OGH 4Ob34/84

OGH4Ob34/8427.11.1984

SZ 57/188

Normen

PatG §8 Abs1
PatG §17
PatG §8 Abs1
PatG §17

 

Spruch:

Nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis kann der Arbeitnehmer, dessen Diensterfindung vom Arbeitgeber in Anspruch genommen und zum Patent angemeldet worden ist, seinen Vergütungsanspruch durch Vereinbarung mit dem ehemaligen Arbeitgeber frei regeln

OGH 27. 11. 1984, 4 Ob 34/84 (LGZ Wien 44 Cg 162/83; ArbG Wien 7 Cr 53/83)

Text

Der Kläger war bis Dezember 1966 Arbeitnehmer der beklagten Partei. Er hatte in dieser Eigenschaft gemeinsam mit Ing. Erich B eine Diensterfindung betreffend eine Fackelgas-Rückgewinnungsanlage gemacht, welche von der beklagten Partei in Anspruch genommen und am 18. 3. 1965 zum Patent angemeldet wurde. Der beklagten Partei ist für diese Erfindung das österreichische Patent Nr. 254 377 "Verfahren und Einrichtung zum Nutzbarmachen brennbarer Abgase von Raffinerien oder anderen Anlagen" (Beginn der Patentdauer: 15. 9. 1965) erteilt worden; sie verwertet die Erfindung mit gutem Erfolg in einer seit 19. 2. 1965 bestehenden Rückgewinnungsanlage.Nachdem der Kläger für das Jahr 1965 eine Pauschalvergütung von 30 000 S erhalten hatte, schlossen die Parteien am 17. 9. 1969 eine Vereinbarung, nach welcher die weitere Vergütung des Klägers von dem Fackelgas berechnet werden sollte, das innerhalb von 12 Betriebsjahren, beginnend mit 1. 1. 1966, in der erfindungsgemäßen Rückgewinnungsanlage der beklagten Partei rückgewonnen würde; das Ausmaß der Vergütung sollte 2 vH des internen, jeweils auf der Grundlage der Wärmeinhalte im Verhältnis zu Heizöl ermittelten Verrechnungspreises für Fackelgas betragen (Punkt 1). Die Vergütung sollte, für jedes Kalenderjahr getrennt, bis Ende März des folgenden Jahres berechnet und ausgezahlt werden (Punkt 2); mit ihr sollten die Ansprüche des Klägers für die Anwendung der Erfindung im Rahmen des Unternehmens der Beklagten "einmal für immer abgegolten" sein (Punkt 3).Die beklagte Partei ist ihrer Zahlungspflicht bis einschließlich des Betriebsjahres 1977 (Verrechnungszeitpunkt: 31. 3. 1978) entsprechend der getroffenen Vereinbarung in vollem Umfang nachgekommen. Für die Folgezeit hat sie dann aber ihre Zahlungen unter Hinweis auf das Ende des vereinbarten Vergütungszeitraumes von 12 Jahren eingestellt.Mit der Behauptung, daß die nutzungsabhängige Vergütung für die Inanspruchnahme einer Diensterfindung immer für die gesamte Patentdauer - oder zumindest so lange, als der Arbeitgeber auf sein Benützungsrecht an der Erfindung nicht verzichtet - zu leisten sei und dieser Anspruch des Arbeitnehmers durch Vereinbarung weder aufgehoben noch beschränkt werden könne (§ 17 PatG), verlangt der Kläger im vorliegenden, seit 14. 3. 1983 anhängigen Rechtsstreit die Verurteilung der beklagten Partei, 1. über die Menge des seit 1. 1. 1979 unter Benützung des österreichischen Patents Nr. 254 377 monatlich rückgewonnenen Fackelgases durch Angabe bestimmter, im Urteilsantrag näher bezeichneter Daten Rechnung zu legen; 2. von dem sich nach Maßgabe dieser Rechnungslegung für die Jahre 1979 bis 1982 ergebenden Betrag 2 vH, deren genaue Bezifferung dem Ergebnis der Rechnungslegung vorbehalten bleibe, samt Verzugszinsen zu zahlen. Das Klagebegehren werde nicht auf § 10 PatG, sondern auf die Unwirksamkeit der zeitlichen Begrenzung der Vergütungsvereinbarung gestützt.

