Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen; die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Beklagte brachte Essig in Halbliterflaschen mit nachstehenden Etiketten auf den österreichischen Markt:
Abbildung nicht darstellbar!
Die Balsam-Weinessig-Flaschen waren zusätzlich mit gefalteten Hängeetiketten versehen, deren Innenseiten folgenden Text aufwiesen:
Abbildung nicht darstellbar!
Nach Beanstandungen durch den Kläger teilte die Beklagte mit Schreiben vom 18.6.1990 mit, daß ihre Produkte bereits "in neuer Aufmachung" an den Handel ausgeliefert würden; trotzdem wurden am 28.6.1990 im "K*****" noch Essigflaschen der Beklagten mit Etiketten wie oben 1.) und 2.) verkauft. Erst mit Schreiben der deutschen Muttergesellschaft der Beklagten vom 30.7.1990 wurden den Klagevertretern die nachstehend abgebildeten neuen Etiketten übermittelt:
Abbildung nicht darstellbar!
Nach Abs 1 der Richtlinien des ÖLMB (Codex Alimentarius Austriacus), 3.Auflage, Kapitel B 8 "Essig", versteht man unter "Essig" eine "zum menschlichen Genuß, insbesondere zum Säuern und Konservieren von Speisen geeignete Flüssigkeit, die entweder durch den Prozeß der doppelten Fermentierung, nämlich den der alkoholischen und der Essiggärung, oder durch Verdünnen von für Genußzwecke geeigneter Essigsäure mit Trinkwasser hergestellt wird".
Die Abs 8 bis 11 lauten:
"8 Man unterscheidet Gärungsessig und Säureessig.
a) Gärungsessig liegt dann vor, wenn die Essigsäure durch doppelte Fermentation entstanden ist. Er enthält typische Fermentationsprodukte, wie 2-Ketogluconsäure, 5-Ketogluconsäure, Gluconsäure, Zitronensäure und Aminosäuren. Alle aus Wein, Obstwein oder Honig hergestellten Gärungsessige enthalten für sie charakteristische Stoffe, wie Acetoin und 2,3-Butylenglykol.
b) Säureessig entsteht durch Verdünnen von konzentrierter, den Bedingungen des Abs 22 entsprechender Essigsäure mit Trinkwasser und enthält die in lit a erwähnten Fermentationsprodukte nicht.
9 Gärungsessig wird nach den verwendeten Ausgangsmaterialien unterschieden:
a) Weinessig wird aus Traubenwein erzeugt. Schlempe, Geläger und Trester werden zur Herstellung von Weinessig nicht verwendet.
b) Obstweinessig wird aus Obstwein erzeugt. Schlempe, Geläger und Trester werden zur Herstellung von Obstweinessig nicht verwendet.
c) Trester-, Bier-, Malz-, Honig-, Molkenessig u.a. werden, ihrer Bezeichnung entsprechend, aus Trestern (Preßrückständen), Bier, vergorener Malzwürze, vergorenem Honig, vergorener Molke u.a. erzeugt.
d) Weingeistessig wird aus Alkohol für Genußzwecke (Weingeist) erzeugt.
10 Gärungsessige unterschiedlichen Ausgangsmaterials dürfen miteinander verschnitten werden (Bezeichnung siehe Abs 24 lit e).
11 Säureessig und Gärungsessig (ausgenommen Weingeistessig) dürfen miteinander verschnitten werden (Bezeichnung siehe Abs 24 lit g)."
Abs 14 lautet:
"Um den Essigen einen besonderen Geruch und Geschmack zu verleihen, können entweder Pflanzenteile oder Extrakte aus Pflanzenteilen zugesetzt werden. Essige können auch mit natürlichen Aromen aromatisiert werden. Naturidente oder künstliche Aromastoffe werden nicht verwendet. Der Gehalt an geruchs- oder geschmacksgebenden Stoffen muß so groß sein, daß diese auch bei einer Verdünnung des Essigs bis auf 1 % Gesamtsäure noch deutlich wahrnehmbar sind."
Abs 23 bis 26 ("Bezeichnung") lauten auszugsweise:
"23 Die Bezeichnung 'Essig' für sich allein oder in Verbindung mit Phantasiebezeichnungen ist zur Täuschung geeignet weil sie nichts über die besondere Beschaffenheit des Essigs aussagt. Daher wird die Bezeichnung 'Essig' allein und in Verbindung mit Phantasiebezeichnungen nicht als Sachbezeichnung verwendet.
