Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 1.063,80 EUR (darin 177,30 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte ist seit 2002 Trägerin einer Krankenanstalt für ästhetische und kosmetische Lasermedizin in Wien. Im April 2004 warb sie in einem Inserat im Wiener Bezirksblatt für die von ihr angebotenen Behandlungen; in ähnlicher Weise wirbt sie auch auf ihrer Website.
Die Werbung besteht einerseits in Abbildungen, auf denen der Zustand vor dem Zustand nach einer Behandlung gegenübergestellt wird, andererseits - und zwar auf der Startseite der Website - in der Ankündigung, „Gewinnen Sie 1 von 8 Schönheits-OP's im Wert von EUR 10.000,-- Details unter NEWS Aktion: Kostenlos".
Die Verlosung fand nicht statt. Voraussetzung für die Teilnahme wäre gewesen, dass ein Gratisberatungsgespräch zwischen der Beklagten und der an der Teilnahme interessierten Person stattgefunden hat, die Person für eine solche Operation körperlich geeignet ist, keine gesundheitlichen Gründe entgegenstehen, die Person volljährig ist oder die Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters vorliegt. Die Klägerin begehrt - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung -, die Beklagte schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs bei der Werbung für und/oder bei Anboten von kosmetischen bzw ästhetischen sowie lasermedizinischen Behandlungen die von ihr angebotenen Behandlungen zum Gegenstand einer Verlosung zu machen. Die Verlosung verstoße gegen § 1 UWG. Es widerspreche „schlicht dem Gefühl der billig und gerecht Denkenden, dass medizinische Eingriffe wie Spielzeug verlost werden". Bei ärztlichen Dienstleistungen, bei denen Gesundheitsrisiken abzuwägen seien und körperliche bzw gesundheitliche Schädigungen von vornherein nicht ausgeschlossen werden könnten, seien Maßnahmen zur Verkaufsförderung verpönt. Für sie sollte vielmehr durch eine seriöse und sowohl über Vorteile als auch Risiken aufklärende Beratung geworben werden, auch wenn es zunehmend als „chic, in und angeblich notwendig angesehen werde, „sich unbedacht Operationen zu unterziehen, die medizinisch nicht indiziert" seien, sondern dazu dienten, „dem - derzeitigen - Schönheitsideal zu entsprechen". Ein medizinischer Eingriff dürfe „nicht wie ein Scherzartikel unters Volk gebracht werden". Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Preisausschreiben seien nur wettbewerbswidrig, wenn damit - offen oder versteckt - Kaufzwang ausgeübt oder sonst der freie Entschluss des Publikums in sittenwidriger Weise beeinflusst werde. Solle hingegen nur die Aufmerksamkeit des Publikums auf bestimmte Leistungen gelenkt werden, seien sie zulässig. Die Klägerin behaupte auch keine Umstände, die die Werbemaßnahme unabhängig davon sittenwidrig machten, dass Schönheitsoperationen verlost werden, oder dass die Beklagte die Operationen etwa ohne Rücksicht auf eine entsprechende Indikation oder unter Außerachtlassung der medizinischen Risiken verlose. Derartige Eingriffe seien bereits „Bestandteil des täglichen Lebens zahlreicher Mitbürger" und auch in der Vergangenheit mehrfach von Fernsehsendern und Zeitschriften verlost worden. Die Beklagte weise nicht auf bestimmte Ärzte hin, sodass sie nicht den Werbebeschränkungen des ÄrzteG unterliege. Nach § 13 KAG und § 24 WrKAG sei ihr nur verboten, unsachliche und unwahre Informationen im Zusammenhang mit dem Betrieb der Krankenanstalt zu geben. Dies habe sie jedoch nicht getan.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Preisausschreiben seien nur dann sittenwidrig, wenn sie mit dem Warenabsatz gekoppelt werden oder sonst das Publikum in unsachlicher Art und Weise beeinflussen. Die Ankündigung der Verlosung sei weder reißerisch noch übertrieben aufgemacht, eine sachwidrige Beeinflussung oder Verlockung des in Betracht kommenden Publikums könne nicht erkannt werden. Auch die Gefahr einer Entartung des Wettbewerbs sei nicht gegeben. Die Beklagte bleibe mit ihrer Werbung im Rahmen schon üblicher vergleichbarer Maßnahmen und wende keine Lockmethode an, die Mitbewerber nachmachten und daher „auf diese Weise geradezu eine Spirale von Schönheitsoperations-Auslobungen die Folge wäre". Die Gefahr eines sittenwidrigen Einfangens von Interessenten sei nicht gegeben. Es liege auch keine unzulässige Werbung mit der Gesundheit vor. Im Bereich des Gesundheitswesens sei zwar jede Werbeaussage auf ihre Irreführungseignung genau zu prüfen, die Schönheitsoperationen würden jedoch nicht ohne vorherige sachliche Prüfung und Untersuchung der „verschönerungswilligen Person" vorgenommen.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und dass die ordentliche Revision zulässig sei. Die beanstandete Werbung sei weder unsachlich noch unwahr; ein Verstoß gegen § 13 KAG und § 24 WrKAG liege nicht vor. Schutzgegenstand des UWG sei das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb; es solle Auswüchsen des Wettbewerbs entgegen getreten werden. Auch wenn das Lauterkeitsrecht kein verfassungsrechtlich wertfreier Rechtsraum und das rechtsethische Fundament des Wettbewerbs in den verfassungsrechtlichen Prinzipien verankert sei, bestehe kein Anlass, den - aus Sicht der Klägerin - sorglosen Umgang mit dem Angebot von Gesundheitsoperationen aus wettbewerbsrechtlicher Sicht zu sanktionieren.