Die beklagte Partei beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die Ansprüche des Klägers seien durch die Zahlung der vereinbarten Vergütung erfüllt worden; darüber hinaus habe der Kläger nichts mehr zu bekommen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne Aufnahme weiterer Beweise ab. Die dem Arbeitnehmer gemäß § 8 Abs. 1 PatG gebührende angemessene besondere Vergütung könne nicht nur durch eine einmalige Leistung, sondern auch in Form fortgesetzter Teilzahlungen erbracht werden. Eine bestimmte Mindestdauer solcher Teilzahlungen sei nirgends vorgeschrieben; insbesondere könne dem Gesetz nicht entnommen werden, daß eine nutzungsabhängig festgesetzte Vergütung über die vereinbarte (kürzere) Vertragsdauer hinaus in jedem Fall für die gesamte Patentdauer von 18 Jahren gezahlt werden müßte. Ob sich ein Erhöhungsanspruch des Klägers allenfalls aus § 10 PatG ableiten ließe, sei nicht zu prüfen, weil der Kläger diesen Rechtsgrund ausdrücklich ausgeschlossen habe.

Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Das Berufungsgericht führte die Verhandlung gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 ArbGG von neuem durch. Die vom Kläger gegen die Auffassung der ersten Instanz vorgebrachten Argumente könnten nicht überzeugen. § 8 Abs. 1 PatG erschöpfe sich in der Anordnung einer angemessenen besonderen Vergütung. Die in § 9 PatG beispielsweise angeführten Kriterien der Angemessenheit ließen jede Bezugnahme auf zeitliche Umstände, etwa den naheliegenden Hinweis auf die Patent- oder Nutzungsdauer, vermissen; den weiteren Bestimmungen des Patentgesetzes zur Diensterfindung sei überhaupt kein Hinweis auf die Beurteilung der Angemessenheit der besonderen Vergütung zu entnehmen. § 17 PatG bestimme lediglich iS des arbeitsrechtlichen Schutzprinzips, daß die dem Arbeitnehmer durch §§ 6 bis 16 PatG eingeräumten Rechte durch Vereinbarung weder aufgehoben noch beschränkt werden, also nur zu seinen Gunsten geändert werden könnten. Beim Abschluß der Vergütungsvereinbarung am 17. 9. 1969 sei jedoch der Kläger nicht mehr Arbeitnehmer der beklagten Partei gewesen. Damit habe die in Rede stehende Erfindung zwar nicht den Charakter einer Diensterfindung verloren; der Kläger habe jedoch in diesem Zeitpunkt des in § 17 PatG zugunsten der Arbeitnehmer normierten besonderen Schutzes nicht mehr bedurft. Da angenommen werden müsse, daß die Parteien damals von einer Nutzung der Erfindung während der gesamten Patentdauer ausgegangen waren, und in Punkt 4 des Vertrages überdies die Beteiligung des Klägers an allfälligen Lizenzeinnahmen der beklagten Partei ohne jede zeitliche Beschränkung vereinbart wurde, würde die der Vereinbarung einer zwölfjährigen Nutzungsdauer zugrunde liegende privatautonome Angemessenheitsvorstellung der Parteien durch eine Verlängerung der von ihnen festgelegten Laufzeit der Vergütung einseitig verzerrt werden. Die Annahme des Klägers, eine durch laufende Zahlungen zu leistende Vergütung könne nur dann angemessen sein, wenn der Zeitraum der Zahlungen mit der Nutzungsdauer des Patents übereinstimmt, sei verfehlt; es sei nicht einzusehen, warum die Parteien bei der Beurteilung der Angemessenheit der Vergütung nicht auch von einem kürzeren Zahlungszeitraum ausgehen könnten, wenn dieser Umstand durch eine entsprechende Erhöhung des Vergütungssatzes berücksichtigt werde. Nur wenn sich die Vorstellungen der Parteien über den Nutzungsverlauf als Folge einer wesentlichen Änderung der maßgebenden Umstände gewandelt hätten, wäre eine nachträgliche Änderung der festgesetzten Vergütung möglich; eine Anwendung dieser Bestimmung (§ 10 PatG) habe jedoch der Kläger ausdrücklich ausgeschlossen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Durch den auf Rechnungslegung und Zahlung gerichteten Urteilsantrag des Klägers soll die Beklagte verhalten werden, die in Punkt 1 des Vertrages festgelegte 2 prozentige Vergütung über den vereinbarten Endzeitpunkt (31. 12. 1977) hinaus auch während der restlichen Patentdauer fortzuzahlen; der Kläger geht dabei von der Rechtsansicht aus, daß eine nutzungsabhängige Vergütung, wie sie hier vereinbart worden ist, immer für die gesamte Patent- bzw. Nutzungsdauer geleistet werden müsse und daß dieser Anspruch des Arbeitnehmers gemäß § 17 PatG durch Vereinbarung weder aufgehoben noch beschränkt werden könne. Demgegenüber hat aber schon das Berufungsgericht mit Recht darauf verwiesen, daß die Vereinbarung erst am 17. 9. 1969, also fast drei Jahre nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers und damit zu einem Zeitpunkt getroffen wurde, als der Kläger des besonderen Schutzes eines Arbeitnehmers längst nicht mehr bedurfte; ebenso wie ein Verzicht des Arbeitnehmers auf an sich unverzichtbare Rechte nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich zulässig sei, unterlägen auch die erst nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses über eine Diensterfindung getroffenen Vereinbarungen nicht den Beschränkungen des § 17 PatG.

