OGH 4Ob241/18x

OGH4Ob241/18x20.12.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.‑Prof. Dr. Brenn, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C* Flugrettungsverein, *, vertreten durch Janezic & Schmidt Rechtsanwälte OG in Graz, gegen die beklagte Partei Gemeindeverband Bezirkskrankenhaus L*, vertreten durch Dr. Johannes Hibler, Rechtsanwalt in Lienz, wegen 390.838,29 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 14. September 2018, GZ 5 R 55/17z‑26, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Lienz vom 25. September 2017, GZ 5 C 93/17i‑16, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E123869

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.117,78 EUR (darin enthalten 519,63 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Der klagende Verein betreibt ein Luftfahrtunternehmen, das unter anderem medizinisch notwendige Überstellungstransporte (Überstellungsflüge bzw Interhospitaltransporte mit Hubschraubern) von im ersten Krankenhaus versorgten bzw aufgenommenen Patienten in ein anderes, höherwertiges Krankenhaus durchführt. Der beklagte Gemeindeverband ist Rechtsträger des allgemeinen öffentlichen Krankenhauses L*, dessen Patienten im Rahmen der zugrunde liegenden Überstellungsflüge des Klägers in ein höherwertiges Krankenhaus überstellt wurden. Gegenstand des Verfahrens ist das Begehren auf Zahlung von insgesamt 390.838,29 EUR sA für solche Überstellungsflüge. Der Kläger macht dabei jenen Teil der Kosten geltend, der ihm nicht von den zuständigen Sozialversicherungsträgern erstattet wurde.

Die Interhospitaltransporte werden wie folgt veranlasst: Kann der Patient im Krankenhaus des Beklagten nicht ausreichend medizinisch versorgt werden, so veranlasst der behandelnde Arzt des Bezirkskrankenhauses L* den Weitertransport in eine höherwertige Krankenanstalt, wobei der Arzt auch über das Transportmittel entscheidet. Zunächst wird mit der höherwertigen Krankenanstalt Kontakt aufgenommen, in die der Patient transportiert werden soll. Ist ein Hubschraubertransport erforderlich, so wird in der Folge die Landesleitstelle Tirol kontaktiert, die unter Angabe der notwendigen Flugdaten einen verfügbaren Rettungshubschrauber alarmiert.

Ursprünglich (ab dem Jahr 1987) wurden die Kosten für die Interhospitaltransporte (auf Basis einer Vereinbarung nach Art 15a B‑VG) durch eine jährliche Förderung des Landes Tirol abgedeckt. Diese Vereinbarung wurde Anfang 2012 aufgekündigt. Im Jahr 2013 wurde eine neue Vereinbarung ausverhandelt, die vom Land Tirol, dem Kläger und von den übrigen Rechtsträgern öffentlicher Krankenanstalten in Tirol, nicht aber vom Beklagten unterfertigt wurde.

Der Kläger begehrte die Zahlung von insgesamt 390.838,29 EUR sA an Kosten für durchgeführte Interhospitalflüge vom Bezirkskrankenhaus L* zwischen Mai 2015 und April 2017. Die Überstellungsflüge seien über Veranlassung des Beklagten im Weg der Landesleitstelle Tirol angefordert worden. Da die Patienten in einem vertraglichen Verhältnis zum Beklagten stünden, zähle die medizinisch notwendige Weiterbeförderung in ein höherwertiges Krankenhaus zu den Aufgaben der erstbehandelnden Krankenanstalt und sei Teil ihrer Behandlungspflicht. Als Auftraggeber der jeweiligen Überstellungsflüge sei der Beklagte zur Zahlung der Flugkosten verpflichtet. Seine Zahlungspflicht ergebe sich zudem aus § 10 des Tiroler Rettungsdienstgesetzes.