Rechtliche Beurteilung
Die ordentliche Revision ist zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zur Frage der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit der Verlosung von Schönheitsoperationen bislang nicht Stellung genommen hat; sie ist jedoch nicht berechtigt.
Die Klägerin macht geltend, es sei zwischen der Verlosung von Schönheitsoperationen durch (zB) Medienunternehmen und der Verlosung von Schönheitsoperationen durch die Krankenanstalt selbst zu unterscheiden. Verlosten Krankenanstalten Operationen, so sei dies als einer jene Auswüchse des freien Wettbewerbs zu beurteilen, denen durch die Vorschriften gegen unlauteren Wettbewerb entgegengetreten werden solle. Das gelte in erster Linie für kosmetische Operationen, deren Risiko die Umworbenen als eher vernachlässigbar einschätzten. Die Beklagte weise auf die mit einer Operation verbundenen Gefahren nicht hin. Durch die Verlosung werde die Operation als für die menschliche Gesundheit belanglos hingestellt. Die Beklagte verletze damit ihre Pflicht, sachlich zu informieren.
Dem Träger einer Krankenanstalt ist es (ua) verboten, unsachliche Informationen im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Krankenanstalt zu geben (§ 13 KAG; § 24 WrKAG). Ein Verstoß gegen die damit begründete Verpflichtung einer Krankenanstalt zur sachlichen Information ist nicht zu erkennen:
Die Beklagte kündigt die Verlosung unter Hinweis darauf an, dass und wie nähere Informationen erlangt werden können. Die Teilnahme an der Verlosung setzt ein Beratungsgespräch voraus, in dem die körperliche Eignung für die Operation erörtert wird. Das schließt eine Aufklärung über die mit der Operation verbundenen Risiken ein; dass die Aufklärung unvollständig wäre, behauptet die Klägerin nicht. Damit ist davon auszugehen, dass an der Verlosung nur teilnehmen kann, wer darüber aufgeklärt wurde, dass auch eine Schönheitsoperation die mit jeder Operation verbundenen Gefahren mit sich bringt. Es trifft daher nicht zu, dass die Beklagte - wie die Klägerin behauptet - die gesetzlichen Pflichten zur sachlichen Information übergehe.
Zu prüfen bleibt, ob die Verlosung von Schönheitsoperationen an sich sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG ist. Die Klägerin verweist auf die Rechtsprechung, wonach eine Handlung gegen die guten Sitten verstößt, wenn sie objektiv der im sittlichen Volksbewusstsein begründeten Auffassung und dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht (1 Ob 980/37 = JBl 1938, 57 ua) oder mit dem Anstandsgefühl der Allgemeinheit unvereinbar ist oder objektiv dem Anstandsgefühl der durchschnittlichen Mitbewerber oder der angesprochenen Verkehrskreise widerspricht (4 Ob 353/76 = ÖBl 1977, 30 - Fernkurshonorar-Steuerbegünstigung mwN). Sie übersieht dabei, dass die jüngere Rechtsprechung den Begriff der „guten Sitten" von der Funktion des Wettbewerbs und dem Schutzzweck des Wettbewerbsrechts aus versteht (4 Ob 88/93 = ÖBl 1994, 58 - Makramee-Spitzen mwN). Das Sittenwidrigkeitsurteil des § 1 UWG orientiert sich damit entscheidend an den Funktionsbedingungen des Leistungswettbewerbs, die Unternehmer-, Verbraucher- und auch Allgemeininteressen zu berücksichtigen haben (4 Ob 56/97g = ÖBl 1998, 14 - Schwarzhörer willkommen mwN).
Das allgemeine Interesse an einem funktionierenden Wettbewerb verlangt das Verbot von Werbemethoden, die zu einer Verwilderung des Wettbewerbs führen können, wie etwa Pauschalangriffe durch Beschimpfungen der Konkurrenz (4 Ob 1/94 = ÖBl 1994, 111 - Götz-Zitat) oder der Ersatz von Parkstrafen als Werbemittel (4 Ob 32/95 = ÖBl 1995, 211 = Falschpark-Strafzettel). Dass auch die Werbemaßnahme der Beklagten in einem ähnlichen Sinn zu einer Verwilderung des Wettbewerbs führen könnte, ist nicht zu befürchten. Einer Wertreklame, wie der Verlosung von Waren oder Leistungen des Werbenden, sind schon durch die damit verbundenen Kosten Grenzen gesetzt.
Es trifft auch nicht zu, dass die Verlosung „unsachlichen, weil Risiken operativer Eingriffe völlig negierenden und damit sittenwidrigen Werbemaßnahmen von Krankenanstalten Tür und Tor" öffnete. Die Teilnahme an der Verlosung setzt - wie oben dargelegt - voraus, dass sich die interessierte Person beraten lässt und die körperliche Eignung für die Operation bejaht wird; damit kann auch nicht der Eindruck entstehen, dass Schönheitsoperationen völlig risikolos seien.
Ebenso wenig kann der - auf die Entscheidung eines deutschen Instanzgerichts gestützten - Auffassung der Klägerin gefolgt werden, durch die Werbemaßnahme werde „die Gesundheit gleich einem Saisonartikel kommerzialisiert, rabattiert und unterliege nur noch dem Gewinnstreben". Richtig ist zwar, dass damit eine ärztliche Behandlung gleich einer Ware vermarktet wird. Das mag bedauerlich erscheinen, reicht aber - jedenfalls wenn, wie hier, die Volksgesundheit nicht gefährdet wird - nicht aus, um einen Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne der neueren Rechtsprechung annehmen zu können.
Die Revision musste erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)