Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 10.665 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.777,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin erzeugt Postermöbel. Der Beklagte ist seit 36 Jahren als selbständiger Handelsvertreter in der Möbelbranche tätig und betreibt eine Möbelagentur in der Bundesrepublik Deutschland. Ende 1992, Anfang 1993 suchte er einen renommierten Möbelhersteller, für den er zusätzlich tätig werden wollte. Nachdem er gehört hatte, daß ein Verkaufsgebiet der Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland frei wurde, führte er mit dem Vertriebsleiter der Klägerin Verhandlungen, die zum Abschluß eines Handelsvertretervertrages am 12.3.1993 führten. Nach der "Vorbemerkung" zu diesem Vertrag kaufte der Handelsvertreter die Vertretung für DM 45.000, zahlbar in monatlichen Raten DM 2.000 ab 1.5.1993, wobei dieser Betrag bei einer etwaigen späteren Abfindung des Beklagten zu berücksichtigen ist. Der Vertrag wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und begann am 1.4.1993. Die Vertragsparteien vereinbarten die Anwendung des österreichischen Handelsvertretergesetzes; im übrigen sollte österreichisches Recht angewendet werden.
Die Klägerin stellte dem Beklagten den Betrag von DM 45.000 zuzüglich 15 % Umsatzsteuer am 25.8.1993 in Rechnung. Am 7.1.1994 richtete der Beklagte folgendes Schreiben an die Klägerin:
"Nachdem nun noch nicht ein Jahr Zusammenarbeit abgelaufen ist, muß ich feststellen, daß die Vorgaben, die zum Abschluß unseres Vertrages, der Übernahme Ihrer Vertretung in dem im § 1 Z 1 aufgeführten Gebiet und zur Übernahme der Ausgleichssumme von DM 45.000 geführt haben, nicht den Realitäten entsprechen: Sowohl die Übernahme der Tätigkeit wie die Übernahme des Ausgleichsüberlastungsbetrages hatten zur Grundlage die nachhaltige Erzielbarkeit von Umsätzen in einer Größenordnung von annähernd 1 Million pro Jahr. Nachdem ich nunmehr mehr als ein halbes Jahr für Sie tätig war, ist festzustellen, daß trotz großer Anstrengungen diese Umsätze nicht zu erreichen sind, und zwar auch nicht nachhaltig nach längerer Zeit. Auch die bisherigen Daten geben nichts her dafür, sodaß ich davon ausgehen muß, daß bei genauerer Kenntnis der wahren Geschäftsmöglichkeiten ich diesen Vertrag nie abgeschlossen hätte. Ich sehe mich deshalb außerstande, bei dieser Sachlage das Vertragsverhältnis auf Dauer mit Ihnen fortzusetzen und kündige es hiermit zum nächstzulässigen Termin. Sowohl nach den österreichischen wie nach den deutschen handelsvertreterrechtlichen Bestimmungen wirkt diese Kündigung zum 28.2.1994. ..."
Der Umsatz der Klägerin im Vertragsgebiet des Beklagten betrug im Jahr 1991 DM 1,341.199, im Jahr 1992 DM 891.240,14. Zu diesem Rückgang war es gekommen, weil das Verkaufsgebiet im Jahr 1992 zumindest teilweise nicht mehr von einem eigenen Vertreter betreut worden war. Andererseits drängten aber auch Erzeuger aus den ehemaligen Ostblock-Staaten mit wesentlich billigeren, wenn auch qualitativ nicht so guten Möbeln auf den westdeutschen Markt. Diese Marktproblematik war dem Beklagten bei Abschluß des Vertrages bekannt. Er meinte jedoch, daß es trotz der Billigkonkurrenz gelingen müßte, mit dem qualitativ höherwertigen Erzeugungsprogramm der Klägerin den bisherigen Umsatz nicht bloß zu halten, sondern sogar zu steigern. Er akzeptierte - in Kenntnis der Umsätze der Jahre 1991 und 1992 - den für den Zuteilung des Verkaufsgebiets geforderten Kauf- bzw Einstandspreis, der im Hinblick auf den Umsatzrückgang nur auf der Basis der Umsätze der beiden letzten Jahre anstatt - wie üblich - der letzten fünf Jahre berechnet worden war. Ausschlaggebend für die Vertragskündigung war, daß sich seine Einschätzung der Marktchancen als unzutreffend erwies.
Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Zahlung des restlichen Kaufpreises für die Vertretung in der Höhe von DM 29.048,72 sA. Der Beklagte sei über die Umsätze in seinem Verkaufsgebiet richtig und vollständig informiert worden. Auf Grund des ihm übergebenen Kundenstocks hätte er die Umsätze des Vorjahres durchaus erzielen können. Das in der Bundesrepublik Deutschland üblicherweise vereinbarte Entgelt für eine solche Vertretung werde unabhängig von ihrer Dauer geschuldet. Für die Namhaftmachung des Beklagten durch einen Vermittler habe die Klägerin DM 30.000 gezahlt. Durch die Wiederverwertung des Verkaufsgebiets sei daher keine Bereicherung eingetreten.
Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Der Vertrag werde einredeweise wegen Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes und wegen Sittenwidrigkeit angefochten. Grundlage und Voraussetzung für den Vertragsabschluß sei die Erklärung der Klägerin gewesen, daß im Vertragsgebiet ein Jahresumsatz von ca DM 1,2 Mio zu erzielen sei. Trotz großer Anstrengungen sei es ihm nicht gelungen, einen solchen Umsatz auch nur annähernd zu erzielen. Es sei dem Beklagten nicht einmal möglich gewesen, die Raten für den Kaufpreis zu verdienen. Insofern sei der Beklagte offensichtlich bewußt in Irrtum geführt worden. Bei Kenntnis der wahren Umsatzmöglichkeiten hätte er den Handelsvertretervertrag nicht oder nicht mit einer derart hohen Gegenleistung abgeschlossen. Deshalb und wegen verspäteter Provisionszahlungen habe er den Vertrag aus wichtigem Grund aufgelöst. Der Kaufpreis sei im Hinblick auf eine mehrjährige Dauer des Vertragsverhältnisses festgelegt worden. Die Klägerin könne allenfalls nur ein der tatsächlichen Dauer des Handelsvertretervertrages entsprechendes Entgelt verlangen, das durch die bereits geleisteten Zahlungen abgedeckt sei. Zudem habe die Klägerin über das Vertragsgebiet ab 1.3.1994 anderweitig verfügen und daraus einen entsprechenden Nutzen ziehen können. Dem Beklagten stehe aber auch ein Abfindungsbetrag in der Höhe der Provision der restlichen vier Vertragsjahre von DM 180.000 zu. Dieser und die bereits geleisteten Zahlungen von DM 18.878,97 würden der eingeklagten Forderung aufrechnungsweise entgegengesetzt.
Das Erstgericht erkannte die eingeklagte Forderung als zu Recht bestehend, die eingewendeten Gegenforderungen als nicht zu Recht bestehend und verpflichtete den Beklagten, der Klägerin DM 29.048,72 samt 4 % stufenweise berechneter Zinsen zu zahlen. Auf das Vertragsverhältnis sei zufolge der getroffenen Rechtswahl österreichisches Recht anzuwenden. Der Beklagte sei über die Vorjahresumsätze in seinem Vertragsgebiet richtig aufgeklärt worden und habe den vereinbarten Kaufpreis in Kenntnis der richtigen Umsatzzahlen für die Jahre 1991 und 1992 akzeptiert. Seine offenkundig falsche Einschätzung der Marktlage und der Erfolgschancen fielen ausschließlich in seine kaufmännische Risikosphäre. Er könne seinen kaufmännischen Fehlschlag daher weder mit der Berufung auf eine Irreführung, einen gemeinsamen Irrtum oder Wegfall der Geschäftsgrundlage aus der Welt schaffen. Die Anfechtung des Vertrages wegen Verkürzung über die Hälfte sei gemäß § 351a HGB ausgeschlossen. Der in der Höhe eines erzielbaren Jahresumsatzes vereinbarte Kaufpreis liege zwar deutlich über den von ihm in elf Monaten verdienten Provisionen. Der Beklagte habe sich diesen Verlust aber selbst zuzuschreiben, weil er den Vertrag aus den in seine Risikosphäre fallenden Gründen nach nur elf Monaten aufgekündigt habe. Es bestehe auch kein Anlaß, den Kaufpreis auf der Basis einer fiktiven Vertragsdauer herabzusetzen. Daß die Klägerin das Vertragsgebiet nach der Kündigung des Beklagten neuerlich verkauft habe, führe zu keiner Einrechnung oder Refundierung. Derartiges sei nicht vereinbart worden. Einen Ausgleichsanspruch, bei