilagen 7 bis 10) verzeichneten Arbeiten, auf welche schon Zahlungen geleistet worden waren, ein weiteres Mal bezahlt hätten. Zu dieser Frage hat also das Erstgericht keine unrichtigen Feststellungen getroffen; vielmehr liegt insoweit ein Feststellungsmangel vor, der im Zuge der rechtlichen Überprüfung wahrzunehmen ist. Ganz abgesehen davon, daß die Kläger, die in erster Instanz obsiegt hatten, nicht verpflichtet waren, in der Berufungsbeantwortung Fehler des Ersturteils - wie etwa auf Grund unrichtiger Beweiswürdigung getroffene für sie nachteilige Feststellungen oder zur ihren Lasten gehende Verfahrensfehler (SZ 26/262; SZ 48/9; SZ 51/137; MietSlg 42.523/13 uva) oder auch Feststellungsmängel infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung (SZ 23/175; JBl 1982, 311 mwN) - zu rügen, war es Sache des Berufungsgerichtes, im Zuge der durch die Rechtsrüge des Beklagten als Berufungswerber erforderlich gewordenen rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes Feststellungsmängel aufzugreifen und zu beheben oder - sofern dadurch im Vergleich zur Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht die Erledigung verzögert oder ein erheblicher Mehraufwand an Kosten verursacht würde - durch die erste Instanz beheben zu lassen (§ 496 Abs 3 ZPO). Der Umstand, daß zu einer bestimmten Sachverhaltsfrage trotz entsprechender Parteibehauptungen keine Feststellung getroffen wurde, ist nicht dem Fall gleichzuhalten, daß eine im Gegensatz zur Parteibehauptung stehende Feststellung getroffen wird. Bei Unvollständigkeit der (rechtlich erheblichen) Feststellungen ist zunächst deren Ergänzung geboten; erst dann kann eine Sachentscheidung getroffen werden.
Ergänzender Feststellungen darüber, wieweit die Kläger Doppelzahlungen geleistet haben, wären freilich dann entbehrlich, wenn die Kläger - wie der Beklagte behauptet - die Zahlungen nicht irrtümlich, sondern in Erfüllung einer "Schwarzgeldvereinbarung" geleistet haben sollten. Das Erstgericht hat zwar das Gegenteil festgestellt, das Berufungsgericht hat aber diese in der Berufung des Beklagten ausdrücklich bekämpften Feststellungen nicht überprüft (jedoch erklärt, daß gegen die Richtigkeit der Feststellung über die irrtümliche Zahlung Bedenken bestünden).
Aus diesen Gründen war in Stattgebung der Revision das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zweiter Instanz zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht wird zunächst die Tatsachen- und Beweisrüge des Beklagten, soweit sie die Feststellungen über eine irrtümliche Zahlung betrifft, zu behandeln haben. Sollte es danach die Feststellungen des Ersturteiles übernehmen, wird es den Feststellungsmangel zur Frage, wieweit eine Doppelzahlung der Kläger vorliegt, zu beheben haben.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.
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