OGH 4Ob31/89

OGH4Ob31/8923.5.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J*** & V*** Verlagsgesellschaft mbH, Wien 15., Anschützgasse 1, vertreten durch DDr. Andreas Steiger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) H*** UND C*** V***, Hamburg 13, Harvestehuder Weg 45, BRD, vertreten durch Dr. Hans Perner, Rechtsanwalt in Wien, 2.) prot.Firma Rudolf L*** & S***, Verlags- und Commissionsbuchhandlung, Wien 23., Heizwerkstraße 10, vertreten durch Dr. Andreas Puletz und Dr. Franz Stadler, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren: S 450.000,--), infolge Revisionsrekurses der erstbeklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 22. Dezember 1988, GZ 1 R 201/88-11, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 5. August 1988, GZ 37 Cg 233/88-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die erstbeklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen; die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin verlegt Bücher und führt auch eine eigene Buchhandlung in Wien 11; sie liefert die von ihr verlegten Bücher auch über eine eigene Auslieferungsfirma in der Bundesrepublik Deutschland aus. Die Klägerin ist (ua) Verlegerin eines unter dem Titel "K***" am 22. Oktober 1987 erschienenen und der Öffentlichkeit präsentierten Buches von Erich S***; hiefür wurden ihr die ausschließlichen Werknutzungsrechte eingeräumt. Das Buch enthält im wesentlichen Karikaturen mit kurzen Titelzeilen zu den jeweiligen Zeichnungen. Auf der Umschlagseite befindet sich eine Salatschüssel mit Salatblättern, einer Fliege und einer Zitrone; die Salatschüssel ist mit Kopfkarikaturen bekannter Persönlichkeiten aus Politik, Kunst, Kultur und Wirtschaft "garniert". Über diese Neuerscheinung wurde am 6. November 1987 im "Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel" berichtet, nachdem bereits im "Buchreport" Nr. 44 vom 29. Oktober 1987 und im "BuchMarkt 11/87" auf diese Neuerscheinung verwiesen worden war.

Der erstbeklagte Buchverlag hat seinen Sitz in Hamburg. Er ist mit seinen jeweiligen Neuerscheinungen auch auf dem österreichischen Markt präsent und liefert die von ihm verlegten Bücher in Österreich über die Zweitbeklagte aus. Seine Verlagsprospekte, in denen die Zweitbeklagte ausdrücklich als "Auslieferungsfirma" für Österreich angeführt wird, haben auch Geltung für den österreichischen Buchmarkt.

Am 8. Dezember 1987 nahm der Erstbeklagte im "Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel" für "K***" Titelschutz gemäß § 16 dUWG in Anspruch. In seinem Verlagsprospekt "Herbst '88" kündigte er mit dem Erscheinungstermin 18. August 1988 das Buch "K***", Untertitel: "Spottreportagen für Besserwisser", von Eike Christian H*** wie folgt an:

"Das Buch. 'Mach ihn fertig in netter Form!' Mit diesem Grundsatz aus dem deutschen Wirtschaftsleben hat der Autor seine angeborene Neigung, giftige Komplimente zu verteilen, noch verfeinert. So sind Spottreportagen entstanden, von denen man nicht recht weiß, ob man sie eher harmlos oder hinterhältig finden soll. Was Hunde über die geheimsten Wünsche ihres Herrn verraten, wie man Raucher vergrault, mit welchen Trinkgeldern sich eine Beleidigung aussprechen läßt, oder was heute der verschämte Besitzer eines Flachdach-Bungalows fühlt - hier wird es ausgeplaudert, hier tickt der Zeitgeist.

