Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat ihre Rekurskosten selbst zu tragen.
Text
Begründung
Das Oberlandesgericht Linz hat über die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 18.Februar 1988, 8 Cg 368/86-24, zu entscheiden; nach der Geschäftsverteilung fällt die Sache dem Senat 2 zu, dem der Senatspräsident des Oberlandesgerichtes Dr.Wolfgang K*** als Vorsitzender und die Richter des Oberlandesgerichtes Dr.Josef K*** und Dr.Reinhold S*** als Mitglieder angehören. Ein weiteres Mitglied des Senates ist der Richter des Oberlandesgerichtes Dr.Philipp B***, dessen Befangenheit in der vorliegenden Rechtssache schon anläßlich der Vorlage eines Rekurses der Beklagten mit Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 30.April 1987, GZ 5 Nc 71/87, festgestellt worden war.
Da die Beklagte in der Berufung eine Feststellung als unrichtig bezeichnet, die auf die Aussage des als Zeugen vernommenen Richters Dr.Philipp B*** gegründet ist, zeigten die drei anderen Mitglieder des Senates 2 aus der Erwägung, sie hätten bei Behandlung der Beweisrüge die Glaubwürdigkeit ihres Kollegen Dr.B*** zu beurteilen, ihre Befangenheit an. Mit Beschluß vom 1.Juni 1988, GZ Jv 3902-17.3/88-3, erkannte der "Ablehnungssenat" des Oberlandesgerichtes Linz - bestehend aus dem Vizepräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr.Heinrich E*** und den Richtern des Oberlandesgerichtes Dr.Gernot F*** und Dr.Wolfgang
M*** - diese Befangenheitsanzeige als nicht gerechtfertigt. Der zuständige Berufungssenat brauche nämlich die Glaubwürdigkeit des Zeugen Dr.Philipp B*** nicht zu prüfen, da diese in der Berufung mit keinem Wort in Zweifel gezogen worden sei; der Beklagten gehe es nur darum, die als richtig vorausgesetzte Zeugenaussage unter Berücksichtigung aller Einzelheiten des geschäftlichen Kontaktes, wie sie Dr.Philipp B*** als Zeuge selbst geschildert habe, so zu deuten, daß sie in ihrer juristischen Unerfahrenheit von einer fixen Bestellung des Shampoos "B***" anläßlich des Telefonates vom Dezember 1986 habe ausgehen dürfen. Ein solches Auslegungsproblem erfordere keine subjektive Wertung der Glaubwürdigkeit des Zeugen Dr.B***. Daß sich die Mitglieder des zuständigen Berufungssenates bei der Entscheidung über das Rechtsmittel der Beklagten von anderen als rein sachlichen Erwägungen leiten lassen könnten, sei nicht zu befürchten. Die eigene Befangenheitsanzeige der genannten Richter dokumentiere nur das besondere Verantwortungsbewußtsein, schon beim bloßen Anschein einer Befangenheit die Entscheidung des Ablehnungssenates herbeizuführen.
Gleichzeitig mit dem - vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 12. Juli 1988, GZ 4 Ob 61/88, als unzulässig
zurückgewiesenen - Rekurs gegen diesen Beschluß lehnte die Beklagte nun selbst die genannten Richter des Oberlandesgerichtes Linz als befangen ab; deren Befangenheitsanzeige erwecke in ihr erhebliche Zweifel daran, daß sie sich bei der Entscheidung über die Berufung nur von sachlichen Gründen würden leiten lassen. Außerdem lehnte die Beklagte auch die Mitglieder des Ablehnungssenates ab, weil dessen Entscheidung über die Selbstablehnungen der Mitglieder des Senates 2 unrichtig sei; dabei sei übersehen worden, daß der Aussage des Zeugen Dr.Philipp B*** in der Rechtssache besondere Bedeutung zukomme und seine Aussage vom Gericht zweiter Instanz sehr wohl zu würdigen sein werde. Überdies hätten die Mitglieder des Ablehnungssenates zu Unrecht bereits der Entscheidung in der Hauptsache insofern vorgegriffen, als sie die Berufung der Beklagten "unzulässig auf den Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung beschränken"; auch diese "vorgreifende Präjudizierung" begründe die Ablehnung.
