Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Kläger, der von der Beklagten den Betrag von S 360.000 samt Anhang begehrt, behauptet zur Begründung seines Anspruches folgenden Sachverhalt:
Er habe mit der Beklagten am 4. Oktober 1979 einen Alleinvertriebsvertrag für das Bodenaufbereitungsmittel "T***" geschlossen. Auf Grund dieses Vertrages habe er - vertragsgemäß auf seine Kosten - versucht, Geschäftsbeziehungen anzubahnen. Es sei ihm gelungen, am 5. Jänner 1980 mit der Firma "D***" G. S*** & Co. S.A. (im folgenden kurz Firma D***) in Thessaloniki einen Liefervertrag abzuschließen, dem die im erwähnten Alleinvertriebsvertrag niedergelegten Konditionen zugrundegelegen seien. Dieser Vertrag mit der Firma "D***" habe eine Mindestdauer von fünf Jahren und eine Mindestabnahmemenge von 2.000 kg "T***" jährlich vorgesehen. Schon bei den ersten Vertragsgesprächen mit der Firma D*** seien die für den Import des Produktes "T***" nach Griechenland notwendigen Formalitäten - insbesondere die Bescheinigungen über die Eigenschaften des Produktes, vor allem über seine Ungiftigkeit - erörtert worden. Da solche Bescheinigungen naturgemäß nicht der Händler, sondern nur der Produzent beibringen könne, habe er, der Kläger, seine Verhandlungen von Anfang an in ständigem Kontakt mit der Beklagten geführt, die sich bereit und in der Lage erklärt habe, alle geforderten Bestätigungen und Unterlagen beizubringen. In der Folge habe die Firma D*** die erste Bestellung von 2 Tonnen "T***" für das erste Vertragsjahr getätigt und hiefür ein Dokumentenakkreditiv übermittelt. Die Lieferung hätte bis spätestens 30. Mai 1980 erfolgen sollen; die Beklagte sei jedoch bis dahin nicht lieferfähig gewesen, obwohl sie im Alleinvertriebsvertrag eine Lieferfähigkeit von 100 Tonnen "T***" pro Jahr garantiert hatte. Deshalb hätten die Lieferfrist und die Gültigkeit des Akkreditives verlängert werden müssen. Nun habe der Kläger festgestellt, daß die Beklagte entgegen ihrer vertraglichen Zusicherung, einziger Produzent von "T***" auf der Welt zu sein, dieses Mittel überhaupt nicht herstelle, sondern aus den USA beziehe; sie habe sich auf eine Lieferverzögerung durch Abfertigungsschwierigkeiten in einem italienischen Hafen berufen. Demnach habe ihn die Beklagte beim Abschluß des Alleinvertriebsvertrages getäuscht. Er habe daher der Beklagten erklärt, daß er unter diesen Umständen nicht bereit sei, das Risiko eines Liefervertrages zu übernehmen. Aus diesem Grund sei der Liefervertrag mit Vereinbarung vom 2. September 1980 an die Beklagte übertragen worden. Damit hätten unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen der Firma D*** einerseits und der Beklagten andererseits bestanden; für den Kläger sei ein Haftungsausschluß erreicht worden. Der Beklagten sei es nunmehr oblegen, alle zur Abwicklung des Geschäftes notwendigen Maßnahmen zu treffen. Der Kläger sei verpflichtet gewesen, der Beklagten unentgeltlich als Sachbearbeiter für dieses Geschäft zur Verfügung zu stehen, sofern die Geschäftsabwicklung nicht den üblichen Tätigkeitsrahmen und Kostenaufwand übersteige. Der Gewinn des Klägers hätte in einem mit S 45 je kg "T***" festgesetzten Betrag bestehen sollen. Die Beklagte habe in der Folge seine Tätigkeit als Sachbearbeiter nicht in Anspruch genommen. Erstmals um Weihnachten 1982 habe er vom Geschäftsführer der Beklagten erfahren, daß das Geschäft mit der Firma D*** - offenbar endgültig - daran gescheitert sei, daß diese ein Zertifikat des Österreichischen Landwirtschaftsministeriums verlangt habe, das nicht habe beigebracht werden können. Da es ausgeschlossen erscheine, daß die Firma D*** ein unbeschaffbares Zeugnis verlangt habe, müsse ein Verschulden der Beklagten am Scheitern des Lieferübereinkommens vorliegen. Die Beklagte habe somit durch schuldhaftes Verhalten die Erfüllung des Liefervertrages mit der Firma "D***" vereitelt. Auf Grund dieses Vertrages hätte die Firma "D***" innerhalb der fünfjährigen Vertragsdauer insgesamt mindestens 10.000 kg T*** bezogen. Dafür stünde dem Kläger der Betrag von S 450.000 zu; hievon habe er nur den Betrag für das erste Jahr (S 90.000) erhalten. Er erleide sohin durch das schuldhafte und vertragswidrige Verhalten der Beklagten einen Schaden in der Höhe von S 360.000 (ON 1). Das Begehren werde nicht nur auf Schadenersatz, sondern auf jeden nur möglichen Rechtsgrund, der sich aus dem Sachvorbringen ergebe, gestützt (ON 13 S. 46).
