Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Mit Beschluß vom 3.November 1994, 9 Cg 282/94v-4, verbot das Erstgericht der Beklagten, im geschäftlichen Verkehr beim Vertrieb von Parfumeriewaren, insbesondere bei den Produkten Lait Hydratant Parfume von Clarins und After Shave Lotion von Givenchy, a) auf nicht existierende Preisempfehlungen zu verweisen, b) Preise mit den Worten "Gesehen um" oder ähnlichen Worten, ohne diese genau zu konkretisieren, zu vergleichen. Das Rekursgericht bestätigte die einstweilige Verfügung. Der erkennende Senat änderte die Entscheidung
der Vorinstanzen mit Beschluß vom 28.März 1995, 4 Ob 25/95 = ÖJZ-LSK
1995/191 = EvBl 1995/166 = ÖBl 1996, 26 - "Schon gesehen um" -
Preise, dahin ab, daß der Beklagten verboten wurde, im geschäftlichen Verkehr beim Vertrieb von Parfumeriewaren, insbesondere bei den Produkten Lait Hydratant Parfume von Clarins und After Shave Lotion von Givenchy, auf nicht existierende Preisempfehlungen zu verweisen. Das Mehrbegehren, der Beklagten zu untersagen, Preise mit den Worten "Gesehen um" oder ähnlichen Worten, ohne diese genau zu konkretisieren, zu vergleichen, wurde abgewiesen.
Die Beklagte beantragt, die Klägerin zum Ersatz von S 1,013.033,70 zu verpflichten.
Der Beklagten seien im Provisorialverfahren und in den von der Klägerin angestrengten Exekutionsverfahren Kosten erwachsen, deren Ersatz der Klägerin nur zum Teil auferlegt worden sei. Offen seien noch S 37.819,80 an Kosten für erfolglose Rekurse im Exekutionsverfahren und S 28.623,60 an Kosten des Provisorialverfahrens. Die Beklagte habe der Klägerin S 46.590,36 an Exekutionskosten ersetzt. Der Beklagten sei ein Gewinn von S 900.000,-- entgangen, weil sie sieben Monate hindurch ihre Preise nicht mit "Gesehen um"-Preisen vergleichen habe dürfen.
Die Klägerin beantragt, den Antrag abzuweisen.
Die Exekutionskosten seien nur entstanden, weil sich die Beklagte nicht an die einstweilige Verfügung gehalten habe. Die im Provisorialverfahren nicht zuerkannten Kosten stünden der Beklagten nicht zu, weil die einstweilige Verfügung zum Teil aufrechterhalten worden sei. Die Kosten seien auch unrichtig verzeichnet. Das Vorbringen zum Gewinnentgang sei nicht ausreichend konkret. Da sich die Beklagte nicht an das Werbeverbot gehalten habe, könne ihr durch die einstweilige Verfügung auch kein Gewinn entgangen sein.
Das Erstgericht wies den Antrag ab.
Die Beklagte habe den angeblichen Gewinnentgang weder ausreichend behauptet noch Bescheinigungsmittel angeboten. Da sie das Verbot nicht eingehalten habe, könne ihr auch kein Gewinn entgangen sein. Der Antrag sei verfrüht, weil das Hauptverfahren noch nicht beendet sei. Kosten, die durch die Nichtbefolgung der einstweiligen Verfügung entstanden seien, seien nicht ersatzfähig. Über die Kosten des Provisorialverfahrens sei im Provisorialverfahren und im Hauptverfahren abzusprechen.
Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs im Umfang eines Begehrens von S 900.000,-- nicht zulässig, darüber hinaus jedenfalls unzulässig sei.
Die Beklagte habe ihrer Behauptungslast nicht genügt. Nur die Kosten zweckentsprechender Rechtsverfolgung könnten ersetzt verlangt werden. Im Provisorialverfahren habe die Beklagte nur zum Teil obsiegt und daher keinen Anspruch auf Ersatz der restlichen Kosten. Die geltend gemachten Exekutionskosten seien entstanden, weil die Beklagte die einstweilige Verfügung nicht befolgt habe. Solche Kosten seien nicht ersatzfähig.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig, soweit er sich gegen die Abweisung des Antrages auf Ersatz von Kosten richtet; im übrigen ist er mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.
Nach der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes liegt auch dann eine in dritter Instanz unanfechtbare Kostenentscheidung vor, wenn und soweit der gemäß § 394 EO begehrte Ersatz Kosten betrifft, die dem Gegner der gefährdeten Partei erwachsen sind. Eine Entscheidung "über den Kostenpunkt" (§ 528 Abs 2 Z 3 ZPO) liege immer dann vor, wenn außerhalb eines Urteils über Kostenfragen erkannt werde. Eine Entscheidung darüber, ob und in welcher Höhe Kosten zu ersetzen sind, sei auch nicht so bedeutungsvoll, daß ihre Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof zugelassen werden müßte (Heller/Berger/Stix, Kommentar zur Exekutionsordnung4, 2864; SZ
50/104 = EvBl 1978/55 = ÖBl 1978, 52 - Schatz-Gewinn- spiel mwN; SZ
51/119 = ÖBl 1979, 28, AnwBl 1979, 182; JBl 1993, 733 = RdW 1993,
245; aM König, Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren Rz 255; offenlassend WBl 1996, 168 - "Veröffentlichungskosten").
