OGH 4Ob218/15k

OGH4Ob218/15k15.12.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Dr. M***** W*****, gegen die beklagte Partei E***** S*****, wegen Unwirksamkeit einer Vereinbarung (Streitwert 32.000 EUR), im Verfahren über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 14. Oktober 2015, GZ 16 R 158/15w‑8, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0040OB00218.15K.1215.000

 

Spruch:

Die Akten werden dem Rekursgericht zurückgestellt.

Begründung

Mit seiner beim Landesgericht Korneuburg eingebrachten Klage begehrt der Kläger den Ausspruch, dass eine vom Beklagten behauptete Vereinbarung über die Umwandlung eines auf fünf Jahre befristeten Mietverhältnisses in ein unbefristetes Mietverhältnis unwirksam sei. Aus dem Klagevorbringen ergibt sich, dass das Mietverhältnis seit dem Jahr 2009 beendet ist; die Klage dient nach diesem Vorbringen der Klärung einer Vorfrage unter anderem für die Rückforderung von Mietzins (Befristungsabschlag).

Das Erstgericht wies die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit zurück, weil es sich um eine Bestandsache iSv § 49 Abs 2 Z 5 JN handle.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung uns sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs unzulässig sei. Ein Bewertungsausspruch unterblieb.

Gegen diese Entscheidung richtet sich ein außerordentlicher Revisionsrekurs des Klägers, den das Erstgericht zur Entscheidung vorlegt.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof ist derzeit nicht zur Entscheidung berufen.

1. Zwar steht die Konformatsperre des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO der Zulässigkeit des Revisionsrekurses nicht entgegen, weil die Vorinstanzen die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen haben. Wohl aber sind auch in einem solchen Fall die Revisionsrekursbeschränkungen nach § 528 Abs 2 Z 1 und Z 1a ZPO zu beachten (RIS-Justiz RS0044496). Danach ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR nicht übersteigt (Z 1); bei Nichtzulassung durch das Rekursgericht ist er auch dann unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand zwar 5.000 EUR, aber nicht 30.000 EUR übersteigt (Z 1a).

2. Der Rechtsmittelausschluss nach § 528 Abs 2 Z 1 ZPO gilt schon nach dem Wortlaut dieser Bestimmung nicht in Fällen des § 502 Abs 4 oder 5 ZPO. Nicht erfasst sind daher ua nach § 502 Abs 5 Z 2 ZPO „die unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallenden Streitigkeiten, wenn dabei über eine Kündigung, über eine Räumung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrags entschieden wird“. Diese Ausnahme ist hier aber nicht anwendbar. Denn ihr Zweck liegt darin, in Streitigkeiten nach § 49 Abs 2 Z 5 JN gefällte Entscheidungen dann unabhängig von Bewertungsfragen revisibel zu machen, wenn der Verlust des Bestandobjekts droht (1 Ob 150/05y; RIS‑Justiz RS0120190). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, weil das Bestandverhältnis nach dem Klagevorbringen schon seit 2009 beendet ist. Unter diesen Umständen ist die hier strittige Frage, welchen konkreten Inhalt dieses Bestandverhältnis hatte, keine für den möglichen Verlust des Objekts präjudizielle Frage des Bestehens oder Nichtbestehens eines Vertrags. Der Revisionsrekurs ist daher jedenfalls unzulässig, wenn der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR nicht übersteigt.

3. Da der genannte Ausnahmetatbestand ohnehin nicht erfüllt ist, kann offen bleiben, ob er wegen eines möglichen Redaktionsversehens auch im Anwendungsbereich des § 528 Abs 2 Z 1a ZPO analog anzuwenden wäre (dies bejahend für den Fall des § 502 Abs 5 Z 4 ZPO [Arbeits- und Sozialrechtssachen]

Zechner in Fasching/Konecny 2 § 528 ZPO Rz 34 und E. Kodek in Rechberger, ZPO4 § 528 Rz 15). Vielmehr ist der Revisionsrekurs unabhängig von dieser Frage auch dann, wenn der Wert des Entscheidungsgegenstands zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt, jedenfalls unzulässig, wenn ihn das Rekursgericht nicht ‑ auch nicht nachträglich gemäß § 528 Abs 2a ZPO ‑ zugelassen hat.

4. Da somit die Zulässigkeit des Revisionsrekurses vom Wert des Entscheidungsgegenstands abhängt und dieser nicht in einem Geldbetrag besteht, ist nach § 526 Abs 3 iVm § 500 Abs 2 ZPO ein Bewertungsausspruch des Rekursgerichts erforderlich. Aus diesem Grund sind die Akten dem Rekursgericht zur Ergänzung seiner Entscheidung zu übermitteln.

5. Bei einer Bewertung über 30.000 EUR wäre der außerordentliche Revisionsrekurs neuerlich zur Entscheidung vorzulegen. Spricht das Rekursgericht demgegenüber aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige, wird es gleichzeitig zu prüfen haben, ob angesichts der Ausführungen des Rechtsmittels zum Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage die Voraussetzungen für eine nachträgliche Zulassung nach § 528 Abs 2a ZPO gegeben sind. Bei einer Bewertung bis 5.000 EUR wäre der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.

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