dessen Berechnung die Vertragszahlung vereinbarungsgemäß zu berücksichtigen gewesen wäre, habe der Beklagte aber nicht erworben, weil die Klägerin keinen Anlaß zur Kündigung des Vertrags gegeben habe. Außerdem lägen die Voraussetzungen für eine Ausgleichszahlung nicht vor, weil der Beklagte weder die Geschäftsverbindungen der Klägerin erweitert noch diese nach Vertragsauflösung erhebliche Vorteile aus diesen Geschäftsverbindungen gezogen habe. Eine entgangene Provision könne der Beklagte nicht ersetzt begehren, weil die Klägerin keinen Anlaß zur Kündigung des Vertrages gegeben habe. Die eingewendeten Gegenforderungen seien daher nicht berechtigt.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Mangels eines Verstoßes gegen zwingende Bestimmungen des HVertrG könne die Vereinbarung einer Zahlung für die Überlassung eines bestimmten Vertretungsgebietes nicht als unzulässig beurteilt werden. Die Vertragstreue gebiete es, daß man aus einem entgeltlichen Vertrag auch dann verpflichtet bleibe, wenn sich insbesondere durch die spätere Entwicklung herausstelle, daß die Vereinbarung unvorteilhaft sei, ausgenommen dieser Umstand sei zur Bedingung erhoben worden. Die in § 901 Abs 1 ABGB statuierte Unbeachtlichkeit von Motivirrtümern werde von Rechtsprechung und herrschender Lehre entsprechend der Lehre vom Fehlen oder Wegfall der Geschäftsgrundlage eingeschränkt. Ausnahmsweise brauche der Betroffene das Risiko einer nachteiligen Entwicklung nicht allein zu tragen. Seien die Parteien beim Vertragsschluß mit Selbstverständlichkeit vom Bestehen, Fortbestehen oder vom Eintritt bestimmter Umstände ausgegangen, und hätten sie dies nur deshalb nicht zur Bedingung des Geschäfts gemacht, weil niemand an die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Regelung gedacht habe, so bestehe bei endgültigem Wegfall des von beiden Teilen vorausgesetzten Vertragszwecks die Möglichkeit, den Vertrag anzufechten oder analog § 872 ABGB anzupassen. Die Voraussetzung aber, daß es sich um einen typischen Umstand handle, den jedermann mit einem solchen Geschäft verbinde, sei im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Vertragsgrundlage der Streitteile sei gerade der bekannte Umsatzrückgang wegen der Billigkonkurrenz aus den Oststaaten gewesen, weshalb der Einstandspreis nicht - wie üblich - nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre, sondern nach den Umsätzen der letzten zwei Jahre berechnet worden sei. Die Parteien hätten dem Vertragsabschluß somit geradezu zugrundegelegt, daß es ungewiß sei, ob die vom Kläger erwartete Umsatzsteigerung gelingen werde. Seine diesbezügliche Erwartung sei das individuelle Motiv für den Vertragsabschluß gewesen. Daher könne er sich nicht auf den Wegfall einer Geschäftsgrundlage berufen. Die negative Umsatzentwicklung rechtfertige aber auch keine vorzeitige Vertragsauflösung. Wichtige gesetzliche Gründe für eine solche Auflösung seien nicht erwiesen.
Mit einer Mietvorauszahlung oder einem Baukostenzuschuß, welche der Mieter in Erwartung einer längeren als der tatsächlichen Vertragsdauer leiste, sei die Zahlung des Beklagten nicht zu vergleichen. Eine in diesen Fällen gewährte Kondiktion gemäß § 1435 ABGB stehe dem Beklagten nicht zur Verfügung, weil diese voraussetze, daß der Mieter die Auflösung des Vertragsverhältnisses nicht verschuldet habe. Das Vertragsverhältnis habe hier nur deshalb "vorzeitig" geendet, weil es der Beklagte nach nur elf Monaten Dauer von sich aus beendet habe.
Auf laesio enormis könne sich der Beklagte als Kaufmann nicht stützen.
Dem Begehren auf einen Ausgleichsanspruch analog § 24 HVertrG sei zu entgegnen, daß ein solcher im Falle der Beendigung des Vertragsverhältnisses durch den Handelsvertreter ausgeschlossen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen vom Beklagten erhobene Revision ist nicht berechtigt.
