OGH 4Ob221/13y

OGH4Ob221/13y20.1.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei p***** Rechtsanwalts‑Partnerschaft, *****, wider die beklagten Parteien 1. W***** K*****, 2. Prof. H***** H*****, beide vertreten durch Dr. Andreas Nödl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Beseitigung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 31.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 30. Oktober 2013, GZ 1 R 137/13v‑12, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

B e g r ü n d u n g :

Rechtliche Beurteilung

1. Die angefochtene Entscheidung gelangt zum Ergebnis, dass die Bezeichnungen „Unabhängige Opferschutzanwaltschaft“ und „Unabhängige Opferschutzkommission“ weder geeignet seien, die angesprochenen Adressaten über das Vorliegen einer staatlichen Behörde zu täuschen noch sie in der Frage der Unabhängigkeit gegenüber Staat und Kirche in die Irre zu führen, weshalb der Vorwurf eines Verstoßes gegen § 2 Abs 1 UWG unbegründet sei.

Nach Auffassung des Rekursgerichts werde ein Beratung suchendes Missbrauchsopfer, das Ersatzzahlungen erlangen wolle und Beratung suche, den Inhalt der Website der betreffenden Organisation studieren und dort darüber aufgeklärt, dass es sich um keine staatliche Behörde handle, sondern die Unabhängige Opferschutzanwaltschaft vielmehr eine „zivilgesellschaftliche Einrichtung“ sei, der Vorsitzende der Bischofskonferenz deren absolute Unabhängigkeit zugesagt habe, und das Entschädigungsmodell aus freiwilligen Entschädigungsleistungen der katholischen Kirche bestehe, wobei die Unabhängige Opferschutzkommission Beträge „vorschlage“. Ein verständiger Mitteilungsempfänger des angesprochenen Interessentenkreises werde aus diesen Informationen den klaren Eindruck gewinnen, dass die Unabhängige Opferschutzanwaltschaft/Unabhängige Opfer-schutzkommission Einrichtungen der katholischen Kirche seien, die nicht vom Staat getragen würden, und dass es sich um keine Stellen mit vom Staat verliehenen Befugnissen handle. Es bestehe daher schon aufgrund des Gesamtzusammenhangs, in welchem die beanstandeten Bezeichnungen auf der Website konkret gebraucht würden, keine Eignung, die angesprochenen Adressaten über das Vorliegen einer staatlichen Behörde zu täuschen.

Aber selbst ohne Berücksichtigung der Erklärungen auf der Internetseite bestehe keine Irreführungseignung der Ausdrücke „Unabhängige Opferschutzanwaltschaft“ und „Unabhängige Opferschutzkommission“ in dem von der Klägerin behaupteten Sinn einer Behördenbezeichnung. Im allgemeinen Sprachgebrauch werde weder unter einer mit ‑anwaltschaft noch unter einer mit ‑kommission bezeichneten Einrichtung mit Selbstverständlichkeit eine staatliche Behörde verstanden. Vielmehr ließen diese Bezeichnungen auch nach dem Verständnis juristisch nicht gebildeter Personen offen, welche Trägerorganisation hinter den so benannten Einrichtungen steht. „Kommission“ werde als Gruppe von Fachleuten verstanden, die ausgewählt wurde, ein bestimmtes Problem zu bearbeiten, und „Anwaltschaft“ werde zumindest auch in der Bedeutung „Verfechter einer Sache bzw Fürsprecher“ aufgefasst. Auch wenn einige staatliche Einrichtungen mit den Attributen ‑anwaltschaft oder ‑kommission benannt seien, bedeute dies noch nicht, dass unter diesen Begriffen nach dem Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise jedenfalls eine staatliche Behörde zu erwarten sei.

2. Diese Entscheidung weicht von den Grundsätzen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Irreführung nicht ab.

Danach ist der Inhalt einer Ankündigung stets am Gesamteindruck zu messen, den die angesprochenen Verkehrskreise gewinnen (RIS‑Justiz RS0043590).

Wie die angesprochenen Verkehrskreise eine Aussage verstehen und ob sie demnach zur Irreführung geeignet ist, hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung und ist daher nicht erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO, soweit nicht eine im Interesse der Rechtssicherheit zu korrigierende ‑ hier nicht gegebene ‑ Fehlbeurteilung vorliegt (RIS‑Justiz RS0107771, RS0043000, RS0053112).

3. Nach dem zuvor Gesagten hängt die Entscheidung nicht von der weiteren als erheblich geltend gemachten Rechtsfrage ab, ob die Beklagten im geschäftlichen Verkehr handeln und ob ein Wettbewerbsverhältnis zur Klägerin (einer Partnerschaft von Rechtsanwälten) besteht.

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