OGH 4Ob18/03f

OGH4Ob18/03f18.2.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner und Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Wolfram Themmer und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei EU*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Unterlassung, Beseitigung und Veröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 34.156,23 EUR), über den Revisionsrekurs der Klägerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 4. Dezember 2002, GZ 3 R 227/02a-9, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Steyr vom 25. Oktober 2002, GZ 3 Cg 226/02i-5, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 1.692 EUR bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin enthalten 282 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 2 ZPO) - Ausspruch des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig:

Das Rekursgericht hat seinen Zulässigkeitsausspruch damit begründet, dass „eine auf § 25d Abs 2 KDV idgF bedachtnehmende Rechtsprechung zu den Anforderungen an Kennzeichenhalterungen im Wettbewerb fehlt". Die Klägerin macht als weitere erhebliche Rechtsfrage geltend, dass die angefochtene Entscheidung der Rechtsprechung (4 Ob 131/91) widerspreche.

Gegenstand der Entscheidung 4 Ob 131/91 (= ÖBl 1992, 131 - Kennzeichenhalter) waren Werbeaussagen einer Herstellerin von Kennzeichenhaltern, wie „Kennzeichenbefestigung ohne Bohren und Schrauben", „Kein Anbohren des Kennzeichens", „gesetzeskonform" und „absolut gesetzeskonform". Der Oberste Gerichtshof beurteilte die Aussagen als nach § 2 UWG zur Irreführung geeignet. Die Kennzeichenhalter entsprächen nicht dem gesetzlichen Erfordernis einer dauernden festen Verbindung (§ 49 Abs 7 KFG 1967), weil sie ohne Werkzeug oder sonstiges technisches Hilfsmittel und ohne besondere Geschicklichkeit oder Kraftanstrengung jederzeit abgenommen werden könnten. Die Werbebehauptungen, die Kennzeichenhalter seien „gesetzeskonform" oder „absolut gesetzeskonform" entsprächen daher nicht der Wahrheit; sie seien der Beklagten - ungeachtet ihres Vertrauens auf die Gesetzmäßigkeit ihrer Kennzeichenhalter - zu verbieten. Mit den Ankündigungen „Kennzeichenbefestigung ohne Bohren und Schrauben" und „Kein Anbohren des Kennzeichens" weise die Beklagte auf Vorteile ihrer Kennzeichenhalter hin, die in Wahrheit nicht gegeben seien.

Im vorliegenden Fall geht es nicht um die Irreführungseignung von Werbeaussagen, sondern darum, ob die Beklagte mit dem Feilhalten und Inverkehrbringen ihrer Kennzeichenhalter sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG handelt. Die Klägerin macht geltend, dass die Kennzeichenhalter der Beklagten nicht der gesetzlichen Voraussetzung einer festen Verbindung (§ 49 Abs 7 KFG 1967) entsprächen und die Auffassung der Beklagten, die Kennzeichenhalter seien gesetzeskonform, durch § 25d Abs 2 KDV nicht gedeckt sei. Nach § 25d Abs 2 KDV 1967 idF BGBl II 2002/376 gilt als mit dem Fahrzeug fest verbunden im Sinne des § 49 Abs 7 KFG 1967 auch eine Befestigung der Kennzeichentafel mit einem serienmäßig hergestellten Kennzeichenhalter, mit dem jedenfalls der Beanspruchung im normalen Fahrzeugbetrieb entsprochen wird. Die Beklagte beruft sich auf diese Bestimmung und macht geltend, dass ihre Auffassung, die von ihr vertriebenen Kennzeichenhalter seien gesetzeskonform, durch das Gesetz gedeckt sei.

Festgestellt ist, dass die Kennzeichentafel bei ordentlicher Montage des Kennzeichenhalters mit dem Fahrzeug dauernd fest verbunden ist, sich bei Beanspruchungen, wie sie im normalen Fahrbetrieb auftreten, nicht von selbst aus der Halterung löst und, wenn der Sicherungsclip verwendet wird, nur mit einem Werkzeug, durch Beschädigung der Halterung oder mit größerem Kraftaufwand aus der Halterung entfernt werden kann. Die angefochtene Entscheidung beurteilt den Kennzeichenhalter als gesetzeskonform; jedenfalls sei aber die Auffassung der Beklagten, der Kennzeichenhalter entspreche den gesetzlichen Vorgaben, durch das Gesetz so weit gedeckt, dass sie mit gutem Grund vertreten werden könne. Die Entscheidung steht damit im Einklang mit der Rechtsprechung:

Während es bei einem Verstoß gegen § 2 UWG, wie er in der Entscheidung 4 Ob 131/91 zu beurteilen war, nicht darauf ankommt, ob der Werbende auf die Gesetzmäßigkeit seines Kennzeichenhalters vertraut hat, ist bei dem im vorliegenden Fall geltend gemachten Verstoß gegen § 1 UWG maßgebend, ob die Auffassung der Beklagten, ihr Kennzeichenhalter entspreche den gesetzlichen Vorgaben, mit gutem Grund vertreten werden kann. Bei der Prüfung der Frage, ob mit einer Verletzung einer generellen Norm sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG gehandelt wird, kommt es nämlich vor allem darauf an, ob die Auffassung des Beklagten über die Rechtmäßigkeit seines Handelns durch die Norm so weit gedeckt ist, dass sie mit gutem Grund vertreten werden kann. Trifft dies - wie hier - zu, dann kann von einer sittenwidrigen Wettbewerbshandlung nicht mehr gesprochen werden (4 Ob 351/75 = ÖBl 1976, 67 - Berater in Versicherungsangelegenheiten; 4 Ob 184/82 = SZ 56/2 = ÖBl 1983, 40 - Metro-Post I; zuletzt etwa 4 Ob 104/02a = wbl 2002/326 - K-Hitradio uva), ohne dass es noch darauf ankäme, ob die nach Auffassung der Klägerin verletzte Norm tatsächlich im Sinne der Beklagten auszulegen ist.

Das Fehlen von Rechtsprechung zu § 25d Abs 2 KDV 1967 idgF begründet daher keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO. Ebenso wenig trifft es zu, dass der angefochtene Beschluss der Entscheidung 4 Ob 131/91 widerspräche, weil - wie oben dargelegt - es im vorliegenden Fall nicht um zur Irreführung geeignete Werbung, sondern darum geht, ob die Beklagte mit dem behaupteten Gesetzesverstoß sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG handelt. Dazu kommt, dass sich die Rechtslage geändert hat und auch die Sachlage nicht gleich ist.

Der Revisionsrekurs war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses der Klägerin hingewiesen; ihre Revisionsrekursbeantwortung war daher zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig.

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