Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses vorläufig, die beklagte Partei die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Beklagte verbreitete ab dem 1.2.1990 durch Postwurf folgende Ankündigung:
Abbildung nicht darstellbar!
Die Beklagte hatte schon vorher bei der Bezirkshauptmannschaft B***** als Gewerbebehörde um die Bewilligung eines Ausverkaufes im Sinne des § 2 AusvG angesucht. Als der Geschäftsführer der Beklagten einige Tage vor dem 1.2.1990 den zuständigen Beamten, Georg St***** besucht und gefragt hatte, wie es um den Bewilligungsbescheid für den Ausverkauf stehe, hatte dieser - welcher damals noch keine Stellungnahme der Handelskammer in Händen gehabt hatte - erklärt, die Bewilligung werde aller Wahrscheinlichkeit nach in Ordnung gehen; die Beklagte könne mit dem Ausverkauf beginnen. Erst mit Bescheid vom 28.2.1990 bewilligte die Bezirkshauptmannschaft sodann den Ausverkauf.
Im Jahre 1988 hatte die Bezirkshauptmannschaft B***** mit Bescheid vom 16.6.1988 der Beklagten einen Ausverkauf für die Zeit vom 24.5. bis zum 31.7.1988 bewilligt.
Georg St***** ist der für Ausverkaufsangelegenheiten bei der Bezirkshauptmannschaft B***** als Gewerbebehörde zuständige Referent; er hat in dieser Eigenschaft Ansuchen nach § 2 AusvG zu bearbeiten und den Bescheid zu entwerfen. Zur Unterzeichnung des Bescheides ist er jedoch nicht befugt; diese nimmt der zuständige Abteilungsleiter vor.
Mit der Behauptung, daß die Beklagte den Ausverkauf ohne die erforderliche behördliche Bewilligung angekündigt habe, begehrt der klagende Verband zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, ab sofort im geschäftlichen Verkehr beim Handel mit Teppichen einen Ausverkauf oder eine ausverkaufsähnliche Veranstaltung anzukündigen, ohne im Besitz einer rechtskräftigen Ausverkaufsbewilligung der zuständigen Gewerbebehörde zu sein.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Da ihr der zuständige Sachbearbeiter schon am 31.1.1990 mitgeteilt habe, daß ihr Ansuchen bewilligt worden sei und sie daher mit der Ankündigung des Ausverkaufes beginnen könne, habe sie nicht gegen das Ausverkaufsgesetz verstoßen. § 2 AusvG verlange zwar eine Bewilligung der Gewerbebehörde, nicht aber eine vorherige Bewilligung. Die Beklagte habe jedenfalls nicht in subjektiv vorwerfbarer Weise ein Gesetz verletzt, um vor gesetzestreuen Mitbewerbern einen Vorsprung zu erlangen. Sie habe mittlerweile ihre Geschäftstätigkeit in B***** eingestellt und vertreibe keine Teppiche im Einzelhandel mehr; an ihrer Betriebsstätte in S***** unterhalte sie nur ein Lager, ohne dort zu verkaufen.
Der Erstrichter erließ die einstweilige Verfügung. Die Beklagte habe eine Ausverkaufsveranstaltung im Sinne des § 1 AusvG angekündigt; da die erforderliche Bewilligung der Gewerbebehörde gefehlt habe, habe die Beklagte damit gegen das Ausverkaufsgesetz und gleichzeitig gegen § 1 UWG verstoßen. Die Ansicht der Beklagten, daß auch die nachträglich erteilte Bewilligung zur Rechtfertigung ihres Verhaltens ausreiche, stehe in Widerspruch zum eindeutigen Gesetzeswortlaut. Auch die Wiederholungsgefahr sei zu bejahen, zumal die Beklagte ihre Behauptung, daß sie derzeit keinen Handel betreibe, nicht bescheinigt habe.
Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Zu klären sei die Frage, ob die Ankündigung eines Ausverkaufes ab 1.2.1990 nach "einer Art mündlicher Vorgenehmigung der Gewerbebehörde", aber vor Erlassung des maßgeblichen Bescheides in der gesetzlich vorgesehenen Form rechtswidrig war oder doch (wenigstens) durch die spätere Legalisierung die Wiederholungsgefahr gebannt werden konnte. Zwar könne auch von der Hauptniederlassung der Beklagten in S***** eine Wiederholungsgefahr ausgehen, selbst wenn dort derzeit nur ein Depot bestehen sollte; andererseits könne aber die Erwägung angestellt werden, daß der Kläger nach der Genehmigung der Ausverkaufsankündigung sein Begehren auf Kosten hätte einschränken können, werde doch in der Rechtsprechung auch der Standpunkt vertreten, daß die Wiederholungsgefahr für die Zukunft zu verneinen und das Begehren auf Kosten einzuschränken sei, wenn bei Schluß der Verhandlung erster Instanz die zunächst fehlende gewerbebehördliche Berechtigung vorliegt. Das Rekursgericht übersehe nicht, daß der Oberste Gerichtshof in einem sehr ähnlichen Fall ausgesprochen habe, daß ein schriftlicher Bescheid erforderlich sei; es gebe aber immerhin auch eine Reihe von Entscheidungen, die den Wettbewerbsverstoß nicht unbedingt mit einem objektiven Verstoß gegen einschlägige Bestimmungen der Gewerbeordnung gleichgesetzt hätten, vor allem dann nicht, wenn sich der Beklagte an eine ständige, wenn auch vielleicht mit dem Gesetzeswortlaut nicht ohne weiteres in Einklang zu bringende Praxis der Gewerbebehörde gehalten habe. Die letztlich erteilte Genehmigung für die Ausverkaufsankündigung ab 1.2.1990 müsse doch auch die Bedeutung haben, daß der Ausverkauf schon ab dieser Zeit rechtmäßig war. Schließlich sei das Gericht an die Lösung der gewerberechtlichen Vorfrage durch die zuständige Verwaltungsbehörde gebunden. Auch die Ansicht, daß bei späterer Genehmigung der Wettbewerbsprozeß auf Kosten einzuschränken sei, bedeute doch, daß Aktionen nicht geahndet werden sollten, deren Unrechtscharakter, gerade von der subjektiven Tatseite des Verhaltens eines juristischen Laien betrachtet, nur sehr gering sein könne.
Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Die Beklagte beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist berechtigt.
Daß die beanstandete Werbemitteilung - schon im Hinblick auf den dabei groß herausgestrichenen Begriff des "Totalabverkaufes", aber auch durch den Hinweis auf die Geschäftsauflösung - die Ankündigung eines Ausverkaufes oder einer ausverkaufsähnlichen Veranstaltung im Sinn des § 1 Abs 1 AusvG war, unterliegt keinem Zweifel und wird auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Nach § 2 AusvG ist die Ankündigung einer solchen Veranstaltung nur mit besonderer Bewilligung der Gewerbebehörde gestattet. Für die Erteilung dieser Bewilligung ist, wenn der Verkauf nicht länger als drei Monate dauern soll, die Gewerbebehörde erster Instanz zuständig (§ 3 Abs 1 AusvG); ihr Bewilligungsbescheid hat die in § 2 Z 1 bis 5 AusvG aufgezählten Angaben mit den allenfalls für notwendig erachteten Abänderungen oder Einschränkungen zu enthalten (§ 3 Abs 4 AusvG).
