OGH 4Ob309/97p

OGH4Ob309/97p28.10.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek und Dr. Niederreiter sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Jacqueline V*****, der mj. Lilian V*****, und des mj. Gene D*****, wegen Besuchsrecht, infolge Revisionsrekurses der Mutter Sabine D*****, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 3. September 1997, GZ 17 R 95/97b, 17 R 115/97a-162, mit dem die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Aspang vom 6. Februar 1997, P 1326/95i-152, P 1326/95i-153, teilweise behoben wurden, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Minderjährigen Jacqueline, Lilian und Gene sind die ehelichen Kinder des Peter V***** und der Sabine D*****; die Ehe der Eltern wurde am 23.3.1990 gemäß § 55a EheG geschieden. Die Kinder leben bei der Mutter.

Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 3.5.1993 wurde das Besuchsrecht des Vaters dahin geregelt, daß er berechtigt ist, die Kinder an jedem ersten und dritten Sonntag im Monat von 9.00 Uhr bis 19.00 Uhr zu sich zu nehmen. Der Vater hat das Besuchsrecht nie ausgeübt (ausüben können); er hat die Kinder Mitte 1993 zuletzt gesehen.

Der Vater hat mehrfach beantragt, über die Mutter Ordnungsstrafen wegen Vereitelung des Besuchsrechts zu verhängen. Er beantragt weiters, das Besuchsrecht auf das im Scheidungsfolgenvergleich vereinbarte Ausmaß (erstes Wochenende und dritter Samstag im Monat) auszudehnen und ihm ein Besuchsrecht in der ersten Augustwoche einzuräumen. Es solle mit der Mutter ein therapeutisches Gespräch geführt werden, um die Ursache ihrer angeblichen Besuchsrechtsverweigerungen zu ergründen. Der Vater beantragt weiters, die Anzeigen gegen Karl D***** wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen zu überprüfen.

Die väterlichen Großeltern beantragen, ihnen an jedem vierten Samstag im Monat ein Besuchsrecht zu ihren Enkeln einzuräumen.

Die Mutter spricht sich gegen ein Besuchsrecht der väterlichen Großeltern aus; sie beantragt, das Besuchsrecht des Vaters auszusetzen. Der Vater sei alkoholabhängig, unberechenbar und völlig unverläßlich. Auch die väterlichen Großeltern sprächen dem Alkohol zu. Die Alkoholabhängigkeit des Vaters solle durch einen CDT-Test geprüft werden. Durch ein Gutachten sollten die Auswirkungen des Alkoholismus bei der Besuchsrechtsausübung auf das soziale Verhalten der Kinder geprüft werden, insbesondere die damit verbundenen Gefahren und Risken für die Kinder. Die Mutter beantragt weiters, Pauline T*****, Christine R***** und ihren nunmehrigen Ehegatten Karl D***** zum Beweis für das Fehlverhalten des Vaters zu vernehmen.

Das Erstgericht wies den Antrag der Mutter auf Durchführung eines CDT-Testes und den Antrag des Vaters auf Überprüfung der Anzeigen gegen Karl D***** zurück; es wies die Anträge des Vaters auf Verhängung von Ordnungsstrafen und auf Durchführung eines therapeutischen Gespräches mit der Mutter sowie den Antrag der Mutter auf Vernehmung der Zeugen Pauline T*****, Christine R***** und Karl D***** ab. Dem Antrag der Mutter, ein Sachverständigengutachten einzuholen, gab es statt. Das Erstgericht bestellte Univ.-Prof. Dr. Max H. Friedrich zum Sachverständigen und trug ihm auf, zum Thema Besuchsrecht des Kindesvaters und der Großeltern väterlicherseits ein Gutachten zu erstatten. Das Erstgericht trug dem Sachverständigen auf, insbesondere zu klären,

Der CDT-Test werde derzeit nur im Rahmen wissenschaftlicher Tätigkeit durchgeführt; er sei nicht notwendig und würde das Verfahren nur verzögern. Maßgebend sei, wie sich das Verhalten des Vaters auf die Kinder auswirke; das werde der Sachverständige klären. Da die Entscheidung äußerst dringend sei, seien die beantragten Vernehmungen derzeit nicht zweckdienlich.

Das Rekursgericht behob den Ausspruch über die Zurückweisung des Antrages auf Durchführung eines CDT-Tests und den Ausspruch über die Abweisung des Antrages auf Vernehmung von Zeugen (Punkt 1); den Rekurs gegen den Beschluß über die Bestellung des Sachverständigen (Punkt 2) sowie die "Verbesserung zum Rekurs" (Punkt 3) wies es zurück. Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs gegen Punkt 1 des Beschlusses zulässig gegen Punkt 2 und 3 nicht zulässig sei.

