Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben; die Rechtssache wird zur Durchführung des gesetzmäßigen Verfahrens über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluß ON 55 und zur Entscheidung unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund an das Rekursgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Klägerin ist auf Grund des Mietvertrages vom 7.4.1977 die alleinige Mieterin des dem Beklagten gehörenden Hauses in Wien 18., Scheidlstraße 38, bestehend aus sieben Zimmern samt Nebenräumen sowie Garten einschließlich Mobiliar. Sie kann den Mietgegenstand sowohl für Wohn- als auch für Geschäftszwecke (als Büro) verwenden. Die Punkte III und VI des Mietvertrages lauten auszugsweise wie folgt:
"III.
.....Der Vermieter verpflichtet sich, für die allgemeine Instandsetzung und -haltung und der damit verbundenen Leistungen des ganzen Hauses Sorge zu tragen.....".
"VI.
Der Vermieter verpflichtet sich, alle notwendigen Instandsetzungsarbeiten und baulichen Reparaturen, sowohl außen alo auch innen, insbesondere an den Hauptmauern, dem Dach, den Fußböden und der Kanalisation auf eigene Rechnung durchzuführen und die Lichtleitungen, die Heizanlage und die sanitären Anlagen instandzuhalten, sofern eventuelle Defekte nicht durch ein Verschulden seitens des Mieters entstanden sind.....".
Unter Berufung auf die vom Beklagten vertraglich übernommene Verpflichtung zur Instandsetzung und Instandhaltung des Hauses begehrt die Klägerin zuletzt (ON 45 und 47), den Beklagten schuldig zu erkennen, bestimmte Arbeiten laut namentlich genannten Kostenvoranschlägen mit einem Kostenaufwand von ingesamt 1,718.708,02 S auf seine Kosten durchführen zu lassen; der Beklagte könne sich von dieser Verpflichtung durch Zahlung von 1,718.708,02 S an die Klägerin befreien. Die in den Kostenvoranschlägen enthaltenen Arbeiten seien zur Behebung ernster Schäden des Hauses unbedingt erforderlich (ON 18 S 51).
Der Beklagte erhebt demgegenüber ua auch den Einwand, daß "das gegenständliche Verfahren ins außerstreitige Verfahren gehöre" (ON 26 S 107; schon mit Schriftsatz ON 11 vnm 19.11.1981 - der allerdings nie vorgetragen wurde - war der Einwand der Unzulässigkeit des Rechtsweges erhoben worden weil in den Punkten III und VI des Mietvertrages inhaltlich keine über die Instandhaltungsverpflichtung nach § 6 MG hinausgehende Regelung getroffen worden sei).
In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 31.1.1989 beantragte der Beklagte die Unterbrechung des Verfahrens im Hinblick auf seine zu 4 C 1829/88z gegen die Klägerin anhängig gemachte Mietzins- und Räumungsklage. Die Klägerin sprach sich dagegen aus und änderte die in ihrem bisherigen Begehren enthaltene Lösungsbefugnis in ein Alternativbegehren ab, wonach der Beklagte schuldig sei, ihr "anstelle oder statt des Klagebegehrens einen Betrag von 1,718.000,02 S zu zahlen". Der Beklagte trat dieser Klageänderung entgegen.
Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 28.2.1989 (richtig: 31.1.1989) wurde das gegenständliche Verfahren bis zur rechtskräftigen Beendigung des Rechtsstreites 4 C 1829/88z unterbrochen und die Klageänderung nicht zugelassen. Aus Anlaß des Rekurses der Klägerin hob das Rekursgericht das gesamte erstgerichtliche Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegentandes 50.000 S übersteige. Da im Mietvertrag keine über die Instandhaltungsverpflichtung des Vermieters nach § 6 MG inhaltlich hinausgehende Vereinbarung getroffen worden sei, könne durch die Berufung auf die vertraglich übernommene Verpflichtung nicht die vom Gesetz vorgeschriebene Verfahrensart umgangen werden. Gemäß § 24 Abs 1 Z 2 MG sei das auf Vornahme der in § 8 Abs 1 MG genannten Arbeiten gerichtete Begehren der Klägerin dem außerstreitigen Verfahren vorbehalten gewesen. Für Instandsetzungsansprüche des Mieters gegen den Vermieter sei der ordentliche Rechtsweg nur in jenen Fällen zulässig gewesen, in denen es an den Voraussetzungen des § 8 MG gefehlt habe; hiefür wäre aber die Klägerin behauptungs- und beweispflichtig gewesen. Mangels Zulässigkeit des Rechtsweges leide das Verfahren an einer Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 6 ZPO.