Gemäß § 17 PatG können die dem Arbeitnehmer auf Grund der §§ 6 bis 16 PatG zustehenden Rechte durch Vereinbarung weder aufgehoben noch beschränkt werden. Ebenso wie die insoweit durchaus vergleichbare Regelung des § 22 Abs. 1 des deutschen Arbeitnehmererfindungsgesetzes vom 25. 7. 1957, BGBl. I 756, ist auch § 17 PatG eine spezialgesetzliche Ausprägung der das ganze Arbeitsrecht durchziehenden Schutzfunktion gesetzlicher Vorschriften zugunsten des Arbeitnehmers. Der Gesetzgeber will dadurch, daß er einzelnen Bestimmungen - hier: den §§ 6 bis 16 PatG - zugunsten des Arbeitnehmers (einseitig) zwingenden Charakter verleiht, den Arbeitnehmer als den regelmäßig sozial und wirtschaftlich schwächeren Partner des Arbeitsvertrages vor unüberlegten, voreiligen oder durch Sorge um den Arbeitsplatz oder um die Arbeitsbedingungen beeinflußten Zugeständnissen mit der Folge unangemessener Vertragsgestaltungen und einer Verschlechterung der eigenen Rechtsposition bewahren (vgl. dazu Volmer-Gaul, ArbeitnehmererfindungsG[2], 1325 § 25 RN 4; Bartenbach, Gesetz über Arbeitnehmererfindungen 440 f., § 22 RZ 1). Diese besondere Schutzwürdigkeit des Arbeitnehmers endet aber grundsätzlich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem damit regelmäßig verbundenen Wegfallen eines möglichen wirtschaftlichen Drucks. Eine Erstreckung der zwingenden Wirkung einzelner Schutzbestimmungen über diesen Zeitpunkt hinaus kann deshalb in der Regel nur dort angenommen werden, wo sie der Gesetzgeber zur Hintanhaltung unerwünschter Nachwirkungen des Arbeitsverhältnisses ausdrücklich angeordnet hat (s. dazu insbesondere Migsch, Der sogenannte Verzicht des Arbeitnehmers auf Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, Strasser-FS (1983) 255 ff. (260)). Ob sie darüber hinaus auch in solchen Fällen zu bejahen ist, in denen eine wirtschaftliche Drucksituation ausnahmsweise auch noch nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses fortbesteht (so insbesondere Martinek-Schwarz, Abfertigung - Auflösung des Arbeitsverhältnisses 303 f.), braucht diesmal nicht weiter erörtert zu werden, weil ein derartiger Ausnahmefall hier nicht vorliegt. Die in Rede stehende Vergütungsvereinbarung ist am 17. 9. 1969 und damit fast drei Jahre nach dem Ausscheiden des Klägers aus dem Unternehmen der beklagten Partei abgeschlossen worden. Inwiefern der Kläger damals noch unter wirtschaftlichem Druck seiner ehemaligen Arbeitgeberin gestanden und solcherart in seiner freien Willensentschließung beeinträchtigt gewesen wäre, ist nicht zu sehen. Auch der Kläger selbst hat eine solche besondere Drucksituation mit keinem Wort behauptet; seiner Rechtsansicht, daß die Gestaltungsfreiheit der Parteien beim Abschluß der Vergütungsvereinbarung ungeachtet der zwischenzeitlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses immer noch durch § 17 PatG beschränkt gewesen sei, kann unter diesen Umständen umso weniger gefolgt werden, als eine derartige Beschränkung der Vertragsfreiheit zu diesem Zeitpunkt auch sachlich durch nichts mehr zu rechtfertigen gewesen wäre. Waren jedoch die Parteien am 17. 9. 1969 nicht mehr gehindert, ihre gegenseitigen rechtlichen Beziehungen ohne die sich aus §§ 6 bis 16 PatG ergebenden Beschränkungen frei zu regeln, dann stand auch der Vereinbarung einer zwar nutzungsabhängigen, aber nur auf einen Teil der Patentdauer beschränkten Vergütung kein rechtliches Hindernis entgegen.