Die hohe Kunst, sich anderen Menschen wie nebenbei vorzustellen, macht uns Hirsch an einem Ferienreisenden klar, der seine Andeutungen so geschickt zu streuen wußte, daß bald jeder Mitreisende ahnte: er muß Chefarzt sein! Beneidenswert. In einer anderen Glosse geht die Tücke des Objekts von einer Packung mit gesalzenen Nüssen aus. Der hungrige Fahrgast der Bundesbahn wird von dieser Tüte alsbald in solche Verlegenheit versetzt, daß er am Ende dem Wort "schwarzfahren" eine neue Bedeutung abgewinnt. Doppelbödiger Spott über die menschlichen Schwächen ist das Markenzeichen des Autors geblieben, seit er vor Jahren mit 'Deutsch für Besserwisser' bekannt wurde. Er macht es allen recht und keinem billig.

Die achtzig kurzen Satiren (klein, aber gemein), nach dem Leben gemalt und mit ein paar humorvollen Glanzlichtern überhöht, sind zunächst als Radio-Unterhaltung vorgetragen worden. Immer das Neueste, aber schön destruktiv. Denn breit grinsen ist besser als schmal denken."

Daneben befand sich ein Foto des Autors und darunter ein kurzer Lebenslauf samt Werkübersicht sowie nachstehender "Kurztext":

"Die Dummheit des Menschen ist unantastbar. Darum versuchen es diese achtzig Spottreportagen mit Humor: Besser breit grinsen als schmal denken. Es sind Bosheiten, die von Herzen kommen, zuerst im Radio als spitze Unterhaltung vorgetragen. Vor begeistertem Publikum! (Das behauptet jedenfalls der Autor)."

Im Jahr 1983 war ein Karikaturenband von Claire B*** mit dem Titel "Kopfsalat" auf den österreichischen Markt gekommen; es konnte nicht festgestellt werden, daß dieses Buch derzeit lieferbar wäre. Lieferbar sind Bücher mit den Titeln "Kopfsalat und Ringelblume"; oder "die Leidenschaften des Gärtners" sowie "Kopfsalat und Liebeskummer".

Die Klägerin begehrt zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der den beiden Beklagten die Verbreitung, Veröffentlichung, Auslieferung oder Ankündigung des Buches von Eike Christian H*** mit dem Titel "K***" oder einem ähnlichen, verwechslungsfähigen Titel verboten werde. Der vom angesprochenen Durchschnittsleser in einem "ironischen, zynischen und humoresken Sinn" verstandene Titel ihres Buches genieße urheberrechtlichen Schutz, jedenfalls aber den Titelschutz gemäß § 80 UrhG. Der vom Erstbeklagten zeitlich später angekündigte Buchtitel gebe Anlaß zu Verwechslungen, weil das so gekennzeichnete Werk derselben Literatursparte, nämlich der Witz- und Unterhaltungsliteratur, angehöre.

