Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Antragstellerin hat den Erst- bis Zehntantragsgegnern zu Handen des ausgewiesenen Antragsgegnervertreters die mit 1.313,02 EUR (darin 218,84 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.
Text
Begründung
Das Amt der Wiener Landesregierung hat mit Bescheid vom 7. 10. 2004 eine im Miteigentum der Antragsgegner stehende Liegenschaft nach § 42 Abs 1 der Bauordnung für Wien (im Folgenden WrBauO) enteignet. Die Antragstellerin ist Enteignungswerberin. Die Erst- bis Zehntantragsgegner haben gegen den Enteignungsbescheid Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Der Verfassungsgerichtshof hat der Beschwerde mit Beschluss vom 18. 10. 2005 aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Die Antragstellerin stellte beim Erstgericht den Antrag, die im Enteignungsbescheid festgelegte Entschädigung von 14.752,98 EUR als Gerichtserlag anzunehmen.
Die Erst- bis Zehntantragsgegner sprachen sich gegen die Annahme des Erlags unter Hinweis auf die vom Verfassungsgerichtshof ihrer Beschwerde gewährte aufschiebende Wirkung aus.
Das Erstgericht wies den Erlagsantrag ab. Die Annahme des Gerichtserlags liefe der vom Verfassungsgerichtshof gewährten aufschiebenden Wirkung zuwider.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehle. Nach Zuerkennung aufschiebender Wirkung durch den Verfassungsgerichtshof (mittlerweile habe auch der Verwaltungsgerichtshof der an ihn abgetretenen Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt) habe die Verwaltungsbehörde jeden Vollzug ihres Bescheides aufzuschieben. Die aufschiebende Wirkung führe zu einem Schwebezustand, der erst durch die Sachentscheidung beendet werde. An diesen Schwebezustand seien sämtliche (am Enteignungsverfahren) Beteiligte gebunden. Weder könne der Erleger durch den Gerichtserlag Eigentum erwerben noch trete der Enteignungsbescheid (durch Fristablauf) außer Kraft. Es fehle daher an einer (rechtlichen) Grundlage für einen Gerichtserlag.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Antragstellerin verweist auf § 44 Abs 5 und Abs 7 WrBauO, wonach die Entschädigung binnen drei Monaten ab Zustellung des Bescheids auszuzahlen oder zugunsten der Enteignungsgegner bei Gericht zu hinterlegen ist, andernfalls der Enteignungsbescheid außer Kraft tritt. Um das Außerkrafttreten des Enteignungsbescheids zu verhindern, sei sie gezwungen, die Entschädigung bei Gericht zu erlegen. Dass der Beschwerde der Antragsgegner aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei, sei unbeachtlich. Die aufschiebende Wirkung hindere lediglich den Vollzug des Bescheids. Vollzogen werde der Bescheid erst mit der von der Behörde zu veranlassenden Anmerkung im Grundbuch und nicht schon mit der Hinterlegung der Entschädigungssumme.
Die Antragstellerin verkennt, dass die Zuerkennung aufschiebender Wirkung nicht bloß den Vollzug durch die Behörde hemmt, sondern den Eintritt sämtlicher Rechtswirkungen hindert. Sie führt zu einem Schwebezustand, der erst durch die Sachentscheidung des Verfassungsgerichtshofs oder des Verwaltungsgerichtshofs (3 Ob 171/99i) beendet wird. Während des Schwebezustands ruft der angefochtene Bescheid (vorläufig) keine Rechtswirkungen hervor (stRsp ua 3 Ob 172/94 = SZ 67/144; 3 Ob 11/96 = SZ 69/9; RIS-Justiz RS0054021). Alle Behörden (und somit auch das Erlagsgericht) haben die Rechtslage so zu beurteilen, als wäre der angefochtene Bescheid nicht ergangen. Damit darf auch der durch den angefochtenen Bescheid Berechtigte seine Berechtigung nicht ausüben (3 Ob 172/94 = SZ 67/144); die im Enteignungsbescheid gesetzte Frist des § 44 Abs 7 WrBauO wird gehemmt. Daraus folgt, dass vor der Beendigung des Schwebezustands die Enteignungsentschädigung nicht fällig und ein Gerichtserlag daher unzulässig ist (s Koziol in KBB § 1425 Rz 1). Die Vorinstanzen haben die Zulässigkeit des Erlags daher zu Recht verneint. Der Revisionsrekurs der Antragstellerin musste erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 AußStrG.
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