Die Beklagte bestritt dieses Vorbringen und beantragte die Abweisung der Klage.
Der Erstrichter wies das Klagebegehren ohne Aufnahme von Beweisen auf Grund folgender rechtlicher Erwägungen als unschlüssig ab:
Der Kläger begehre den Ersatz des Schadens, der ihm dadurch entstanden sei, daß die Beklagte schuldhaft die Erfüllung des Liefervertrages mit der Firma D*** vereitelt habe. Er übersehe jedoch, daß ein Schadenersatzanspruch im Fall einer Vertragspflichtverletzung nur für den verletzten Vertragspartner, nicht aber für Personen entstehen könne, die an einen der Vertragspartner eine Forderung zu stellen hätten. Der Kläger sei nicht Partner des Liefervertrages, den die Beklagte nach seinem Vorbringen schuldhaft verletzt habe. Nach § 1295 ABGB könne der Geschädigte nur von dem ihm unmittelbar gegenüberstehenden Schädiger Ersatz verlangen. Auch bei einer vertraglichen Haftung, wie sie hier geltend gemacht werde, müßten gerade jene Interessen verletzt werden, deren Schutz die übernommene Vertragspflicht bezwecke. Da die von der Beklagten mit dem Liefervertrag übernommenen Pflichten nicht den Zweck verfolgten, die Interessen des Klägers zu schützen, handle es sich bei dem eingeklagten Schaden um einen Fall "mittelbaren" ("indirekten") Schadens; ein solcher werde aber nur so weit ersetzt, als dies das Gesetz ausdrücklich anordne. Der Kläger könne deshalb seine Forderung gegen die Beklagte nicht auf die Verletzung des zwischen dieser und der Firma D*** bestehenden Liefervertrages stützen, sofern er nicht behaupte, daß die Beklagte nur zu dem Zweck gegen den Vertrag verstoßen habe, um der Verpflichtung, ihm die vereinbarte Provisionszahlung zu leisten, zu entgehen. Eine solche Behauptung habe jedoch der Kläger gar nicht aufgestellt.
Aus dem zwischen den Streitteilen geschlossenen Alleinvertriebsvertrag lasse sich der Anspruch des Klägers schon deshalb nicht ableiten, weil er die mit der Anbahnung einer Geschäftsbeziehung mit der Firma D*** verbundenen Kosten vertragsgemäß selbst zu tragen gehabt habe.
Das Berufungsgericht hob dieses Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Rechtlich führte es aus:
Dem Erstgericht sei darin beizupflichten, daß das Klagebegehren nicht auf Schadenersatz gegründet werden könne, weil ein ersatzfähiger, unmittelbarer Schaden des Klägers seinem Vorbringen nicht zu entnehmen sei. Unbeachtet sei jedoch geblieben, daß sich aus den Klagebehauptungen ein Provisionsanspruch nach § 6 HVG ableiten lasse. Danach gebühre dem Handelsvertreter - und nach § 29 HVG auch dem Gelegenheitsvermittler - für jedes durch seine Tätigkeit zustande gekommene Geschäft eine Provision. Dieser - zunächst aufschiebend bedingte - Anspruch werde mit der Vermittlung oder dem Abschluß des Geschäftes erworben. Mit der Ausführung des Geschäftes, also mit dem Abschluß des vermittelten oder mit der Erfüllung des abgeschlossenen Geschäftes, erwerbe der Handelsvertreter einen unbedingten Provisionsanspruch. Auf die Ausführung des Geschäfts durch den Geschäftsherrn habe der Handelsvertreter zwar keinen Anspruch; der Geschäftsherr, der die Ausführung unterlasse, müsse jedoch nach § 6 Abs 3 HVG die Provision zahlen, sofern er nicht beweise, daß ihm die Ausführung des Geschäfts ohne sein eigenes Verschulden infolge einer nachträglichen Änderung der Verhältnisse unmöglich oder unzumutbar geworden sei.