Zutreffend haben die Vorinstanzen zufolge der Rechtswahl der Parteien österreichisches Recht auf das vorliegende Handelsvertreterverhältnis angewandt.
Die Vereinbarung eines Entgelts für die Überlassung des Vertragsgebiets bekämpft der Beklagte nur mehr insoweit als gesetz- und sittenwidrig, als sie zu einem gänzlichen Entfall der Provision führt. Ein gesetzliches Verbot einer solchen Einstandszahlung ergibt sich jedoch nicht aus dem vor dem Abschluß des vorliegenden Handelsvertretervertrages (12.3.1993) in Kraft getretenen (1.3.1993) HVertrG, welches auf derartige Vereinbarungen zwischen dem Handelsvertreter und dem Geschäftsherrn nicht Bezug nimmt. Auch die EG-Richtlinie zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter vom 18.12.1986, ABl Nr. L 382/17, deren Umsetzung das HVertrG dient, untersagt derartige Vereinbarungen nicht. Aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit ergibt sich daher die grundsätzliche Zulässigkeit solcher Einstandszahlungen. Nur das BerufsausbildungsG schließt von seiner Zielsetzung her die Zahlung eines Lehrgeldes als sittenwidrig aus (Berger/Fida/Gruber, BAG Rz 24 zu § 30; SZ 62/151).
Gegen die guten Sitten verstößt eine Vereinbarung, wenn die vom Richter vorzunehmende Abwägung eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen oder bei Interessenkollisionen ein grobes Mißverhältnis zwischen den Interessen der Beteiligten ergibt (Koziol/Welser10 I 145 f; NZ 1984, 219; SZ 58/72; JBl 1992, 737). Die Vereinbarung, wonach der Handelsvertreter für die Überlassung der Vertretung ein Entgelt zu zahlen hat, verletzt dann nicht rechtlich geschützte Interessen des Handelsvertreters oder benachteiligt den Handelsvertreter nicht in gröblicher Weise, wenn ihm - wie hier - ein Vertragsgebiet übergeben wird, in dem bereits ein Kundenstock geschaffen wurde, mit dem laufend namhafte Umsätze erzielt werden können, der Handelsvertreter sich also die besonderen Mühen und Aufwendungen zur Erlangung eines solchen Kundenstocks erspart. Die Vereinbarung einer solchen Einstandszahlung in der Höhe einer zu erwartenden Jahresprovision allein kann ebenfalls nicht zur Sittenwidrigkeit führen, hat doch der Geschäftsherr dem scheidenden Handelsvertreter, der die Geschäftsbeziehung aufgebaut hat, eine entsprechende Ausgleichszahlung zu leisten (nunmehr § 24 Abs 4 HVertrG mangels anderer Vereinbarung höchstens eine Jahresvergütung, die aus dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre errechnet wird). In der Überwälzung dieser Kosten auf den neu eintretenden Handelsvertreter liegt keine grobe Benachteiligung, weil die Möglichkeit, Provisionen zu verdienen, nicht in unangemessener Weise eingeschränkt wird. Auch in der Bundesrepublik Deutschland wird bei vergleichbarer Rechtslage die Ansicht vertreten, daß nur bei zu geringen Verdienstmöglichkeiten ein Verstoß gegen die guten Sitten gegeben sein kann (Hoyningen/Huene in Münchner KommzHGB I Rz 71 zu § 84 dHGB; Sonnenschein/Weitemeyer in Heymann, HGB2 I Rz 34 zu § 84 dHGB). Lediglich nicht ausgehandelte, sondern in vorformulierten Vertragsklauseln enthaltene Zahlungen dieser Art werden als unangemessene Benachteiligung iSd § 9 dAGBG gewertet, wenn der Leistung des Handelsvertreters keine Gegenleistung des Unternehmers gegenübersteht; ein Entgelt dafür kann darin liegen, daß der Leistungsempfänger dem Leistenden zur Erreichung des gemeinsam verfolgten Vertragszwecks seine Geschäftsverbindungen zu Dritten zur Verfügung stellt (Sonnenschein/Weitemeyer aaO; OLG Frankfurt/M NJW-RR 1987, 548).