Mit dem angefochtenen Beschluß erkannte das Oberlandesgericht Linz die Ablehnung seines Vizepräsidenten Dr.Heinrich E*** und seiner Richter Dr.Gernot F*** und Dr.Wolfgang M*** für nicht gerechtfertigt. Diese hätten selbst erklärt, sich nicht befangen zu fühlen, wenngleich Dr.F*** und Dr.M*** darauf hingewiesen hätten, daß auch sie in einem gleichen Naheverhältnis zu Dr.Philipp B*** stünden wie Dr.K***, Dr.K*** und Dr.S***. Die Entscheidung des Ablehnungssenates lasse nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür erkennen, daß sich dieser Senat von anderen als sachlichen Gesichtspunkten habe leiten lassen. Er habe vielmehr richtig aus der Berufung der Beklagten festgestellt, daß darin die Glaubwürdigkeit des Zeugen Dr.Philipp B*** nicht in Zweifel gezogen werde. Soweit die Beklagte meine, der Ablehnungssenat habe mit seiner Äußerung über den Inhalt des Rechtsmittels ein Präjudiz geschaffen, sei darauf hinzuweisen, daß die Äußerung einer bestimmten Rechtsmeinung durch den Richter oder der Umstand, daß der Richter in einem Zwischenstreit bereits eine bestimmte Rechtsansicht geäußert hat, keine Befangenheitsgründe bildeten.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten wegen "Nichtigkeit und Rechtswidrigkeit" mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und (die Sache) an das Erstgericht zur Entscheidung zurückzuverweisen oder ihn dahin abzuändern, daß der Ablehnungsantrag gegen die Richter des Oberlandesgerichtes Linz Vizepräsident Dr.E***, Dr.F***, Dr.M***, Senatspräsident Dr.K***, Dr.K*** und Dr.S*** als gerechtfertigt erkannt werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Die Beklagte übersieht, daß der angefochtene Beschluß nur über die Ablehnung der Mitglieder des Ablehnungssenates, nicht aber über jene der Mitglieder des Senates 2 erkannt hat. Der Vorwurf, daß die "angenommene Nichtberechtigung des Ablehnungsantrages" gegen Dr.K***, Dr.K*** und Dr.S*** unbegründet geblieben sei, geht daher ebenso ins Leere, wie die Ausführungen zur Befangenheit dieser Richter. War die Entscheidung über deren Ablehnung nicht Gegenstand des angefochtenen Beschlusses, so kann darüber - entgegen dem Rekursantrag - auch der Oberste Gerichtshof nicht absprechen. Nach Ansicht der Beklagten sei ihre Ablehnung des Vizepräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr.E*** und der Richter des Oberlandesgerichtes Dr.F*** und Dr.M*** gerechtfertigt gewesen, weil diese zu Unrecht die Befangenheit der Mitglieder des Senates 2 verneint hätten. Damit kann sie jedoch die Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht begründen:
Nach § 19 Z 2 JN kann ein Richter in bürgerlichen Rechtssachen abgelehnt werden, wenn ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Ein Richter ist nach ständiger Rechtsprechung dann als befangen anzusehen, wenn Umstände vorliegen, die es nach objektiver Prüfung und Beurteilung rechtfertigen, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen (SZ 43/104, RZ 1984/81 ua). Das Wesen der Befangenheit besteht in der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche psychologische Motive (SZ 43/104; RZ 1984/81); es genügt, daß eine solche Befangenheit mit Grund befürchtet werden muß (RZ 1984/81; 1 Ob 2/88 ua). Nach einhelliger Auffassung liegt aber darin, daß der abgelehnte Richter eine bestimmte Rechtsmeinung vertreten hat, kein Grund, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Das gilt selbst dann, wenn seine Rechtsauffassung von der herrschenden Rechtsprechung abgelehnt wird, wenn er seine Rechtsansicht in einem bestimmten Zwischenstreit schon geäußert oder in Form wissenschaftlicher Abhandlungen in Fachzeitschriften veröffentlicht hat (Fasching I 201 und LB Rz 164; 7 Ob 562/86, 1 Ob 2/88 ua). Daraus folgt aber, daß es nicht Aufgabe des zur Beurteilung eines aus der Entscheidung eines Richters abgeleiteten Ablehnungsantrages berufenen gerichtlichen Organes sein kann, die Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen (1 Ob 2/88); nur bei schwerwiegenden Verstößen gegen Verfahrensgrundsätze, insbesondere bei auffallender und damit bedenklicher Verletzung von Grundsätzen zum Schutz des Parteiengehörs udgl., die die Objektivität des Richters mit Grund bezweifeln lassen, wird sich die Ablehnung im allgemeinen als berechtigt erweisen (Fasching I 201; 7 Ob 562/86, 1 Ob 2/88).
Darauf, ob der Ablehnungssenat die Befangenheit der Mitglieder des Senates 2 mit Recht in Abrede gestellt hat, kommt es demnach nicht an. Umstände, die darauf schließen ließen, die Richter hätten sich bei dieser Entscheidung von unsachlichen Motiven leiten lassen, zeigt die Beklagte nicht auf; sie sind auch nicht zu erkennen. Die Befürchtung, mit dieser Entscheidung sei der Senat 2 präjudiziert worden, ist unbegründet, weil dieser in keiner Weise an die Rechtsmeinung des Ablehnungssenates gebunden ist. Da dessen Mitglieder nicht dazu berufen sind, über das Rechtsmittel der Beklagten zu entscheiden, kommt auch ihrem "Naheverhältnis" zu dem Richter Dr.Philipp B*** keine Bedeutung zu.
Der angefochtene Beschluß war demgemäß zu bestätigen. Der Kostenausspruch gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.
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