Nach seinen Behauptungen habe der Kläger den mit Vereinbarung vom 2. September 1980 zustande gekommenen Eintritt der Beklagten in den Liefervertrag mit der Firma D*** vermittelt. Das weitere Vorbringen, der "Gewinn" des Klägers hätte nach dem Übereinkommen vom 2. September 1980 S 45 je kg T*** betragen sollen, könne bei nicht allzu engherziger Auslegung dahin verstanden werden, daß dies die vereinbarte Provision für die Vermittlung des Liefervertrages hätte sein sollen, möge das Wort "Provision" auch nicht ausdrücklich erwähnt worden sein; die Tätigkeit eines Sachbearbeiters wäre ja unentgeltlich auszuüben gewesen. Ziehe man die weiteren Behauptungen heran, die Firma D*** habe sich zur Abnahme von 10 Tonnen T*** verpflichtet, die Beklagte aber die Erfüllung dieses Vertrages schuldhaft vereitelt, so lasse sich das Urteilsbegehren mit gerade noch hinreichender Deutlichkeit aus dem in der Klage geschilderten Sachverhalt ableiten. Die Klage sei daher ausreichend schlüssig. Gegen diesen Beschluß wendet sich der Rekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Urteils der ersten Instanz.
Der Kläger beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Nach Ansicht der Beklagten könnte der vom Kläger behauptete Sachverhalt nicht nach §§ 6, 29 HVG beurteilt werden, sei doch der Kläger, der im eigenen Namen einen Vertrag mit der Firma D*** abgeschlossen habe, ursprünglich als Händler, nicht aber als Vermittler aufgetreten. Nur um gegenüber der Firma D*** nicht zu haften, habe er den Liefervertrag auf die Beklagte überbunden. Die Vereinbarung vom 2. September 1980 sei demnach als Zession, nicht aber als Vermittlungsvertrag zu werten. Eine Vermittlung des Eintritts der Beklagten in den Liefervertrag durch den Kläger sei schon begrifflich ausgeschlossen, weil ein Vertragspartner nicht den Abschluß eines Vertrages mit sich selbst vermitteln könne. Liege aber nach den Klagebehauptungen kein Vermittlungsvertrag vor, so könne der vereinbarte "Gewinn" von S 45 je Liter "T***" nicht in eine vereinbarte Provision umgedeutet werden. Für einen Provisionsanspruch fehle die Voraussetzung eines Vermittlungsauftrages. Gegen die Annahme einer Vermittlungsprovision spreche auch die vereinbarte Verpflichtung des Klägers zur weiteren Tätigkeit für das Geschäft. Aus der Klage sei nicht abzuleiten, daß bereits für die Überbindung des Liefervertrages Provision zu zahlen wäre. Allenfalls wäre für die in den Folgejahren abzuschließenden Geschäfte eine Provision zu entrichten gewesen; zu diesen Geschäften sei es aber nach dem Klagevorbringen nicht gekommen. Der Kläger habe auch nicht eine Verpflichtung der Beklagten, nach Griechenland zu liefern, behauptet, sondern lediglich von einer Abnahmeverpflichtung der Firma D*** gesprochen.