Für die gegenteilige Auffassung des Klägers ist auch mit dem Hinweis darauf nichts gewonnen, daß gemäß § 16 PatG die nach den Bestimmungen der §§ 6 bis 15 begrundeten Rechte des Dienstgebers und des Dienstnehmers ... durch die Auflösung des Dienstverhältnisses nicht berührt werden. Aus dieser Anordnung des Gesetzes folgt zunächst, daß sich der Arbeitgeber seinen Verpflichtungen gegenüber dem Arbeitnehmer durch Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht entziehen kann; auch einer Vereinbarung, nach der bestimmte Rechte des Arbeitnehmers an die Dauer des Arbeitsverhältnisses gebunden sein und mit ihm erlöschen sollen, müßte nach dem Zweck der genannten Bestimmung, die dem Arbeitnehmer seine Ansprüche unabhängig von der Dauer des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Verjährungsfrist vorbehalten will, die rechtliche Wirksamkeit abgesprochen werden (so auch SZ 46/112; Collin, Die Diensterfindung 103 Anm. 2; Friebel-Pulitzer, Österr. Patentrecht[2], 171 Anm. I). Zu den Rechten des Arbeitnehmers, die demgemäß auch noch nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht werden können, gehört nun sicherlich auch der in § 8 Abs. 1 PatG normierte Anspruch auf eine angemessene besondere Vergütung (so auch Friebel-Pulitzer aaO Anm. I 2; ebenso Collin aaO Anm. 5); eine Beschränkung der Befugnis des Arbeitnehmers, nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis über diesen fortbestehenden Vergütungsanspruch frei zu verfügen und ihn insbesondere durch Vereinbarung mit seinem ehemaligen Arbeitgeber nach seinem Gutdünken zu regeln, kann aber auch aus § 16 PatG nicht abgeleitet werden. Die gegenteilige Auffassung des Klägers, wonach sämtliche Bestimmungen des Diensterfindungsrechtes auch auf solche Vereinbarungen über Diensterfindungen anzuwenden seien, die erst nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses getroffen werden, entbehrt einer gesetzlichen Grundlage und ist daher abzulehnen.

Bei dieser Sachlage ist auf die Frage, ob die Vergütungsvereinbarung im Falle ihres Abschlusses während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses gegen zwingende gesetzliche Vorschriften (§§ 6 bis 15 PatG) verstoßen hätte und deshalb ein darüber hinausgehender Vergütungsanspruch des Klägers für die restliche Patentdauer gerechtfertigt wäre, nicht weiter einzugehen; das Rechnungslegungs- und Zahlungsbegehren des Klägers muß vielmehr schon deshalb erfolglos bleiben, weil die die Vergütungsfrage "einmal für immer" regelnde Vereinbarung vom 17. 9. 1969 nach dem oben Gesagten rechtlich voll wirksam und für beide Parteien verbindlich ist.

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