Diese Bestimmungen lassen keinen Zweifel darüber aufkommen, daß der Ankündigung einer Veranstaltung im Sinne des § 1 Abs 1 AusvG ein Bewilligungsbescheid vorauszugehen hat (§ 2 Satz 1 AusvG), der - ebenso wie das Ansuchen (§ 2 Satz 2 AusvG) - der Schriftform bedarf. Diesen Erfordernissen muß schon deshalb entsprochen werden, weil sie zur Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit des Ausverkaufes notwendig sind (SZ 14/15). Die Beklagte hat dadurch, daß sie schon vor der Erlassung und Zustellung eines Bewilligungsbescheides nach § 3 Abs 4 AusvG die beanstandete Ankündigung versandt hat, gegen § 2 AusvG verstoßen. Sie hat damit gleichzeitig die guten Sitten im Wettbewerb (§ 1 UWG) verletzt (SZ 14/15), liegt es doch auf der Hand, daß sie damit in der Absicht gehandelt hat, sich einen Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen, die mit der Ankündigung von Ausverkaufsveranstaltungen so lange zuwarten, bis die erforderliche Bewilligung erteilt wurde.
Darauf, daß sie in gutem Glauben gehandelt habe, kann sich die Beklagte nicht berufen. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Verletzung gesetzlicher Vorschriften gegen § 1 UWG verstößt, kommt es nach der neueren Rechtsprechung vor allem darauf an, ob die Rechtsauffassung des Beklagten durch das Gesetz so weit gedeckt ist, daß sie mit gutem Grund vertreten werden kann (SZ 56/2; ÖBl 1988, 72; ÖBl 1990, 108 und 199 ua). Das ist aber hier nicht der Fall. Der Beamte der Gewerbebehörde, Gerhard St*****, hat den Geschäftsführer der Beklagten nicht im Zweifel darüber gelassen, daß ihrem Ansuchen noch nicht stattgegeben worden war. Seine Äußerung konnte daher weder als mündliche Verkündung eines Bescheides noch als formlose Miteilung vom Vorliegen des schriftlichen Bescheides in Urschrift aufgefaßt werden. Wenn sich aber der Geschäftsführer der Beklagten auf die Erklärung des Beamten verlassen hat, daß die Bewilligung "aller Wahrscheinlichkeit nach ... in Ordnung gehen werde" und "er mit dem Ausverkauf beginnen könne", dann mußte ihm klar sein, daß die Beklagte dabei auf eigene Gefahr handle. Ganz abgesehen davon, daß der Beamte damit auch noch die - wenngleich unwahrscheinliche - Möglichkeit offengelassen hatte, daß dem Ansuchen der Beklagten nicht entsprochen werden könnte, mußte der Beklagten schon auf Grund des klaren Gesetzeswortlautes bewußt sein, daß die Ankündigung des Ausverkaufes erst nach dem Vorliegen des schriftlichen Bescheides zulässig sein werde. Die Äußerung des - nur für die Vorerledigung, nicht aber für die Entscheidung selbst zuständigen - Beamten, die Beklagte könne mit dem Ausverkauf beginnen, konnte die Ansicht der Beklagten, sie sei nun tatsächlich schon - auch ohne Vorliegen eines Bescheides - zur Ankündigung des Ausverkaufes berechtigt, nicht rechtfertigen. Der hier vorliegende Sachverhalt kann nicht mit jenem verglichen werden, welcher der vom Rekursgericht zitierten Entscheidung MR 1987, 107 zugrunde gelegen war: Dort war die Sittenwidrigkeit eines Verstoßes gegen § 1 Abs 1 GlücksspielG deshalb verneint worden, weil sich die beklagte Partei entsprechend der Rechtsansicht und der ständigen Verwaltungspraxis der zuständigen Behörde - nach Einholung einer entsprechenden Auskunft - verhalten hatte und eine gegenteilige einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht vorgelegen war. Diesmal konnte sich aber die Beklagte nur auf die Meinungsäußerung eines zur Entscheidung selbst nicht berufenen Beamten stützen, die im Gegensatz zum eindeutigen Gesetzeswortlaut und zur Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 45/14; 4 Ob 13/89 ua) stand. In der vom Rekursgericht gleichfalls herangezogenen Entscheidung SZ 60/172 war es hingegen nur um die Frage gegangen, wie weit eine Rechtsansicht der Beklagten mit dem Gesetzeswortlaut vereinbar ist, nicht aber um das Vertrauen in die Auskunft einer Verwaltungsbehörde.