24 Die in diesem Kapitel beschriebenen Erzeugnisse werden deutlich sicht- und lesbar auf der Hauptetikette im Sichtfeld wie folgt bezeichnet:
Gärungsessig:
a) Alle in Abs 9 lit a genannten Produkte als 'Weinessig'.
b) Alle in Abs 9 lit b genannten Produkte in Verbindung mit der jeweiligen Obstart als '....essig' oder '....weinessig' (z.B. 'Apfelessig', 'Apfelweinessig').
c) Alle in Abs 9 lit c genannten Produkte nach ihrer Herkunft (z.B. 'Tresteressig', 'Bieressig').
d) Alle in Abs 9 lit d genannten Produkte als 'Weingeistessig'.
e) Alle in Abs 10 genannten Produkte als 'Gärungsessig, hergestellt aus ....', wobei der Anteil der Essige in ganzzahligen (gerundeten) Volumsprozenten in absteigender Reihenfolge angegeben wird.
.....................
26 Zusätze gemäß Abs 14 und 15 werden in unmittelbarem Zusammenhang mit der Sachbezeichnung angegeben."
Abs 35 ("Falsche Bezeichnung") lautet auszugsweise:
"Als falsch bezeichnet sind zu beurteilen:
a) als 'Essig' allein oder nur mit einer Phantasiebezeichnung bezeichneter Essig (siehe Abs 23);
b) Essige, die Abs 24 lit a bis g nicht entsprechen;
c) Verschnitte von Gärungsessig mit Säureessig, deren Bezeichnung die mengenmäßigen Anteile der verschnittenen Essigarten nicht oder unrichtig angibt;
..................
e) Essig mit Zusätzen gemäß Abs 14 und 15, dessen Zusätze nicht
oder nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der jeweiligen
Sachbezeichnung gemäß Abs 26 gekennzeichnet sind;
.................."
Mit der Behauptung, daß sowohl die alten als auch die neuen Produktbezeichnungen der Beklagten Falschbezeichnungen nach dem LMG und darüber hinaus auch irreführende Beschaffenheitsangaben im Sinne des § 2 UWG seien, begehrt der klagende Wettbewerbsverband (§ 14 UWG) zur Sicherung inhaltsgleicher Unterlassungsansprüche, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung im geschäftlichen Verkehr mit Weinessig zu verbieten,
a) ein aus Weinessig und Weingeistessig bestehendes Produkt als "Himbeer Essig", insbesondere auch unter blickfangartiger Herausstellung dieser Bezeichnung, anzukündigen und in Verkehr zu bringen;
b) ein zu 67 % aus Weinessig bestehendes Produkt als "Balsam-Weinessig" oder "Balsam-Essig" anzukündigen und in Verkehr zu bringen, in eventu, ein mit 67 % normalem Weinessig verschnittenes Produkt als "Balsam-Weinessig" oder als "Balsam-Essig", insbesondere auch unter blickfangartiger Herausstellung dieser Bezeichnung, anzukündigen und in Verkehr zu bringen, wenn nicht zugleich mit demselben Auffälligkeitswert darauf hingewiesen wird, daß das Produkt zu 67 % aus Weinessig und nur zu 33 % aus original italienischem "Aceto Balsamico" besteht.
Die beanstandeten Produktbezeichnungen der Beklagten seien Falschbezeichnungen im Sinne der Richtlinien des ÖLMB und zur Irreführung des Publikums über die Beschaffenheit der Ware geeignet. Die blickfangartig hervorgehobene Sachbezeichnung "Himbeer Essig" täusche einen Obstweinessig vor, obwohl es sich in Wahrheit um einen Verschnitt von Wein- mit Weingeistessig handle; die Sachbezeichnung "Balsam-(Wein)Essig" suggeriere den Konsumenten, daß es sich hiebei um den besonders wertvollen und geschätzten italienischen Balsamessig ("Aceto Balsamico") handle, zumindest aber, daß dieses Produkt in dominierendem Ausmaß im Essig der Beklagten enthalten sei. Tatsächlich bestehe jedoch das Erzeugnis aus einer Mischung, in welcher der Anteil von "gewöhnlichem Weinessig" überwiegt; Balsamessig sei nur mit einem sehr geringen Anteil hinzugefügt worden.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrages. Sie habe mit den beanstandeten Produktbezeichnungen keine lebensmittelrechtlichen Vorschriften verletzt; diese Bezeichnungen seien auch nicht zur Täuschung des Publikums geeignet. Im Mai 1990 habe die Beklagte überdies die Bezeichnungen gemäß 1. und 2. in jene der Etiketten 3. und 4. geändert. Es genüge, daß sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Sachbezeichnung "Himbeer Essig" die Zusätze angegeben habe; "Himbeerwein" könne gar nicht hergestellt werden und daher auch nicht Ausgangsprodukt für einen "Himbeeressig" sein. "Balsam-Essig" sei eine reine Phantasiebezeichnung, welche das Publikum nicht mit dem italienischen "Aceto Balsamico" verwechseln könne; hier liege ein nach dem ÖLMB zulässiger Verschnitt vor.
