Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 14.238,90 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.920 S Barauslagen und 1.119,90 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Im Frühjahr 1983 stellte der damalige geschäftsführende Gesellschafter der klagenden GmbH, Rudolf C, einen mit 'Kachelöfen - wirtschaftlich und behaglich' überschriebenen Werbeprospekt für die Klägerin zusammen (Beilage A). Der obere Teil dieses Prospektes zeigt ein - etwa 10 x 11 cm großes - Lichtbild eines Kachelofens mit Sitzbank; daneben ist folgender Werbetext zu lesen:
'Gesunde Wärme mit dem Holzdauerbrandofen.
Einmal am Tag heizen und 24 Stunden Wärme - der holzbeheizte Kachelofen erfreut sich zu Recht besonderer Beliebtheit. Holz ist ein sauberer, hygienischer Brennstoff, der mangels Schwefel umweltfreundlich verbrennt und ... Holz wächst nach. Der Verbrauch für eine Heizperiode beträgt ca. 4 bis 5
Raummeter Holz. Ohne Gitterrost, daher fast keine Verbrennungsrückstände. Mit diesen Öfen können sie auch eine Etage beheizen.
Fußbodenheizungen, Warmwasserboiler, Bratrohre und Heizkörper können ebenfalls problemlos angeschlossen werden.
Unser erfahrener Hafnermeister mit langjähriger Praxis im Kachelofenbau übernimmt die fachliche Beratung, Planung und Berechnung Ihres Heizproblems.
Ihr Meisterbetrieb Kachelofenbau Ges.m.b.H., 4501
Neuhofen/Krems, Bahnhofstraße 4
Tel.: 07227/377'.
Unterhalb des erwähnten Lichtbildes und mit diesem nach Art eines Anhängers scheinbar durch eine Schnur verbunden, befindet sich eine kreisrunde Fläche von ca. 3,5 cm Durchmesser, welche in auffallenden Großbuchstaben die Umschrift 'EIN D KACHELOFEN', ferner die stilisierte Abbildung eines solchen Ofens und den (kleingedruckten) Hinweis 'Vom Hafnermeisterbetrieb' enthält.
Den unteren Teil dies Prospektes bildet eine zum Ausschneiden bestimmte, vorgedruckte Postkarte, welche an die Klägerin adressiert ist und in ihrer linken Hälfte - neben dem für die Angabe des Namens, der Anschrift und der Telefonnummer des Absenders vorgesehenen freien Raum - den Vordruck 'Ich möchte eine kostenlose und unverbindliche Beratung durch Ihren Meister' enthält. Rechts neben diesem Postkarten-Vordruck finden sich noch nachstehende, fettgedruckte Hinweise:
'Finanzierung: Bequeme Teilzahlung bis zu 48
Monatsraten. - Sonderbegünstigte Steuerabschreibung!' Der Prospekt Beilage A wurde am 11.April 1983 bei der E Vordruck KG in Wels in Druck gegeben und am 29.April 1983 an die Klägerin ausgeliefert. Der Beklagte nahm diesen Prospekt zur Hand, brachte darauf handschriftlich einige unwesentliche önderungen an und übergab ihn sodann am 6.September 1983
gleichfalls der E Vordruck KG zum Druck. Diese stellte den Prospekt in einer Auflage von 10.000 Stück her und lieferte ihn am 29. September 1983 an den Beklagten aus; eine weitere Lieferung war vorgesehen. Der Prospekt des Beklagten (Beilage B) ist dem Kläger nahezu gleich; er unterscheidet sich von ihm nur darin, daß er am oberen Rand die Worte 'An einen Haushalt' sowie 'Postgebühr bar bezahlt' trägt, der letzte Absatz des Werbetextes mit den Worten 'Ihr erfahrener Hafnermeister ....' (anstelle von 'Unser erfahrener Hafnermeister ....') beginnt und im Anschluß daran nach den Worten 'Ihr Hafnermeister Josef B Kachelofenbau' (anstelle von 'Ihr Meisterbetrieb Kachelofenbau Ges.m.b.H.') die Anschrift und die Telefonummer des Beklagten angeführt werden. Die vorgedruckte Postkarte ist an 'Hafnermeister B, Florianerstraße 2, 4501 Neuhofen/Krems' adressiert. Davon abgesehen, stimmt der Prospekt Beilage B nicht nur durch die Verwendung des wörtlich gleichen Werbetextes und desselben Lichtbildes, sondern auch in seiner gesamten graphischen Gestaltung (Verwendung derselben Schriftarten und Schriftgrößen, räumliche Anordnung der einzelnen Wort- und Bildbestandteile) mit dem Prospekt der Klägerin praktisch vollkommen überein.
