Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Die vom Kläger behauptete Übernahme einer vertraglichen Unterlassungspflicht durch die Erstbeklagte dahin, daß die Fichten des Klägers - speziell an den Wurzeln - bei der Bauführung nicht beschädigt werden dürfen, ist nach den Feststellungen nicht erwiesen. Aus diesen ergibt sich aber auch, daß die auf das Nachbargrundstück der Erstbeklagten (Miteigentümerin) hinübergewachsenen Wurzeln der an der Grenze, jedoch noch auf dem Grund des Klägers stehenden Fichten im Zuge der von der Erstbeklagten entlang der Grundgrenze in einem Abstand von ca einem Meter veranlaßten Bauarbeiten (Errichtung einer behördlich bewilligten Zufahrtsstraße samt Oberflächenentwässerungskanal und Leistensteinen [Bordsteinen]) von den Arbeitern mit dem Kanal- und Wegbau beauftragten Zweitbeklagten nicht mit dem Bagger oder einer Kettensäge "herausgerissen", sondern - im gesamten Grenzbereich des Grundstückes - durch Abhacken gekürzt wurden.
Rechtliche Beurteilung
Bei dieser Sachlage hängt aber die Entscheidung nicht mehr von der Lösung der in der Zulassungsbeschwerde geltend gemachten Rechtsfrage ab:
Schon nach § 297 ABGB braucht der Grundeigentümer die Wurzeln eines fremden Baumes in seinem Erdreich nicht zu dulden (Spielbüchler in Rummel, ABGB2 Rz 1 zu § 422; Klang in Klang2 II 295; Ehrenzweig2 I/2, 149). Gemäß § 422 ABGB kann daher jeder Grundeigentümer die Wurzeln eines fremden Baumes aus seinem Boden reißen. Es handelt sich dabei nach herrschender Lehre und Rechtsprechung um eine Beschränkung des Eigentumsrechtes, die vor allem aus Rücksichten der Nachbarschaft besteht; zu diesem Zweck wird dem Grundnachbarn ein Selbsthilferecht eingeräumt (Koziol/Welser9 II 46; Pimmer in Schwimann, ABGB Rz 1 zu § 422; Ehrenzweig aaO; SZ 2/119; SZ 55/69 = JBl 1983, 96; SZ 58/121 = JBl 1986, 459; EvBl 1988/47 = MietSlg 39.034). Solange sich der Grundeigentümer - wie hier die erstbeklagte Miteigentümerin im Wege der von ihr beauftragten Zweitbeklagten - darauf beschränkt, die herübergewachsenen Wurzeln von Bäumen an der Grenze des Nachbargrundstückes ausschließlich auf dem eigenen Grund und Boden abzuhacken, handelt er jedenfalls noch im Rahmen des ihm gesetzlich eingeräumten Selbsthilferechtes. Sein Verhalten ist dann aber nicht rechtswidrig, so daß auch Schadenersatzansprüche des Nachbarn und Baumeigentümers ausscheiden; es muß vielmehr der Grundsatz des § 1311 ABGB zum Tragen kommen, wonach der Zufall denjenigen trifft, in
dessen Vermögen er sich ereignet (SZ 58/121= JBl 1986, 459; EvBl
1988/47 = MietSlg 39.034; vgl auch zur ähnlichen Bestimmung des § 910
BGB: Säcker in MünchKomm2 Rz 10; Staudinger/Beutler, BGB12 Rz 12).
Das dem Grundnachbarn in § 422 ABGB eingeräumte - auf den eigenen Grund und Boden beschränkte - Selbsthilferecht kann aber schon deshalb von der rein programmatischen Staatszielbestimmung des § 1 BVG über den umfassenden Umweltschutz, BGBl 1984/491, nicht einschränkend betroffen sein, weil darin nichts anderes zum Ausdruck kommt als eine Konkretisierung des gleichermaßen verfassungsrechtlich garantierten Schutzes des Eigentums (Art 5 StGG).
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