OGH 4Ob173/98i

OGH4Ob173/98i29.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****verband *****, vertreten durch Dr. Marcella Prunbauer und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei W***** GmbH, *****, vertreten durch Braunegg, Hoffmann & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert S 330.000,--), infolge Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 5. März 1998, GZ 2 R 3/98w-45, mit dem das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 3. Oktober 1997, GZ 24 Cg 343/94p-40, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung, einschließlich des bestätigten Teiles, insgesamt wie folgt zu lauten hat:

1. Die Beklagte ist schuldig, es im geschäftlichen Verkehr beim Handel mit Waren im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Tankstelle zu unterlassen, Waren, deren Verkauf bestimmten Öffnungszeiten unterliegt, insbesondere Lebensmittel, die nicht von den Nebenverkaufsrechten im Sinne des § 279 Abs 2 GewO 1994 beim Betrieb einer Tankstelle und des § 144 GewO und/oder § 284 GewO beim Betrieb eines Gastgewerbes umfaßt sind, wie insbesondere Tiefkühlgemüse, Reis, Suppennudeln, zu Zeiten, hinsichtlich derer die entsprechenden Verkaufsstellen nach den die Öffnungszeiten regelnden gesetzlichen Bestimmungen geschlossen zu halten sind, zu verkaufen, insbesondere an Werktagen nach 19.30 Uhr, ausgenommen einmal in der Kalenderwoche im Rahmen der Möglichkeit des verlängerten Offenhaltens bis 21.00 Uhr.

2. Dem Kläger wird die Ermächtigung erteilt, den stattgebenden Teil dieses Urteilsspruches ohne Kostenentscheidung binnen 6 Wochen nach Rechtskraft auf Kosten der Beklagten in einer Samstagausgabe der Tageszeitung "Kurier" im Textteil, in Normallettern, Fettdruckumrandung, Fettdrucküberschrift und gesperrt geschriebenen Prozeßparteien veröffentlichen zu lassen.

3. Das Mehrbegehren, den Kläger auch zur Veröffentlichung in den Zeitungen "Neue Kronen Zeitung" und "Wirtschaftswoche" zu ermächtigen, wird abgewiesen.

4. Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 86.728,15 bestimmten anteiligen Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin S 13.458,29 USt und S 5.978,40 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 35.828,85 bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 5.965,61 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit S 1.431,-- bestimmten anteiligen Barauslagen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Vereinszweck des klagenden Verbandes ist es (ua), unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen. Ihm gehören (ua) das Landesgremium Wien des Einzelhandels mit Lebens- und Genußmitteln und das Bundesgremium des Lebensmittelhandels an.

Die Beklagte betreibt in W*****, eine *****-Tankstelle mit angeschlossener Werkstätte, Waschboxen, einem Buffetbetrieb und einem "Minimarkt". Sie verfügt über eine Gewerbeberechtigung nach § 126 Z 14 GewO, beschränkt auf den Kleinhandel, weiters über eine Konzession zur Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart eines Buffets mit den Berechtigungen nach § 189 Abs 1 GewO, die die Verabreichung von Speisen jeder Art und den Verkauf von warmen und angerichteten Speisen, eingeschränkt auf Brötchen, Wurstsemmeln, Toasts und auf kleine, im Mikrowellenherd oder im Wasserbad erwärmte Speisen, Ausschank von alkoholischen Getränken und Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen sowie Ausschank von nichtalkolholischen Getränken und Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen umfaßt. Seit 21. 12. 1994 hat die Beklagte auch das Gewerbe gemäß § 143 Z 7 GewO angemeldet.

Im Laufe des Verfahrens hat die Beklagte ihre Anlage umgestaltet. Vor dem Umbau war der "Minimarkt" in allen Teilbereichen von 0-24 Uhr geöffnet. Die Beklagte wies darauf in einer Einschaltung in der "Wiener Wirtschaft" vom 9. 8. 1994 hin und verwendete auch entsprechende Hinweisschilder. Im "Minimarkt" war der Buffetbereich nicht abgetrennt. Der Verkaufsbereich erweckte den Eindruck eines Selbstbedienungsladens (Supermarktes). Das Angebot umfaßte (ua) tiefgekühlte Produkte, wie Fisch, Fleischknödel, Tiefkühlgemüse und -mehlspeisen, Milch, Joghurt, verpackten Käse, Würstel und Wurst, Margarine, alkoholische und alkoholfreie Getränke, Backwaren, darunter frische Semmel und anderes Gebäck, Süßwaren und Süßspeisen. Sämtliche Waren wurden rund um die Uhr verkauft.