Der Beklagte entgegnete, dass die Bereitstellung des öffentlichen Rettungsdienstes nach dem Tiroler Rettungsdienstgesetz vom Land Tirol als Träger von Privatrechten zu besorgen sei, weshalb auch die entsprechenden Kosten vom Land Tirol zu tragen seien. Eine Vereinbarung, wonach der Beklagte für die Kosten aufzukommen habe, bestehe nicht. Aus dem Behandlungsvertrag sei er zwar auch zur Organisation eines Weitertransports in eine höherwertige Krankenanstalt verpflichtet, wenn die Grenzen seiner medizinischen Leistungsfähigkeit erreicht würden. Daraus ließen sich aber keine vertraglichen oder sonstigen Ansprüche des Klägers „als Drittem“ ableiten. Eine Zahlungspflicht nach § 10 des Tiroler Rettungsdienstgesetzes scheide aus, weil die jeweils angeforderten Flüge nicht der primären Krankenanstalt, sondern dem jeweiligen Patienten zugute kämen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die bloße Meldung eines Interhospitaltransports an die Landesleitstelle Tirol sei nicht geeignet, ein Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen zu begründen. Auch der zwischen dem Beklagten und seinen Patienten abgeschlossene Behandlungsvertrag begründe keine Zahlungspflicht für die Kosten der Interhospitalflüge. Die Besorgung des öffentlichen Rettungsdienstes obliege vielmehr dem Land Tirol, das als Träger von Privatrechten die Aufgaben des öffentlichen Rettungsdienstes zu besorgen habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und dem Klagebegehren zur Gänze statt. Die Kontaktierung der Landesleitstelle Tirol durch den behandelnden Arzt und die Anforderung eines Hubschraubers lasse darauf schließen, dass die Landesleitstelle den Transport für den Arzt organisiere. Für das Flugunternehmen sei ausreichend erkennbar, dass die Anforderung des Hubschraubers der jeweiligen Krankenanstalt zurechenbar sei. Der Landesleitstelle komme daher nur eine vermittelnde Funktion zu. Durch die Weitergabe der jeweiligen Daten des anfordernden Krankenhauses werde gegenüber dem Flugunternehmen ausreichend offengelegt, dass die Auftragserteilung im fremden Namen erfolge. Auch bei Verneinung einer vertraglichen Verpflichtung sei die Klagsforderung im Sinn des § 1042 ABGB berechtigt, weil der Kläger den Aufwand für die Flugkosten getragen und der Beklagte sich den entsprechenden Aufwand erspart habe. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil die höchstgerichtliche Klärung der Rechtsfrage nach der Kostentragung für Interhospitaltransportflüge der Rechtssicherheit diene.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Beklagten, die auf eine Wiederherstellung der abweisenden Entscheidung des Erstgerichts abzielt.

Mit seiner Revisionsbeantwortung beantragt der Kläger, die Revision zurückzuweisen, in eventu, dieser den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Der Beklagte führt in der Revision aus, dass die Interhospitaltransporte qualifizierte Krankentransporte nach § 1 des Tiroler Rettungsdienstgesetzes seien, weshalb die Kostentragungsregelung nach § 10 leg cit zur Anwendung gelange. Diese Regelung sei nur dann nicht anzuwenden, wenn besondere gesetzliche Bestimmungen oder Vereinbarungen über den Ersatz der Kosten einer Leistung des öffentlichen Rettungsdienstes bestünden. Diese Wortfolge enthalte keinen Verweis auf die allgemeinen Bestimmungen des ABGB, weil es sich dabei um keine besonderen gesetzlichen Bestimmungen handle. Auch eine Vereinbarung über den Ersatz der Kosten durch den Beklagten bestehe nicht. Begünstigter des Rettungseinsatzes sei nicht der Beklagte, sondern der Patient. Davon abgesehen qualifiziere das Berufungsgericht die Landesleitstelle Tirol zu Unrecht als Vermittler und permanenten Stellvertreter der anweisenden Krankenanstalt. Auch ein Anspruch nach § 1042 ABGB bestehe nicht, weil nicht der Beklagte, sondern das Land Tirol bereicherter Rechtsträger sei.

Dazu wurde erwogen:

1.1 Der Oberste Gerichtshof hat sich mit der Pflicht zur Tragung von Überstellungskosten (Hubschrauberkosten) in ein höherwertiges Krankenhaus zur notwendigen medizinischen Versorgung bereits befasst.

In der Entscheidung 2 Ob 27/03i, die die Klage eines Krankenhausträgers gegen den Sozialversicherungsträger betraf und auf den Ersatz der Kosten für die Überstellung und Behandlung des Patienten im Universitätsspital Z* gerichtet war, wurde ausgesprochen, dass das erstaufnehmende Landeskrankenhaus zur „vollen Behandlung“ des verletzten Patienten verpflichtet war. Da die Abteilung für plastische Chirurgie vorübergehend geschlossen worden sei, habe das Krankenhaus diese Verpflichtung verletzt. Durch die notwendige Überstellung in ein anderes Krankenhaus wurde der Behandlungsvertrag nicht beendet; vielmehr war die weitere Behandlung im höherwertigen Krankenhaus vom Behandlungsvertrag umfasst. Da das erstaufnehmende Landeskrankenhaus die weitere Anstaltspflege nicht gewährleisten konnte, sondern eine Überstellung (hier ins Ausland) veranlasste, sind die Kosten der Behandlung im Ausland als weitere Behandlungskosten anzusehen. Das Berufungsgericht habe daher zu Recht einen einheitlichen Behandlungsvertrag angenommen, der durch die Überstellung des Patienten an das Universitätsspital Z* nicht unterbrochen wurde.

Die Entscheidung 2 Ob 60/01i betraf eine Klage des erstbehandelnden Krankenhauses gegen die Eltern des in diesem Krankenhaus geborenen Kindes und war auf den Ersatz der Kosten für die Überstellung des Kindes in das Kinderspital Z* gerichtet. Darin wurde ausgesprochen, dass der Vertrag mit dem höherwertigen (ausländischen) Krankenhaus in diesem Fall nicht vom Patienten, sondern vom erstbehandelnden Landeskrankenhaus F* geschlossen worden sei, weshalb das Landeskrankenhaus mit Bezahlung der von der Kinderklinik gelegten Rechnungen eine eigene Schuld getilgt hat. Für das Kind bzw dessen Eltern sei die geschuldete „volle Behandlung“ gemäß § 148 ASVG unentgeltlich gewesen.

1.2 Diese Entscheidungen basieren auf folgenden grundsätzlichen Überlegungen:

Wird ein Patient in einem Krankenhaus stationär aufgenommen und heilbehandelt, so schließt er mit dem Rechtsträger des Krankenhauses einen Krankenhausaufnahmevertrag ab (4 Ob 208/17t). Dabei werden in der Rechtsprechung und Literatur herkömmlicherweise drei Grundtypen von Krankenhausaufnahmeverträgen unterschieden: Beim „totalen Krankenhausaufnahmevertrag“ verpflichtet sich der Krankenhausträger, alle für die stationäre Behandlung erforderlichen Leistungen einschließlich der ärztlichen Versorgung zu erbringen. Er begründet ausschließlich Rechtsbeziehungen zwischen Patienten und Krankenhausträger. Der Arzt tritt nur als Erfüllungsgehilfe der Krankenanstalt auf. Beim „gespaltenen Krankenhausaufnahmevertrag“ beschränkt sich der Vertrag mit dem Krankenhausträger auf die Unterbringung, Verpflegung und pflegerische Versorgung, während die ärztlichen Leistungen aufgrund eines besonderen Vertrags mit dem Arzt erbracht werden. Beim „totalen Krankenhausaufnahmevertrag mit Arztzusatzvertrag“ verpflichtet sich das Krankenhaus ebenfalls zur umfassenden Leistungserbringung einschließlich der ärztlichen Leistungen. Daneben schließt der Patient einen weiteren Vertrag über die ärztlichen Leistungen mit dem behandelnden Arzt (6 Ob 149/18g; 10 Ob 34/10p jeweils mwN).

Nach der Rechtsprechung ist es Sache des Rechtsträgers der Krankenanstalt, durch eindeutige Vertragsgestaltung die Rechtsnatur des Krankenhausaufnahmevertrags zweifelsfrei zu bestimmen. Mangels eindeutiger anderer Vertragsgestaltung ist unter Berücksichtigung der nach der Verkehrsübung selbstverständlichen Erwartung bei einem nach dem ASVG Krankenversicherten von einem totalen Krankenhausaufnahmevertrag auszugehen (3 Ob 268/06t; 6 Ob 149/18g).

2. Aus diesen Grundsätzen folgt, dass jedenfalls bei einem totalen Krankenhausaufnahmevertrag, wovon im Anlassfall auszugehen ist, durch eine medizinisch notwendige Überstellung in ein höherwertiges Krankenhaus der Behandlungsvertrag nicht beendet oder unterbrochen wird. Vielmehr ist die weitere Behandlung im höherwertigen Krankenhaus vom bisherigen Behandlungsvertrag umfasst. Aus diesem Grund sind die Kosten der Behandlung im höherwertigen Krankenhaus als weitere Behandlungskosten anzusehen. Das Gleiche gilt für die Kosten der Überstellung.

Dieses Ergebnis wird dadurch bestätigt, dass der Patient im Rahmen des Krankenhausaufnahmevertrags gemäß § 148 Z 3 ASVG (§ 40 Abs 2 Tiroler KAG) Anspruch auf unentgeltliche Anstaltspflege in der allgemeinen Gebührenklasse hat (2 Ob 60/01i; 10 Ob 34/10p). Dieser Anspruch bezieht sich auf die durch die Art der Krankheit erforderte, durch die Notwendigkeit ärztlicher Behandlung bedingte einheitliche und unteilbare Gesamtleistung der stationären Pflege in der Krankenanstalt und umfasst daher grundsätzlich alle Leistungen, die in der Krankenanstalt erbracht werden (RIS‑Justiz RS0106685; RS0085807). Da zu diesen Leistungen auch eine notwendige Überstellung in ein höherwertiges Krankenhaus gehört, erbringt die erstbehandelnde Krankenanstalt damit eine eigene Leistung, die sie auch im eigenen Namen veranlassen und in Auftrag geben muss.

