OGH 4Ob194/05s (4Ob195/05p)

OGH4Ob194/05s (4Ob195/05p)19.12.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Griss als Vorsitzende und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***** Inc., *****, vertreten durch Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei G***** Inc., *****, vertreten durch Dr. Michael Prager, Rechtsanwalts GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 71.000 EUR; Streitwert im Provisorialverfahren 50.000 EUR), über die Revisionsrekurse der klagenden Partei gegen die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 14. Juli 2005, GZ 1 R 134/05s-15, 135/05p-16, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 11. April 2005, GZ 10 Cg 14/05x-5, bestätigt und der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 27. April 2005, GZ 10 Cg 14/05x-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

I. Der Revisionsrekurs gegen den Beschluss, mit dem das Rekursgericht in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses der Klägerin eine aktorische Kaution auferlegt hat, wird zurückgewiesen.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 875,34 EUR bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin 145,89 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

II. Dem Revisionsrekurs gegen den Beschluss, mit dem das Rekursgericht die Abweisung des Sicherungsantrags bestätigt hat, wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 1.791,72 EUR bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin 298,62 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Zu I.

Die Beklagte beantragt, der Klägerin eine Sicherheitsleistung für Prozesskosten von 30.000 EUR aufzuerlegen. Die Klägerin habe ihren Sitz auf den Bahamas. Es bestehe die Gefahr, dass die Beklagte, sollte sie obsiegen, ihren Prozesskostenersatzanspruch nicht einbringlich machen könne.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Nach Art 11 des österreichisch-britischen Rechtshilfeübereinkommens, dessen Geltung auf die Bahamas ausgedehnt worden sei, seien Angehörige der Vertragsstaaten von der Verpflichtung zur Leistung einer Sicherheit für Prozesskosten befreit.

Das Rekursgericht trug der Klägerin auf, binnen vier Wochen eine Sicherheit für Prozesskosten von 15.000 EUR durch gerichtlichen Erlag zu leisten oder die Unfähigkeit zum Erlag vor Gericht eidlich zu bekräftigen. Im Fall des fruchtlosen Ablaufs der Frist werde die Klage auf Antrag der Klägerin für zurückgenommen erklärt. Das darüber hinausgehende Begehren wies das Rekursgericht ab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Beklagte verweise auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu Art 11 des österreichisch-britischen Rechtshilfeübereinkommens, wonach britische Staatsangehörige nur dann keine Prozesskostensicherheit leisten müssen, wenn sie in Österreich ihren Wohnsitz oder Sitz haben. Das Bundesministerium für Justiz vertrete aber seit mehreren Jahren die Ansicht, dass britische Kläger auch dann keine Prozesskostensicherheit zu leisten hätten, wenn sie ihren Wohnsitz oder Sitz nicht in Österreich (sondern in Großbritannien) haben. Das österreichisch-britische Rechtshilfeabkommen sei daher sowohl in die Länderübersicht zu § 37 Abs 1 RHE Ziv 1997 als auch in jene zu § 39 Abs 1 RHE Ziv 2004 aufgenommen worden. Auch der Wortlaut des Art 11 spreche für diese Auslegung. Werde die Bestimmung hingegen einschränkend ausgelegt, so würden britische Staatsangehörige nicht gegenüber Angehörigen anderer Staaten begünstigt, weil Art 11 leg cit in diesem Fall mit § 57 Abs 2 ZPO inhaltsgleich wäre.