Das Erstgericht erließ die zu lit a) beantragte einstweilige Verfügung und wies den zu lit b) gestellten Sicherungsantrag (Haupt- und Eventualbegehren) ab. Die Sachbezeichnung "Himbeer Essig" erwecke beim angesprochenen Publikum den Eindruck, daß dieser Essig aus Himbeerwein hergestellt sei. Da das Produkt tatsächlich nicht aus Obstwein hergestellt wurde ,werde das Publikum über die Beschaffenheit der Ware irregeführt. Die Beklagte habe damit gegen § 2 UWG verstoßen. Hingegen sei nicht bescheinigt, woraus der "Balsam-Essig" der Beklagten erzeugt wird. Aus der Sachbezeichnung allein könne aber eine Irreführung des Publikums noch nicht erschlossen werden, zumal "Aceto Balsamico" vielen Verbrauchern gar nicht bekannt sein werde.
Infolge von Rekursen beider Parteien hielt das Rekursgericht die zu lit a des Sicherungsbegehrens erlassene einstweilige Verfügung des Erstgerichtes aufrecht und erließ auf Grund des Rechtsmittels des Klägers auch die einstweilige Verfügung im Sinne des von ihm zu lit b gestellten Hauptantrages; es machte aber den Vollzug beider Sicherungsmaßnahmen vom Erlag einer Sicherheitsleistung von 250.000 S abhängig. Im übrigen sprach es aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes jeweils 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs hinsichtlich beider Verbote zulässig sei. Nach den Richtlinien des ÖLMB erwarte der Verbraucher bei einem als "Himbeer Essig" bezeichneten Produkt einen aus Himbeerwein erzeugten Essig. Angesichts der blickfangartigen Hervorhebung dieser (unrichtigen) Sachbezeichnung werde die Täuschungsgefahr auch nicht durch die in den Hintergrund tretenden Angaben über den Verschnitt der Ware aus Weingeist- und Weinessig beseitigt.
Die Sachbezeichnung "Balsam-Weinessig" oder "Balsam-Essig" entspreche gleichfalls nicht der verweisenden Verbraucherwartung gemäß den Richtinien des ÖLMB. In diesem Zusammenhang nahm das Rekursgericht noch ergänzend als bescheinigt an, daß "Aceto Balsamico" aus (eingedicktem) Traubenmost erzeugt wird, der im Zuge der alkoholischen Gärung und der Essiggärung zunächst nicht zu Wein vergoren worden ist. Da es sich somit um einen Gärungsessig gemäß Kapitel 8 Abs 8 lit c ÖLMB handle, müsse die Sachbezeichnung auf den Etiketten der Beklagten richtig "Gärungsessig" unter Angabe der Anteile der Essige in (ganzzahligen gerundeten) Volumsprozenten in absteigender Reihenfolge lauten.