Der Ausspruch über die Zurück- bzw. Abweisung von Beweisanträgen der Mutter sei anfechtbar, weil die Parteien die Entscheidung dahin auslegen könnten, daß damit bindend der weitere Verfahrensgang festgelegt werde. Die Gefährdung der Rechtsstellung der Parteien führe zur Zulässigkeit des Rekurses. Der Rekurs sei auch berechtigt, weil für die abgesonderte Erledigung von Beweisanträgen im Außerstreitverfahren eine gesetzliche Grundlage fehle. Davon abgesehen, habe das Erstgericht die Beweisanträge verfrüht abgelehnt. Es könne derzeit noch nicht gesagt werden, ob der Sachverständige alle Fragen klären könne. Die Bestimmung der Reihenfolge der Beweisaufnahmen bleibe aber dem Erstgericht überlassen. Aufträge, wie sie der Mutter vorschwebten, griffen in die freie Beweiswürdigung ein. Das Rechtsmittelgericht dürfe nicht im einzelnen abwägen, welche Erfolgsaussichten und welches Gewicht dem in Frage stehenden Beweismittel in Konkurrenz zu anderen Beweismitteln zugebilligt werden müsse. Bleibe der Befund des Sachverständigen tatsächlich ohne vorhergehende andere Beweisaufnahmen mangelhaft, so werde das Gutachten zu ergänzen sein.

Die Mutter wende sich nicht dagegen, daß überhaupt ein Sachverständiger bestellt werde; insoweit sei sie auch nicht beschwert, weil sie die Vernehmung eines Sachverständigen beantragt habe. Der dem Sachverständigen erteilte Auftrag sei nicht überprüfbar.

Die "Verbesserung zum Rekurs" sei als Ergänzung des Rechtsmittels unzulässig. Auch im Außerstreitverfahren gelte der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Entscheidung richtet sich der "ordentliche bzw. außerordentliche" Revisionsrekurs der Mutter mit dem Antrag "auf Aufhebung der Beschlüsse vom 6.2.1997 des Bezirksgerichtes Aspang ON 152 und ON 153 bzw. auf Aufhebung der Punkte 2, 3 und 4 des Beschlusses ON 152 und ON 153 Folge zu geben". Die Mutter erachtet sich dadurch beschwert, daß das Rekursgericht die Beschlüsse des Erstgerichtes nicht zur Gänze aufgehoben hat; sie bekämpft in den Gründen die Bestellung des Sachverständigen.

Soweit sich der Revisionsrekurs - allenfalls - gegen die teilweise Aufhebung des erstgerichtlichen Beschlusses richtet, ist er mangels Beschwer unzulässig; soweit sich der Revisionsrekurs gegen die Zurückweisung des Rekurses gegen den Beschluß über die Bestellung des Sachverständigen richtet, ist er mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.

Das Rekursgericht hat den Beschluß des Erstgerichtes insoweit aufgehoben, als Beweisanträge der Mutter abgelehnt wurden. Durch die Aufhebung ist die Mutter nicht beschwert; sie bekämpft, worauf ihre Ausführungen hindeuten, in Wahrheit auch nicht diesen Teil des Beschlusses, sondern die Zurückweisung ihres gegen den Beschluß über die Bestellung des Sachverständigen gerichteten Rekurses. Die Mutter meint, mit ihrem Rekurs nicht nur den Inhalt des dem Sachverständigen erteilten Auftrages, sondern auch seine Bestellung bekämpft zu haben.

Die Mutter hat in ihrem Rekurs ersucht, die Zeugen einzuvernehmen, den tatsächlichen Alkoholkonsum und das Verhalten gegenüber den Kindern festzustellen und "erst danach einen Sachverständigen seinen Befund darüber abgeben zu lassen". Damit hat sich die Mutter, wie auch ihre Verbesserungsschrift zeigt, nicht gegen die Bestellung des Sachverständigen an sich, sondern gegen den Zeitpunkt der Bestellung gewandt. Mit dieser Frage hat sich das Rekursgericht aber ausführlich auseinandergesetzt und dargelegt, daß es mit einem Auftrag, die Beweise in einer bestimmten Reihenfolge aufzunehmen, in die freie Beweiswürdigung des Erstgerichtes eingriffe. Das Rekursgericht hat sich demnach mit dem Vorbringen der Mutter inhaltlich auseinandergesetzt; daß es den Rekurs zurückgewiesen hat, anstatt auszusprechen, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben, beschwert die Mutter nicht.

Die Ausführungen des Rekursgerichtes zur Anfechtung eines Beschlusses, mit dem ein Sachverständiger bestellt wird, stehen im übrigen im Einklang mit der Rechtsprechung (ua RZ 1982/5; 4 Ob 561/87; 2 Ob 511/92). Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG liegt nicht vor.

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