Der Revisionsrekurs der Klägerin ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 2 ZPO) - Ausspruch des Rekursgerichts mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig:

Der Oberste Gerichtshof erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass ein in Österreich als Kläger auftretender Staatsangehöriger Großbritanniens nach Art 11 des österreichisch-britischen Rechtshilfeabkommens vom 31. März 1932, BGBl 1932/45, das gemäß Notenwechsel vom 8. August 1977, BGBl 1978/611, auch im Verhältnis zu den Bahamas gilt, nur dann von der Pflicht zum Erlag einer aktorischen Kaution befreit ist, wenn er in Österreich - und nicht im anderen Vertragsstaat - wohnhaft ist (RIS-Justiz RS0036376; zuletzt 9 Ob 173/97z). An dieser Rechtsprechung hat der Oberste Gerichtshof auch nach Inkrafttreten der Neufassung des § 57 ZPO durch die ZVN 1983 festgehalten (3 Ob 321/88 ua). Dass die den Staatsangehörigen Großbritanniens bereits 1932 eingeräumte Begünstigung nunmehr allgemein gilt, ist damit auf die Auslegung des Abkommens ohne Einfluss geblieben.

Entgegen der Auffassung des Rekursgerichts hat das Bundesministerium für Justiz in den Rechtshilfeerlässen 1997 und 2004 durch Aufnahme der Bahamas in die Liste jener Staaten, mit denen entsprechende Abkommen bestehen, keine abweichende Meinung zum Ausdruck gebracht. Die Länderübersicht stellt der Aufzählung einen Hinweis auf die jeweiligen zwischenstaatlichen Vereinbarungen voran (Befreiung „nach Maßgabe der nachstehend angeführten zwischenstaatlichen Vereinbarungen“). Im Fall der Bahamas wird auf Art11 des Rechtshilfevertrags mit Großbritannien (und damit auf das darin normierte Erfordernis eines Wohnsitzes in dem Vertragsstaat, in dem geklagt wird) verwiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen; ihre Revisionsrekursbeantwortung war daher zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig.

zu II.

Die Klägerin ist Inhaberin der am 13. Jänner 2004 vom Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt zu CTM 002846376 registrierten Gemeinschaftswortmarke „Glucochondrin“. Die Marke ist für Waren und Dienstleistungen der Klassen 5 (pharmazeutische Erzeugnisse, medizinische Präparate, Nahrungsmittelergänzung und Vitaminpräparate), 16 (Druckerzeugnisse und Zeitschriften) sowie 35 (Werbung) geschützt. In Österreich ist die Wortmarke der Klägerin zu AT180185 seit 29. Jänner 1999 registriert.

Die Beklagte betreibt unter www.google.at , www.google.de und www.google.com Internetsuchmaschinen, über die sie in Form von „AdWords-Anzeigen“ Werbeflächen vermietet. Dabei handelt es sich um als Anzeigen gekennzeichnete Einschaltungen ihrer Werbekunden, die oberhalb der Suchmaschinen-Trefferliste und/oder an deren rechten Bildschirmrand in einem eigenen Werbeblock dargestellt werden. Die eingeblendeten Anzeigen sind mit dem jeweiligen Suchwort („Keyword“ oder „AdWord“) verknüpft, das der Internetnutzer in die Suchmaschine eingibt.

Die Anzeigen werden über ein Online-Formular geschaltet. Darin legt der Werbekunde fest, bei welchem(n) Suchwort(en) die Anzeige aufscheinen soll. Die Beklagte nimmt darauf keinen Einfluss. Die Anzeige ist als „Wortlink“ aufgebaut, der auf das Webangebot des Werbekunden hinweist und dieses mit wenigen Worten beschreibt. Klickt der Internetnutzer den Link an, so wird die Website des Werbekunden aufgerufen.

Bei Eingabe des Suchbegriffs „Glucochondrin“ in die Suchmaschine www.google.at schienen am 27. Juli 2004 auf der ersten Seite der Trefferliste oberhalb des ersten Treffers eine als Anzeige gekennzeichnete Einschaltung und auf dem rechten Bildschirmrand eine Anzeige mit dem Hinweis „Glucosamine Plus Extra“ mit einem Link zur entsprechenden Website auf. In den Anzeigen kam der Begriff „Glucochondrin“ nicht vor. Am 15. Oktober 2004 wurde bei gleicher Eingabe in die Suchmaschine auf dem rechten Bildschirmrand ein mit der Überschrift „Anzeigen“ gekennzeichneter Werbeblock eingeblendet, der fünf Werbelinks enthielt, in denen das Wort „Glucochondrin“ nicht vorkam. Am 19. Jänner 2005 wurden auf www.google.at bei Eingabe des selben Suchworts oberhalb des ersten Treffers zwei als Anzeigen gekennzeichnete Einschaltungen und auf dem rechten Bildschirmrand eine Spalte mit drei Anzeigen dargestellt, in denen das Wort „Glucochondrin“ ebenfalls nicht vorkam.