Die Beklagten sprechen sich gegen die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung aus. Der Erstbeklagte habe das Buch "Eike Christian H***: K***/Spottreportagen für Besserwisser" nur für die Bundesrepublik Deutschland angekündigt; eine Verbreitung in Österreich habe die Klägerin nicht einmal behauptet. Voraussetzung der von der Klägerin erhobenen vorbeugenden Unterlassungsklage sei die konkrete Besorgnis einer unmittelbar bevorstehenden Rechtsverletzung; hiezu liege nicht einmal die Behauptung vor, daß die Beklagten derzeit ein allenfalls bestehendes Recht der Klägerin auf Titelschutz verletzten. Im übrigen finde das von der Klägerin ohne territoriale Beschränkung, also auch für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, beantragte Ankündigungsverbot im Gesetz keine Deckung. Urheberrechtlichen Titelschutz könne die Klägerin nicht beanspruchen, weil das Wort "K***" keine eigentümliche geistige Schöpfung im Sinne des § 1 UrhG sei. Auch Titelschutz gemäß § 80 UrhG komme nicht in Betracht, weil die Bezeichnung "K***" nicht ausreichend unterscheidungskräftig sei, vielmehr als Wort des täglichen Sprachgebrauches bereits für eine größere Anzahl von Buchtiteln Verwendung gefunden habe. Jedenfalls liege nur ein "äußerst schwacher Titel" vor, bei dem keine Verwechslungsgefahr bestehe. Der Titel "Kopfsalat" werde nämlich für zwei Werke vollkommen verschiedener Gattungen verwendet: Das von der Klägerin verlegte Buch enthalte ausschließlich Karikaturen und sei ein Werk der bildenden Künste, jenes des Erstbeklagten ein Werk der Literatur. Beide Bücher wiesen auch eine ganz unterschiedliche Aufmachung auf; das des Erstbeklagten habe darüber hinaus noch einen unterscheidungskräftigen Untertitel. Dazu komme noch, daß Erich S*** als Karikaturist in Österreich besondere Bekanntheit genieße, während Eike Christian H*** ein in Österreich vollkommen unbekannter bundesdeutscher Autor sei, für dessen Werk hier kaum Interesse bestehe.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab und beurteilte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt dahin, daß für den Buchtitel der Klägerin nur wettbewerbsrechtlicher Titelschutz nach § 80 UrhG in Betracht komme. Urheberrechtlicher Titelschutz (§ 1 UrhG) scheide aus, weil der Buchtitel "K***" für sich allein keine eigentümliche geistige Schöpfung sei. Gegen § 80 UrhG hätten aber die Beklagten schon deshalb nicht verstoßen, weil der Titel "K***" keineswegs erstmals für das von der Klägerin herausgegebene Buch Verwendung gefunden habe; es fehle daher sowohl die Priorität als auch die erforderliche Kennzeichnungskraft des - bereits mehrfach verwendeten - Titels.

Das Rekursgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteige. Es bejahte die inländische Gerichtsbarkeit in Ansehung des Erstbeklagten, weil dessen Buchankündigung im Verlagsprospekt "Herbst 88" Auswirkungen auf den österreichischen Markt gehabt habe. Daß die einstweilige Verfügung gegen den Erstbeklagten in der Bundesrepublik Deutschland nicht vollstreckbar sei, stehe ihrer Erlassung nicht entgegen. Auf den vorliegenden Rechtsfall sei gemäß § 34 Abs 1, § 48 Abs 2 IPRG österreichisches Recht anzuwenden. Daß sich die Klägerin und der Erstbeklagte auch auf dem deutschen Buchmarkt gegenüberstünden, habe auf die Frage der Rechtsanwendung im Hinblick auf die den §§ 9 UWG und 80 UrhG im wesentlichen gleichlautende Bestimmung des § 16 dUWG keinen Einfluß. Die festgestellten Ankündigungen des Erstbeklagten reichten bereits aus, um eine konkrete Besorgnis einer unmittelbar bevorstehenden Rechtsverletzung zu begründen, zumal sie schon wegen des damit verbundenen Aufwandes regelmäßig nur dann vorgenommen würden, wenn das angekündigte Buch auch tatsächlich auf den Markt gebracht werde.

