OGH 4Ob48/02s

OGH4Ob48/02s13.3.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** KG, *****, vertreten durch WKG Wagner-Korp-Grünbart Rechtsanwälte GmbH in Ried, gegen die beklagten Parteien 1. Robert H*****, 2. Gabriele H*****, beide vertreten durch Dr. Gerhard Holzinger, Rechtsanwalt in Braunau, wegen 4.263,96 EUR, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Berufungsgericht vom 22. Mai 2001, GZ 6 R 143/01y-16, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Braunau am Inn vom 19. Februar 2001, GZ 2 C 2191/00y-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 439,72 EUR (darin 73,28 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den OGH nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichtes hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab:

Nach Lehre und Rechtsprechung beginnt die Verjährung von Werklohnforderungen (§ 1486 Z 1 ABGB) grundsätzlich erst zu laufen, wenn der Geltendmachung des Anspruchs kein rechtliches Hindernis mehr im Wege steht und damit die objektiv zu beurteilende Möglichkeit zur Klage gegeben ist (SZ 54/35; SZ 61/233; Koziol/Welser II12 245 jeweils mwN). Auch die Werklohnforderung, der die Einrede des nicht (gehörig) erfüllten Vertrages entgegensteht, beginnt erst dann zu verjähren, wenn die deren Fälligkeit hinausschiebenden Mängel vom Unternehmer behoben wurden. Ist der Unternehmer jedoch mit der Rechnungslegung oder der Verbesserung (dem Nachtrag des Fehlenden) säumig, so beginnt die Verjährung schon in dem Zeitpunkt zu laufen, in welchem dem Unternehmer die Zumittlung der Rechnung oder die Mängelbehebung objektiv möglich gewesen wäre (SZ 54/35; SZ 61/233; RdW 1990, 77; ecolex 1993, 83; RdW 1996, 357; HS 27.742; 1 Ob 131/00x). Dieser herrschenden Auffassung liegt die Erwägung zugrunde, dass der Unternehmer die Fälligkeit und damit den Beginn der Verjährung nicht willkürlich durch Verzögerung der Rechnungslegung bzw der Verbesserung nach seinem Belieben hinausschieben und damit den Zweck insbesondere der kurzen Verjährung, die baldige Klarstellung des rechtlichen Bestandes von Forderungen des täglichen Lebens zur Vermeidung der sonst besonders großen Beweisschwierigkeiten, zunichte machen darf (SZ 61/233).

Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Unternehmer mangelfreie Leistung behauptet und seinen (nicht offenbar mutwilligen) Standpunkt durch Klage auf Zahlung des Werklohns manifestiert. Stellt sich in diesem Prozess die Mangelhaftigkeit heraus, so muss der Unternehmer zwar binnen angemessener Frist ab dem endgültigen Feststehen seiner Pflicht zur Mängelbehebung verbessern, kann aber danach seinen Werklohnanspruch geltend machen, ohne dem Verjährungseinwand ausgesetzt zu sein (SZ 61/233; WBl 1989, 149; ecolex 1993, 83; RdW 1996, 357; Koziol/Welser aaO 245).

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen befand sich die Klägerin in Verbesserungsverzug. Sie hat nämlich eine Behebung der von den Beklagten gerügten Mängel an der von ihr errichteten und übergebenen Holzdeckenkonstruktion mit Schreiben vom 28. 2. 1997 (wie sich später zeigte: zu Unrecht) mit der Begründung abgelehnt, dass sie keine Verantwortung für die aufgetretenen Schäden treffe. Im sodann ua von den hier Beklagten eingeleiteten Verfahren gegen die Klägerin auf Ersatz des zur Mängelbehebung erforderlichen Deckungskapitals ergab sich die mangelhafte Ausführung des von der Klägerin errichteten Werks; dieses Verfahren endete am 28. 5. 1998 nach Abgabe eines Anerkenntnisses durch die Klägerin mit Anerkenntnisurteil. Wenn das Berufungsgericht bei dieser Sachlage die am 5. 12. 2000 eingebrachte Klage auf restlichen Werklohn als verjährt beurteilt hat, ist es von der zuvor dargestellten Rechtsprechung nicht abgewichen.

Die Klägerin vertritt den Standpunkt, die Verjährungsfrist für den Werklohn habe erst mit Abschluss der (hier von dritter Seite erfolgten) Verbesserungsarbeiten zu laufen begonnen, weil erst in diesem Zeitpunkt das Werk mängelfrei hergestellt gewesen, somit auch erst seit dann die den Beklagten bis dahin zustehende Einrede des nicht erfüllten Vertrags gegenstandslos geworden sei. Diese Argumentation übersieht, dass der Unternehmer den Beginn der Verjährung nicht willkürlich hinausschieben darf; nach der zuvor dargestellten Rechtsprechung wird ein solches treuwidriges oder nachlässiges Verhalten des Unternehmers vielmehr dadurch geahndet, dass angenommen wird, die Verjährung beginne in jenem Zeitpunkt zu laufen, in dem dem Unternehmer die Verbesserung des mangelhaften Werks objektiv möglich gewesen wäre. Hat es daher die Klägerin - entgegen ihrem Standpunkt, ein mängelfreies Werk hergestellt zu haben - unterlassen, die ihrer Auffassung nach bereits fällige Werklohnforderung einzuklagen und zu verfolgen, kann sie sich nicht auf jene Rechtsprechung berufen, wonach die Verjährungsfrist dann erst mit durchgeführter Verbesserung zu laufen beginnt, wenn das Klagebegehren auf Werklohn nur wegen Nichtverbesserung gerügter Mängel mangels Fälligkeit abgewiesen worden ist. Es ist nämlich kein Grund ersichtlich, einen Werkunternehmer, der sich (objektiv) in Verbesserungsverzug befindet, durch Hinausschieben des Verjährungsbeginns zu begünstigen, wenn er - trotz Überzeugung der Mängelfreiheit seines Werks - seine Werklohnforderung dennoch nicht fristgerecht geltend macht.

Dass die Klägerin ihre Werklohnforderung im Gewährleistungsprozess als Gegenforderung geltend gemacht hat, vermag an der eingetretenen Verjährung nichts zu ändern. Zwar wird auch der Geltendmachung einer Kompensandoforderung (bis zur Höhe der Klageforderung) Unterbrechungswirkung zuerkannt, doch gilt dies nur für den Fall, dass die Aufrechnungseinrede erfolgreich ist, also zur Abweisung des Klagebegehrens führt (Mader in Schwimann, ABGB² § 1497 Rz 15 mwN). Wurde aber die - infolge Anerkenntnisses der Klagsforderung im Gewährleistungsprozess - unerledigt gebliebene Gegenforderung nicht in angemessener Frist (hier: erst 30 Monate nach Abgabe des Anerkenntnisses) eingeklagt, wirkt die Unterbrechungswirkung der Aufrechnungseinrede nicht mehr fort (Mader aaO; SZ 65/139 = EvBl 1993/66; JBl 1999, 183).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Da die Beklagten in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen haben, diente ihr Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte