Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden im Umfang von S 51.025,15 sA (Zuspruch durch das Berufungsgericht gemäßt Pkt. 1. seines Urteils) aufgehoben. Die Rechtssache wird insoweit an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens sind weitere Prozeßkosten.
Text
Begründung
Im Jahre 1980 wurde zwischen der Republik Österreich-Bundesstraßenverwaltung und der beklagten Gemeinde eine Sondernutzungsvereinbarung betreffend die L***** Bundesstraße B ***** abgeschlossen, mit der der Beklagten (gemäß § 28 Abs 1 BStG) die Benützung der Bundesstraße durch die Verlegung von Rohrkanälen bewilligt wurde. Nach Punkt 3. des Vertrages haftet die Beklagte der Straßenverwaltung für alle Schäden und hat sie die Straßenverwaltung auch von Ansprüchen, die Dritte wegen solcher Schäden gegen die Straßenverwaltung erheben, freizustellen.
Auf Grund von Umwelteinflüssen senkte sich der von der Beklagten errichtete Kanalschacht im Laufe der Zeit im Vergleich zum Straßenniveau um etwa 3 bis 4 cm. Nachdem die Straßenmeisterei B***** hievon am 3. oder 4.Juni 1991 Kenntnis erlangt hatte, sanierte sie diesen Kanalschacht auf Ersuchen der Beklagten am 5.Juni 1991 und glich ihn wiederum dem Fahrbahnniveau an. Zu diesem Zweck wurde der Kanalschacht in einem Bereich von 10 cm rundherum freigelegt und ein Ausgleichsring beigelegt, der mittels Betonmörtel und Schnellbinder geklebt wurde; der freigelegte Bereich rund um den Kanalschacht wurde dann mit Beton ausgegossen; die letzten 5 cm wurden mit Kaltmischgut ausgefüllt. Der Kanaldeckel wies sodann dasselbe Niveau wie der Asphalt der Bundesstraße B ***** auf. Zwecks Durchführung der Reparaturarbeiten nahm der damit betraute Gottfried S***** den Kanaldeckel vom Kanalschacht ab. Der Kanaldeckel war "am unteren Bereich" verschmutzt, aber nicht mit auffälligen Mängeln behaftet. Nach Abschluß der Sanierungsarbeiten legten Gottfried S***** und sein Helfer den Kanaldeckel wieder in den Kanalschacht und prüften, daß dieser Kanaldeckel nicht "glöckelte". Dieser Deckel soll 40 Tonnen tragen. In der Mitte weist er einen Ring auf; an der Unterseite ist er mit Versteifungsrippen ausgestattet.
Am 5.Juni 1991 fuhr Hannes B***** als Lenker eines von der Klägerin gehaltenen LKW-Zuges auf der B ***** aus H***** in Richtung Z*****. Als er sich dem Ortsgebiet von Z***** näherte, fuhr er mit rund 65 k/mh. Als er den erwähnten Kanaldeckel mit dem LKW-Zug überfuhr, brach dieser Deckel, die Bruchstücke des Kanaldeckels wurden von den Rädern des LKW-Zuges ausgehoben und prallten gegen die Vorderachse des Anhängers. Dadurch wurden dessen Vorderachse und Bremsanlage beschädigt. Die Reparatur des Anhängers kostete S 45.025,15. Sie erforderte eine Stehzeit von eineinhalb Tagen. Dadurch erlitt die Klägerin einen Verdienstausfall von insgesamt S 6.000.
Die Ursache dafür, daß der Kanaldeckel beim Überfahren mit dem Fahrzeug der Klägerin brach, liegt darin, daß er schon vorher Haarrisse aufgewiesen hatte. Dadurch war die Tragfähigkeit des Kanaldeckels, der einer Last von 40 Tonnen standhalten müßte, gemindert. Haarrisse im Kanaldeckel sind nur bei genauer Begutachtung festzustellen. Dabei müßte der Deckel jedenfalls gesäubert werden. Bei einem gesäuberten Kanaldeckel sind die Haarrisse als ganz feine dunklere Striche zu erkennen.
Da der Kanaldeckel bis zum 4.Juni 1991 um 3 bis 4 cm unter dem Straßenniveau gelegen war, war der Kanalschacht in diesem Zeitraum, insbesondere bei Schwerverkehr, sehr geräuschintensiv. Trotzdem wurde die Belastbarkeitsgrenze des Deckels deutlich nicht erreicht.
Am 10. und 11.Juni 1991 tauschte die Beklagte auch die übrigen Kanaldeckel entlang der B ***** aus und ersetzte sie durch verstellbare Deckel, um bei einer Absenkung der Kanalschächte die Deckel dem jeweiligen Straßenniveau angleichen zu können.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadenersatz in der Höhe von S 52.025,15 sA (Reparaturkosten, Stehzeit und S 1.000 "an Spesen"). Die Beklagte hafte für den Schaden, weil sie für die Erhaltung und Erneuerung der gemeindeeigenen Kanalschachtabdeckungen auch im Bereich der Bundesstraße zuständig sei. Sie habe für einen ordnungsgemäßen, die gefahrlose Benützung zulassenden Zustand der Straße zumindest in bezug auf die Kanalschachtabdeckungen zu sorgen. Sie habe die für den Verkehr freigegebene Strecke im Bereich der Kanalschachtabdeckungen genauestens zu überprüfen, weil solche Kanaldeckel infolge der durch den rollenden Verkehr herbeigeführten Abnutzung als Schwachstellen bekannt seien. Überdies seien der Beklagten die Mängel bekannt gewesen, habe sie doch bereits den Auftrag zum Austausch der Abdeckungen erteilt.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Es sei zwar grundsätzlich richtig, daß die Beklagte im Straßenbereich der B ***** die Anlage gemäß den genehmigten Plänen auf ihre Kosten und Gefahren nach den Anweisungen der Bundesstraßenverwaltung zu errichten und zu erhalten habe. Am Tag vor dem angeblichen Vorfall sei aber die Schachtabdeckung kontrolliert worden, ohne daß irgendwelche Beschädigungen festgestellt werden konnten. Sollte der Kanaldeckel wegen einer Höhendifferenz zwischen dem Kanaldeckelschacht und dem Straßenbelagsniveau beim Überfahren durch ein schweres Rad tatsächlich in die Höhe katapultiert worden sein, dann betreffe dies die am Vortag vorgenommene Straßenwartungstätigkeit der Bundesstraßenverwaltung; insoweit wäre die Beklagte nicht passiv legitimiert. Eine grobe Fahrlässigkeit der Beklagten sei auszuschließen, so daßeine Haftung der Beklagten auch aus diesem Grund nicht eintreten könne. Sie treffe nicht nur kein Verschulden; vielmehr sei die Schadhaftigkeit des Kanaldeckels für sie auch nicht erkennbar gewesen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Beklagte habe den Kanalschacht errichtet. Sie sei für jenen Teil der B *****, der durch den Kanalschacht gebildet werde, Halterin und habe daher diesen Straßenteil als Wegehalterin auch zu erhalten. Da es der Klägerin keinesfalls gelungen sei, der Beklagten eine grobe Fahrlässigkeit nachzuweisen, sei das Klagebegehren abzuweisen.
Das Berufungsgericht verurteilte die Beklagte unter Bestätigung der Abweisung des Mehrbegehrens von S 1.000 sA zur Zahlung von S 51.025,15 sA und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Die Klägerin habe ihren Anspruch in der Klage nicht auf einen bestimmten Rechtsgrund eingeengt, so daß eine Haftung der Beklagten nicht bloß nach § 1319 a ABGB zu prüfen sei. Entgegen der in der Berufung vertretenen Rechtsansicht der Klägerin komme freilich eine nachbarrechtliche Haftung nach § 364 a ABGB nicht in Frage, weil die Beklagte nicht Nachbarin der Klägerin und die Klägerin nicht Nachbarin des Kanalschachtes sei und auch keine vom Kanaldeckel auf ein Nachbargrundstück ausgehende Immission behauptet worden sei. Die Beklagte hafte entgegen der Meinung des Erstgerichtes auch nicht nach § 1319 a ABGB, sei doch ein Kanaldeckel kein eigener Weg im Sinne dieser Bestimmung, sondern Teil der Straße. Das Haftungsprivileg des § 1319 a ABGB komme daher nicht der Beklagten als Eigentümerin der Kanalisationsanlage samt dem Kanaldeckel, sondern der Republik Österreich als Straßenerhalterin zu.
Die Beklagte hafte aber für den eingetretenen Schaden nach § 1319 ABGB. Ein "Werk" im Sinne dieser Gesetzesstelle sei jeder künstliche Aufbau, der sich aber nicht über den Erdboden erheben müsse. Darunter falle auch eine Baugrube, ein mit Platten bedeckter Kellerschacht oder die Überbrückung eines Kanalschachtes udgl. Auch ein Kanalschacht samt Kanaldeckel sei demnach ein solches Werk, für das der Besitzer nach § 1319 ABGB haftet, soferne er nicht seine Schuldlosigkeit beweisen könne. Die Klägerin könne daher sowohl die Republik Österreich gemäß § 1319 a ABGB als auch die Beklagte nach § 1319 ABGB in Anspruch nehmen. Damit bleibe zu beurteilen, ob die Beklagte vernünftige Schutzvorkehrungen zur Abwendung solcher Gefahren getroffen hat oder ob ihr eine laufende Überprüfung der Kanaldeckel auch ohne Anzeichen eines Baugebrechens zugemutet werden müsse. Das sei im Hinblick auf den allgemeinen Rechtsgrundsatz, daß derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen hat, um eine Schädigung nach Tunlichkeit abzuwenden, zu bejahen. Für den Entlastungsbeweis nach § 1319 ABGB sei zu fordern, daß die Kanaldeckel regelmäßig - auch ohne Anzeichen von Gebrechen - auf allfällige Mängel überprüft werden. Die Beklagte habe aber gar nicht eingewendet, daß die Überprüfung der Kanaldeckel regelmäßig stattfinde. Ihre Haftung sei daher zu bejahen. Ihr Vorbringen, daß sie nicht nur nicht grob fahrlässig gehandelt habe, sondern überhaupt schuldlos sei, lasse erkennen, daß eine Haftung der Beklagten nach § 1319 ABGB schon bei leichter Fahrlässigkeit in erster Instanz erörtert worden sei. Der geltend gemachte Schadenersatzanspruch sei daher dem Grunde nach berechtigt. Er sei - abgesehen von den unbewiesen gebliebenen "Spesen" und bestimmten Nebengebühren - auch der Höhe nach erwiesen.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen den abändernden Teil des Berufungsurteils erhobene Revision der Beklagten ist im Sinne des Aufhebungsantrages berechtigt.
Die auch in der Revision wiederum aufgeworfene Frage, ob der Kanaldeckel nicht doch als eine (auch) dem Verkehr dienende Anlage zu einem Weg im Sinne des § 1319 a ABGB gehört, so daß die Wegehalterhaftung nach dieser Bestimmung in Betracht kommt, braucht nicht näher untersucht zu werden. Selbst bei Bejahung dieser Frage wäre nämlich das Klagebegehren, soweit es auf § 1319 a ABGB gestützt war, abzuweisen. Wollte man gleich dem Berufungsgericht nur die Republik Österreich als Wegehalterin ansehen, dann fehlte es an der Passivlegitimation der Beklagten. Wollte man hingegen die Beklagte in Abweichung von dieser Ansicht bezüglich der in die Fahrbahn eingebetteten Kanalabdeckungen als (Mit-)Halterin der Straße werten, müßte das Klagebegehren daran scheitern, daß - wie der Erstrichter zutreffend ausgeführt hat - ein grobes Verschulden der Beklagten (§ 1319 a Abs 3 ABGB) nicht vorliegt.
Soweit aber die Beklagte die Auffassung vertritt, § 1319 a ABGB enthalte einen Spezialtatbestand, der allen anderen in Frage kommenden Tatbeständen vorgehe, kann ihr nicht gefolgt werden. Wie der Oberste Gerichtshof in SZ 55/179 mit ausführlicher Begründung dargelegt hat, ist zwar im Umfang der schadenersatzrechtlichen Sonderregelungen (§§ 1319, 1319 a, 1320 ABGB) die Anwendung der schadenersatzrechtlichen Grundnorm nach dem Grundsatz der Spezialität ausgeschlossen, soweit das Verhalten des Haftpflichtigen sich in einer in einem Sondertatbestand umschriebenen Weise als Schadensbedingung erweist. Bei gleichzeitiger Verwirklichung zweier Sonderhaftungsregelungen - zB im Verhältnis zwischen § 1319 und § 1319 a ABGB - liegt dagegen Anspruchskonkurrenz vor (im gleichen Sinne EvBl 1994/8; Reischauer in Rummel, ABGB2, RZ 29 zu § 1319 a).
Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, daß eine Haftung der Beklagten nach § 1319 ABGB in Frage kommt. Nach dieser Bestimmung ist nämlich dann, wenn (ua) durch Einsturz eines anderen auf einem Grundstück aufgeführten Werkes (als eines Gebäudes) ein Schaden verursacht wird, der Besitzer des Werkes zum Ersatz verpflichtet, wenn das Ereignis die Folge der mangelhaften Beschaffenheit des Werkes ist und er nicht beweist, daß er alle zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt angewendet habe. "Werk" im Sinne dieser Gesetzesstelle ist jeder künstliche Aufbau, aber auch jede künstliche Bodenvertiefung oder willkürliche Gestaltung der natürlichen Boden- und Geländebeschaffenheit (Reischauer aaO Rz 3 zu § 1319 mwN aus der Rsp).Daß Kanäle Werke in diesem Sinne sind, hat der Oberste Gerichtshof schon ausgesprochen (JBl 1986, 523 = MietSlg 38.232/8). Daß nach den Feststellungen der Schaden der Klägerin dadurch entstanden ist, daß die Bruchstücke des Kanaldeckels von den Rädern des LKW-Zuges ausgehoben wurden und gegen die Vorderachse des Anhängers prallten - also in die Höhe flogen - hindert nicht, den Sachverhalt dem Tatbestand des § 1319 ABGB zu unterstellen, der vom "Einsturz oder Ablösung" spricht. Koziol (Österreichisches Haftpflichtrecht2 II 397) meint zwar, daß die Verschärfung der Haftung durch § 1319 ABGB wegen der Gefährlichkeit von Bauwerken infolge ihrer Höhe angeordnet wurde; wenn sich ein zur Abdeckung verwendeter Balken aufstellt, dann liege keine derartige, mit der Höhe des Werkes im Zusammenhang stehende Gefahr vor. Der erkennende Senat teilt insoweit jedoch die Ansicht Reischauers (aaO Rz 2 zu § 1319), daß nach dem Gesetzeszweck mit dem Begriff "Einsturz oder Ablösung" auch alle anderen Gefahren, die sich aus Statik und Dynamik eines Werkes ergeben, umfaßt werden sollten. Im vorliegenden Fall kommt noch dazu, daß der Kanaldeckel unter dem Gewicht des LKW-Zuges der Klägerin gebrochen, also tatsächlich "eingestürzt ist", wobei der Schaden allerdings durch die dabei in die Höhe geschleuderten Teile verursacht wurde.
Nach den Feststellungen waren Haarrisse des Kanaldeckels - also eine mangelhafte Beschaffenheit des Werkes - Ursache für den Schaden der Klägerin.
Für diesen Schaden haftet der "Besitzer" des Werkes das ist derjenige, der die Sache auf eigene Rechnung führt, der die Verfügungsgewalt über sie hat (SZ 59/121 mwN; Reischauer aaO Rz 12 zu § 1319). Das trifft auf die Beklagte, zu deren Kanalanlage der zerbrochene Kanaldeckel gehört, zu.
Der Besitzer kann sich nach § 1319 ABGB (nur) durch den Beweis entlasten, daß er alle zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt aufgewendet hat. Damit stellt der Gesetzgeber eindeutig auf einen objektiven Sorgfaltsbegriff ab (Koziol aaO 400; Reischauer aaO Rz 17 zu § 1319). Der Entlastungsbeweis ist dann erbracht, wenn der Besitzer beweist, daß er Vorkehrungen getroffen hat, die vernünftigerweise nach der Auffassung des Verkehrs erwartet werden können (Koziol aaO; Reischauer aaO; SZ 37/92; SZ 41/27; EvBl 1983/63; SZ 58/13; SZ 59/121 uva). Wenn für den Besitzer der Mangel nicht erkennbar war und auch nicht vorausgesehen werden konnte, ist der Entlastungsbeweis regelmäßig schon erbracht, wenn er einen Fachmann mit einer in zeitlichen Abständen gebotenen Überprüfung des Werkes betraut hat und dieser keinen Mangel festgestellt hat (Reischauer aaO Rz 17; SZ 8/66; MietSlg 37.204 ua).