Die Klägerin sieht in dieser unmittelbaren übernahme ihrer eigenen Werbeleistung durch den Beklagten einen Verstoß gegen § 1 UWG. Sie beantragt daher (u.a.) die Verurteilung des Beklagten, im geschäftlichen Verkehr die Verwendung des von ihr entworfenen Prospektes 'Kachelöfen - wirtschaftlich und behaglich' zu unterlassen, sowie die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in zwei namentlich genannten Tageszeitungen.
Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Der beanstandete Prospekt beruhe im wesentlichen auf einer Idee der F GmbH in Mattersburg-Walbersdorf, welche nicht nur dem damaligen Geschäftsführer der Klägerin, Rudolf C, sondern auch dem Beklagten die Bewilligung zur wörtlichen übernahme von Teilen ihres eigenen Prospektes erteilt habe; auch die Firma G in Steyr als Herstellerin des in beiden Prospekten wiedergegebenen Lichtbildes habe sowohl der Klägerin als auch dem Beklagten eine derartige Verwendung ausdrücklich gestattet. Der Prospekt der Klägerin sei deshalb kein 'auf mühevoller und kostspieliger Leistung basierendes' und deshalb gegen Nachahmung geschütztes Arbeitsergebnis der Klägerin, sondern 'die geschickte Verwendung bzw. Zusammenfügung von Werbeideen anderer Unternehmungen'. Rudolf C habe im übrigen gegen die Benützung des Prospektes Beilage A auch für Werbezwecke des Beklagten keinen Einwand erhoben.
Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, im geschäftlichen Verkehr die Verwendung des beanstandeten Prospektes zu unterlassen, und ermächtigte die Klägerin zur Urteilsveröffentlichung in einer Samstagausgabe der 'Oberösterreichischen Nachrichten'; das Veröffentlichungs-Mehrbegehren wurde - insoweit rechtskräftig - abgewiesen. Dieser Entscheidung liegen folgende weitere Sachverhaltsfeststellungen zugrunde:
Rudolf C verwendete für den Prospekt Beilage A Teile des Werbetextes aus einem Postwurfprospekt der F GmbH (Beilage 1) sowie ein von der Firma G stammendes Lichtbild. Mit Schreiben vom 7.April 1983 (Beilage 2) gestattete die F GmbH dem Beklagten die Benützung eines anderen Teiles ihres Prospektes. Auch der Prospekt der F GmbH enthält einen vorgedruckten, zum Ausschneiden bestimmten Teil, welcher als 'Gutschein über eine individuelle und kostenlose Information' über den 'optimalen Einsatz eines Kachelofens .... mit den neuesten Erkenntnissen des Kachelofenbaues' bezeichnet ist. Davon abgesehen, ist aber diese Werbeschrift sowohl in dem von ihr verwendeten Werbetext als auch in ihrer graphischen Gestaltung völlig anders aufgebaut als der Prospekt der Klägerin. Rechtlich meinte das Erstgericht, daß der Prospekt der Klägerin das 'Ergebnis ihrer eigenen Arbeit' sei, dessen Gestaltung - trotz teilweiser Verwendung fremder Vorlagen - einen erheblichen Aufwand an Zeit und Mühe erfordert habe. Durch die unmittelbare Aneignung dieses fremden Arbeitsergebnisses habe der Beklagte gegen § 1 UWG verstoßen.
Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos. Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil der ersten Instanz und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteige. Von den Feststellungen des Ersturteils ausgehend, billigte das Berufungsgericht auch die rechtliche Beurteilung dieses Sachverhalts durch das Prozeßgericht erster Instanz.
Das Urteil des Berufungsgerichtes wird seinem ganzen Inhalt nach vom Beklagten mit Revision aus den Gründen des § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO bekämpft. Er beantragt, die angefochtene Entscheidung 'aufzuheben' (richtig: abzuändern) und das Klagebegehren abzuweisen, hilfsweise das Urteil des Berufungsgerichtes aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an eines der Untergerichte zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der gerügte Verfahrensmangel ist nicht gegeben (§ 510 Abs 3 Satz 2). In seiner Rechtsrüge bestreitet der Beklagte die Schutzwürdigkeit des Prospektes der Klägerin, weil die hier verwendeten 'gängigen Worte, Sprüche und Gestaltungsmerkmale' - ganz abgesehen davon, daß es sich zum Teil um Werbeideen der F GmbH und der Firma G handle - keine wettbewerbliche Eigenart besäßen und daher nicht geeignet seien, eine gedankliche Verbindung mit einem bestimmten Unternehmen hervorzurufen; damit sei aber auch die Gefahr einer Verwechslung der beiderseitigen Unternehmungen ausgeschlossen. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden:
Wie das Berufungsgericht im Einklang mit Lehre und Rechtsprechung zutreffend erkannt hat, verstößt das Verhalten eines Unternehmers, der ohne jede eigene Leistung, ohne eigenen ins Gewicht fallenden Schaffensvorgang, das ungeschützte Arbeitsergebnis eines anderen ganz oder doch in erheblichen Teilen glatt übernimmt, um so dem Geschädigten mit dessen eigener mühevoller und kostspieliger Leistung Konkurrenz zu machen, gegen § 1 UWG. Dieser Grundsatz gilt insbesondere auch für die Nachahmung eines fremden Werbemittels - etwa eines Prospektes -, wenn jemand bewußt eine fremde Werbung übernimmt, um deren Vorteile auf Kosten seines Mitbewerbers für
sich auszunützen, wie dies etwa bei einer foto-mechanischen
Ablichtung eines Werbeprospektes oder eines Teiles davon der Fall
sein kann (SZ 53/35
= ÖBl. 1980, 97; ÖBl. 1981, 16; ebenso 4 Ob 367/82). Einer darüber hinausgehenden wettbewerblichen Eigenart des fremden Werbemittels bedarf es dabei entgegen der Meinung der Revision ebensowenig wie eines im Gedächtnis des Publikums fortlebenden Erinnerungsbildes, das eine Irreführung des Geschäftsverkehrs über die Herkunft der angebotenen Waren oder Leistungen befürchten ließe. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte einen Prospekt (Beilage B) in Verkehr gesetzt, der mit demjenigen der Klägerin (Beilage A) mit Ausnahme der Namen und der Anschriften der Parteien praktisch vollkommen ident ist und nach seinem äußeren Erscheinungsbild einer foto-mechanischen Vervielfältigung des fremden Vorbildes gleichkommt. Daß die Zusammenstellung des Prospektes Beilage A einen gewissen Aufwand an Zeit und Mühe verursacht hat und daher - ungeachtet der teilweisen Verwendung fremder Ideen - als selbständige Leistung der Klägerin angesehen werden muß, hat schon das Erstgericht zutreffend erkannt. Durch die praktisch unveränderte übernahme dieses Arbeitsergebnisses seiner Mitbewerberin hat sich der Beklagte jede eigene Leistung erspart und die Vorteile der Werbung der Klägerin auf deren Kosten für sich ausgenützt. Er macht der Klägerin mit deren eigener, unter Einsatz von Mühe und Kosten gewonnener Leistung auf eine solche Art und Weise Konkurrenz, die mit den guten Sitten im geschäftlichen Verkehr (§ 1 UWG) nicht mehr zu vereinbaren ist.
Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Urteils. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
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