Daß mit Bescheid vom 28.2.1990 die Ankündigung des Ausverkaufes schließlich doch bewilligt wurde, hat entgegen der Meinung des Rekursgerichtes für den vorliegenden Fall keine Bedeutung: Ganz abgesehen davon, daß der Inhalt des Bewilligungsbescheides und damit auch der festgesetzte Zeitraum (§ 2 Z 3, § 3 Abs 4 AusvG) weder festgestellt wurde noch den vorgelegten Urkunden einschließlich des Aktes ***** der Bezirkshauptmannschaft B***** zu entnehmen ist, könnte auch eine - im übrigen durch das Gesetz nicht gedeckte (4 Ob 13/89) - rückwirkende Bewilligung der Ankündigung nichts daran ändern, daß die Beklagte jedenfalls bis zur Zustellung dieses Bescheides ihren Ausverkauf ohne entsprechende Bewilligung und damit gesetzwidrigerweise angekündigt hat. Ob die inhaltlichen Voraussetzungen für die Bewilligung, die (noch) nicht erteilt worden war, in Wahrheit vorlagen, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung; auf die vom Rekursgericht erwähnte Bindung der Gerichte an Verwaltungsentscheidungen über Vorfragen kommt es somit hier nicht an.
Der Beklagten ist es aber auch nicht gelungen, die Vermutung der Wiederholungsgefahr zu entkräften. Daß sie ihren Gewerbebetrieb endgültig eingestellt hätte, ist nicht bescheinigt worden. Der Bewilligungsbescheid vom 28.2.1990 kann die Gefahr, daß die Beklagte in Hinkunft abermals ohne entsprechende Bewilligung einen Ausverkauf ankündigt, keineswegs beseitigen; der vorliegende Fall kann entgegen der Meinung des Gerichtes zweiter Instanz nicht mit jenem verglichen werden, wo in dem für die Entscheidung maßgebenden Zeitpunkt die zunächst fehlende gewerbebehördliche Berechtigung bereits vorliegt (4 Ob 19/89 = RZ 1989/106). Während nämlich die Ausverkaufsbewilligung nur für einen begrenzten Zeitraum erteilt wird, gilt die Gewerbeberechtigung grundsätzlich auf Dauer. Daß sie ein Beklagter verlieren und dann dennoch das Gewerbe ausüben werde, ist wenig wahrscheinlich; nach Erlangung der Gewerbeberechtigung wird ihm daher in aller Regel das Ausüben des Gewerbes nicht untersagt werden können.
Würde ein Kläger trotz Fortbestehens der Wiederholungsgefahr (und aller sonstigen Voraussetzungen für seinen Unterlassungsanspruch) sein Begehren auf Kosten einschränken, dann müßte das zur Abweisung der Klage führen (Hule, Die Kostenentscheidung nach Einschränkung der Klage auf Kosten, ÖJZ 1976, 373 ff (376, rechte Spalte, zu Pkt I 4)). Die Überlegungen des Rekursgerichtes, daß aus der Notwendigkeit, "bei späterer Genehmigung" das Begehren im Wettbewerbsprozeß auf Kosten einzuschränken, zu folgern sei, daß Aktionen geringen Unrechtscharakters nicht zu ahnden sind, beruhen demnach auf einer unrichtigen Voraussetzung.
Aus diesen Erwägungen war dem Revisionsrekurs dahin Folge zu geben, daß der Beschluß des Erstrichters wiederhergestellt wird.
Der Ausspruch über die Kosten des Klägers gründet sich auf § 393 Abs 1 EO, jener über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 40, 50, 52 ZPO.
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