Zur Frage, ob die Beklagte den Kanaldeckel in regelmäßigen Abständen selbst oder durch beigezogene Fachleute kontrolliert hat, fehlen ebenso Feststellungen wie darüber, ob solche Vorkehrungen im Hinblick auf die statistische Wahrscheinlichkeit von Kanaldeckeleinbrüchen nach der Verkehrsauffassung erforderlich und daher zu erwarten sind. Dazu hat die Beklagte aber auch nichts vorgebracht.
Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes rechtfertigt dies noch nicht die Klagestattgebung. Zutreffend rügt nämlich die Beklagte, daß sie insoweit von der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes überrascht wurde. Die Gerichte, insbesondere auch die Rechtsmittelgerichte, dürfen nach der Rechtsprechung die Parteien nicht mit einer Rechtsauffassung überraschen, die sie nicht beachtet haben und auf die sie vom Gericht nicht aufmerksam gemacht wurden (SZ 42/28; SZ 50/35 = JBl 1978, 262 [König]; MietSlg 34.719/13; vgl dazu auch Sprung/König, "Iura novit curia" und rechtliches Gehör, JBl 1976, 1 ff). In Österreich gilt somit, wenngleich eine ausdrückliche gesetzliche Regelung fehlt,dasselbe, was § 278 Abs 3 dZPO festlegt. Danach darf das Gericht seine Entscheidung auf einen rechtlichen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, nur dann stützen, wenn es Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Darauf, ob die Partei oder ihr Vertreter diesen Gesichtspunkt und seine Erheblichkeit hätte erkennen müssen, kommt es nicht an (Stein/Jonas, Komm z.ZPO20, Rz 43 zu § 278 dZPO); Thomas/Putzo, ZPO19, Rz 8 zu § 278 dZPO). Es bedarf daher keiner Auseinandersetzung mit der Frage, ob die anwaltlich vertretene Beklagte bei gehöriger Sorgfalt hätte erkennen können, daß das Klagevorbringen auch eine Prüfung nach § 1319 ABGB zuläßt. Der Erstrichter ist - wie sich nicht zuletzt aus seiner Wiedergabe des Klagevorbringens ergibt - davon ausgegangen, daß die Klägerin ausschließlich die Wegehalterhaftung geltend gemacht hat. Daß auch ein anderer Haftungsgrund erörtert worden wäre, läßt sich auch aus dem ergänzenden Vorbringen der Beklagten, sie treffe nicht nur kein Verschulden, vielmehr sei der Mangel des Kanaldeckels für sie nicht erkennbar gewesen, nicht ableiten.
Wie schon das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, kommt entgegen der Meinung der Klägerin eine Haftung der Beklagten nach § 364 a ABGB nicht in Frage. Insoweit kann auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO).
Im Hinblick auf den aufgezeigten Mangel des Berufungsverfahrens war in Stattgebung der Revision mit einer Aufhebung vorzugehen. Da es aber offenbar einer Verhandlung in erster Instanz bedarf, um die Sache spruchreif zu machen, waren die Urteile beider Vorinstanzen aufzuheben und die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen (§ 510 Abs 1 ZPO). Dieses wird im fortgesetzten Verfahren der Beklagten Gelegenheit zu geben haben, allenfalls einen Entlastungsbeweis nach § 1319 ABGB anzutreten. Das Erstgericht wird sodann nach der Aufnahme allfälliger Beweise Feststellungen zu treffen haben, auf Grund deren die rechtliche Beurteilung möglich ist, ob die Beklagte alle Vorkehrungen zur Vermeidung des eingetretenen Schadens getroffen hat, die vernünftigerweise nach der Auffassung des Verkehrs und den Umständen gemäß erwartet werden können.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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