Spruch:
Die Revisionsrekurse der Parteien und die Revisionsrekursbeantwortung des Gegners der gefährdeten Partei werden zurückgewiesen.
Beide Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsrekurse selbst zu tragen. Die gefährdete Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen; der Gegner der gefährdeten Partei hat die Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Ehe der Parteien wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 4. Juni 1985 geschieden; dieses Urteil ist lediglich in seinem Ausspruch über das Verschulden noch nicht in Rechtskraft erwachsen. Der Ehe entstammen die beiden mj. Söhne Sascha und Oliver.
Nach dem übereinstimmenden Parteienvorbringen befand sich die Ehewohnung in Klosterneuburg, In der Gugl 9. Das Alleineigentum an der dortigen Liegenschaft EZ 3106 KG Klosterneuburg samt Einfamilienhaus hatte die Frau im Erbweg erworben. Während der Ehe erwarben die Parteien je zur Hälfte Eigentum an der angrenzenden Liegenschaft EZ 3954 KG Klosterneuburg, wodurch der Garten zum Einfamilienhaus vergrößert wurde. Die Frau hat die Ehewohnung seit Jahren verlassen.
Der Mann stellte am 4. Juli 1986 den Antrag auf Zuweisung des Alleineigentums der Frau an der erstgenannten Liegenschaft samt Einfamilienhaus und des Hälfteeigentums der Frau an der zweitgenannten Liegenschaft an ihn, weil er über keine andere Wohnmöglichkeit verfüge und das Haus von ihm mit Millionenaufwand renoviert worden sei.
Dem trat die Frau mit dem Hinweis darauf entgegen, daß die erstgenannte Liegenschaft samt Einfamilienhaus nicht der Aufteilung unterliege; sie stellte den Gegenantrag auf Zuweisung des Hälfteeigentums des Mannes an der zweitgenannten Liegenschaft an sie. Am 28. April 1987 begehrte die Frau zur Sicherung ihres Anspruches auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse im Sinne der §§ 81 ff EheG die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit welcher dem Mann die Belastung oder Veräußerung des ihm gehörigen Hälfteanteils an der Liegenschaft EZ 3954 KG Klosterneuburg verboten und die grundbücherliche Anmerkung dieses Veräußerungs- und Belastungsverbotes verfügt werden möge. Die Frau begründete dies damit, daß der Mann die Veräußerung des ihm gehörigen Hälfteanteils an der Liegenschaft beabsichtige, und schloß die Fotokopie eines Schreibens des Rechtsanwaltes Dr. Anton B*** vom 13. April 1987 an, mit welchem er namens der Eheleute Josef und Maria B*** mitteilte, diese hätten mit Kaufvertrag vom 26. März 1987 den Hälfteanteil des Mannes an der Liegenschaft erworben und beabsichtigten, nach Durchführung einer Realteilung den auf sie entfallenden Liegenschaftsteil mit ihrer Liegenschaft EZ 3110 KG Klosterneuburg zu vereinigen. Der Mann sprach sich in seiner Äußerung gegen die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung aus. Er habe den ihm gehörigen Hälfteanteil an der Liegenschaft zwischenzeitig veräußert, weshalb die begehrte Sicherungsmaßnahme nicht mehr möglich sei. Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab und nahm als bescheinigt an, daß auf dem dem Mann gehörigen Hälfteanteil der Liegenschaft EZ 3954 KG Klosterneuburg die Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung bis 7. April 1988 besteht. Das Rekursgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung, wies aber den von der Frau in ihrem Rekurs erstmals gestellten Antrag auf Aufnahme eines Beisatzes, wonach das Veräußerungs- und Belastungsverbot "auch die Ausschöpfung der Rangordnung zur Veräußerung hindere", ab; es sprach aus, daß der Wert des "Rekursgegenstandes" 300.000 S übersteige.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen von beiden Parteien erhobenen Revisionsrekurse sind wegen mangelnder Beschwer unzulässig; die vom Mann erstattete Revisionsrekursbeantwortung ist verspätet.
Das Verfahren zur Erlassung und Aufhebung einer einstweiligen Verfügung nach § 382 Z 8 lit c EO richtet sich ausschließlich nach den Vorschriften der EO und den nach diesem Gesetz anzuwendenden Bestimmungen der ZPO (MietSlg 38.866; EFSlg 49.638 ua). Danach setzt auch im Sicherungsverfahren jedes Rechtsmittel eine Beschwer des Rechtsmittelwerbers voraus. Es ist nicht Sache der übergeordneten Instanz, rein theoretische Fragen zu entscheiden. Kann ein Rechtsmittel seinen eigentlichen Zweck, die Rechtswirkungen der bekämpften Entscheidung durch deren Abänderung oder Aufhebung zu verhindern oder zu beseitigen, nicht mehr erreichen, dann fehlt es an dem notwendigen Rechtsschutzinteresse. Die Beschwer muß zur Zeit der Einleitung des Rechtsmittels gegeben sein und zur Zeit der Entscheidung über das Rechtsmittel noch fortbestehen (Heller-Berger-Stix 648; SZ 49/22; SZ 53/86 uva). Sowohl für das Rekurs- als auch für das Revisionsrekursverfahren über Sicherungsanträge gilt überdies das Neuerungsverbot des § 482 ZPO. Die dem angefochtenen Beschluß zugrunde liegenden Parteianträge dürfen daher im Rekurs oder Revisionsrekurs weder geändert noch erweitert werden; auch dürfen keine zusätzlichen oder neuen Anträge gestellt werden (Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 1989). In diesem Sinne fehlt es der Frau schon deshalb an jeglicher Beschwer, weil die von ihr in erster Instanz beantragte einstweilige Verfügung vom Rekursgericht erlassen worden ist. Entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichtes ist ihrem Rekurs nicht bloß teilweise, sondern zur Gänze Folge gegeben worden. Daran ändert es auch nichts, daß der im Rekursverfahren erstmals gestellte Zusatzantrag der Frau abgewiesen wurde, obwohl er wegen Verstoßes gegen das Neuerungsverbot zurückzuweisen gewesen wäre. Diesen Umstand hat der Oberste Gerichtshof schon deshalb nicht mehr aufzugreifen, weil die Frau nunmehr in ihrem Revisionsrekurs einen Rechtsmittelantrag stellt, der von ihrem erstgerichtlichen Sicherungsantrag gänzlich abweicht. Danach soll nämlich die vom Rekursgericht erlassene einstweilige Verfügung dahin abgeändert werden, daß dem Mann verboten werde, die von ihm erwirkte Rangordnungsanmerkung für die beabsichtigte Veräußerung auszuschöpfen, "wobei eine allfällige intabulierte Belastung oder Veräußerung dieser dem Mann gehörigen Liegenschaftshälfte als nichtig gelöscht" werde. Insoweit liegt daher ein unzulässiger und unbeachtlicher Verstoß gegen das Neuerungsverbot vor, der die mangelnde Beschwer der Frau schon wegen ihres gänzlichen Obsiegens im Rekursverfahren nicht zu beeinträchtigen vermag.
Auch dem Mann fehlt es in bezug auf den von ihm erhobenen Revisionsrekurs am erforderlichen Rechtsschutzinteresse, weil - wie der Oberste Gerichtshof auf Grund des von der Frau in der Revisionsrekursbeantwortung gegebenen Hinweises durch Beischaffung eines Grundbuchsauszuges vom 21. März 1988 feststellen konnte - der Mann zwischenzeitig nicht mehr Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 3954 KG Klosterneuburg ist, sondern nunmehr im Range des Rangordnungsanmerkungsbescheides des Bezirksgerichtes Klosterneuburg, TZ 1204/1987, das Eigentumsrecht für Maria und Josef B*** zu je einem Viertel einverleibt wurde. Durch die Erlassung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes im Sinne des § 382 Z 6 EO wird nämlich eine Verfügung des Eigentümers über seine Liegenschaft nur insoweit gehindert, als eine Ranganmerkung für die Veräußerung nicht besteht. War eine solche - wie hier - vorhanden, so wäre zur Sicherung des Anspruches der gefährdeten Partei auch das - hier aber nicht beantragte - an ihren Gegner gerichtete Verbot erforderlich gewesen, über diese Ranganmerkung zu verfügen (SZ 23/370; SZ 24/151; EvBl. 1962/308; 7 Ob 683/80; 8 Ob 600/86 uva). Damit ist klargestellt, daß im vorliegenden Fall der Vollzug der vom Rekursgericht erlassenen einstweiligen Verfügung jedenfalls und endgültig ins Leere gegangen ist und dem Mann jegliches Rechtsschutzinteresse für ihre Bekämpfung fehlt, weil sie ihn in seiner Rechtsposition nicht mehr zu beeinträchtigen vermag (vgl. Heller-Berger-Stix 648). Die von der Frau zur Sicherung ihres im nachehelichen Aufteilungsverfahren gestellten Aufteilungsanspruches beantragte und erlassene einstweilige Verfügung kann nämlich im Hinblick darauf, daß der Mann nicht mehr Hälfteeigentümer der Liegenschaft ist, durch die Entscheidung im genannten Hauptverfahren keinesfalls mehr gerechtfertigt werden (vgl. RdW 1987, 168). Nur wenn das Eigentumsrecht des Ehepaares B*** ob dem dem Mann gehörigen Hälfteanteil der Liegenschaft EZ 3954 KG Klosterneuburg schon im Zeitpunkt der Entscheidung des Rekursgerichtes einverleibt gewesen wäre - was von diesem weder behauptet wird noch nach der Aktenlage zutrifft -, hätte eine Sicherungsmaßnahme im Sinne des § 382 Z 6 EO gegen ihn als von vornherein zwecklos (vgl. Heller-Berger-Stix 2694; EvBl. 1983/40) nicht mehr erlassen werden können (SZ 43/119).
Beide Revisionsrekurse waren demnach wegen mangelnder Beschwer der Rechtsmittelwerber zurückzuweisen.
Der Revisionsrekurs der Frau wurde dem Mann am 8. Februar 1988 zugestellt. Die von ihm erst nach Ablauf der 14tägigen Frist (§ 402 Abs 1 EO) am 23. Februar 1988 zur Post gegebene Revisionsrekursbeantwortung war daher als verspätet zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung der Frau, in welcher auf den Zurückweisungsgrund hingewiesen worden ist, beruht auf § 393 Abs 1 EO; im übrigen gründet sich die Kostenentscheidung auf die §§ 78, 402 Abs 2 EO iVm den §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO.
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