Der erkennende Senat hält auch für den vorliegenden Fall an dieser Auffassung fest. § 394 EO gibt zwar einen - verschuldensunabhängigen (König aaO Rz 210 mwN) - Schadenersatzanspruch; soweit aber der Ersatz von Kosten begehrt wird, geht es auch beim Anspruch nach § 394 EO letztlich (nur) um die Frage, ob und in welcher Höhe der Gegner Kosten ersetzen muß. Daß die Entscheidung darüber von größerer Bedeutung sein soll als eine sonstige Kostenentscheidung, die nie beim Obersten Gerichtshof angefochten werden kann, ist nicht zu erkennen.
Gemäß § 402 Abs 1 EO ist § 521a ZPO sinngemäß anzuwenden, wenn das Verfahren einen Rekurs über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, über einen Widerspruch nach § 397 oder über einen Antrag auf Einschränkung oder Aufhebung einer einstweiligen Verfügung zum Gegenstand hat. Ein Revisionsrekurs ist nicht deshalb unzulässig, weil das Gericht zweiter Instanz den angefochtenen Beschluß zur Gänze bestätigt hat.
Das Verfahren nach § 394 EO wird in § 402 Abs 1 EO nicht erwähnt. In der Entscheidung ÖBl 1996, 51 - Gesetzeslücke hat der Oberste Gerichtshof darauf verwiesen, daß die Gründe für die Einführung der Zweiseitigkeit des Revisionsrekursverfahrens auch auf die Festsetzung eines Entschädigungsbetrages nach § 394 EO zutreffen. Die Gesetzeslücke wurde durch Analogie dahin geschlossen, daß § 521a ZPO auch auf Rekurse gegen solche Entscheidungen sinngemäß anzuwenden ist.
Eine Gesetzeslücke besteht aber auch insofern, als zur Gänze bestätigende Beschlüsse nicht angefochten werden können (Graff, Schadenersatz nach § 394 EO, ecolex 1994, 764). Auch diese Gesetzeslücke ist durch analoge Anwendung des § 402 Abs 1 EO zu schließen, weil die Gründe für die Anfechtbarkeit von Konformatentscheidungen auch für das Verfahren nach § 394 EO zutreffen.
Nach § 394 Abs 1 EO hat das Gericht auf Antrag nach freier Überzeugung (§ 273 ZPO) die Höhe des Ersatzes für alle dem Sicherungsgegner durch die einstweilige Verfügung verursachten Vermögensnachteile durch Beschluß festzusetzen. Für das Verfahren gelten, soweit der zweite Teil der Exekutionsordnung keine besonderen Bestimmungen enthält, die Bestimmungen für das Exekutionsverfahren (Heller/Berger/Stix aaO 2867; s auch JBl 1993, 733 = RdW 1993, 245 mwN). Das Gericht ist an die Anträge und an das Vorbringen des Gegners der gefährdeten Partei gebunden; es darf nicht mehr und auch nicht etwas anderes zusprechen. Der Sachverhalt ist - unbeschadet der auch in einem Verfahren mit Untersuchungsgrundsatz geltenden Behauptungs- und Beweislast der Beteiligten - von Amts wegen zu
ermitteln (König aaO Rz 246 mwN; SZ 51/119 = ÖBl 1979, 28; s auch JBl
1993, 733 = RdW 1993, 245). Mit dem Verfahren nach § 394 EO steht
dem Gegner der gefährdeten Partei ein summarisches Verfahren zur Liquidierung von Schäden zur Verfügung, das dem entspricht, in dem die gefährdete Partei vorläufigen Rechtsschutz erlangt hat (König aaO Rz 208). Nach § 389 EO hat die gefährdete Partei ihren Anspruch zu behaupten und auf Verlangen des Gerichtes glaubhaft zu machen. Es ist nicht Sache des Gerichtes, von Amts wegen auf die Stoffsammlung oder auf ein ergänzendes Vorbringen zu dringen (SZ 61/219 = EFSlg 58.068 = EvBl 1989/77; EFSlg 70.098 ua).
Auch im Verfahren nach § 394 EO hat der Antragsteller den anspruchsbegründenden Sachverhalt jedenfalls zu behaupten und dem Grunde nach zu bescheinigen (König aaO Rz 248; s auch Graff aaO 764). Genügt der Antragsteller seiner Behauptungslast nicht, so ist der Antrag unschlüssig und daher abzuweisen (s Rechberger in Rechberger, ZPO vor § 266 Rz 7; Fasching, Lehrbuch**2 Rz 876). Auch in einem Verfahren, in dem das Gericht den Sachverhalt auch von Amts wegen zu ermitteln hat, müssen die Behauptungen jedenfalls so konkret sein, daß solche Ermittlungen, wie zB die Vernehmung eines Sachverständigen, überhaupt zielführend sind.
Ob die Behauptungen im konkreten Fall ausreichen, ist eine Frage, deren Bedeutung nicht über den Einzelfall hinausgeht und die daher nicht im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO erheblich ist (s Kodek in Rechberger, ZPO § 502 Rz 5).
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