Aufgrund der Einleitung dieses Verfahrens werden auf www.google.at bei Eingabe des Suchbegriffs „Glucochondrin“ keine Werbeanzeigen mehr eingeblendet.

Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, der Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs „auf den Ergebnisseiten einer unter www.google.de , www.google.at oder www.google.com durchgeführten Websuche zum Suchbegriff ‘Glucochondrin' Links im Rahmen des AdWords-Programms anzubieten, zu verkaufen, auszuwerfen, zu verbreiten oder die Weiterleitung auf andere als auf die Websites der Klägerin oder von mit der Klägerin kooperierenden Unternehmen zu unterstützen“. Die Beklagte biete Konkurrenten der Klägerin an, unter „trittbrettfahrerischer“ Ausnützung des Markennamens der Klägerin Werbung für jeweils eigene Produkte zu betreiben. Im Rahmen des AdWords-Programms würden zusätzlich zu den legitimen Treffern auf der Ergebnisseite Links platziert, die zum Angebot der jeweiligen Konkurrenten führten. Die Beklagte wirke damit am Wettbewerbsverstoß der Mitbewerber der Klägerin gegen Entgelt mit. Diese sowie die Beklagte verstießen gegen das markenrechtliche Ausschließungsrecht der Klägerin. Darüber hinaus profitierten die Mitbewerber in sittenwidriger Weise vom Werbeaufwand, mit dem die Klägerin sowie die mit ihr verbundenen Unternehmen die Marke „Glucochondrin“ aufgebaut hätten. Der Internetnutzer wolle durch den Einsatz einer Suchmaschine nähere Informationen zu den gesuchten Produkten oder Dienstleistungen erhalten; dadurch sei die Verwechslungsgefahr wesentlich gesteigert.

Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Die Klägerin habe zu Abfrageergebnissen bei Einsatz der Suchmaschinen www.google.de und www.google.com keine Bescheinigungsmittel vorgelegt. Die beanstandete Werbung sei eindeutig mit „Anzeigen“ gekennzeichnet. Die Beklagte lege die Suchworte nicht fest; dies sei Sache der Werbenden. Da auf der Website www.google.at bei Eingabe des Suchbegriffs „Glucochondrin“ keine Anzeigen mehr aufschienen, sei auch die Wiederholungsgefahr weggefallen. Die Marke der Klägerin werde nicht benutzt; es sei auch keine Verwechslungsgefahr gegeben, weil das Suchwort in der Werbung nicht aufscheine und die Anzeige dem verständigen Internetnutzer gegenüber als Werbung eines Mitbewerbers in Erscheinung trete. Es liege auch kein Wettbewerbsverstoß vor. Die Klägerin habe nicht einmal behauptet, dass die Anzeigen von Mitbewerbern stammten. Allfällige Unterlassungsansprüche könnten nicht gegen die Beklagte gerichtet werden, weil sie nur eine Plattform für eine zielgruppenorientierte Werbung zur Verfügung stelle. Die Beklagte treffe keine Prüfpflicht. Wäre sie verpflichtet, jedes Suchwort auf Kennzeichenrechtsverletzungen hin zu kontrollieren, könnte sie die Suchmaschine in der gegenwärtigen Form nicht betreiben. Die Marke der Klägerin sei im Übrigen mangels Unterscheidungskraft nicht schutzfähig.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Weder ein Markeneingriff noch ein sonstiges wettbewerbswidriges Verhalten der Beklagten sei erkennbar. Von einem unzulässigen kennzeichenmäßigen Gebrauch der Marke könne keine Rede sein. Bei den unter www.gooogle.de und www.google.com betriebenen Suchmaschinen sei auch keinerlei Eingriff bescheinigt.

Das Rekursgericht bestätigte die Abweisung des Sicherungsantrags und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die Verwendung einer fremden Marke zu Werbezwecken sei eine markenmäßige Benutzungshandlung im Sinne des § 10a Z 4 MSchG. Durch den von der Beklagten bereit gestellten Werbedienst werde der Markenname der Klägerin mit der Anzeige des Dritten verknüpft. Dies führe zumindest zu einer mittelbaren markenrechtlichen Benutzungshandlung. Es bestehe aber keine Verwechslungsgefahr. Die durch die Eingabe des Suchworts aufgerufene Anzeige werde getrennt von der Trefferliste dargestellt und sei deutlich als Werbeeinschaltung gekennzeichnet. In den Werbeeinschaltungen werde auf die Marke der Klägerin oder auf deren Produkt oder Unternehmen nicht Bezug genommen. Es komme daher weder zu einer Anlehnung an die Marke der Klägerin noch zu einer Rufausbeutung. Eine allfällige Markenverletzung oder wettbewerbswidrige Handlung gehe nicht von der Beklagten, sondern von deren Werbekunden aus. Eine bewusste Förderung fremden rechtswidrigen Verhaltens liege nicht vor. Die Klägerin habe die Beklagte vor der Klageeinbringung nicht auf die (angebliche) Kennzeichenverletzung hingewiesen. Den Betreiber einer Suchmaschine treffe keine allgemeine Überwachungs- oder Kontrollpflicht. Er hafte nur dann als Mittäter, wenn ein grober und eindeutiger Verstoß vorliege. Davon könne hier keine Rede sein.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig, weil keine Rechtsprechung zur Haftung des Suchmaschinenbetreibers für Werbeeinschaltungen besteht; der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.

Die Klägerin macht geltend, Suchmaschinenbetreiber könnten Acess-Providern nicht gleich gehalten werden. Suchmaschinen würden ganz wesentlich durch Keyword-Advertising finanziert. Da Suchmaschinenbetreiber die Infrastruktur für eine potenziell rechtsverletzende Tätigkeit bereit stellten, treffe sie eine besondere Sorgfaltspflicht. Ihr Entgelt für Werbeeinschaltungen sei umso höher, je öfter der entsprechende Link angeklickt werde. Sie müssten daher damit rechnen, dass ihre Werbekunden sich an (möglichst prominente) Markennamen „anhängen“. Ein Suchmaschinenbetreiber eröffne eine „Tatgelegenheit“ für Markenverletzungen und habe daher als Gehilfe zu haften.

Suchmaschinenbetreiber stellen elektronische Hilfsmittel zur Suche nach fremden Informationen bereit; sie sind Diensteanbieter im Sinne der §§ 13 ff ECG. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nicht eine allfällige Unrichtigkeit der abgefragten Informationen, sondern die Klägerin macht geltend, die Beklagte wirke an markenverletzenden und/oder wettbewerbswidrigen Handlungen Dritter mit. Die Klägerin nimmt damit die Haftung der Beklagten als Gehilfin in Anspruch.

Die Haftung als Gehilfe setzt eine bewusste Förderung des Täters voraus (stRsp 4 Ob 1/91 = ÖBl 1991, 101 - Einstandsgeschenk uva). Der Gehilfe muss - wie es § 12 StGB und § 7 VStG formulieren - zur Ausführung der Tat beitragen oder diese erleichtern (4 Ob 156/03z = ecolex 2004/138 [Tonninger] - Magnetfeldtherapiegeräte IV mwN). Der Oberste Gerichtshof hat im Zusammenhang mit der Haftung von Diensteanbietern für Rechtsverletzungen im Internet bereits ausgesprochen, dass ein Diensteanbieter nur dann für Rechtsverletzungen seiner Kunden in Anspruch genommen werden kann, wenn die Rechtsverletzungen auch für einen juristischen Laien ohne weitere Nachforschungen offenkundig sind (4 Ob 66/04s = MR 2004, 274 [Hasberger] - Megasex; 4 Ob 78/05g). Dies gilt auch für die Haftung der Domainvergabestelle für rechtswidrige Domains (4 Ob 166/00s = SZ 73/140 - fpo.at I; 4 Ob 176/01p = SZ 74/153 - fpo.at II) und für die Haftung eines Telefondienstleistungsunternehmens für Rechtsverletzungen im Zusammenhang mit Mehrwertnummern (4 Ob 134/01m = ÖBl 2003, 22 - Das versteckte Mikrofon).