Gegen die vom Rekursgericht unter Auferlegung einer Sicherheitsleistung aufrecht erhaltene einstweilige Verfügung zu lit a des Sicherungsantrages und gegen die zu lit b erlassene einstweilige Verfügung richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Sicherungsanträge zur Gänze abzuweisen; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, das Rechtsmittel insoweit als unzulässig zurückzuweisen, als es sich gegen die Entscheidung über das zu lit a erhobene Sicherheitsbegehren wendet; im übrigen stellt er den Antrag, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist entgegen der Meinung des Klägers auch zulässig, soweit er sich gegen den bestätigenden Teil der nur teilweise abgeänderten einstweiligen Verfügung zu lit a des Sicherungsantrages wendet. Richtig ist zwar, daß der hier zu sichernde Anspruch mit jenem zu lit b des Sicherungsantrages weder in tatsächlichem noch in rechtlichem Zusammenhang steht, so daß die Zulässigkeit von Rechtsmitteln mangels Zusammenrechenbarkeit der beiden Ansprüche (§ 55 Abs 1 Z 1 und Abs 5 JN) jeweils gesondert zu beurteilen ist; der Kläger übersieht aber, daß gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO in der hier anzuwendenden Fassung der WGN 1989 - anders als nach § 528 Abs 1 Z 1 idF der ZVN 1983 - nur noch zur Gänze bestätigende Beschlüsse unanfechtbar sind. Die vom Rechtsmittelgegner zitierte Entscheidung ÖBl 1984, 25 ist daher insofern überholt, als nunmehr in Abkehr von der Regelung der ZVN 1983 auch bestätigende Teile eines nur teilweise abändernden Beschlusses bekämpft werden können, soweit die Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO gegeben sind und - wie hier - kein sonstiger Ausschlußfall des § 528 Abs 2 ZPO vorliegt (Fasching, Zivilprozeßrecht2 Rz 2017; Petrasch in ÖJZ 1989, 751). Nach § 528 Abs 1 ZPO ist der Revisionsrekurs in dem hier in Rede stehenden Umfang aber schon deshalb zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zur Frage einer irreführenden Sachbezeichnung für "Essig" bisher noch nicht Stellung genommen hat. Das Rechtsmittel der Beklagten ist jedoch insgesamt nicht berechtigt.
Gegen die zu lit a des Sicherungsantrages erlassene einstweilige Verfügung führt die Rechtsmittelwerberin ins Treffen, daß die vom Kläger beanstandete Sachbezeichnung "Himbeer Essig" lediglich die Geschmackskomponente des Produktes zum Ausdruck bringe und insoweit das Publikum auch nicht getäuscht werde. Der Essig selbst bestehe ja aus einem erlaubten Verschnitt von Weinessig und Weingeistessig, welcher mit einem zulässigen Himbeerkonzentrat aromatisiert worden sei. Dem ist jedoch folgendes entgegenzuhalten:
Der Vorwurf des Klägers bezieht sich einzig und allein auf die Ankündigung des Produktes der Beklagten als "Himbeer Essig", die nach den Richtlinien des ÖLMB eine Falschbezeichnung sei. Antragsgegenstand ist daher eine Falschbezeichnung im Sinne des § 8 lit f LMG, welche regelmäßig auch als "irreführend" im Sinn des § 2 UWG einzustufen wäre (Neumayer, HdB zur Praxis des Lebensmittelrechts 335; ÖBl 1990, 200). Der Sache nach wurde damit auch der Vorwurf erhoben, die Beklagte habe ihr Essigerzeugnis unter einer anderen als der handelsüblichen Sachbezeichnung (§ 3 Z 1 iVm § 4 Abs 1 Z 17 LMKV) in den Verkehr gebracht. Eine solche Verletzung der LMKV 1973 kann gegen § 1 UWG verstoßen, weil sich die Beklagte dadurch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern verschaffen könnte (SZ 49/70; ÖBl 1987, 74; WBl 1987, 163; WBl 1989, 246); zugleich kann darin aber auch eine zur Irreführung des angesprochenen Publikums geeignete Angabe über die Beschaffenheit der Ware im Sinne des § 2 UWG liegen (ÖBl 1985, 156; WBl 1989, 246 ua). In beiden Fällen käme in erster Linie eine Irreführung des Publikums über die nach der Verkehrsauffassung, insbesondere nach der Verbrauchererwartung, wesentliche Beschaffenheit des solcherart angebotenen Lebensmittels und dessen Inhalt an wertbestimmenden Bestandteilen in Betracht. In diesem Zusammenhang haben die Vorinstanzen auch richtig erkannt, daß das ÖLMB keine Verordnung, sondern ein von der Codexkommission vorbereitetes und vom Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz herausgegebenes qualifiziertes Sachverständigengutachten ist, welches insbesondere auch die konkrete Verbrauchererwartung (widerlegbar) wiedergibt (ÖBl 1985, 156; ÖBl 1987, 74; ÖBl 1990, 200 ua).