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Rekursgericht eine Sachentscheidung aufzutragen. Der Beklagte stellt in seiner Rekursbeantwortung den Antrag, dem Rechtsmittel der Klägerin nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist kraft Größenschlusses aus § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig, weil das Rekursgericht die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen hat (Fasching, Zivilprozeßrecht2 Rz 2015/1); er ist auch berechtigt.
Zunächst muß geprüft werden, ob das Rekursgericht aus Anlaß des Rekurses gegen die Nichtzulassung der Klageänderung und den Unterbrechungsbeschluß des Erstgerichtes zur amtswegigen Zurückweisung der Klage überhaupt befugt war. Die Berücksichtigung einer Nichtigkeit von Amts wegen hat zur Voraussetzung, daß das Rechtsmittelgericht aus Anlaß eines formell zulässigen Rechtsmittels überhaupt in die Lage kommt, in die Überprüfung der Sache selbst einzutreten (SZ 57/13); dies trifft aber zumindest im vorliegenden Rekursverfahren über einen die Zulassung einer Klageänderung verweigernden und die Unterbrechung des Verfahrens aussprechenden Beschluß zu, weil in beiden Fällen auch das bisherige Klagebegeghren und das unterbrochene Verfahren selbst einer sachlichen Prüfung unterliegen.
Die in einem vor dem 1.1.1982 geschlossenen Mietvertrag enthaltenen Regelungen über Instandsetzungs- und Instandhaltungsverpflichtungen des Vermieters sind auch nach dem Inkrafttreten des MRG weiter wirksam (vgl JBl 1988, 525); die Erhaltungspflicht des Vermieters und ihre Durchsetzung sind allerdings jetzt in §§ 3 und 6 MRG - abweichend von §§ 6, 8 MG - geregelt. Die Durchsetzung der gesetzlichen Erhaltungspflicht des Vermieters erfolgt - so wie bisher gemäß § 24 Abs 1 Z 2 MG - gemäß § 37 Abs 1 Z 2 MRG weiterhin im Außerstreitverfahren. Durch diese Regelung wird aber nach Lehre (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht Rz 2 zu § 37 MRG) und Rechtsprechung (SZ 54/129; MietSlg 34.340; SZ 55/184; 8 Ob 603/88) der allgemeine Grundsatz, daß Rechtssachen, die nicht ausdrücklich oder doch wenigstens unzweifelhaft schlüssig ins Außerstreitverfahren verwiesen sind, auf den streitigen Rechtsweg gehören, nicht berührt. Klagen aus Vereinbarungen gehören daher wie alle vertraglichen Ansprüche auf den Rechtsweg (Würth in Rummel2 ABGB Rz 6 zu § 1096; Würth-Zingher aaO Rz 4; SZ 57/13; MietSlg 36.483, 38.520, 38,530, 39.507 ua). Somit ist auch die Zuhaltung vertraglicher Zusagen auf Vornahme von Erhaltungsarbeiten im ordentlichen Rechtsweg zu erzwingen (Würth-Zingher aaO Rz 14). Ob dem Mieter, der sich sowohl auf das Gesetz als auch auf eine Vereinbarung stützen kann, nach der jeweiligen Begründung seines Begehrens entgegen der Meinung des Rekursgerichtes auch die Wahl des Verfahrens freisteht (so Würth-Zingher aaO Rz 4), muß hier nicht entschieden werden; das Gericht zweiter Instanz hat nämlich jedenfalls übersehen, daß sich die Klägerin im vorliegenden Fall auf Vertragsbestimmungen beruft, welche die gesetzliche Instandhaltungspflicht des Vermieters schon deshalb übersteigen, weil der Beklagte damit - abweichend von der Regelung der §§ 6, 8 MG und §§ 3, 6 MRG darüber, woraus die Kosten der Erhaltungsarbeiten zu decken sind -, die Verpflichtung zur Durchführung aller notwendigen Instandsetzungsarbeiten und baulichen Reparaturen auf eigene Rechnung übernommen hat.
Über das vorliegende Klagebegehren ist demnach im streitigen Rechtsweg zu entscheiden.
Bei dieser Sachlage war der angefochtene Beschluß aufzuheben und dem Rekursgericht eine Sachentscheidung aufzutragen. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
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