Wie bereits das Erstgericht zutreffend erkannt habe, sei der Buchtitel "K***" mangels Vorliegens der vom Gesetz geforderten Eigenschaften zwar nicht nach § 1 UrhG schützbar, wohl aber nach § 80 UrhG: Beide hier in Rede stehenden Bücher seien Werke der Literatur der bildenden Kunst. Beim Buchtitel der Klägerin liege schon deshalb keine Gattungsbezeichnung vor, weil damit nicht etwa ein Werk über den Salatanbau gekennzeichnet worden sei; vielmehr werde der Gattungsbegriff "Kopfsalat" hier in origineller, individualisierender und damit kennzeichnender Art für eine Karikaturensammlung verwendet. Durch die Verwendung desselben Titels für eine Sammlung satirischer Zeichnungen, die im Jahre 1983 auf dem österreichischen Buchmarkt gewesen sei, werde dessen Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft nicht geschmälert, sei doch nicht glaubhaft gemacht worden, daß das gleichnamige Werk einer französischen Zeichnerin bei der Vielzahl der jährlichen Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt einen derartigen Bekanntheitsgrad erreicht habe, daß dieser auch noch nach rund fünf Jahren in der Öffentlichkeit fortwirke. Bei den beiden anderen, derzeit noch auf dem Markt befindlichen Büchern werde das Wort "Kopfsalat" jeweils nur als Bestandteil der aus mehreren Wörtern bestehenden Titel verwendet; es habe daher nicht jene Prägnanz wie beim Buchtitel der Klägerin. Diesem komme gegenüber der Titelverwendung des Erstbeklagten die Priorität zu. Einwände aus dem absoluten oder relativen Recht eines Dritten - insbesondere die Behauptung, eine Partei führe die Bezeichnung einem Dritten gegenüber unbefugt - seien in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen. Auch die Verwechslungsgefahr müsse im vorliegenden Fall bejaht werden. Dabei sei in erster Linie maßgebend, ob die Titel zu Verwechslungen Anlaß geben könnten, weil gerade bei Büchern, die gerne zu Geschenkzwecken oder auf Grund einer Empfehlung oder einer Kritik bestellt würden, der äußeren Aufmachung weniger Bedeutung beigemessen werde. Wenngleich es sich bei dem Buch der Klägerin um eine Karikaturensammlung, bei dem des Erstbeklagten aber um eine Sammlung satirischer Kurzgeschichten handle, sei doch ihr Gegenstand - ungeachtet der formellen Zugehörigkeit zu zwei verschiedenen Werkgattungen - vom Inhalt her im wesentlichen gleich, weil in beiden Fällen eine satirische, spöttische Auseinandersetzung mit der Umwelt und den Menschen stattfinde. Die durch den Buchtitel jeweils angesprochenen Leserkreise seien daher im wesentlichen identisch.

Eine Beschränkung der einstweiligen Verfügung auf das Gebiet der Republik Österreich sei nicht erforderlich gewesen, weil es für den Kampf gegen den unlauteren Wettbewerb grundsätzlich keine territorialen Grenzen gebe; es dürfe nur im Ausland nicht etwas verboten werden, was nach den dort geltenden Gesetzen gestattet sei. Ein solcher Fall liege aber im Hinblick auf die inhaltliche Übereinstimmung des § 80 UrhG und des § 9 UWG mit der Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland (§ 16 dUWG) nicht vor. Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Erstbeklagten aus den Anfechtungsgründen der Mangelhaftigkeit des zweitinstanzlichen Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, dem Rechtsmittel des Erstbeklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3, § 528 a ZPO).

In seiner Rechtsrüge bekämpft der Erstbeklagte nur noch die vom Rekursgericht bejahte Kennzeichnungskraft und die Verwechslungsgefahr der beiden Buchtitel sowie die Annahme der Zulässigkeit der Erlassung einer einstweiligen Verfügung auch für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Es kann daher zur Frage des anzuwendenden Rechtes, der Bejahung der Voraussetzungen für eine sogenannte vorbeugende Unterlassungsklage, der Priorität des Buchtitels der Klägerin gegenüber dem des Erstbeklagten und zur Verneinung der Frage, ob der in Rede stehende Titel selbst ein urheberrechtlich geschütztes "Werk" ist, auf die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichtes verwiesen werden. Die Annahme der Verwechslungsgefahr bekämpft der Erstbeklagte im wesentlichen mit dem abermaligen Hinweis darauf, daß es sich bei seinem Buch um Werk der satirischen Prosa, bei dem der Klägerin aber um ein solches der bildenden Kunst handle. Regelmäßig werde der Kreis derjenigen, die Karikaturenbände schätzen, mit den Lesern satirischer Kurzgeschichten nicht identisch sein. Auch würden Bücher keineswegs häufig nur nach ihrem Titel bestellt; gerade bei Kurztiteln werde ein Buch nur durch Titel und Autor, gegebenenfalls sogar durch zusätzliche Nennung des Verlages, individualisiert. Dem ist jedoch folgendes entgegenzuhalten:

Der Titel eines Geisteswerkes dient der Individualisierung des mit ihm gekennzeichneten Objekts; an ihn knüpft sich auch der Ruf, den das Werk genießt. Er kann bestimmte Vorstellungen über die Güte oder den Inhalt des gekennzeichneten Werkes sowie das Interesse der Kunden an dem Werk wecken (Rintelen, Urheberrecht und Urhebervertragsrecht 208; Kucsko in MRA 1983/4, 1). Der wettbewerbsrechtliche Titelschutz nach § 80 UrhG - der nur aus historischen Gründen im UrhG geregelt ist (Rintelen aaO 209; Schönherr in FS Bappert 262) - knüpft an die Kennzeichnungsfunktion des Titels an (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15, 1722 Rz 116 zu § 16 dUWG; Loewenheim in Schricker, Urheberrecht Rz 39 zu § 2 dUrhG). Die für den Titelschutz gemäß § 80 UrhG erforderliche Unterscheidungskraft ist im vorliegenden Fall mit Recht bejaht worden, weil der Buchtitel "K***" für eine Karikaturensammlung dieses Wort keineswegs in seiner herkömmlichen Bedeutung als bestimmte Salatpflanze (vgl Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 726) - nach österreichischem Sprachgebrauch "Häuptelsalat" (Duden, Sinnund sachverwandte Wörter und Wendungen 399) - verwendet; er wird vielmehr in einer übertragenden Bedeutung gebraucht, die auf eine originelle und einprägsame Weise Inhalt und Charakter des so bezeichneten Buches kennzeichnet (Loewenheim aaO Rz 43). Durch die Verwendung des Wortteiles "-salat" als suffixoid wird nämlich hier die Phantasie des angesprochenen Publikums in Richtung auf ein "chaotisches Durcheinander" in bezug auf das Basiswort "Kopf" angesprochen (Duden, Bedeutungswörterbuch 536) und damit auf den satirischen Gehalt des solcherart gekennzeichneten Buches hingewiesen. Diese von Natur aus gegebene Unterscheidungskraft des Titels könnte nur dann ausgeschlossen sein, wenn schon vor seiner Verwendung gleiche oder ähnliche Titel für entsprechende Werke in so hohem Maße verwendet worden wären, daß dadurch bereits eine Entwicklung zu einem sogenannten "Freititel" oder zu einer Gattungsbezeichnung stattgefunden hätte (vgl von Gamm, Urheberrechtsgesetz Einf. Rz 49); eine derartige Annahme verbietet sich aber im vorliegenden Fall nicht nur nach dem erstinstanzlichen Vorbringen des Erstbeklagten, sondern auch auf der Grundlage des als bescheinigt angenommenen Sachverhaltes. Die Tatsache, daß im Jahre 1983 einmal eine satirische Sammlung von Zeichnungen unter dem Titel "K***" auf dem österreichischen Buchmarkt erschienen ist, kann nämlich für sich allein und ohne jeden weiteren Anhaltspunkt noch nicht die Annahme rechtfertigen, daß der Buchtitel als solcher bereits eine derart überragende Bedeutung im Sinne seiner Entwicklung zum "Freititel" oder zu einer Gattungsbezeichnung für eine Karikaturensammlung erlangt hätte. In den Titeln der beiden anderen genannten Werke tritt aber die Bezeichnung "K***" so deutlich in den Hintergrund, daß sie ihre Originalität nicht mehr aus dieser Bezeichnung selbst, sondern ausschließlich aus dem Zusammenhang mit den übrigen Wortfolgen der einzelnen Titel beziehen. Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr kommt es in erster Linie auf die zu vergleichenden - hier: identischen - Buchtitel, nicht aber auf den Inhalt oder Charakter der mit ihnen bezeichneten Werke an; diese werden nämlich dem Publikum meist unbekannt sein, wenn es den Titeln begegnet (Baumbach-Hefermehl aaO 1726 Rz 124). Selbst bei übereinstimmenden Titeln wird aber eine Verwechslungsgefahr im allgemeinen dann ausgeschlossen sein, wenn sich die Werke an verschiedene Publikumskreise richten und ganz verschiedene Gegenstände behandeln (Rintelen aaO 210). Sonst besteht jedoch Verwechslungsgefahr auch bei Verwendung des Titels für Werke verschiedener Art (Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht 275; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht3, 177), weil dadurch beim angesprochenen Publikum der Eindruck von Zusammenhängen, insbesondere einer Bearbeitung oder Fortsetzung des geschützten Titels ("Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne"), entstehen kann (von Gamm aaO Rz 57; Loewenheim aaO Rz 47). Auch im Bereich des sonstigen wettbewerbsrechtlichen Schutzes von Unternehmenskennzeichen gemäß § 9 UWG schlieet ja im allgemeinen nur eine durchgreifende Warenverschiedenheit die Verwechslungsgefahr aus (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 159). Das Rekursgericht hat daher entgegen der Meinung des Rechtsmittelwerbers zutreffend erkannt, daß ein solcher irriger Eindruck insbesondere dann entstehen kann, wenn ein satirisches Sprachwerk im Sinne der §§ 1, 2 Z 1 UrhG zeitlich später unter demselben Titel angekündigt und veröffentlicht wird wie ein satirisches Werk der bildenden Künste im Sinne der §§ 1, 3 Abs 1 UrhG (Karikaturensammlung). Auch wenn sich die Interessentenkreise für ironische und satiriche Karikaturen nicht gänzlich mit denen für ebensolche Sprachwerke decken mögen, so kann doch von einer nicht unbeträchtlichen Überschneidung der entsprechenden Publikumserwartung ausgegangen werden. Der flüchtige Leser der Titelankündigung des Erstbeklagten kann jedenfalls im Hinblick auf den weitgehend gleichartigen ironisch-satirischen Inhalt und Charakter der beiden Werke den Eindruck gewinnen, es handle sich bei dem vom Erstbeklagten verlegten Buch um das der Klägerin, zumindest aber um eine damit in Zusammenhang stehende sprachliche Ergänzung, Fortsetzung oder Bearbeitung. Es besteht demnach die Gefahr, daß ein nicht ganz unerheblicher Teil des mit dem Titel angesprochenen Publikums entweder die Werke selbst verwechseln oder doch irrigerweise Beziehungen zwischen ihnen annehmen wird, die tatsächlich nicht bestehen (Seibt in Gloy, Handbuch des Wettbewerbsrechts § 61 Rz 15).