Seit dem Umbau werden in einem 80 m**2 nicht übersteigenden Bereich Alkoholika (Schnaps, Wein, Bier), Salzgebäck und Toilettenartikel, Tiernahrung und CDs angeboten. Im Buffet- und Kassenbereich finden sich Kaffee, Puddingpulver etc. in unversperrten Schränken sowie auch Süßwaren, vorverpackte Kuchen und Schnittbrot. Rund um die Uhr angeboten werden auch Tiefkühlwaren wie etwa Tiefkühlgemüse.

Reis, Suppennudeln, Mehl und ähnliche Waren führt die Beklagte nicht mehr. Bei den CDs, bei Blumen und Alkoholika sind, ebenso wie vor dem Geschäftseingang, Hinweise angebracht, daß diese Waren nur während bestimmter Zeiten verkauft werden dürfen. Das Personal ist angewiesen, diese Waren nicht zu anderen Zeiten abzugeben. Die Etiketten dieser Waren unterscheiden sich von denen anderer Waren.

Der Kläger begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr beim Handel mit Waren im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Tankstelle zu unterlassen, Waren, deren Verkauf bestimmten Öffnungszeiten unterliegt, insbesondere Lebensmittel, die nicht von den Nebenverkaufsrechten im Sinne des § 279 Abs 2 GewO 1994 beim Betrieb einer Tankstelle und des § 144 GewO und/oder § 284 GewO beim Betrieb eines Gastgewerbes umfaßt sind, wie insbesondere Tiefkühlgemüse, Reis, Suppennudeln, zu Zeiten, hinsichtlich derer die entsprechenden Verkaufsstellen nach den die Öffnungszeiten regelnden gesetzlichen Bestimmungen geschlossen zu halten sind, zu verkaufen, insbesondere an Werktagen nach 19.30 Uhr, ausgenommen einmal in der Kalenderwoche im Rahmen der Möglichkeit des verlängerten Offenhaltens bis 21.00 Uhr. Eventualiter begehrt der Kläger, der Beklagten beim Handel mit Waren im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Tankstelle zu untersagen, Verkaufseinrichtungen zum Zwecke des Detailverkaufs von Waren, deren Verkauf gesetzlichen Öffnungszeiten unterliegt, zu Zeiten, während deren die entsprechenden Verkaufsstellen nach den die Öffnungszeiten regelnden Bestimmungen geschlossen zu halten sind, offenzuhalten - oder soweit eine räumliche Trennung der Waren, für deren Verkauf bestimmte Öffnungszeiten gelten, in der Verkaufseinrichtung nicht möglich ist - solche Waren außerhalb der diesen Waren entsprechenden Öffnungszeiten zu verkaufen, insbesondere Lebensmittel, die nicht von den Nebenverkaufsrechten des § 279 Abs 2 GewO beim Betrieb einer Tankstelle im Sinne des § 144 GewO und/oder § 284 GewO beim Betrieb eines Gastgewerbes umfaßt sind, wie insbesondere Tiefkühlgemüse, Reis, Suppennudeln, zu Zeiten, hinsichtlich derer die entsprechenden Verkaufsstellen nach den die Öffnungszeiten regelnden Bestimmungen geschlossen zu halten sind, insbesondere an Werktagen nach 19.30 Uhr, ausgenommen einmal in der Kalenderwoche im Rahmen der Möglichkeit des verlängerten Offenhaltens bis 21.00 Uhr, zu verkaufen. Der Kläger begehrt weiters, ihn zur Urteilsveröffentlichung auf Kosten der Beklagten in je einer Samstagausgabe der Zeitungen "Neue Kronen Zeitung" und "Kurier" sowie in einer Ausgabe der Zeitschrift "Wirtschaftswoche" zu ermächtigen. Die Beklagte biete zahlreiche Waren an, die unter die Öffnungszeitenregelung fielen. Tiefkühlprodukte würden von § 279 Abs 2 GewO nicht erfaßt; sie müßten zubereitet werden, um verzehrt werden zu können.

Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. § 1 Abs 4 lit c) ÖZG sei verfassungswidrig. Seit der Umgestaltung biete sie im Shop ausschließlich Waren im Sinne des § 279 Abs 2 und § 284 Abs 2 GewO an; darüber hinaus nur Blumen und CDs. Die Tiefkühlwaren seien fertige Lebensmittel im Sinne des § 279 Abs 2 GewO; sie bedürften keiner Zubereitung, sondern müßten nur erwärmt werden. Die von ihr angebotenen, in § 279 Abs 2 GewO nicht angeführten Lebensmittel seien zum sofortigen Verzehr im Gastgewerbetrieb bestimmt. Andere Lebensmittel, wie etwa Reis und Suppennudeln, vertreibe sie seit längerem, jedenfalls schon seit einem vor dem 1. 7. 1997 liegenden Zeitpunkt, nicht mehr. Die Beklagte biete dem Kläger einen vollstreckbaren Unterlassungsvergleich im Sinne des Eventualbegehrens an, nicht aber auch die Vergleichsveröffentlichung. Das Veröffentlichungsbegehren sei nicht gerechtfertigt, weil die Veröffentlichung die Öffentlichkeit nur verwirren würde. Da der Verstoß mehr als drei Jahre zurückliege, bestehe auch kein Aufklärungsbedürfnis mehr.

Der Kläger lehnte das Vergleichsangebot ab. Es sei ungenügend, weil die Veröffentlichung nicht angeboten werde. Ein Veröffentlichungsinteresse sei trotz der langen Verfahrensdauer gegeben. Das Verhalten der Tankstellen stehe nach wie vor im Mittelpunkt des Medieninteresses.

Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren und dem Veröffentlichungsbegehren statt. Das Vergleichsangebot der Beklagten habe die Wiederholungsgefahr nicht beseitigt. Die Beklagte hätte die Vergleichsveröffentlichung anbieten müssen, weil nach wie vor ein Aufklärungsinteresse bestehe. Eine Verwirrung des Publikums sei nicht zu befürchten. Durch die Veröffentlichung würde klargestellt, daß die Beklagte gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen hat. Das Nebenrecht des § 279 Abs 2 GewO erfasse den Verkauf von Tiefkühlwaren nicht. Darunter fielen nur Lebensmittel, die zum sofortigen Verzehr in unverändertem Zustand geeignet sind. Auch Erwärmen sei ein Zubereiten.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Unterlassungsbegehrens S 260.000,-- übersteige, jener des Veröffentlichungsbegehrens S 52.000,-- nicht übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die Beklagte dürfe die Nebenverkaufsrechte der §§ 279 Abs 2, 144 und 284 GewO nicht ausüben, weil der Charakter des Betriebes als Gastgewerbe bzw. als Tankstelle nicht gewahrt sei. Der Kassenbereich der Tankstelle vermittle den Charakter eines Supermarktes. Jede über das Öffnen des betreffenden Behältnisses, in dem sich die Ware befindet, und das Auflegen auf Teller, Schüsseln, Tassen etc. hinausgehende Tätigkeit sei ein Zubereiten. Das Vergleichsangebot habe die Wiederholungsgefahr nicht beseitigt. Die Beklagte hätte die Vergleichsveröffentlichung anbieten müssen, weil das Veröffentlichungsbegehren berechtigt sei. Zur behaupteten Verfassungswidrigkeit sei auf den Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 14. Mai 1996, 4 Ob 2087/96g, zu verweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision der Beklagten ist zulässig, weil die angefochtene Entscheidung der Rechtsprechung zum Umfang des Urteilsveröffentlichung widerspricht; die Revision ist auch teilweise berechtigt. Der Ausspruch, daß der Wert des Veröffentlichungsbegehrens S 52.000,-- nicht übersteige, hindert eine Entscheidung über das Veröffentlichungsbegehren nicht, weil der Bewertungsspruch insoweit unwirksam ist.

Unterlassungsbegehren und Veröffentlichungsbegehren sind für die Frage der Rechtsmittelzulässigkeit nicht gesondert zu bewerten, weil sie in einem rechtlichen Zusammenhang stehen und ihre Streitwerte daher zusammenzurechnen sind.

Die Beklagte wirft dem Berufungsgericht vor, nicht berücksichtigt zu haben, daß sie den Tankstellenshop im Zusammenhang mit der Änderung der Rechtslage umgestaltet hat. Der Charakter des Betriebes als Tankstelle sei nunmehr gewahrt. Der Verkauf von Tiefkühlkost falle unter § 279 Abs 2 GewO. "Ohne weitere Zubereitung fertig" seien alle Lebensmittel, die entweder zum sofortigen Verzehr geeignet sind oder lediglich erwärmt werden müssen, um verzehrt werden zu können. Sowohl § 279 Abs 2 als auch die Vorgängerbestimmung des § 171 Abs 2 GewO seien verfassungswidrig. Auch nach der derzeitigen Regelung seien nicht alle Waren, die der Deckung des besonderen Einkaufsbedürfnisses der Straßenverkehrs-Teilnehmer dienten, von den Beschränkungen der Öffnungszeit ausgenommen. Sachgerecht sei die Bestimmung nur insoweit, als sie bloß den Verkauf vorverpackt gelieferter Lebensmittel zulasse. Im übrigen sei aber das Öffnungszeitengesetz generell verfassungswidrig und widerspreche auch dem Gemeinschaftsrecht. Durch das Vergleichsangebot sei die Wiederholungsgefahr weggefallen. Die Beklagte sei erst seit 1. 7. 1997 (Inkrafttreten der GewONovelle 1997) mit einer Rechtslage konfrontiert, mit der sie leben könne. Sie habe ihr Warenangebot auf die in den Nebenrechtsbestimmungen angeführten Waren beschränkt; bei den wenigen Ausnahmen habe sie sichergestellt, daß die Waren nicht außerhalb der Normal-Öffnungszeiten verkauft werden. Der "faktische Zwang" zum Gesetzesverstoß sei durch die Rechtsänderung weggefallen. Die Veröffentlichung habe sie nicht anbieten müssen, weil das Veröffentlichungsbegehren nicht gerechtfertigt sei. Die Beklagte habe sich seit Anfang Oktober 1994, seit der Erlassung der einstweiligen Verfügung, an die Beschränkungen gehalten. Die Veröffentlichung würde das Publikum verwirren. Es sei aber jedenfalls nicht gerechtfertigt, das Urteil in drei Zeitungen zu veröffentlichen.

Der Beklagten ist zuzustimmen, daß das Berufungsgericht die Feststellungen des Erstgerichtes mißverstanden hat. Das Erstgericht hat seine Feststellungen in zwei Abschnitte geteilt: Es hat festgestellt, wie der "Minimarkt" der Beklagten ursprünglich eingerichtet war und wie er nunmehr, nach der im Laufe des Verfahrens vorgenommenen Umgestaltung, eingerichtet ist. Die Feststellung, daß der Verkaufsbereich den Eindruck eines Selbstbedienungsladens (Supermarktes) erweckte, bezieht sich auf den Zustand vor dem Umbau. Daß der Verkaufsbereich auch noch derzeit diesen Eindruck erweckte, trifft nach den Feststellungen nicht zu. Aus dem Einleitungssatz der rechtlichen Beurteilung des Ersturteils ergibt sich nichts anders. Das Erstgericht hält darin fest, daß das Hauptverfahren "hinsichtlich des Aussehens und Anbotes im Objekt im Zeitpunkt der Klageeinbringung sowie während des Provisorialverfahrens ... keine Änderungen des im Provisorialverfahren als bescheinigt angenommenen Sachverhalts ergeben" hat. Dieser Satz bezieht sich auf den damaligen Zustand und nicht auch auf den Zustand während des Hauptverfahrens, den das Erstgericht im übrigen ohnehin als vom Zustand vor dem Umbau abweichend festgestellt hat.

Damit steht im Einklang, daß das Erstgericht - wie im übrigen auch das Berufungsgericht - geprüft hat, ob Tiefkühlwaren ohne weitere Zubereitung fertige Lebensmittel im Sinne des § 279 Abs 2 GewO sind und die Beklagte daher zu ihrem Verkauf berechtigt ist. Diese Frage würde sich nicht stellen, wenn der Charakter des Betriebes als Tankstelle nicht gewahrt wäre. Nach § 279 Abs 2 idF GewONov 1997 BGBl I 63 dürfen Tankstellen nämlich (ua) vorverpackt gelieferte und ohne weitere Zubereitung fertige Lebensmittel (§ 2 LMG), löslichen Kaffee und vorverpackt gelieferte Futtermittel für Heimtiere verkaufen. Dies setzt aber voraus, daß der Charakter des Betriebes als Tankstelle gewahrt bleibt und keine Räumlichkeiten, welche ausschließlich dem Kleinverkauf von Waren gemäß Abs 2 dienen, verwendet werden. Die ausschließlich dem Verkauf von Waren gemäß Abs 2 gewidmete Fläche darf 80 m**2 nicht übersteigen (§ 279 Abs 3 GewO).

Beide Vorinstanzen haben den in § 279 Abs 2 GewO gebrauchten Begriff "ohne weitere Zubereitung fertige Lebensmittel" dahin ausgelegt, daß jede Tätigkeit, die über das Öffnen eines Behältnisses und das Auflegen auf Teller etc. hinausgeht, ein "Zubereiten" ist. Was "Zubereiten" ist, wird weder in der Gewerbeordnung noch im Lebensmittelgesetz - auf das § 279 Abs 2 GewO verweist - definiert, noch gehen die Materialien darauf ein; verwendet wird der Begriff an mehreren Stellen der Gewerbeordnung. So spricht § 284 Abs 1 GewO (Nebenrecht des freien Gastgewerbes nach § 143 Z 7 GewO) von ohne Zubereitung zum Verzehren geeigneten Lebensmitteln. Daraus leitet die Beklagte ab, daß "ohne weitere Zubereitung fertig" in § 279 Abs 2 GewO mehr sein müsse als das, was die Vorinstanzen darunter verstehen. Hätte der Gesetzgeber darunter nur ohne jede weitere Einwirkung zum Verzehren geeignete Lebensmittel verstanden, so hätte es nahegelegen, den in § 284 Abs 1 GewO verwendeten Begriff auch hier zu verwenden.

Diese Argumentation überzeugt nicht. § 279 Abs 2 GewO verweist auf den Lebensmittelbegriff des § 2 LMG. Danach sind Lebensmittel (Nahrungs- und Genußmittel) Stoffe, die dazu bestimmt sind, von Menschen in unverändertem, zubereitetem oder verarbeitetem Zustand überwiegend zu Ernährungs- oder Genußzwecken gegessen, gekaut oder getrunken zu werden. Nach dieser Begriffsbestimmung ist das Zubereiten ein Vorgang, der das Lebensmittel genußfähig macht. Ein "ohne weitere Zubereitung fertiges" Lebensmittel ist demnach ein Lebensmittel, das verzehrt werden kann. "Ohne weitere Zubereitung fertig" kann daher als "ohne (weitere) Zubereitung zum Verzehren geeignet" verstanden werden. Daß der Gesetzgeber verschiedene Begriffe verwendet hat, muß nicht bedeuten, daß die beiden Bestimmungen insoweit einen verschiedenen Inhalt haben sollten.

Für die von der Beklagten vertretene Auffassung spricht auch nicht, daß der Gesetzgeber auch an anderen Stellen der Gewerbeordnung von "Zubereitung" spricht und damit einen Vorgang meint, der das Lebensmittel, sei es durch oder ohne Zugabe weiterer Lebensmittel, verändert (zB §§ 100, 159, 216 Abs 4 GewO). In all diesen Fällen ist das zubereitete Lebensmittel genußfertig; ist daher ein Lebensmittel "ohne weitere Zubereitung fertig", dann kann es in diesem Zustand verzehrt werden. Aus der Wendung "ohne weitere Zubereitung fertig" folgt, daß damit keineswegs nur Lebensmittel in unverändertem Zustand gemeint sind, sondern (auch) Lebensmittel, die bereits "zubereitet" und damit genußfähig sind.

Für diese Auslegung spricht, daß § 279 Abs 2 GewO neben den "ohne weitere Zubereitung fertigen" Lebensmitteln ausdrücklich löslichen Kaffee nennt. Wäre auch ein Lebensmittel, dem Wasser hinzugefügt werden muß, "ohne weitere Zubereitung fertig", so fiele löslicher Kaffee darunter und müßte nicht gesondert genannt werden. Hätte der Gesetzgeber nur klarstellen wollen, daß auch löslicher Kaffee unter das Nebenrecht fällt, weil das Erwärmen und das Hinzufügen von Wasser kein Zubereiten im Sinne des Gesetzes sei, so hätte es nahegelegen, die Bestimmung in diesem Sinn zu verdeutlichen.

Die Beklagte ist demnach nicht berechtigt, Tiefkühlkost zu vertreiben. Das gleiche gilt für Reis und Suppennudeln, die die Beklagte jedoch seit längerer Zeit nicht mehr vertreibt, wenn sie auch an ihrer Meinung festhält, dazu berechtigt zu sein. Die Beklagte beruft sich insoweit darauf, daß die Wiederholungsgefahr weggefallen sei. Sie hat dem Kläger auch einen vollstreckbaren Unterlassungsvergleich, jedoch ohne Veröffentlichung, angeboten. Ohne das Angebot eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs wäre die Wiederholungsgefahr auf jeden Fall zu bejahen, weil sich die Beklagte nicht an die gesetzlichen Beschränkungen gehalten hat und nach wie vor an ihrer Rechtsauffassung festhält (stRsp ua ÖBl 1997, 167 - Astoria).

Das schließt den Wegfall der Wiederholungsgefahr nur dann nicht aus, wenn der Beklagte einen vollstreckbaren Unterlassungsvergleich anbietet. Wird aber die Urteilsveröffentlichung zu Recht begehrt, so beseitigt ein Vergleichsangebot die Vermutung der Wiederholungsgefahr nur unter der Voraussetzung, daß auch die Veröffentlichung des Vergleichs in angemessenem Umfang angeboten wird (stRsp ua MRA 1984 H 4, 13 = ÖBl 1984, 135 = RdW 1984, 372 = GRURInt 1983, 58 - Superaktionsspanne; ÖBl 1997, 158 - S-Powerfrauen).

Gemäß § 25 Abs 3 UWG hat das Gericht der obsiegenden Partei, wenn diese daran ein berechtigtes Interesse hat, auf Antrag die Befugnis zuzusprechen, das Urteil innerhalb bestimmter Frist auf Kosten des Gegners zu veröffentlichen. Die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung setzt demnach voraus, daß die obsiegende Partei ein schutzwürdiges Interesse an der Aufklärung des Publikums hat (stRsp ua SZ 51/76 = ÖBl 1978, 154 - Markenski-Ausverkauf; ÖBl 1996, 178 - Eau de Toilette). Die Urteilsveröffentlichung ist in der Regel in einem solchen Umfang zuzusprechen, daß die durch die wettbewerbswidrige Ankündigung angesprochenen Verkehrskreise über den wahren Sachverhalt aufgeklärt werden (ÖBl 1996, 178 - Eau de Toilette mwN).

