OGH 4Ob209/05x

OGH4Ob209/05x8.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Austrian A*****, vertreten durch Jarolim Specht, Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Roman C*****, vertreten durch Saxinger Chalupsky Weber & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 21.500 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz vom 14. Juli 2005, GZ 6 R 91/05g-22, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 31. Jänner 2005, GZ 10 Cg 8/04v-10, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Soweit die Revision neuerlich eine Beweisrüge enthält, ist dem Obersten Gerichtshof eine Beurteilung entzogen.

Der Beklagte macht geltend, die Vorinstanzen hätten die Beweislast des Beklagten „überzogen". Sie verlangten neben dem Beweis für das Eigeninteresse auch noch den Beweis „über einen vorhandenen Inhalt der Internetseite mit der Domain www.austrian.at ".

Der Beklagte verkennt damit, dass es sich nicht um zwei unterschiedliche Beweisthemen handelt, sondern dass der Beweis, ob und wie der Beklagte die Domain genutzt hat, Rückschlüsse auf sein Interesse an der Domain und damit auf lautere Motive bei deren Erwerb zulässt. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, zu welchem Zweck der Beklagte die Domain registrieren ließ. Hätte der Beklagte bewiesen, dass er die Domain im Anschluss an die Registrierung oder jedenfalls noch vor seinem Kaufanbot an die Klägerin für eine Website verwendet hat, so hätte dies darauf schließen lassen, dass der Beklagte die Domain nicht - worauf die Tatsache hindeutet, dass er das für die Klägerin kraft Verkehrsgeltung geschützte Zeichen als Domain registrieren ließ und der Klägerin zum Kauf anbot - in Behinderungsabsicht, sondern aus lauteren Motiven erworben hat.

Die Revision wirft dem Erstgericht weiters vor, seine Anleitungspflicht in Ansehung der Beweislast für die Verkehrsgeltung der klägerischen Marke verletzt zu haben. Die Verletzung der richterlichen Anleitungspflicht nach §§ 182 und 182a ZPO macht das Verfahren mangelhaft. Der Beklagte hat einen derartigen Mangel des Verfahrens erster Instanz bereits in der Berufung geltend gemacht. Das Berufungsgericht hat eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz verneint; dieser Mangel kann daher nicht mehr in der Revision gerügt werden (Kodek in Rechberger ZPO² § 503 Rz 3 mwN).

Die Vorinstanzen haben die vom Beklagten veranlasste Registrierung der Domain als wettbewerbswidrige Behinderung der Klägerin durch Domain Grabbing beurteilt. Domain Grabbing ist sowohl in der Sachverhaltsvariante der Domain-Vermarktung als auch jener der Domain-Blockade (zur Unterscheidung siehe 4 Ob 229/03k = MR 2004, 374 - autobelehnung.at, pfandleihanstalt.at) eine Form des sittenwidrigen Behinderungswettbewerbs. Die Entscheidung der Vorinstanzen steht mit der ständigen Rechtsprechung in Einklang, wonach es für die Behinderungsabsicht im Zeitpunkt des Domainerwerbs ausreicht, dass der Kläger einen Sachverhalt beweist, aus dem kein nachvollziehbares Eigeninteresse des Beklagten am Rechtserwerb der Domain erkennbar ist (MR 2001, 245 - taeglichalles.at; 4 Ob 229/03k = MR 2004, 374 - autobelehnung.at, pfandleihanstalt.at; RIS-Justiz RS0115378). Ob der Umstand, dass der Beklagte die Domain erst fünf Jahre nach ihrer Registrierung zum Kauf angeboten hat, eine Behinderungsabsicht zum Zeitpunkt des Domainerwerbs ausschließt, richtet sich nach den Umständen des zu beurteilenden Falles und hat keine über diesen hinausgehende Bedeutung.

Rechtsmissbrauch setzt voraus, dass die unlauteren Motive der Rechtsausübung die lauteren Motive eindeutig überwiegen (Karner in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB § 1295 Rz 22 mwN). Auch zu dieser Frage richtet sich die Beurteilung nach den Umständen des jeweiligen Anlassfalls; ihr kommt - vom hier nicht vorliegenden Fall grober Fehlbeurteilung abgesehen - keine über diesen hinausgehende Bedeutung zu.

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