Auch ein Beharren auf Vertragserfüllung kann nach den Umständen sittenwidrig sein (SZ 44/58; SZ 57/39; JBl 1989, 379), so zB dann, wenn die vorzunehmende Interessenabwägung im Falle einer Interessenkollision ein grobes Mißverhältnis zwischen den durch die Handlung verletzten und den durch sie geförderten Interessen ergibt. Dem Beklagten war aber die Rückläufigkeit des Umsatzes in seinem Vertragsgebiet vor Abschluß des Vertretervertrages bekannt. Er hat als Kaufmann somit das Risiko seiner Einschätzung der Marktchancen zu tragen. Ihm ist aber auch entgegenzuhalten, daß er durch die Kündigung des Vertragsverhältnisses selbst die Ursache dafür gesetzt hat, daß er keine weiteren Provisionen mehr verdienen kann. Der Umstand allein, daß nach elf Monaten Tätigkeit noch nicht die erwartete Jahresprovision verdient war, zeigt noch kein krasses Mißverhältnis zwischen den Interessen der beteiligten Vertragspartner auf, zumal kein Hinweis dafür besteht, daß die Klägerin für diesen Umsatzrückgang verantwortlich sein könnte. Fällt aber der Umsatzrückgang in die Risikosphäre des Beklagten, dann kann auch keine Teilnichtigkeit der Vereinbarung hinsichtlich eines die tatsächlich verdiente (Jahres-)provision und die Spesen des Handelsvertreters übersteigenden Betrags gegeben sein.
Laesio enormis kann der Beklagte nicht geltend machen. Gemäß § 351a HGB kann derjenige, für den der Vertrag ein Handelsgeschäft ist, diesen nicht nach § 934 ABGB wegen Verkürzung über die Hälfte anfechten. Diese Art 8 Nr. 6 4. EVzHGB ersetzende Bestimmung (§ 41 KSchG) stellt nunmehr klar, daß die Anfechtung eines Vertrags wegen Verkürzung über die Hälfte bei einseitigen Handelsgeschäften nur von demjenigen nicht geltend gemacht werden kann, für den der Vertrag ein Handelsgeschäft ist. Zufolge Nichtaufnahme des § 351a HGB in den Katalog der für Minderkaufleute nicht geltenden Bestimmungen des HGB in § 351 HGB erfaßt § 351a HGB auch Minderkaufleute (Kramer in Straube, HGB2 Rz 1 zu § 351a). Auch Minderkaufleute können die von ihnen abgeschlossenen Handelsgeschäfte somit nicht wegen Verkürzung über die Hälfte anfechten. Ob der Beklagte - wie er in erster Instanz behauptet hat - Minderkaufmann war, war daher unter diesem Gesichtspunkt nicht zu prüfen.
Als weggefallene Geschäftsgrundlage erblickt der Beklagte nur mehr den Umstand, daß die monatliche Rate für die Einstandszahlung von S 2.000 und seine Spesen durch Provisionen gedeckt sind, was während der Vertragszeit aber nicht der Fall gewesen sei. Daher sei ein wichtiger Grund für die Vertragsauflösung gegeben. Abgesehen davon aber, daß die weitere Geschäftsentwicklung durchaus in das Risiko des Beklagten gefallen ist, kann sich eine Partei auf die Änderung der Sachlage, deren Fortdauer eine typische Voraussetzung des Geschäfts gebildet hat, nicht berufen, wenn sie vorhersehbar war, wenn also mit der Möglichkeit einer Änderung gerechnet werden mußte. Wer angesichts einer solchen Möglichkeit vorbehaltlos ein Geschäft schließt, trägt das Risiko der Geschäftsgrundlage (Koziol/Welser10 I 134; ZAS 1978/3; SZ 59/17; ecolex 1991, 386). Einen solchen Vorbehalt hat der Beklagte aber bei Eingehen seiner Zahlungspflicht nicht gemacht. Die Parteien sind vielmehr davon ausgegangen, daß der Umsatz im Vertragsgebiet in den letzten beiden Jahren vor Abschluß des Handelsvertretervertrages merklich zurückgegangen ist. Unter diesen Umständen mußte der Beklagte, wenn er auch hoffte, dieser Entwicklung entgegentreten zu können, damit rechnen, daß sich die ihm bekannte negative Umsatzentwicklung fortsetzen kann. Auch mit dem Wegfall der Geschäftsgrundlage kann der Beklagte somit seine Zahlungspflicht nicht entkräften.