Ein Veröffentlichungsinteresse des Klägers ist zu bejahen, weil der beanstandete Verkauf einem unbestimmten Personenkreis bekannt geworden ist, und zwar nicht nur durch die Veröffentlichung in der "Wiener Wirtschaft" vom 9. 8. 1994, sondern allein schon durch die Tatsache, daß verkauft wurde. Eine Veröffentlichung des Unterlassungsgebotes ist geeignet, darüber aufzuklären, daß die Beklagte nicht (bloß) tüchtiger und einsatzfreudiger als ihre Mitbewerber ist, sondern sich auch weniger um gesetzliche Beschränkungen kümmert. Es ist auch nicht richtig, daß der Gesetzesverstoß schon lange zurückläge. Die Beklagte verkauft mit Tiefkühlkost auch derzeit rund um die Uhr Waren, die nicht unter die Nebenrechte fallen.

Ebensowenig trifft es zu, daß die Veröffentlichung nur verwirrend wirkte. Das Unterlassungsgebot nimmt zwar auf Gesetzesbestimmungen Bezug, deren Inhalt der durch die Veröffentlichung aufzuklärenden Öffentlichkeit in der Regel unbekannt sein wird; das Unterlassungsgebot läßt aber erkennen, daß die Beklagte sich nicht an die Verkaufsbeschränkungen für Tankstellen und Gastgewerbebetriebe gehalten hat. Das beispielsweise Anführen von Tiefkühlgemüse, Reis und Suppennudeln sowie der Verkaufszeiten macht auch deutlich, worum es eigentlich geht.

Berechtigt sind die Einwendungen der Beklagten aber insofern, als sie sich gegen den Umfang der Veröffentlichung wendet. Die Beklagte hat für ihren "Minimarkt" vor mehr als vier Jahren in der "Wiener Wirtschaft" geworben; seither ist ihr Verhalten nur dadurch der Öffentlichkeit bekannt geworden, daß bei ihr Waren, die nur zu bestimmten Zeiten verkauft werden dürfen, rund um die Uhr erhältlich sind. Um diesen Personenkreis aufzuklären, genügt es, den Urteilsspruch - ohne Kostenentscheidung (ÖBl 1993, 212 - Ringe) - in einer überregionalen Tageszeitung zu veröffentlichen, kann doch nicht damit gerechnet werden, daß selbst bei der begehrten Veröffentlichung in drei Zeitungen jeder erreicht wird, der vom wettbewerbswidrigen Verhalten der Beklagten Kenntnis erlangt hat. Das Mehrbegehren, den Urteilsspruch auch in der Tageszeitung "Neue Kronen Zeitung" und in der Zeitschrift "Wirtschaftswoche" zu veröffentlichen, war daher abzuweisen.

Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Beklagten gegen die Regelung der Nebenrechte von Gastgewerbetreibenden und Tankstellenbetreibern vor der GewONov 1997 hat der erkennende Senat bereits im Provisorialverfahren verneint (Beschluß vom 14. Mai 1996, 4 Ob 2087/96g). Die dort angestellten Erwägungen treffen für die Ladenschlußregelung im allgemeinen ebenso zu wie für die seit der GewONov 1997 geltende Regelung, die die Nebenrechte der Tankstellenbetreiber wesentlich erweitert. Die Beklagte gesteht selbst zu, daß sie damit "leben" kann.

Auch die gemeinschaftsrechtlichen Bedenken der Beklagten sind nicht begründet. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind Ladenschlußregelungen und Sonntagsverkaufsverbot "bestimmte Verkaufsmodalitäten" im Sinne der Keck-Rechtsprechung (Müller-Graff in Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-/EG-Vertrag5 Art 30 Rz 255 mwN). Sie sind daher keine Maßnahmen gleicher Wirkung im Sinne des Art 30 EGV.

Der Revision war teilweise Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 43, 50 ZPO. Der Kläger ist mit einem Teil des Veröffentlichungsbegehrens unterlegen, sonst aber mit seinem Begehren durchgedrungen. Sein Unterliegen im Hauptverfahren ist mit rund 6 % zu bewerten; die Beklagte hat ihm daher 88 % der im Hauptverfahren erwachsenen Kosten und 94 % der Barauslagen zu ersetzen. Im Provisorialverfahren ist der Kläger zur Gänze durchgedrungen; er hat demnach Anspruch auf Ersatz seiner gesamten Kosten.

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