Entgegen der Ansicht des Beklagten muss er somit nicht nur den Weitertransport in eine höherwertige Krankenanstalt „organisieren“, sondern diesen auch durchführen.

3. Es ergibt sich somit, dass auch im Fall eines notwendigen Überstellungsfluges, das ist in der Diktion des Tiroler Rettungsdienstgesetzes (vgl § 2 Abs 2; vgl auch die Erläuterungen dazu) ein notwendiger Verlegungstransport zwischen medizinischen Versorgungseinrichtungen als qualifizierter Krankentransport mit Hubschraubern, der Beklagte den Transport mit der Flugrettung in Erfüllung seiner vertraglichen Pflicht gegenüber den Patienten in Auftrag geben muss.

Darin besteht auch der Unterschied zu den vom Beklagten ins Treffen geführten Notfalltransporten, zumal den Notfallretter gegenüber dem Verunfallten keine vertragliche Verpflichtung zur Durchführung des Rettungstransports trifft.

4.1 Die Einbindung der zentralen Landesleitstelle in die Alarmierung der Flugrettung ändert an diesem Ergebnis nichts:

4.2 Nach § 3 des Tiroler Rettungsdienstgesetzes hat das Land Tirol die Besorgung (Erbringung) der Aufgaben des öffentlichen Rettungsdienstes sicherzustellen, also für die Zurverfügungstellung der erforderlichen Leistungen zu sorgen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten wird durch diese „Sicherstellungspflicht“ noch nichts über die Kostentragungspflicht für die erbrachten Leistungen ausgesagt. Insbesondere ergibt sich aus § 3 Abs 4 leg cit (Besorgung durch das Land Tirol selbst) sowie aus § 4 Abs 2 lit b und c iVm § 3 Abs 3 leg cit (Besorgung durch vertraglich beauftragte Rettungsorganisationen), dass die Kosten für die erbrachten Leistungen nicht vom Land Tirol zu tragen sind. Dies ergibt sich letztlich auch aus der Kostentragungsregelung in § 10 leg cit.

4.3 Mit § 5 des Tiroler Rettungsdienstgesetzes wurden der Leitstelle Tirol GmbH (als zentrale Landesleitstelle) bestimmte Aufgaben des öffentlichen Rettungsdienstes (§ 3 Abs 2 lit b leg cit) zur Besorgung gesetzlich übertragen. Die zentrale Landesleitstelle übernimmt im Rahmen des § 5 des Tiroler Rettungsdienstgesetzes die Aufgaben des Landes Tirol und tritt in dieser Hinsicht gleichsam an dessen Stelle. Schon daraus folgt, dass auch die Leitstelle Tirol GmbH keine Kostentragungspflicht für die angeforderten Transporte trifft. Dies wird durch § 5 Abs 4 leg cit bestätigt, wonach die Leitstelle Tirol GmbH für die Erbringung ihrer Leistungen gegenüber den Rettungsorganisationen Anspruch auf angemessene Vergütung hat.

4.4 Diese gesetzlichen Regelungen stehen mit den dargelegten zivilrechtlichen Grundsätzen im Einklang:

Bei den von der zentralen Landesleitstelle im gegebenen Zusammenhang zu erbringenden Leistungen handelt es sich um jene nach § 5 Abs 1 lit c des Tiroler Rettungsdienstgesetzes, also um die Entgegennahme des Auftrags durch den anfordernden Krankenhausarzt (als Vertreter des Beklagten) und die Anforderung des Hubschraubers bei der Flugrettungsorganisation (hier dem Kläger). Der Landesleitstelle kommt dabei nur eine „Vermittlerfunktion“ zu; Auftraggeber ist der Beklagte.

Die Landesleitstelle teilt der Flugrettungsorganisation die notwendigen Flugdaten mit, konkret also welches Krankenhaus für welchen Patienten einen Überstellungsflug benötigt und in welches andere Krankenhaus der Patient gebracht werden soll. Schon aus der Stellung der Landesleitstelle als Koordinatorin des Rettungseinsatzes (vgl dazu die Erläuterungen zu § 5 des Tiroler Rettungsdienstgesetzes) ist für die Rettungsorganisation klar erkennbar, dass die Leitstelle nur ihre Übermittlungsfunktion ausübt und keinen eigenen rechtsgeschäftlichen Willen bildet. Sie ist daher nur als Botin und nicht als Stellvertreterin der den Auftrag erteilenden Krankenanstalt tätig und daher dieser zuzurechnen (vgl RIS‑Justiz RS0019690; 6 Ob 172/18i).

5. Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass– nach zivilrechtlichen Grundsätzen – der Beklagte aufgrund seiner vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem jeweiligen Patienten die Kosten für die notwendigen Überstellungsflüge (Interhospitaltransporte) zu tragen hat.

Dass der Beklagte den neu verhandelten Vertrag zwischen dem Land Tirol, dem Kläger und den anderen Krankenanstaltenträgern in Tirol nicht unterfertigt hat, ändert an seinen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Patienten aus dem Krankenhausaufnahmevertrag und daher an seiner Kostentragungspflicht für die Überstellungstransporte – mangels Vorliegens einer anderslautenden Vereinbarung – nichts.

6.1 Im weiteren Schritt ist zu prüfen, ob aus der Kostentragungsregelung in § 10 Abs 1 des Tiroler Rettungsdienstgesetzes ein anderes Ergebnis folgt.

Diese Bestimmung lautet:

„Wenn nicht besondere gesetzliche Bestimmungen oder Vereinbarungen über den Ersatz der Kosten einer Leistung des öffentlichen Rettungsdienstes bestehen, hat die Kosten für die Aufwendungen des Rettungseinsatzes derjenige zu tragen, zu dessen Gunsten der Rettungseinsatz erfolgt ist.“

Die Erläuterungen führen dazu aus, dass „grundsätzliche Regelungen über die Kostentragungspflicht getroffen werden sollen, wobei sich die Kostentragungspflicht im Übrigen aus den Regelungen des Zivilrechts und für die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung aus den einschlägigen Bestimmungen des Sozialversicherungsgesetzes und den dazu ergangenen Verordnungen und Mustersatzungen ergibt.“

6.2 § 10 Abs 1 leg cit ordnet die Pflicht zur Kostentragung „dem Begünstigten“ aus dem Rettungseinsatz zu. Wie sich auch in Verbindung mit § 3 Abs 4 leg cit ergibt, spricht das Landesgesetz damit grundsätzlich den Leistungsempfänger (in den Erläuterungen wird von „Nutzer“ gesprochen) an.

6.3 Diese Kostentragungspflicht kommt allerdings nur zum Tragen, wenn nicht „besondere gesetzliche Bestimmungen oder Vereinbarungen“ dazu bestehen. Die Kostentragungspflicht nach Abs 1 leg cit gelangt daher nur subsidiär zur Anwendung, wobei der Landesgesetzgeber den Wendungen „Tragung der Kosten“ und „Ersatz der Kosten“ keine unterschiedliche Bedeutung beimisst.

Ob mit der Wendung „besondere gesetzliche Bestimmungen oder Vereinbarungen“ auch allgemeine zivilrechtliche Regelungen (etwa im Rahmen eines Krankenhausaufnahmevertrags oder nach § 1042 ABGB) erfasst werden sollen, ergibt sich aus dem Wortlaut nicht. Die Ausführungen in den Erläuterungen, wonach „im Übrigen“, also neben der grundsätzlichen (subsidiären) Regelung, (unter anderem) die Regelungen des Zivilrechts maßgebend sein sollen, legen es nahe, diese Frage zu bejahen.

6.4 Daraus folgt, dass § 10 Abs 1 des Tiroler Rettungsdienstgesetzes eine subsidiäre Kostentragungsregelung normiert, die erst dann zur Anwendung gelangt, wenn sonst keine Pflicht zur Kostentragung bzw Kostenübernahme ex lege oder ex contractu besteht.

In Anbetracht der vertraglichen Verpflichtung des Beklagten aus dem Krankenhausaufnahmevertrag ist die subsidiäre Kostentragungspflicht nach § 10 Abs 1 des Tiroler Rettungsdienstgesetzes im Anlassfall nicht anzuwenden.

7. Als Ergebnis folgt zusammenfassend, dass der Beklagte aus dem Krankenhausaufnahmevertrag auch eine notwendige Überstellung des jeweiligen Patienten in eine höherwertige Krankenanstalt (hier mittels Hubschraubers) schuldet, weshalb er diese veranlassen und in Auftrag geben und dafür – mangels einer anderslautenden Vereinbarung – auch die Kosten tragen muss.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist damit zutreffend. Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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