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich, daß das von der Beklagten als "Himbeer Essig" bezeichnete Produkt ein gemäß Abs 10 der in Betracht kommenden Codex-Richtlinie zulässiger Verschnitt aus Weinessig (Abs 9 lit a) und Weingeistessig (Abs 9 lit d) ist. Ein solches Erzeugnis muß aber gemäß Abs 24 lit e "deutlich sicht- und lesbar auf der Hauptetikette im Sichtfeld" als "Gärungsessig, hergestellt aus Weingeistessig und Weinessig" bezeichnet werden, wobei der Anteil der Essige in ganzzahligen (gerundeten) Volumsprozenten in absteigender Reihenfolge anzugeben ist. Aromazusatzstoffe werden gemäß Abs 26 nicht in der Sachbezeichnung, sondern in unmittelbarem Zusammenhang mit ihr angegeben. Daraus folgt bereits, daß die beanstandete Sachbezeichnung der Beklagten gemäß Abs 35 lit b als Falschbezeichnung zu beurteilen ist; sie ist überdies zur Irreführung des Publikums über die Beschaffenheit des Essigs der Beklagten im Sinne des § 2 UWG geeignet, weil sie nach der "verweisenden Verbrauchererwartung" des ÖLMB das Vorliegen eines Obstweinessigs (Abs 9 lit b) vortäuscht, der ja gemäß Abs 24 lit b als "Himbeeressig" oder "Himbeerweinessig" zu bezeichnen wäre. Ein nicht unerheblicher Teil der solcherart angesprochenen Konsumenten wird somit zum Kauf gerade dieser Ware veranlaßt werden, weil er davon ausgeht, daß sie aus Obstwein (Himbeerwein) erzeugt ist. Ob die Irreführung im Einzelfall tatsächlich bewirkt wird, ist dabei unerheblich; die bloße Gefahr einer Täuschung genügt (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 27;
Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16, 791 Rz 87 zu § 3 dUWG;
4 Ob 68/90). Dagegen kann auch nicht mit Erfolg eingewendet werden, daß die Beklagte das Publikum durch die weiteren Hinweise auf ihren Flaschenetiketten ohnehin aufgeklärt habe, ist doch die irreführende Sachbezeichnung blickfangartig herausgestellt worden. Der Gesamteindruck ihrer Flaschenetiketten wird durch die blickfangartig hervorspringende Sachbezeichnung "Himbeer Essig" bestimmt, so daß die Gefahr besteht, daß sich das Publikum mit den übrigen Teilen der Etiketten, in welchen der Blickfang erklärt, näher umschrieben oder richtiggestellt wird, gar nicht mehr befaßt (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 44; ÖBl 1981, 48;
ÖBl 1983, 43 und 106; ÖBl 1984, 75 uva; zuletzt etwa 4 Ob 68/90).
Die Beklagte hat daher mit ihrer Sachbezeichnung "Himbeer Essig" sowohl gegen § 8 lit f LMG und § 3 Z 1 LMKV und damit nicht nur gegen § 1 UWG, sondern auch gegen § 2 UWG verstoßen.
Gleiches gilt für die beanstandeten Sachbezeichnungen "Balsam-Weinessig" und "Balsam-Essig". Die erstgenannte Bezeichnung ist schon insofern falsch, als das so bezeichnete Produkt nicht zur Gänze aus Weinessig besteht, der aus Traubenwein erzeugt wurde; vielmehr liegt ein Gemisch (Verschnitt) aus Weinessig und "Aceto Balsamico" vor. Die zweitgenannte Sachbezeichnung ist nach den Richtlinien des ÖLMB überhaupt unzulässig, weil sie entweder ein unrichtiges oder überhaupt kein Ausgangsmaterial des Essigs benennt. In beiden Fällen ist die Bezeichnung "Balsam" für diejenigen Konsumenten irreführend, denen das italienische Spezialprodukt "Aceto Balsamico" bekannt ist, weil sie annehmen werden, sie hätten es entweder mit diesem Produkt oder doch mit einem Essig gleicher Art zu tun; der übrige, überwiegende Teil des Publikums wird aber die Bezeichnung "Balsam" nur als Hinweis auf eine milde oder linde Wirkung des Produktes verstehen. Wenn die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf beharrt, daß insoweit (nur) eine Phantasiebezeichnung vorliege, so ist für sie nichts gewonnen, weil solche Bezeichnungen gemäß Abs 23 der Codex-Richtlinien nicht als Sachbezeichnung verwendet werden dürfen, so daß gemäß Abs 35 lit a abermals eine Falschbezeichnung vorläge. Die auch hier blickfangartig hervorgehobene Sachbezeichnung verstößt somit ebenso in jedem Fall gegen §§ 1 und 2 UWG.
Dem Revisionsrekurs der Beklagten mußte demnach insgesamt ein Erfolg versagt bleiben.
Der Ausspruch über die Rechtsmittelkosten der Beklagten gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 2 EO und §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO, jener über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung des Klägers auf § 393 Abs 1 EO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)