Der Beklagten ist zuzugeben, daß § 6 Abs 3 HVG, der nach § 29 Abs 1 HVG auch auf Gelegenheitsvermittler Anwendung findet, hier nicht unmittelbar herangezogen werden kann. Die Beklagte hatte dem Kläger - nach seinem für die Schlüssigkeitsprüfung allein maßgeblichen Vorbringen - keinen Vermittlungsauftrag erteilt; er hat sich auch nicht um das Zustandekommen eines Geschäftes zwischen der Beklagten und der Firma D*** bemüht, sondern mit der letzteren im eigenen Namen einen Vertrag geschlossen. Die Vereinbarung mit der Klägerin, daß diese in seinen mit der Firma D*** geschlossenen Vertrag eintrete, ist der Vermittlung eines Vertrages zwischen zwischen der Klägerin und der Firma D*** nicht ohne weiteres gleichzuhalten. Daß im Fall einer "Vertragsübernahme" (Koziol-Welser7 I 273; JBl 1984, 439 ua) der Vertragsübernehmer dem Übergeber nicht auf Grund der § 6 Abs 3, § 29 HVG eine Provision schuldet, bedarf keiner näheren Begründung. Damit ist aber für die Beklagte nichts gewonnen:
Die Beklagte hat mit dem Kläger nach dessen Behauptung beim Eintritt in seinen mit der Firma D*** abgeschlossenen Vertrag - wie weit die Firma D*** die für eine Vertragsübernahme notwendige Zustimmung (vgl. Koziol-Welser aaO) erteilt hat, hat der Kläger nicht ausdrücklich vorgebracht - die Vereinbarung getroffen, daß er für jedes Kilogramm "T***", das die Beklagte liefern werde, S 45 bekomme. Durch die Vereinbarung vom 2. September 1980 haben die Parteien demnach ihre Rechtsbeziehung nachträglich so gestaltet, als hätte der Kläger von Anfang an im Auftrag der Beklagten einen Vertragsabschluß mit einem Dritten vermittelt. Mit dieser sich aus dem Vorbringen des Klägers ergebenden rechtlichen Schlußfolgerung steht im übrigen auch der Wortlaut der von der Beklagten vorgelegten Vereinbarung vom 2. September 1980, Beilage 3, im Einklang: "Sehr geehrter Herr L***! Für die Vermittlung und den Abschluß eines 5jährigen Liefervertrages über das Produkt T*** mit der Firma D*** G. S*** & Co. S.A........garantieren wir (die Beklagte) Ihnen eine unwiderrufliche Provisionszahlung von
S 45/Liter......."). Diese Vertragsgestaltung rechtfertigt die analoge Anwendung des § 6 Abs 3 HVG.
Zum selben Ergebnis würde aber auch eine ergänzende Vertragsauslegung führen: Da - mangels gegenteiligen Vorbringens in der Klage - davon auszugehen ist, daß die Streitteile den Fall, daß die Beklagte aus Gründen, die auf ihrer Seite liegen, keine Waren an die Firma D*** liefert, nicht besprochen haben, wäre zu prüfen, was die Parteien, hätten sie diesen Fall bedacht, gewollt hätten (SZ 45/29 uva); hiebei wäre unter Berücksichtigung der übrigen Vertragsbestimmungen und des von den Parteien verfolgten Zwecks sowie unter Heranziehung der Verkehrssitte zu prüfen, welche Lösung redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten (SZ 49/86 uva). Auch dies müßte zu dem Ergebnis führen, daß die Beklagte auf Grund des Vertrages vom 2. September 1980 dem Kläger den vereinbarten "Gewinn" von S 45 je Kilogramm T*** dann zu zahlen hat, wenn sie das Unterbleiben einer Lieferung an die Firma D*** zu verantworten hat.
Schließlich kann die Klage auch im Hinblick auf den allgemeinen Rechtsgrundsatz, daß eine Bedingung als eingetreten gilt, wenn der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert wird (SpR 234 uva), nicht als unschlüssig abgetan werden. Hat die Beklagte dem Kläger eine bestimmte Zahlung für jede ihrer Lieferungen an die Firma D*** zugesagt, dann war sie nach Treu und Glauben verpflichtet, alle notwendigen Voraussetzungen für die Durchführung dieser Lieferungen zu schaffen. Unterläßt sie die Beibringung eines notwendigen Zertifikates, obgleich sie imstande gewesen wäre, es sich zu verschaffen, so könnte darin eine treuwidrige Vereitelung des Eintritts der Bedingung für ihre Zahlungspflicht dem Kläger gegenüber gelegen sein. Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich nicht, daß diese Vereitelung nur fahrlässig erfolgt wäre, in welchem Fall die Bedingung allerdings nicht als eingetreten gelten würde (MietSlg 32.109 ua). Die von der Beklagten vermißte Behauptung des Klägers, sie sei zur Lieferung an die Firma D*** verpflichtet gewesen, war entbehrlich, geht es doch nicht um Schadenersatzansprüche der Firma D***, sondern darum, daß die Beklagte Lieferungen, die die Firma D*** zu bestellen und abzunehmen hatte, unterlassen und den Kläger dadurch um seinen "Gewinn" gebracht hat.
Bei dieser Sachlage hat das Berufungsgericht die Schlüssigkeit der Klage mit Recht bejaht und demgemäß dem Prozeßgericht erster Instanz aufgetragen, über das beiderseitige Parteienvorbringen Beweise aufzunehmen und auf der Grundlage entsprechender Sachverhaltsfeststellungen eine neuerliche Entscheidung zu fällen. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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