Mit Recht hat daher das Rekursgericht in dem beanstandeten Verhalten des Erstbeklagten einen Verstoß gegen § 80 UrhG erblickt, so daß der Unterlassungsanspruch der Klägerin und damit die einstweilige Verfügung gemäß § 81 UrhG gerechtfertigt sind. Die in der Bundesrepublik Deutschland begangene Titelverletzung des Erstbeklagten wirkt sich auf den österreichischen Markt aus; für den vorliegenden Verletzungsstreit ist daher die inländische Gerichtsbarkeit gegeben, zumal dafür auch der Gerichtsstand gemäß § 83 c Abs 2 JN vorlag (Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rz 911 idF der Deckblätter 1983). Gerade wegen dieser Auswirkungen auf den österreichischen Markt verbietet sich aber die vom Rechtsmittelwerber geforderte beschränkte territoriale Sicht seiner in der Bundesrepublik Deutschland erfolgten Titelverwendung durch Ankündigung, Veröffentlichung, Auslieferung oder Verbreitung des von ihm verlegten Buches. Im übrigen weicht der Revisionsrekurswerber mit seinen Ausführungen, die Verbreitung des Buches der Klägerin habe sich auf den süddeutschen Raum beschränkt, von der festgestellten Sachverhaltsgrundlage ab.

Dem Revisionrekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Der Ausspruch über die Kosten der Klägerin beruht auf

§ 393 Abs 1 EO, jener über die Kosten des Erstbeklagten auf

§ 402 Abs 2, § 78 EO und §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO.

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