Spruch:
1. Dem Revisionsrekurs der beklagten Parteien wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien haben die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.
2. Die Revisionsrekursbeantwortung der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Gegenstand des Revisionsrekurses ist nur noch jener Teil der von der Klägerin im Rahmen ihrer Klage beantragten einstweiligen Verfügung, worin den beklagten Parteien für die Dauer dieses Rechtsstreites, längstens jedoch bis 31. Dezember 1986, das Abwerben von Abonennten der "S*** N***" in der Weise untersagt werden soll, daß den Abonennten der "S*** N***" die Kündigung ihres Abonnements in der Weise erleichtert wird, daß die beklagten Parteien vorgeschriebene Kündigungsschreiben übergeben, diese einsammeln und auf ihre Kosten zur Post geben. Das Erstgericht wies diesen Teil des Sicherungsantrages ab. Es ging vom außer Streit gestellten Sachverhalt aus, wonach die zu werbenden Personen im Regelfall zweimal, in Ausnahmefällen dreimal von Werbern besucht werden. Den beworbenen Personen werden dabei vorgeschriebene Abbestellungen hinsichtlich eines bestehenden "S*** N***" Abonnements vorgelegt und zum Postversand übernommen, nachdem von den Bewerbern handschriftlich die Personaldaten und der Kündigungstermin ergänzt wurden. Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, es sei nicht bescheinigt, daß sich die Werbeaktion der "S*** K***" speziell und gezielt an Abonennten der "S*** N***" gewendet oder mit unzulässigen Wertungen des Konkurrenzproduktes operiert habe. Es könne als bescheinigt gelten, daß keine Verleitung zu einem Vertragsbruch von den Werbern ausgegangen sei, weil im Falle von Abbestellungen mittels vorgeschriebenen Texten das Einsetzen des gewünschten Kündigungstermins dem Beworbenen überlassen geblieben sei. Ohne diese Kriterien und ohne Ausübung eines psychologischen Zwanges sei das Verwenden von vortextierten Abbestellungsschreiben und deren Übernahme zum Versand an das Konkurrenzunternehmen zwar geschmacklos, könne aber nicht als sittenwidrig oder unzulässig angesehen werden.
Das Rekursgericht gab über Rekurs der klagenden Partei dem Sicherungsantrag auch in diesem Punkt Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den das Rekursgericht über den Rekurs der klagenden Partei entschieden hat, S 300.000,-- übersteigt. Es führte zu der noch den Gegenstand des Revisionsrekurses bildenden Frage aus, es sei zwar richtig, daß das Anwerben von Kunden eines Konkurrenten an sich nicht unzulässig sei und zwar auch dann nicht, wenn dies planmäßig erfolge. Es könnten aber zusätzliche Umstände ein solches Verhalten sittenwidrig machen. So sei z.B. das Abfangen von Kunden unmittelbar vor dem Geschäftslokal des Konkurrenten, das "Anreißen" von Kunden infolge der geübten Aufdringlichkeit, die Verleitung zum Vertragsbruch aber auch die Hilfestellung bei der Kündigung eines Vertrages des Beworbenen mit dem Konkurrenzunternehmen dergestalt, daß der Abgeworbene nicht mehr zu überlegen brauche, weil er das fertige Kündigungsschreiben nur noch zu unterzeichnen habe, als wettbewerbswidrig beurteilt worden. Die zuletzt geschilderte Werbemaßnahme entspreche der inkriminierten Wettbewerbstätigkeit der beklagten Parteien.
Gegen diesen Teil der Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der beklagten Parteien mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluß in diesem Punkt wieder herzustellen. Der Revisionsrekurs wurde der klagenden Partei am 20. März 1986 zugestellt. Die erst am 17. April 1986 zur Post gegebene Revisionsrekursbeantwortung der klagenden Partei ist verspätet, weil die Frist für den Rekurs und dessen Beantwortung im Verfahren über einen Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung gemäß § 402 Abs 1 EO 14 Tage beträgt. Die verspätete Beantwortung des Revisionsrekurses war daher zurückzuweisen (1 Ob 577/85 u.a.).
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Den Rechtsmittelwerbern ist beizupflichten, daß es zum Wesen eines jeden Wettbewerbs gehört, in den fremden Kundenkreis einzudringen, weshalb das Ausspannen von Kunden eines Konkurrenten an sich nicht unzulässig ist (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 82; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht 14 RZ 527 zu § 1 UWG; Godin Wettbewerbsrecht 2 RZ 153 zu § 1 UWG). Die Verleitung zur ordnungsgemäßen Vertragsauflösung ist daher - anders als etwa die Verleitung oder Beihilfe zum Vertragsbruch (SZ 32/79; SZ 33/64 uva) - nicht schlechthin sittenwidrig sondern nur dann, wenn besondere, die Sittenwidrigkeit begründende Umstände, hinzutreten (v.Gamm Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 2 RZ 239 zu § 1 UWG; Godin aaO RZ 165; Baumbach-Hefermehl aaO Rz 530 zu § 1 UWG; Nordemann Wettbewerbsrecht 4 RZ 257 f zu § 1; v.Gamm in Reimer Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht 4 II 278 f). Wenn es im Rahmen des Wettbewerbs auch zulässig sein mag, den umworbenen Kunden auf die Möglichkeit, Zeit und Form der Kündigung eines zum Konkurrenten bestehenden Vertragsverhältnisses aufmerksam zu machen, so entspricht es doch nicht den im Geschäftsverkehr anständiger Kaufleute üblichen Handlungen, dem umworbenen Kunden bei der Auflösung seiner vertraglichen Bindungen zu anderen Konkurrenten dadurch behilflich zu sein, daß man ihm ein vorbereitetes Kündigungsschreiben vorlegt, in welches er nur mehr den Kündigungstermin einsetzen und es unterschreiben muß und dieses Kündigungsschreiben dann noch zur Weiterbeförderung übernimmt und auf eigene Kosten zur Post befördert (v.Gamm in Reimer aaO 279;
Nordemann aaO RZ 263 a; v.Gamm aaO RZ 240; Godin aaO RZ 165;
Baumbach-Hefermehl aaO RZ 517 im Zusammenhang mit der Abwerbung von Beschäftigten). Daß die Werber der beklagten Parteien die beworbenen Kunden mehrmals besuchten, ändert daran nichts, zumal sie die Kunden zum Wechsel des Abonnements durch - teilweise mit der vorliegenden einstweiligen Verfügung verbotene - Werbegeschenke bewogen. Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Der Ausspruch über die Kosten des RevisicnArekurses gründet sich auf die §§ 78, 402 Abs. 2 EO und 40, 50 ZPO.
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