Der Beklagte beruft sich auf die zu § 1435 ergangene Rechtsprechung (JBl 1988, 320 ua), wonach eine auf Grund vertraglicher Vereinbarung erbrachte Leistung des Mieters für das Bestandobjekt kondiziert werden kann, wenn sie in der dem Vermieter erkennbaren Erwartung einer bestimmten Mietdauer erbracht wurde, die tatsächliche Dauer aber in einem auffallenden Mißverhältnis steht. Eine solche Kondiktion kommt dann nicht in Frage, wenn der Leistende den Eintritt des Geschäftszwecks (der langen Mietdauer) gegen Treu und Glauben vereitelt hat (Rummel in Rummel, ABGB2 Rz 9 zu § 1435; SZ 46/62; JBl 1988, 320) oder wenn den Mieter an der Auflösung des Vertragsverhältnisses ein Verschulden trifft (Rummel aaO Rz 3 zu § 1435 und die dort angeführte Rechtsprechung). In der Entscheidung MietSlg 37.209 hat der Oberste Gerichtshof unter Hinweis auf SZ 26/175 die Frage offen gelassen, ob die Kündigung des Bestandverhältnisses durch den Mieter der Kondiktion entgegensteht; der Rückforderungsanspruch wurde aber schon wegen des Fehlens des Erfordernisses einer kurzen Vertragsdauer verneint (ein Jahr!). In der Entscheidung MietSlg 38.239 wurde unter Hinweis auf Rummel, Wegfall des Rechtsgrundes und Zweckverfehlung als Gründe der Kondiktion nach § 1435 ABGB, JBl 1978, 449, 455, 457; ders in Rummel aaO Rz 3 zu § 1435 jedoch klarstellend hiezu ausgesprochen, daß die Versagung der Rückforderung bei vorzeitiger Auflösung des Bestandvertrages aus einem vom Mieter verschuldeten Grund damit begründet wird, daß es sich dem Wesen nach um Fälle des Wegfalls der Geschäftsgrundlage handelt. Nach Rechtsprechung und Lehre ist aber anerkannt, daß Umstände der eigenen Sphäre, aus dem eigenen Risikobereich, eine Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht gestatten; jeder Vertragspartner muß daher die Gefahr aller Umstände auf sich nehmen, die sich in seinem Bereich ereignen; er kann sich nicht auf den Wegfall einer, wenngleich typischen, Voraussetzung berufen, die sich auf Tatsachen der eigenen persönlichen Sphäre bezieht. Das ist hier - wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat - der Fall, weil dem Beklagten die negative Umsatzentwicklung und damit auch das Risiko in der Zukunft bewußt war.
Soweit der Beklagte auch damit argumentiert, daß die Klägerin nach seiner Kündigung das Vertragsgebiet wieder verwertet habe und dazu ausführt, daß die Zahlung des eingeklagten Restkaufpreises zu einer weiteren Bereicherung führen würde, ist ihm lediglich entgegenzuhaltene, daß die Beklagte auf diese Restzahlung nach den vorstehenden Ausführungen einen vertraglichen Anspruch hat.
Dem Beklagten kann auch nicht gefolgt werden, daß der Vereinbarung eines nach einer Jahresprovision berechneten Einstandspreises für ein Vertragsgebiet eines Handelsvertreters der Charakter einer Vertragsstrafe zukomme, wenn das Vertragsverhältnis vor Erzielung eines solchen Betrages vom Handelsvertreter aufgelöst wird, weil es sich hier um ein Entgelt für die Zurverfügungstellung eines erarbeiteten Kundenstocks handelt. Daher geht auch die Berufung auf das richterliche Mäßigungsrecht fehl. Auch in diesem Zusammenhang war daher der Charakter der Kaufmannseigenschaft des Beklagten nicht zu prüfen (§§ 348, 351 HGB).
Der Beklagte hat ungeachtet der Erwähnung des weiteren Umsatzrückganges in seinem Kündigungsschreiben eine ordentliche Kündigung zum gemäß § 21 Abs 1 HVertrG ehestmöglichen Termin ausgesprochen. Ansprüche wegen vorzeitiger Auflösung des Vertrages sind ihm verwehrt, weil der Umsatzrückgang nicht unter die in § 22 genannten wichtigen Gründe, die den Handelsvertreter zur vorzeitigen Auflösung des Vertrages berechtigen, fallen. Der Beklagte hat das Vertragsverhältnis selbst aufgelöst, ohne daß ein Verhalten der Klägerin hiezu begründeten Anlaß gegeben hat. Der als Gegenforderung geltend gemachte Ausgleichsanspruch scheidet daher jedenfalls aus.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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