Für die Haftung eines Suchmaschinenbetreibers und damit für die Haftung der Beklagten für (angebliche) Rechtsverletzungen durch Keyword-Advertising kann nichts anderes gelten:

Mit der Annahme von Werbeeinschaltungen, die bei Eingabe bestimmter Suchbegriffe aufgerufen werden, ermöglicht die Beklagte zwar damit allenfalls verbundene Rechtsverletzungen; sie hat aber mit der Auswahl der Suchworte nichts zu tun. Die Beklagte stellt lediglich das Formular zur Verfügung, in das der Werbekunde die Suchworte einträgt, deren Eingabe die Werbeeinschaltung aufrufen soll.

Eine allfällige Rechtsverletzung durch die Verknüpfung des Suchworts mit einer Werbeeinschaltung ist im Regelfall nicht offenkundig. Ob - wie die Klägerin geltend macht - die Beklagte daran interessiert ist, dass „zugkräftige“ Suchbegriffe gewählt werden, sagt über die Offenkundigkeit der Rechtsverletzung nichts aus. „Zugkräftig" sind keineswegs nur (fremde) Markennamen, sondern in erster Linie die Gattungsbezeichnungen, die Internetnutzer regelmäßig eingeben, wenn sie eine Ware oder Dienstleistung einer bestimmten Gattung suchen. Es trifft daher auch nicht zu, dass die Beklagte eine „Tatgelegenheit“ für Markenverletzungen einräumte und dass das von ihr angebotene Verknüpfungsmodell von vornherein auf die Verletzung von Markenrechten oder auf unlautere Werbemaßnahmen (Anlehnung, schmarotzerische Ausbeutung, vermeidbare Herkunftstäuschung) angelegt wäre. Die Beklagte ist daher nicht verpflichtet, die von ihren Werbekunden verwendeten Suchworte ohne vorherige Abmahnung auf allfällige Markenverletzungen oder Wettbewerbsverstöße zu überprüfen.

Eine Pflicht zum Handeln träfe die Beklagte nur, wenn die Rechtsverletzung auch für einen juristischen Laien offenkundig wäre. Nur bei einer offenkundigen Rechtsverletzung könnte nämlich davon gesprochen werden, dass der Suchmaschinenbetreiber den Rechtsverletzer bewusst fördert (s 4 Ob 66/04s = MR 2004, 274 [Hasberger] - Megasex). Davon kann hier - jedenfalls vor dem Hinweis der Klägerin auf ihr Markenrecht - keine Rede sein, und zwar weder in Bezug auf die behauptete Markenverletzung noch in Bezug auf den geltend gemachten Wettbewerbsverstoß. Die durch Eingabe des Suchworts aufgerufenen Anzeigen sind nicht so aufdringlich gestaltet, dass sie vom eigentlichen Suchergebnis (Trefferliste) ablenkten oder dieses überhaupt verdrängten. Ob ein Eingriff in die Markenrechte der Klägerin nach deren Hinweis auf das Markenrecht offenkundig war, kann offen bleiben, weil die Beklagte ohnehin die vom Werbekunden gewünschte Verknüpfung der Wortmarke der Klägerin mit dem Erscheinen seiner Anzeigen unterbunden hat, nachdem sich die Klägerin auf ihr Markenrecht berufen hatte.

Der Revisionsrekurs musste erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO iVm §§ 78, 402 Abs 4 EO.

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